Curtis Emerson LeMay

Curtis Emerson LeMay
Curtis E. LeMay

Curtis Emerson LeMay (* 15. November 1906 in Columbus, Ohio; † 1. Oktober 1990 in Riverside, Kalifornien) war General der US Air Force. Er förderte die Entwicklung von Langstreckenbombern (B-29) und baute das Strategic Air Command (SAC) der USA auf. Das SAC war dazu bestimmt, einen allfälligen Atomkrieg zu führen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Zweiter Weltkrieg

Als „Iron Ass“ (deutsch etwa Eisenarsch oder Eiserner Esel) bezeichnet, befehligte er die Bombereinsätze gegen Deutschland. Da die Bomberbesatzungen oft „technische Probleme“ meldeten, ließ er verkünden, dass jeder abgebrochene Einsatz gegen deutsche Städte zu einem Prozess vor einem Kriegsgericht führt. Daraufhin ließ die Zahl der abgebrochenen Einsätz nach; er entwickelte auch Taktiken, die Bomberbesatzungen vor feindlichem Beschuss schützen sollten.

Im Normalfall gingen die alliierten Bomberverbände auf Ausweichkurs, sobald sie unter Beschuss gerieten, auch wenn der Zielauftrag noch nicht ausgeführt war. Dieser Rückzug und der neuerliche Anflug aufs Ziel war aber für den Verband viel riskanter, als den Abwurf plangemäß durchzuziehen. Curtis LeMay sorgte auch im pazifischen Raum für Verbesserung der Effizienz: US-Bomber hatten zunächst in Indien ihre Basis. In China musste ein Stützpunkt für das Wiederauftanken eröffnet werden; die Errichtung dieser Basis verlief im umkämpften China nur zögerlich. Zu oft kehrten aber die B-29 zurück nach Indien, ohne die größtmögliche Menge an Treibstoff in China zurückgelassen zu haben.

LeMay überzeugte sodann das Luftwaffenkommando davon, auf der Pazifik-Insel Guam eine Basis zu errichten. Diese lag näher am japanischen Festland und die Piloten mussten keinen Tankstopp einlegen und konnten auch mehr Bombenlast mitnehmen. Er war auch verantwortlich für den Einsatz von Brandbomben auf japanische Städte: bei der Bombardierung auf Tokio kamen in einer Nacht 100.000 Menschen ums Leben.

Kalter Krieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde LeMay stellvertretender Leiter des Air Staff for Research and Development des Pentagons. 1947 beorderte man ihn nach Europa, wo er die Position des Kommandanten der US Air Forces in Europe (USAFE) innehatte. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Organisation, Durchführung und Planung der Berliner Luftbrücke 1948/49 beteiligt.

Im Jahre 1949 kehrte er – nach Beendigung der Berlinblockade – wieder in die USA zurück, wo er den Posten des Oberbefehlshabers des Strategic Air Command (SAC) erhielt und somit General George Kenney ersetzte.

Als er das SAC übernahm, bestand es lediglich aus wenigen und zudem auch noch unterbesetzten B-29 Bombergruppen. Jene Bomber (wie im Übrigen auch das militärische Personal) waren fast ausschließlich Überbleibsel des Zweiten Weltkrieges. Weit weniger als die Hälfte der vorhandenen Flugzeuge waren überhaupt funktionsfähig bzw. flugtauglich. Die Mannschaften waren untrainiert und auf mögliche Einsätze kaum adäquat vorbereitet. Als er eine Bombardierungsübung auf Dayton, Ohio anordnete, verfehlten die meisten Bomber ihre Ziele um eine Meile oder mehr.

Bis 1957 beaufsichtigte er die Umwandlung und Neuorganisation von SAC in eine moderne, leistungsfähige Luftstreitmacht, bestehend aus unterschiedlichen Typen von Bomberjets für strategische oder auch taktische Einsatzmöglichkeiten. Im Zuge dessen wurden u.a. neue Bombertypen entwickelt bzw. eingeführt, wobei er zusätzlich die Luftbetankung der Bomber einführen ließ. Des weiteren verbesserte er generell das Befehls- und Koordinierungssystem des SAC erheblich.

Im Jahre 1961 wurde er schließlich zum Chief of Staff of the Air Force (CSAF) ernannt und trat damit die Nachfolge von Thomas D. White an. In seiner neuen Position als CSAF sah er sich jedoch alsbald mit vielfältiger Kritik an seinen militärischen und vor allem strategischen Vorstellungen und Planungen konfrontiert. Zu seinen schärfsten Kritikern zählte der damalige US-Verteidigungsminister Robert McNamara. Wesentlicher Bestandteil des Disputes war dabei McNamaras Umschwung von der sog. „total response“ zur „flexible response“ (auch McNamara-Doktrin genannt). Weitere Gegenspieler von LeMay waren insbesondere Eugene M. Zuckert (Secretary of the Air Force bzw. Staatssekretär der US Air Force) und Maxwell D. Taylor (Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff).

LeMay war ein ausdrücklicher Kriegsbefürworter und glühender Antikommunist. So hatte er zum Beispiel in seinem ersten strategischen Kriegsplan gegen die Sowjetunion von 1949 vorgeschlagen, in einem einzigen massiven nuklearen Erstschlag die Sowjetunion anzugreifen. Dabei sollten sämtliche damals vorhandenen Atombomben (133 Stück) auf insgesamt 70 sowjetische Städte innerhalb von 30 Tagen abgeworfen werden. (Die Sowjets besaßen zum damaligen Zeitpunkt noch kein nukleares Arsenal.)

LeMay musste in seiner Zeit als CSAF eine Niederlage nach der anderen hinnehmen. So gelang es ihm u.a. nicht, das favorisierte ballistische Raketenprogramm AGM-48 Skybolt der Douglas Aircraft Company durchzusetzen. Weiterhin scheiterte auch sein Vorschlag, die Unterschall-Bomber Boeing B-52 durch ein Überschallflugzeug (die North American XB-70) zu ersetzen.

Auch bezüglich der in den frühen 1960er Jahren zunehmenden US-amerikanischen Involvierung in den Vietnamkonflikt vertrat er eine zum damaligen Zeitpunkt noch sehr unpopuläre Haltung. Er sprach sich ausdrücklich für eine starke und vor allen Dingen massive militärische Intervention in Vietnam aus. (Ihm wird das sinngemäße Zitat unterstellt, man solle „Vietnam zurück in die Steinzeit bomben“.)

Obwohl ab Februar 1965 nicht mehr im Amt, wirkte sich seine militärische Doktrin insbesondere im Vietnamkrieg nachhaltig aus. LeMays Strategie der Durchführung massiver, taktischer und strategischer Luftangriffe wurde alsbald von der US Air Force umgesetzt und als generelle Doktrin lange Zeit beibehalten. Die hieraus resultierenden, massenhaften Bombardierungen von Vietnam, Laos und Kambodscha forderten eine unverhältnismäßig große Zahl an zivilen Todesopfern, bei einer nahezu effektlosen militärischen Wirkung.

Während der Kubakrise 1962, geriet LeMay massiv mit Präsident John F. Kennedy und Verteidigungsminister McNamara aneinander. Er war strikt gegen eine Seeblockade und forderte statt dessen eine aggressivere Haltung gegenüber der Sowjetunion bzw. Kuba. Seine Argumentation berief sich darauf, dass die USA einen nuklearen Krieg gegen die Sowjetunion noch wagen sollten, solange sie einen solchen Krieg noch gewinnen könnten. (Die USA hatten zu diesem Zeitpunkt 17 mal mehr Atomwaffen als die Sowjetunion und 10 mal mehr Atomtests durchgeführt.) Daher drängte er energisch auf eine Erlaubnis, die auf Kuba stationierten Raketenbasen zu bombardieren, wobei er selbst davon ausging, lediglich 90% jener Anlagen vernichten zu können. Nachdem die Krise abgewendet war, zeigten ausführliche militärische Analysen, dass LeMay im Falle eines Erstschlags gegen die Raketenbasen weitaus weniger hätte vernichten lassen können. Andererseits hätte diese Art der Eskalation wahrscheinlich auch auf sowjetischer Seite zu einem Nuklearwaffeneinsatz geführt.

Selbst unmittelbar nach dem Ende der Krise und dem Abzug der sowjetischen Raketen von Kuba sprach sich LeMay noch immer für eine Invasion der Insel aus.

Ziviles Leben

In der Zeit nach der Kubakrise spitzen sich die Differenzen zwischen LeMay und McNamara weiter zu. Dabei erhöhte LeMays unnachgiebige, militaristische Grundhaltung die Spannung zwischen beiden Männern nur noch zusätzlich. Schließlich musste LeMay im Februar 1965 in den Ruhestand gehen.

In der Folgezeit versuchte er eine politische Karriere auf die Beine zu stellen, die allerdings wenig erfolgreich verlief. Er wurde 1968 Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, zusammen mit dem rechtsgerichteten Präsidentschaftskandidaten George Wallace. Wallace diente während des Zweiten Weltkrieges als Staff Sergeant im 58. Bombergeschwader der 20. Air Force, deren Kommandant damals LeMay war. Jedoch waren LeMay’s Äußerungen bezüglich des Einsatzes von Atombomben sehr nachteilig für Wallace Präsidentschaftskampagne.

LeMay starb am 1. Oktober 1990 und wurde auf dem Friedhof der United States Air Force Academy in Colorado Springs (Colorado) beigesetzt.

Zitate

„Japaner zu töten kümmerte mich nicht besonders zu jener Zeit... Wenn ich den Krieg verloren hätte, wäre ich als ein Kriegsverbrecher angeklagt worden... Jeder Soldat denkt etwas über die moralischen Aspekte seines Handelns nach. Aber der ganze Krieg ist unmoralisch, und wenn dir das Sorgen bereitet, bist du kein guter Soldat.“[1]

Filmische Rezeption

Im Spielfilm Thirteen Days (2000), der die Kubakrise zum Gegenstand hat, wird LeMay von Kevin Conway dargestellt.

Die Figur des Generals „Buck“ Turgidson (steht sinngemäß auf deutsch übersetzt in etwa für läufiger Hase) in dem Film Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben von Stanley Kubrick ist eng an Curtis LeMay angelehnt.

Quellen

  1. PBS-Beitrag

Weblinks


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