Zweiter Strelizenaufstand

Zweiter Strelizenaufstand

Der Zweite Strelitzenaufstand war ein erfolgloser Aufstand der während der Abwesenheit des Zaren Peters I. im Zuge der Großen Gesandtschaft im Juni 1698 ausbrach. Nach einer kurzen Schlacht vor Moskau wurden die vier Strelizenregimenter besiegt und ein Großteil der Überlebenden in den Folgemonaten verhört, gefoltert und hingerichtet.

Inhaltsverzeichnis

Peter I. auf Reisen

Die Strelitzen wurden in den 40-50er Jahren des 16. Jahrhunderts als erstes stehendes Heer im Moskauer Staat im Rahmen der Militärreformen Iwans IV. gegründet. Sie befürchteten unter Peter I. ihre herkömmlichen Rechten zu verlieren.[1] Seit dem ersten Strelitzenaufstand von 1682 waren die Strelitzen die innenpolitischen Gegner Zar Peters I. und seines Modernisierungskurses.[2] Im Februar 1697 deckte Peter I. einen Hochverrat des Strelizenobersten Iwan Zykler, den Bojaren Fjodor Puschkin und Alexei Sokowonin auf und leitete selbst die Untersuchung. Nach den unter Folter erwirkten Geständnissen, ließ Peter I. vor seiner Abreise nach Westeuropa alle Teilnehmer der Verschwörung öffentlich hinrichten und andere gering involvierte in das Innere des Zarentums verteilen, wo sie mit den übrigen Truppen vermischt wurden. Ziel dieser Verschwörung war es, die Halbschwester Peters I., Sofia zurück an die Macht zu bringen. Die Bewachung der im Jungfrauenkloster eingekerkerten Sofia wurde daraufhin auf hundert Mann verstärkt.[3] Die Gefahr eines Aufruhrs war damit aber nur für einen Augenblick gebannt worden und fachten sich durch die Abwesenheit Peters I. wieder an. Die Gründe hierfür waren:

  • der Vorzug, der den neuerrichteten aus Ausländern bestehenden regulären Truppen bei jeder Gelegenheit vor den Strelitzen eingeräumt wurde,[4]
  • ihre Versetzung an die Grenzen des Reiches (u.a. 3000 Strelitzen nach Asow, später erweitert auf zehn Strelizenregimenter) und die damit vollzogene Familientrennung,[5]
  • die Verschwörung der orthodoxen Priester die gegen die zahlreich eingewanderten und eingeführten Ausländer propagierten.

Für die Dauer seiner Abwesenheit, setzte Peter I. einen Regentschaftsrat mit weitgehenden Befugnissen ein. Fjodor Jurewitsch Romodanowski erhielt den Auftrag als Gouverneur von Moskau für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Nach einem harten Winter ohne ausreichenden Proviant und Besoldung zogen 175 Strelitzen von den Grenzen des Reiches nach Moskau um den ausstehenden Sold einzufordern. Anfang Mai 1698 traten diese Deserteure wieder in den Dienst in ihren Regimentern in Welikije Luki und Rschew ein. Nachdem Peter I. von den Ereignissen erfuhr, forderte er eine strenge Bestrafung der Deserteure ein. Der Regenschaftsrat beauftragte Romodanowski am 2. Juni, die betroffenen Strelizenregimenter neue Standorten zuzuweisen und die Deserteure zu verhaften. Auf dem Weg zu den neuen Standorten stoppten die Regimenter plötzlich. Sie weigerten sich weiterzumarschieren und setzten ihre Offiziere ab. Aufgrund von Gerüchten, dass die Familien der Strelizen aus Moskau verbannt werden sollten, zogen diese, etwa 2600 Strelizen nun gegen Moskau. Die Bojarenduma beschloss am 11. Juni den Strelizen ein Heer entgegenzuschicken unter Leitung von Alexei Semjonowitsch Schein, dem General Patrick Gordon zu Seite treten sollte. Das Regierungsheer war etwa 3700 Mann stark und hatte 25 Kanonen. [6]

Niederschlagung der Verschwörung

am Morgen der Hinrichtung
Historiengemälde von Wassili Iwanowitsch Surikow (1848-1916)

Etwa 25 Kilometer von Moskau entfernt, stieß General Gordon mit seinen Truppen auf die Aufständischen Strelitzen. Am 17./18. Juni wurden die ohne Plan angreifenden Strelitzen in kurzer Zeit besiegt. An Opfern wurden bei den Strelitzen 70 Tote und rund 40 meist schwer Verwundete gezählt. Bei dem Regierungsheer wurden lediglich vier Verwundete gemeldet. General Grodon ließ alle Strelitzen gefangen nehmen und leitete mit Šein Untersuchungen ein. Während dieser wurden 130 Strelitzen bei der Anstiftung der Unruhen bezichtigt und gehängt. Die übrigen etwa 1870 Strelitzen[7] wurden auf vier weitere Kloster verteilt und dort eingekerkert.

Peter I. bekam die erste Nachricht von diesem Aufstand als er sich in Wien befand. Er brach alle weiteren Reisepläne ab und kehrte umgehend nach Moskau zurück. Als Peter I. am 24. August 1698 seinen Sommersitz Preobraschenskoje bei Moskau erreichte, hatte der General Gordon die Rebellion bereits niedergeschlagen. Die regulären Truppen der Poteschnyje hatten ihm so gute Hilfe geleistet, dass Peter I. sie reich belohnte und sie später zu seiner Leibgarde erhob.

Er ließ an den verbliebenen 1870 Gefangenen ein Exempel statuieren, da die bisherigen Untersuchungen aus seiner Sicht zu schnell und ohne befriedigende Ergebnisse beendet wurden. Peter I. beauftragte die Geheime Kanzlei mit der gerichtlichen Untersuchung des Strelitzenaufstandes unter Einsatz der Folter. Peter setzte eine Vernichtungsaktion in Gang, die mehrere Monate andauerte. Von Oktober 1698 bis Februar 1699 wurden über 1.000 Personen öffentlich exekutiert. Die Leichen oder deren Köpfe wurden auf den Toren und Mauern Moskaus der Verwesung überlassen. Viele Körper mussten bis zu ihrer Auflösung am Galgen hängen bleiben. 1100 Strelitzen verloren auf diese Art ihr Leben,[8] Minderjährige wurden nach Sibirien, Astrachan und Asow verbannt, das Korps der Strelitzen aufgehoben, der Name abgeschafft und für ehrlos erklärt.

Während der Niederschlagung des Strelitzenaufstandes 1698 verdächtigte Peter I. auch seine erste Frau Jewdokija Fjodorowna Lopuchina der Teilnahme an der Verschwörung und verbannte sie 1698 ins Kloster Susdal.

Folgen

Nach der Vernichtung der Strelitzen standen Peters I. Reformplänen nichts mehr im Wege. Er führte umfassende Reformmaßnahmen ein, die den Bruch mit der Vergangenheit und den überkommenen moskowitischen Lebensformen bedeuteten.

Literatur

  • Alexander Moutchnik: Der „Strelitzen-Aufstand“ von 1698, in: Volksaufstände in Russland. Von der Zeit der Wirren bis zur "Grünen Revolution" gegen die Sowjetherrschaft, hrsg. von Heinz-Dietrich Löwe. Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, Bd. 65, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 2006, S. 197ff. ISBN 3-447-05292-9

Einzelnachweise

  1. vgl. Löwe, S. 200
  2. vgl. Löwe, S. 199
  3. vgl. Löwe, S. 204
  4. vgl. Löwe, S. 201
  5. vgl. Löwe, S. 203
  6. vgl. Löwe, S. 212
  7. vgl. Löwe, S. 216
  8. Löwe, S. 191

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