Comma Johanneum

Comma Johanneum

Beim sogenannten Comma Johanneum (comma latinisiert von grch. κόμμα = „Einschnitt, Abschnitt“; Johanneum = johanneisch) handelt es sich um einen mittlerweile als unecht gewerteten Satzteil im 1. Johannesbrief des Neuen Testaments, Kapitel 5, Verse 7 und 8 (zitiert nach der Einheitsübersetzung und ihren Fußnoten; kursiv die Worte des Comma):

(7) „Drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins.
(8) Und drei sind es, die Zeugnis geben auf Erden: der Geist, das Wasser und das Blut, und diese drei sind eins.“

Die Bedeutung der Stelle und der Diskussion über ihre Echtheit ergibt sich daraus, dass dieser Satzteil ein biblisches Zeugnis für die Trinitätslehre darstellen würde, wenn er zum ursprünglichen Textbestand gehörte.

Inhaltsverzeichnis

Bezeugung

Comma in Codex Ottobonianus (629 Gregory-Aland)

Der Abschnitt fehlt in sämtlichen griechischen Handschriften mit Ausnahme weniger später Minuskeln[1]. Erst um 380 n. Chr. taucht er in einer Schrift des Spaniers Priscillian auf. Einige Kirchenväter verraten überhaupt keine Bekanntschaft mit dem Satz, so z. B. Hieronymus, andere, wie Augustinus, kannten ihn zwar, betrachteten ihn aber anscheinend nicht als zum Bibeltext gehörig.

Die Vulgata hatte ihn als Textbestandteil. Erasmus von Rotterdam nahm das Comma erst 1522 in die dritte Ausgabe seines griechischen Neuen Testaments auf, gedrängt von Anfeindungen wegen seines Fehlens und gestützt auf die – nach Erasmus’ eigener Bewertung möglicherweise gefälschte – Minuskel 61.

Zu Luthers Lebzeiten fehlte das Comma Johanneum in seiner Übersetzung und wurde erst 1581 durch einen Frankfurter Drucker eingefügt. In der Lutherbibel von 1545 lautete die Stelle:

„Denn drey sind die da zeugen auff Erden / Der Geist / vnd das Wasser / vnd das Blut / vnd die drey sind bey samen“.[2]

Bei der Revision von 1892 wurde das Comma eingeklammert und mit einer Fußnote versehen; bei der Revision 1912 wurde es aus dem Text genommen und in eine Anmerkung verwiesen.

Im Jahre 1897 entschied das Heilige Officium, dass katholische Theologen die Echtheit des Comma nicht mit Sicherheit („tuto“) leugnen oder bezweifeln könnten. Diese Entscheidung wurde durch Papst Leo XIII. bestätigt, jedoch nicht in der forma specifica, so dass es sich um nichts weiter als eine "Behördenentscheidung" handelte. Katholische Theologen hatten dennoch forthin bei wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Bezug auf diese Entscheidung zu nehmen.[3] Im Jahr 1927 gab Papst Pius XI. schließlich die Diskussion frei (vgl. Denzinger-Hünermann Nr. 3681). Die unter Papst Johannes Paul II. erschienene Nova Vulgata bietet den Satzteil nicht mehr.[4]

Evangelische wie römisch-katholische Theologen sind sich heute mit wenigen Ausnahmen einig, dass das Comma Johanneum nicht zum ursprünglichen Textbestand des 1. Johannesbriefs gehörte und allenfalls eine relativ früh, etwa seit dem 4. Jahrhundert bezeugte Deutung der zweifellos zum Text gehörenden Passage über die „drei Zeugen“ darstellt.

Aktuelle Bibelübersetzungen

In den heute im Handel befindlichen Bibelübersetzungen einschließlich der römisch-katholischen ist das Comma Johanneum meist entweder überhaupt nicht erwähnt oder, deutlich als spätere Zufügung gekennzeichnet, in die Fußnoten verwiesen.

Aktuelle Ausnahmen sind die im englischen Sprachraum verbreitete King-James-Bibel sowie die deutsche Schlachter 2000 und die Luther 1998. Hintergrund ist die in bestimmten evangelischen Kreisen herrschende Vorliebe für den Textus Receptus.

Siehe auch

Literatur

  • Heinrich Greeven: Art. Comma Johanneum; in: RGG3, Bd. 1, Sp. 1854.
  • Bruce M. Metzger: Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die neutestamentliche Textkritik; Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: 1966; S. 100–102
  • Johannes Kovar: Textus Receptus und moderne Übersetzungen (kritische Beleuchtung des T.R. aus adventistischer Sicht; Word-Dokument vom 22. Mai 2005
  • H.-J. Klauck: Der erste Johannesbrief; Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament 23,1; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1991; S. 303–311

Einzelnachweise

  1. Laut Nestle-Aland, 26.Auflage (4.Druck) die Handschriften 61, 629, 918, 2318, sowie als späterer Zusatz in den Minuskeln 88, 221, 429, 636.
  2. Vgl. 1. Johannes 5 aus der Luther-Bibel 1546 bei Wikisource.
  3. Walter Drum: Artikel Epistles of Saint John; in: The Catholic Encyclopedia; New York: Robert Appleton Company, 1910; Besucht am 30. August 2008 auf newadvent.org
  4. Der erste Johannesbrief nach der Neo-Vulgata

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