DB-Baureihe E 10

DB-Baureihe E 10
DB-Baureihe E 10
DB-Baureihen 110, 112, 113, 114, 115
110 451-2 in Hannover Hbf
Nummerierung:
  • E 10 001–005 (Vorserie)
  • E 10 101–287
    (ab 1968: 110 101–287)
  • E 10 288–510*
    (ab 1968: 110 288–510*)
  • 110 511 (1985, Umbau aus 139 134)

Davon abweichend:

  • E 10 1239–1244
    (Umbau aus E 10 239–244, später Rückbau)
  • E 10 1265–1270* und
    E 10 1308–1312*
    (ab 1968: 112 265–270
    0000 und 112 308–312,
    (ab 1991: 113 265–270
    0000 und 113 308–312)
  • 112 485–504*
    (ab 1988: 114 485–504,
    (ab 1993: 110 485–504)
  • 115 (ab 2006: 30 umnummerierte 110 für DB AutoZug)

(* = Bügelfalten-Front)

Anzahl: 005 Stk. E 10.0 (Vorserie)
379 Stk. E 10.1–3
031 Stk. E 10.12
001 Stk. Umbau aus 139
Hersteller:
Baujahr(e):
  • E 10.0: 1952
  • E 10.1–3: 1956–1969
  • E 10.12: 1962/5/8
Ausmusterung: seit 2000 (zunächst vornehmlich 110.1 und nicht wendezugfähige 110.3)
Achsformel: Bo’Bo’
Länge über Puffer: 16.490 mm
(E 10.1 und E 10.2)
16.440 mm
(E 10.3 und E 10.12)
Dienstmasse: 85,0 t
Radsatzfahrmasse: 21,0 t
Höchstgeschwindigkeit: BR 110: 150, später 140 km/h
BR 113: 160, zwischenzeitlich 120 km/h
BR 114: 160, später 120 km/h
Stundenleistung: 3.700 kW (kurzzeitig bis 6.000 kW[1])
Dauerleistung: 3.620 kW
Anfahrzugkraft: 275 kN
Stromsystem: 15 kV 16 2/3 Hz AC
Anzahl der Fahrmotoren: 4
Antrieb: Gummiringfeder
Bauart Fahrstufenschalter: N28h von BBC mit Flachbahnwähler, Überschaltwiderstand und 2 Lastschalter (Mechanische Lastschalter) oder W29T von SSW mit Flachbahnwähler und 2 Lastschalter (Thyristor-Lastschalter)
Bremse:
  • mehrlösige Knorr-Einheits-Druckluftbremse
  • Zusatzbremse
  • fremderregte elektrische Widerstandsbremse (max. Bremsleistung 2.000 kW, Dauerleistung 1.200 kW)
Zugsicherung: Sifa/PZB teilweise LZB

Die Baureihe E 10 ist eine für die Deutsche Bundesbahn erstmals im Jahre 1952 gebaute Einheitselektrolokomotive für den Schnellzugverkehr. Sie wird seit dem Jahr 1968 als Baureihe 110 sowie ihre Unterbaureihen als Baureihen 112 bis 115 geführt. Die E 10 war lange Jahre die wichtigste Lokomotiv-Baureihe im bundesdeutschen Schnellzugverkehr. Heute befindet sie sich im Auslaufbetrieb, ein Einsatzende ist abzusehen.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Prototypen der E 10 entstanden 1952
Prototyp 110 005 in Nördlingen

1950 beschloss der zuständige Fachausschuss der Bundesbahn die Beschaffung zweier Grundtypen von Elektrolokomotiven mit weitgehend standardisierten Bauteilen. Dies sollten eine sechsachsige Güterzuglok auf Basis der Baureihe E 94 und eine an die Baureihe E 44 sowie den schweizerischen Ae4/4-Typen der SBB und BLS angelehnte Mehrzwecklokomotive sein. Die Führerstände sollten so gebaut werden, dass die Lokführer ihre Arbeit sitzend verrichten konnten. Auf allen vorherigen Elektrolokomotiven (mit Ausnahme der Baureihen E 18 und E 19) mussten sie stehend fahren, da man dachte, dies würde die Aufmerksamkeit des Lokführers erhöhen.

Die Mehrzwecklok erhielt zunächst den Arbeitstitel E 46, wurde jedoch in Baureihe E 10 umbenannt, nachdem sie durch Erhöhung der geforderten Höchstgeschwindigkeit von 125 auf 130 km/h formell eine Schnellzuglokomotive wurde. 1952 lieferten alle namhaften Lokomotivhersteller und elektrische Ausrüster in Deutschland zunächst vier Versuchslokomotiven der Baureihe E 10.0, in denen sowohl die Anforderungen des Bundesbahn-Zentralamts und ihre jeweiligen firmeneigenen Vorstellungen von Antriebstechnik, Transformatoren und Lokkasten verwirklicht waren. Das Versuchsprogramm ergab, dass ein Einheitstyp der neuen Elektrolokomotive nicht ausreichen würde, um allen Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Das überarbeitete Typenprogramm enthielt nun die Schnellzuglok E 10, die durch eine andere Übersetzung des Getriebes zur Güterzuglok Baureihe E 40 werden konnte, die leichte Nahverkehrslok Baureihe E 41 und die schwere sechsachsige Güterzuglok Baureihe E 50. Zusätzlich war auch noch eine Schnellverkehrslok E 01 vorgesehen, die jedoch verworfen wurde, da das Streckennetz damals keine hohen Geschwindigkeiten erlaubte und die E 10 als Schnellzuglok für ausreichend angesehen wurde.

Vorserienloks

Die Vorserienlokomotiven wurden weitgehend von der Industrie entwickelt, wobei verschiedene Komponenten ausprobiert wurden. Die E 10 001 stammt im mechanischen Teil von Krauss-Maffei und im elektrischen Teil von AEG. Sie besaß einen Alstom Gelenkhebelantrieb. Die E 10 002 stammte mechanisch von Krupp und elektrisch von BBC und hatte einen BBC-Scheibenantrieb. Die E 10 003 kam von Henschel und SSW und hatte einen SSW-Gummiringfederantrieb. Die E 10 004 lieferten Henschel und AEG und sie wurde durch einen Sécheron-Lamellenantrieb angetrieben. Baugleich mit ihr war die E 10 05, die 1953 nachgeliefert wurde, um die Loks auch im täglichen Betrieb testen zu können. Beheimatet waren die Lokomotiven zunächst im Bw München Hbf, ab 1955 im Bw Nürnberg Hbf.

Die fünf Vorserien-Lokomotiven der Baureihe E 10.0 wurden zwischen 1975 und 1979 ausgemustert. Erhalten sind die Museumslokomotiven E 10 002 und E 10 005.

Serienfertigung

110.1 in kobaltblauer Farbgebung und Einzelleuchten
110.2 in kobaltblauer Farbgebung und Doppelleuchten

Die ersten Serienloks der Baureihe E 10 erhielten Ordnungsnummern ab 101 aufwärts und werden entsprechend auch als Baureihe E 10.1 bezeichnet. Im Gegensatz zur E 40 war die E 10 mit einer Widerstandsbremse ausgerüstet worden. Daher unterscheiden sich beide Baureihen minimal im Dachbereich. Ab Dezember 1956 wurden in mehreren Serien insgesamt 379 Fahrzeuge von den Herstellern Krauss-Maffei, Krupp, Henschel-Werke (alle mechanischer Teil) sowie SSW (Siemens-Schuckert-Werke), AEG und BBC (elektrischer Teil) ausgeliefert. Die Serienmaschinen lassen sich in drei optisch unterschiedliche Ausführungen unterteilen: Die E 10.1 wurde in der Einheits-Kastenform mit großen Einzelleuchten abgeliefert. Im Laufe der Produktion (ab E 10 216) wurden die großen Einzelleuchten später durch zwei kleinere Leuchten (eines als Spitzenlicht, eines als Schlusslicht) ersetzt; diese Ausführung wird entsprechend den laufenden Nummern als E 10.2 bezeichnet. Ab E 10 288 wurde ein neuer, aerodynamisch günstigerer Lokkasten (sogenannte „Bügelfalten-Front“), der zuvor bei der E 10.12 eingeführt worden war, auch bei den normalen E 10 verwendet. Diese Lokomotiven werden daher auch als E 10.3 bezeichnet. Eine Lok (bezeichnet als 751 001) diente dem BZA in Minden von 1989 bis 1997 als Bahndienstlokomotive.

Das Einsatzspektrum der ab 1968 als Baureihe 110 geführten Loks hat sich ab den 1990er Jahren in Richtung Nahverkehr verschoben, entsprechend wurden sie auch im Zuge der dritten Stufe der Bahnreform dem Nahverkehrsbereich DB Regio zugeschlagen, was praktisch das Ende der Einsätze im Fernverkehr bedeutete. Um die Loks im Regionalverkehr wirtschaftlicher einsetzen zu können, wurden viele Loks der Baureihe 110.3 ab 1997 mit Steuergeräten für die konventionelle DB-Wendezugsteuerung (KWS) ausgerüstet. Zumindest teilweise griff man hierbei auf die Einbausätze ausgemusterter 140er und 141er zurück.

Farbvarianten

Verkehrsrote 110.3 schiebt einen Regionalzug

Ursprünglich wurden die E 10 in kobaltblauer Fernzuglackierung geliefert. Mit dem ozeanblau-beigen Farbschema ab 1974 wurden zahlreiche 110er anlässlich von Revisionen auf diese Anstrichvariante umlackiert. Ab 1987 kam dann das orientrote Farbschema mit weißem Lätzchen zur Anwendung, das ab 1997 durch das derzeit aktuelle verkehrsrote Konzept abgelöst wurde, welche heute alle noch in Betrieb befindlichen Lokomotiven dieser Baureihe tragen.

1996 fuhr die mit Mausaufklebern beklebte 110 487-6 als Mauszug anlässlich des 25. Geburtstages der Sendung mit der Maus quer durch Deutschland. In letzter Zeit werden Loks der Baureihe 110, die durch Railcharter eingesetzt werden, zu Werbezwecken mit Folien beklebt, um mit dem Werbezug ein stimmiges Bild zu bekommen. Die letzte war die 110 321, die für den KI.KA LIVE-Express eine Deutschland-Tour machte; die Lok wurde in der ersten Maiwoche 2008 entklebt. 2009 wurden die Lokomotiven 110 325-8 und 110 329-0 für die Wanderausstellung Sciencexpress im Design der Ausstellung präpariert. Von April bis November 2009 bereiste dieser Zug mehr als 60 Städte in Deutschland. Die 110 325-8 wurde im April 2010 verschrottet und die 110 329-0 mitte Januar 2011.

Konstruktionsmerkmale

Blick in den Führerstand der Lok 110 243
110 166 in Frankfurt Hbf

Wie alle Lokomotiven des Einheitselektrolokomotivprogramms hatte die Baureihe E 10 bzw. die heutige 110 als geschweißte Kasten-Konstruktionen mit Drehzapfen ausgeführte Drehgestelle und geschweißte Kastenaufbauten mit Lüftergittern. Die Baureihe 110.3 verwendet den Lokkasten der E 10.12 mit stärker hervorgezogener Stirnfläche, auch als „Bügelfalten“-Kasten bezeichnet. Der Rahmen stützt sich über Schraubenfedern und Gummielemente auf die Drehgestelle ab. Am Anfang machten sich besonders in den oberen Geschwindigkeitsbereichen ein unruhiger Lauf bemerkbar, was etliche Nacharbeiten an den Drehgestellen erforderte. In zwei Lokomotiven (110 475 und 476) wurde auch Flexicoil-Federung erprobt.

Alle Lokomotiven besitzen eine indirekt wirkende Druckluftbremse Bauart Knorr mit Hochabbremsung (bei hohen Geschwindigkeiten wird automatisch stärker gebremst) und zum Rangieren eine direkt wirkende Zusatzbremse. Die Lokomotiven verfügen zusätzlich über eine mit der Druckluftbremse gekoppelte fremderregte elektrische Widerstandsbremse. Die beim elektrischen Bremsen entstehende Wärme wird über Dachlüfter abgeführt. Erstmals in deutschen Lokomotiven wurde serienmäßig eine Hochspannungssteuerung des Transformators verwendet.

Die Fahrmotoren sind 14-polige Motoren vom Typ WB 372, wie sie später auch bei den Baureihen 111 und 151 weiterverwendet wurden. Wie bei allen Loks des Einheitslokprogramms wurde der Gummiringfeder-Antrieb der Siemens-Schuckert-Werke/SSW eingesetzt, der sich bei den ersten E 10.0 überdurchschnittlich bewährt hatte.

Auf dem Dach befanden sich in der Ursprungsausführung die Scheren-Stromabnehmer Bauart DBS 54a, daran schließen sich die obligatorischen Dachtrenner, der Druckluft-Hauptschalter und Oberspannungswandler zur Überwachung der Fahrdrahtspannung an. Die Transformatoren sind Dreischenkel-Trafos mit Ölkühlung, an denen das Schaltwerk mit 28 Fahrstufen angeschlossen ist. Die Steuerung ist als Nachlaufsteuerung ausgelegt, bei der der Lokführer die Fahrstufe vorwählt und das Schaltwerk die gewählte Stellung selbstständig anläuft. Im Notbetrieb ist eine Handsteuerung über eine Kurbel möglich. Ab 110 399 besitzt diese Baureihe serienmäßig Thyristor-Lastschalter (Schaltwerk W29t). Sehr viele niedrigere Baunummern mit N28h bekamen aber nachträglich nach einem Schaden oder im Zuge von Modernisierungsarbeiten einen kompletten Tausch gegen das W29t, so unter anderem auch die Museumslokomotiven E10 121 und 113 311, wodurch deren „Ursprungszustand“ strittig ist.

An Sicherheitseinrichtungen auf dem Führerstand sind die mechanische oder elektronische Sicherheitsfahrschaltung, Punktförmige Zugbeeinflussung (inzwischen entsprechend den neuen Vorschriften mit Softwarestand der PZB 90) und Zugfunk-Geräte vorhanden (mit GSM-R-Funk ausgestattet). Neu sind noch die Computer für den elektronischen Buchfahrplan EBuLa und die bei Lokomotiven im Reisezugverkehr inzwischen ebenfalls zwingend vorgeschriebene Türblockierung ab 0 km/h (TB0). Einige Lokomotiven wurden versuchsweise mit Rechnern des Leitsystems CIR-ELKE ausgerüstet.

Ausmusterung

Nach mehr als 50 erfolgreichen Betriebsjahren steht die Baureihe 110 zur Ausmusterung an. Leistungswegfall konnte durch neue Einsatzgebiete kompensiert werden, bevor 1990 die Baureihe 110 starke Konkurrenz bekam, insbesondere von der Baureihe 143, die im Gegensatz zu vielen 110ern eine Wendezugsteuerung besitzt, deren Höchstgeschwindigkeit jedoch nur 120 km/h beträgt. Um einer Ausmusterung der Baureihe 110 vorzubeugen, wurden bei der dritten Serie (E 10.3) teilweise Wendezugsteuerungen aus ausgemusterten Loks der Baureihe 141 verwendet. Schrittweise begann man ab 2001 die erste Bauserie, die 110.1, verstärkt auszumustern, da die notwendige Wendezugsteuerung fehlte. Auch die neuen Elektrotriebwagen der Baureihe 425 sowie die Regionalexpress-Elloks der Baureihe 146, aber auch seitens der Deutschen Bahn AG verlorene Ausschreibungen zugunsten von Privatunternehmen machten und machen der Baureihe 110 immer mehr zu schaffen. Die Einsatzgebiete der 110er begannen sich auf den Raum Stuttgart, das Rhein-Ruhr-Gebiet, den Raum München und Norddeutschland, sowie auf den Raum Frankfurt zu konzentrieren.

2011 sind noch knapp 40 110er aktiv, hauptsächlich 110.3. Die 110.3 sind dank der Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h und der nachgerüsteten Wendezugtauglichkeit auch für Regional-Express-Züge geeignet, jedoch nur im Abfertigungsverfahren TB 0. Die Loks werden noch in Braunschweig und Köln/Dortmund eingesetzt, die Stuttgarter und Frankfurter Loks werden nach und nach durch andere Baureihen ersetzt. In Braunschweig wurden zum Fahrplanwechsel 2010/11 viele Maschinen durch die Betriebsaufnahme der NordWestBahn auf dem Netz der Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen frei, so dass den Maschinen des Werks Braunschweig nur noch Hauptverkehrseinsätze, hauptsächlich in der Region Hannover, verbleiben.

Eine weitere Abstellungswelle der Baureihe fand im Frühjahr 2011 statt. Zu diesem Zeitpunkt wurde der neue Tunnel zwischen Schlüchtern und Flieden eröffnet. Dieser darf im Gegensatz zum alten Tunnel nur noch mit einer Notbremsüberbrückung befahren werden. Die BR 110 ist dafür nicht ausgerüstet worden.

Als einzige Lokomotive der Serie 110.1 stand im Jahre 2009 die 110 166 aus Trier noch im Einsatz für DB Regio. Mehrere Lokomotiven haben mit Sonderzügen für DB Rail Charter ein neues Einsatzfeld gefunden. Stand Oktober 2011 stehen noch 38 Loks der Baureihe 110 und 10 Loks der Baureihe 115 im Betrieb. Derzeit ist mit einem Ende der Einsätze der letzten 110er im Nahverkehr etwa zum Dezember 2013 zu rechnen, da DB Regio seit 2006 keine Hauptuntersuchungen mehr durchführen lässt.

Museumsloks

110 348 bei einer Fahrzeugparade des DB Museums in Koblenz-Lützel, einer Zweigstelle des Verkehrsmuseums in Nürnberg

Trotz der vorangeschrittenen Ausmusterung sowie der bereits erfolgten Verschrottung zahlreicher Exemplare bleiben dennoch mehrere Lokomotiven in museal erhalten:

Varianten

Baureihe E 10.12/112

(1962 bis 1991)

in den Ablieferzustand zurückversetzte Museumslokomotive E 10 1239
Baureihe 112
1984 in Hamburg

1962 erhielten sechs im Bau befindliche E 10 modifizierte bzw. neuentwickelte Drehgestelle, die ihnen für den Einsatz vor dem Rheingold eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ermöglichten. Sie erhielten zur Unterscheidung von der „normalen“ E 10 eine zusätzliche 1 vor der laufenden Nummer. So entstanden die E 10 1239 bis 1244 und damit die Namensgeber für die Baureihenbezeichnung E 10.12. Alle sechs Lokomotiven trugen den normalen, eckigen Lokkasten und waren in kobaltblau/beige lackiert.

Bereits ein halbes Jahr später erhielten die in kobaltblau-beige abgelieferten E 10 1265 bis 1270 ab Werk neu entwickelte Henschel-Drehgestelle und Getriebe für bis zu 160 km/h, und zogen ab Anfang der 1960er Jahre als Baureihe E 10.12 (ab 1968: Baureihe 112) Fernzüge. Die ersten sechs Loks (E 10 1239 bis 1244) wurden darauf wieder in Regel-E 10 umgebaut und verloren die vorgestellte 1 wieder. Die neu gebauten E 10.12 erhielten einen windschnittigeren Lokkasten (den »Bügelfalten«-Lokkasten), der auch ab E10 288 bei allen neuen Loks der Baureihe E 10 verwendet wurde. Gebaut wurden die E 10 1265 bis 1270, sowie später E 10 1308 bis 1312 mit Henschel-Schnellfahrdrehgestellen und zuletzt, im Baujahr 1968 bereits als BR 112 bezeichnet, die 112 485 bis 504, bei der man nicht mehr auf die teuren Henschel-Schnellfahrdrehgestelle zurückgriff, sondern modifizierte Seriendrehgestelle einsetzte.

Versuchslokomotiven

Zur Erprobung von Komponenten für die DB-Baureihe E 03 wurden die Lokomotiven E 10 299 und E 10 300 für das Bundesbahnzentralamt München 1962 umgebaut. Die Lokomotiven erreichten auf der Messstrecke von Bamberg nach Forchheim 1963 die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h.

Baureihe 113

Baureihe 113
113 309-9 von DB AutoZug 2009 in München Hbf

(1991 bis heute)

Nachdem 1988 die dritte Serie der Baureihe 112 mit Standard-Drehgestellen bereits in die Baureihe 114 umgezeichnet worden war (zu diesem Zeitpunkt wurden die S-Bahn-Exemplare der Baureihe 111 intern noch als Baureihe 113 geführt), wurden die ersten beiden Serien 1991 in die Baureihe 113 umgezeichnet, um der DR-Baureihe 212 im neuen gesamtdeutschen Nummernschema Platz zu machen.

Zur gleichen Zeit zeigte sich zunehmend, dass auch die elf Loks der ersten beiden Serien mit Schnellfahr-Drehgestellen durch die schweren und schnellen Einsätze abgewirtschaftet waren. Mehrfach brachen während der Fahrt die Großzahnräder und richteten starke Schäden am jeweiligen Motor und dessen Getriebe an. Als Notmaßnahme wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h begrenzt, und die Lokomotiven wurden fortan im Eilzugdienst rund um München eingesetzt.

Inzwischen dürfen die Loks – nachdem Mitte der 1990er Jahre die Henschel-Schnellfahrdrehgestelle teils unter Verwendung neu angefertigter Teile wieder aufgearbeitet worden waren – zwar wieder 160 km/h laufen, wurden aber als Splitterbauart betrachtet, die vorrangig abgestellt werden sollte.

Auch 2011 stehen Loks der Baureihe 113 im Einsatz für DB Regio und DB AutoZug. Im Jahr 2011 sind nur noch die drei Loks 113 267, 268 und 309 im Bestand von DB AutoZug. Zuerst war geplant, die Restfristen der Loks abzufahren und sie anschließend abzustellen. So wurden 2007 die 113 268 und 113 309 im Heimatwerk Berlin-Rummelsburg auf z-gestellt. 113 267 blieb dagegen bis Ende 2007 weiterhin im Betriebsdienst, ehe sie wegen Schäden an den Fahrmotoren abgestellt werden musste. Ende 2007 wurde seitens DB AutoZug die Entscheidung getroffen, 113 268 und 113 309 aufgrund des guten Allgemeinzustandes erneut einer Revision IS 630 zu unterziehen. Ende Januar 2008 wurde zuerst mit der Hauptuntersuchung bei 113 309 begonnen, sie konnte am 22. Mai 2008 beendet werden. Eine zunächst vorgezogene Hauptuntersuchung bei 113 267 wurde dagegen verworfen. Die Lok erhielt vier neue Fahrmotoren und ist seit Ende Mai 2008 ebenfalls wieder betriebsbereit. Ihre Frist läuft am 12. März 2009 ab und anschließend soll auch sie eine erneute Revision in Berlin-Rummelsburg erhalten. Anfang Juni 2008 wurde die Revision an 113 268 ausgeführt. Somit können die letzten drei Loks dieser Baureihe auch in den kommenden Jahren noch im hochwertigen Reisezugverkehr angetroffen werden.

Baureihe 114

(1988 bis 1995)

110 499-1, ehem. 114 499-7 im Hauptbahnhof Würzburg (28. Oktober 1995)

Bei der Baureihe 114 handelte es sich um die zwanzig umgezeichneten Fahrzeuge der dritten Serie der Baureihe 112, die auf Serien-Drehgestellen der Baureihe 110 bis zu 160 km/h laufen durften. Wegen starkem Verschleiß musste die Höchstgeschwindigkeit der 112 485 bis 504 ab 1985 auf 140 km/h begrenzt werden. Zur Unterscheidung von den anderen Lokomotiven der Baureihe 112, die noch 160 km/h fahren durften, wurden sie ab 1988 als Baureihe 114 bezeichnet (die Baureihennummer 113 wurde ausgelassen, da zu diesem Zeitpunkt noch die in S-Bahn-Farben lackierten Exemplare der Baureihe 111 buchhalterisch als Baureihe 113 geführt wurden).

Da auch nach der Geschwindigkeitsreduzierung weiterhin Auffälligkeiten im Bereich der Drehgestelle auftraten, wurden die Loks zunächst weiter auf 120 km/h begrenzt und kurz darauf ganz abgestellt. Unter Verwendung von Drehgestellen von Serienlokomotiven mit Ordnungsnummern kleiner als 288 wurden alle zwanzig 114er ab 1993 zu normalen 110.3 umgebaut und als 110 485 bis 504 in den Bestand eingereiht. Achtzehn der ihrer Drehgestelle beraubten »Kasten-110« erhielten wiederum die Laufwerke ausgemusterter 140 und gingen als Baureihe 139 wieder in Betrieb, mit der sie nun aufgrund ihrer E-Bremse nahezu identisch waren. Das Konzept der Einheitslokomotive hat sich bei diesem Ringtausch voll und ganz ausgezahlt.

115 114 (ehem. 110.1) im Hauptbahnhof Frankfurt/Main

Baureihe 115

(ab 2006)

Seit 2005 wurden über dreißig 110 und 113 von DB Regio an DB AutoZug abgegeben. Um diese Maschinen buchhalterisch besser trennen zu können, erhielten die betroffenen 110 seit 2006 nach und nach die neue Baureihenbezeichnung 115 und wurden nach Berlin-Rummelsburg umstationiert, sodass erstmals Maschinen dieser Bauart in Ostdeutschland beheimatet sind. Das klassische Einsatzfeld der Loks sind Autozüge, außerdem verrichten sie diverse Übergabedienste und sind teilweise vor Fernzügen, wie zum Beispiel auf der Linie BerlinWarschau im Einsatz.

In den Reihen der Baureihe 115 befand sich mit 115 154-7 (in Dienst seit 20. Februar 1957) auch die bis zu ihrer Abstellung im Dezember 2010 älteste Lokomotive der DBAG.

Unterschiede zu den Baureihen 139/140

Die Baureihen 110, 113 und 115 sind nahezu identisch mit den Baureihen 139 und 140. Bei der 139/140 kam nur der Einheits-Lokkasten zur Anwendung, wie er bei der 110 lediglich bis zur Betriebsnummer 287 verwendet wurde. Die Motoren sind etwas kürzer übersetzt, so dass für die 139/140 eine modifizierte Anfahrtabelle erstellt werden konnte, welche u. a. die Anwendung der höchstzulässigen Zugkraft für fünf statt nur zwei Minuten gestattet. Die Geschwindigkeit ist dagegen auf 100 km/h ausgelegt, konnte aber auf 110 km/h angehoben werden. Zahlreiche 140 insbesondere jüngeren Baujahres sind für Wendezugbetrieb und Doppeltraktion geeignet, während bei der 110 erst nachträglich bei vielen Maschinen die Wendezugfähigkeit nachgerüstet wurde. Die elektrische Bremse der 110/113/115 ist auch bei der 139 zu finden, bietet dort jedoch mit 90 bzw. 120 kN eine wesentlich höhere Bremskraft; die 140 hat jedoch keine elektrische Bremse. Auch besitzen die 139/140 nur ein einlösiges Steuerventil der Druckluftbremse mit den Bremsartstellungen G und P. Die Fahrsteuerung ist ab 140 757 etwas moderner ausgeführt; anstelle der mechanischen Welle kam bei diesen Maschinen ein elektronischer Stufenvergleich zum Einbau, bei dessen Ausfall die Lok noch mit einem Hilfsfahrschalter gesteuert werden kann. Der höchstzulässige Oberstrom wurde gegenüber der 110/113/115 von 420 auf 350 A reduziert.[2][3]

Auch die Baureihe 139/140 war in den großen Ringtausch ab 1993 eingebunden. So spendeten abgängige 140 ihre Drehgestelle, mit denen dann Kasten-110 zu 139 umgebaut wurden. Das Konzept der Einheitslokomotive mit überwiegend identischen Bauteilen und Instandhaltungsprozessen hat sich spätestens damit voll und ganz bewährt.

Literatur

  • Anton Joachimsthaler: Die Elektrischen Einheitslokomotiven der Deutschen Bundesbahn. 3. Auflage. GDL, Frankfurt/Main 1969.
  • Roland Hertwig: Die Baureihe E 10. Entstehung, Technik und Einsatzgeschichte. EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 3-88255171-2.
  • F. Moritz: Baureihe 110. Im Führerstand. In: Lok-Magazin. Nr. 252, GeraNova Zeitschriftenverlag, München 2002, ISSN 0458-1822, S. 49–51.
  • Roland Hertwig: Die Einheitselloks der DB E 10, E 40, E 41, E 50. Band 1. Technik und Verbleib, EK-Verlag, Freiburg 1995, ISBN 3-88255-446-0.
  • Roland Hertwig: Die Einheitselloks der DB E 10, E 40, E 41, E 50. Band 2. Einsatzgeschichte, EK-Verlag, Freiburg 1995, ISBN 3-88255-447-9.

Weblinks

 Commons: Baureihe 110 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zugkraftdiagramm der E 10
  2. DB Richtlinie: Fahrzeugbeschreibung BR 110/140 vom 28. Juni 1999.
  3. Diskussion bei Drehscheibe-online.de. Abgerufen am 11. August 2010.

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  • Baureihe 56 — steht für: Schlepptender Güterzuglokomotiven mit der Achsfolge 1 D der Deutschen Reichsbahn Baureihe 56.0: Preußische G 7.3, LBE G 7.3 Baureihe 56.1: Preußische G 8.3 Baureihe 56.2: Mecklenburgische G 7.3 Baureihe 56.2II–8: Umbau aus Preußische G …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe 92 — steht für: Personenzugtenderlokomotiven mit der Achsfolge D der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 92.0: Württembergische T 6 Baureihe 92.1: Württembergische T 4 Baureihe 92.2 3: Badische X b Baureihe 92.4: Preußische T 13.1, Oldenburgische T 13.1… …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe 141 — Baureihe E 41 später Baureihe 141 Nummerierung: E41 001 435 ab 1. Jan. 1968: 141 001 451 Anzahl: 451 Hersteller: Henschel Werke, Krauss Maffei (mechanischer Te …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe 54 — steht für: Schlepptender Güterzuglokomotiven mit der Achsfolge 1 C der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 54.0: Preußische G 5.1 Baureihe 54.0II: BBÖ 60, PKP Baureihe Ti12, PKP Baureihe Ti16, JDŽ 131 Baureihe 54.1: BBÖ 260, PKP Baureihe Ti11, ČSD… …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe E 41 — später Baureihe 141 Nummerierung: E41 001 435 ab 1. Jan. 1968: 141 001 451 Anzahl: 451 Hersteller: Henschel Werke, Krauss Maffei (mechanischer Te …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe 13 — steht für: Schlepptender Schnellzuglokomotiven mit zwei führenden Laufachsen und zwei Kuppelachsen (Achsfolge 2 B) der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 13.0: Preußische S 3 Baureihe 13.0II: LBE Nr. 7 Baureihe 13.0III: PKP Baureihe Pd4 (Preußische S …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe 35 — steht für: Schlepptender Personenzuglokomotiven mit der Achsfolge 1 C1 der Deutschen Reichsbahn: Baureihe 35.0: BBÖ 110 Baureihe 35.1: BBÖ 329, PKP Baureihe Ol11 Baureihe 35.1: BBÖ 429.9, ČSD Baureihe 354.7 Baureihe 35.2: BBÖ 429, ČSD Baureihe… …   Deutsch Wikipedia

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