Claudian

Claudian

Claudius Claudianus (kurz Claudian; * um 370; † um 404/5) war der bedeutendste lateinische Dichter der Spätantike.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Für Informationen zu seiner Biographie und zu seinem Werdegang sind wir auf die spärlichen Aussagen späterer Schriftsteller, vor allem aber auf Claudians eigene Dichtungen, angewiesen, so dass vieles, was seine Person betrifft, im Dunklen bleibt.

Claudian stammte wahrscheinlich aus dem ägyptischen Alexandria und wuchs dort zweisprachig (griechisch-lateinisch) auf. Seine Religionszugehörigkeit ist unklar: Alan Cameron, einer der führenden Claudianforscher, stellte fest, dass Claudian keine Selbstaussage machte und seine Werke vor allem für ein christliches Laienpublikum bestimmt waren. Zwar plädiert Cameron für ein (oberflächliches) Heidentum, andere Forscher betrachten Claudian jedoch als Christen. Auf jeden Fall transportierte Claudian in seinen Werken keine heidnischen Werte. Über seine Anfänge als Dichter wissen wir nichts; möglicherweise verdingte er sich zunächst als wandering poet (Alan Cameron) im griechischsprachigen Osten. Im Jahre 394 n. Chr. jedenfalls finden wir ihn in Rom, wo er sich mit einem Panegyrikus, welcher die Einsetzung der Brüder Olybrius und Probinus als ordentliche Konsuln des Jahres 395 feiert, als Dichter in lateinischer Sprache profiliert.

Nach dem Erfolg, den Claudian mit diesem Gedicht hatte, trat er als Hofdichter in den Dienst des weströmischen Kaisers Honorius und seines Heermeisters Flavius Stilicho. In diesem Umkreis entstehen bis 404 n. Chr. zahlreiche enkomiastische Gedichte, welche die Konsulate Stilichos und des Kaisers Honorius, ihre Politik und ihre militärischen Erfolge, darunter gegen den in Afrika aufsässigen Militärbefehlshaber Gildo und insbesondere über die Goten des Heerkönigs Alarich, feiern. Ebenso verfasste Claudian die beiden Invektiven (Schmähgedichte) In Rufinum und In Eutropium, die sich gegen zwei Machthaber am oströmischen Hof zu Konstantinopel richten, nämlich den Prätoriumspräfekten Flavius Rufinus (im Amt 392-395) und den obersten Kammerherrn Eutropius (im Amt 397-399).

Dass Claudians literarische Produktion von höchster Stelle anerkannt wurde, zeigt sich daran, dass er (um 400 (?) n. Chr.) mit einer Statue auf dem Trajansforum geehrt wurde, deren Basisinschrift erhalten ist. Auch wenn Claudians Darstellungen tendenziös sind und der historische Gehalt vielfach den Prinzipien einer ansprechenden literarischen Gestaltung unterworfen ist, sind seine politischen Gedichte doch zeitgeschichtliche Dokumente ersten Ranges, da sie für die Geschichte des ausgehenden vierten Jahrhunderts zum Teil unsere einzige Quelle bilden. Auch für die Geschichte der römischen Literatur sind sie von großer Bedeutung, da sie die überkommene Gattung des heroischen Epos weiterentwickeln, und – zumindest nach unserem Wissen – in höchst innovativer Form panegyrische Aussagen in Kombination mit einer narrativen Handlung präsentieren.

Neben den zeitgeschichtlichen Gedichten sind von Claudian zahlreiche kleinere Gelegenheitsgedichte (carmina minora, z. B. Phoenix) sowie sein mythologisches Epos De raptu Proserpinae (Der Raub der Proserpina) erhalten, das vom Raub der Ceres-Tochter Proserpina (griechisch Persephone) durch den Unterweltsgott Pluto berichtet. Sowohl der Entstehungshintergrund als auch die Deutung des Gedichts sind in der Forschung höchst umstritten. Gleiches gilt auch für die Fragmente der Gigantomachie, eines Gedichtes in griechischer Sprache, das ebenfalls in der Sammlung der Gedichte Claudians enthalten ist.

Claudians Spur verliert sich nach 403/404 n. Chr. Ob sein Tod oder der Sturz seines Gönners Stilicho im Sommer 408 die Ursache für sein Verstummen ist, lässt sich nicht mehr ausmachen.

Die etwas mysteriöse Persönlichkeit Claudians hat verschiedentlich zu literarischer Gestaltung inspiriert. Hermann Sudermann verfasste 1914 ein Drama mit dem Titel Die Lobgesänge des Claudian, das den Dichter als ehrgeizigen, verlogenen und aalglatten Hofpoeten zeichnet, der aus gekränkter Eitelkeit seinen Gönner Stilicho ins Verderben reißt und bei dem Versuch umkommt, diesen Fehler wiedergutzumachen. Etwas ausgewogener ist die Darstellung in Hella S. Haasses Roman Een nieuwer testament (1964; engl. 1993 unter dem Titel Threshold of fire), der Claudians ägyptische Herkunft und seine Erfolge am weströmischen Kaiserhof thematisiert.

Literatur

Ausgaben und Übersetzungen

Sekundärliteratur

  • Alan Cameron: Claudian. Poetry and Propaganda at the Court of Honorius. Oxford 1970.
  • Alan Cameron: Poetry and Literary Culture in Late Antiquity. In: S. Swain / M. Edwards (Hgg.): Approaching Late Antiquity. The Transformation from Early to Late Empire. Oxford 2004, S. 327–354.
  • James H. Crees: Claudian as an Historical Authority. Rom 1968.
  • Siegmar Döpp: Zeitgeschichte in Dichtungen Claudians. Wiesbaden 1980.
  • Jacqueline Long: Claudian's In Eutropium or, How, When, and Why to Slander a Eunuch. Chapel Hill / London 1996
  • John Martindale, John Morris: The Prosopography of the Later Roman Empire. Bd. 2, Cambridge 1980, S. 299f.
  • Peter Leberecht Schmidt: Politik und Dichtung in der Panegyrik Claudians. Konstanz 1976.
  • Friedrich Karl Vollmer: Claudius Claudianus. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,2, Stuttgart 1899, Sp. 2652–2660.

Weblinks


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