Wilhelm Kunst (Holzbildhauer)

Wilhelm Kunst (Holzbildhauer)
Wilhelm Kunst bei der Arbeit an einer Madonna

Wilhelm Kunst (* 8. August 1909 in Zetel, Oldenburg; † 13. Januar 1986 ebenda) war ein deutscher Holzbildhauer.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Kruzifix in der Kirche Schmalförden
Abendmahl St. Martinskirche Zetel
Orgelprospekt St. Andreas Cloppenburg
Galerie mit Spindeltreppe – Museum im Roselius-Haus Bremen ‎

Wilhelm Kunst war der Älteste von drei Geschwistern des Schmiedemeisters Wilhelm Kunst und Frau Meta, geb. Paradies. Bereits in jungen Jahren verspürte er seine künstlerische Ader und eine Neigung zu dem Material Holz. Von 1924 bis 1928 wurde er zum Holzbildhauer in Neuenburg (Oldenburg) in einem der seinerzeit zahlreichen dort ansässigen Holzschnitzbetriebe ausgebildet mit einer abschließenden Gesellenprüfung. Ein weiteres Jahr arbeitete er in einem anderen Neuenburger Betrieb als Geselle. Während er bis dahin überwiegend Möbelschnitzereien und andere Flach- und Ornamentschnitzereien anfertigte, verlangte er nun nach Fertigkeiten in der figürlichen Holzbildhauerei.

Zur Erlangung dieser künstlerischen Fähigkeiten besuchte er von 1931 bis 1935 die Holzschnitzschule Bad Warmbrunn in Schlesien (heute das polnische Ciepliece) am Fuße des Riesengebirges, die zu diesem Zeitpunkt bereits einen sehr guten, internationalen Ruf hatte. Der aus dem italienischen Grödnertal stammende Holzbildhauer Prof. Cirillo dell’Antonio, der während dieser vier Jahre zugleich Lehrer und Leiter der Schule war, hatte ein besonderes Gespür im Umgang mit den heranwachsenden Künstlern. Von ihm lernte Wilhelm Kunst insbesondere die Anatomie des Menschen und Tieres sowie die Verhältnislehre. Nach der Rückkehr aus Schlesien richtete er sich eine Werkstatt in seinem Elternhaus in Zetel als selbständiger Holzbildhauer ein und machte noch im selben Jahr seine Meisterprüfung.

Der Ausbruch des 2. Weltkrieges führte ihn nach Afrika, von wo er 1942 verwundet zurückkehrte und in die Genesungskompanie nach Quarmbeck/Quedlinburg kam. Hier lernte er seine Frau Hanna aus Gernrode kennen. Arbeit gab es in dieser Zeit außer ein paar Gelegenheitsarbeiten kaum. Jedoch fand er noch etwa für ein Jahr als Holzschnitzer eine Beschäftigung, bevor er mit Frau und Kind in seine Heimat zurückkehrte. Dort nahm er die Arbeit in seiner bereits eingerichteten Werkstatt wieder auf.

Jedoch bescherte ihm die durch den Krieg bedingte schlechte Wirtschaftslage zunächst nur sehr wenige Aufträge. Die ersten Anfragen kamen von den Kirchengemeinden. Und so kam es auch, dass die St. Martins-Kirche seines Heimatortes Zetel ihn 1951 mit der Ausschmückung der Kirche beauftragte (Moses-Figur als Kanzelträger sowie die vier Evangelisten, das Heilige Abendmahl als Predella).

Danach folgten Aufträge von weiteren Kirchen im ganzen Oldenburger Land (Kruzifixe, Madonnen, Heiligenfiguren, Altarrestaurierungen, Orgelprospekte, Gefallenen-Gedenktafeln). Eine beständige Zusammenarbeit mit dem Orgelbauunternehmen Alfred Führer aus Wilhelmshaven verschaffte ihm mehrere Aufträge über umfangreiche Orgelprospekt-Schnitzereien.

Als eine seiner bedeutendsten Arbeiten im öffentlichen Bereich kann sicherlich die Spindeltreppe und Galerie in der Diele des historischen Roselius-Hauses in der Böttcherstraße in Bremen genannt werden. Der während des Krieges 1944 zerstörte Barock-Einbau wurde von Wilhelm Kunst in der Zeit von Oktober 1953 bis März 1954 als Nachbildung geschnitzt.

Weihnachtskrippe
Maurer
Bücherwurm
Heilige Barbara

Allmählich interessierte sich auch die Bevölkerung seiner Heimat für seine Holzschnitzkunst. Charaktere des ländlichen Lebens oder diverser Berufsstände, aber auch Sportplaketten und Weihnachtskrippen waren beliebte Objekte.

Wilhelm Kunst war ein gegenständlicher Künstler mit einem individuellen Stil von schnitztechnischer Feinheit und besonderer Ausdruckskraft seiner Figuren. Er arbeitete fast ausschließlich mit Linden- und Eichenholz aus der umliegenden Natur, welches er mit mehr als 100 verschiedenen Schnitzmessern und stets mit Klöppel bearbeitete.

Anfang der Siebziger Jahre schloss er sich dem „Bildhauerkreis Ernst Rülke“ an, ein Zusammenschluss von ostdeutschen und schlesischen Holzbildhauern, die ehemals Schüler der Holzschnitzschule Bad Warmbrunn waren. Elsbeth Siebenbürger, eine Schülerin des ehemaligen Lehrers und Direktors der Schule, Ernst Rülke, rief diesen Kreis ins Leben und veranstaltete regelmäßige Ausstellungen und Symposien, an denen Wilhelm Kunst teilnahm. Darüber hinaus war er auch auf Kunstausstellungen im Oldenburger Land präsent.

Wilhelm Kunst schnitzte fortwährend bis an sein Lebensende. Am 13. Januar 1986 verstarb er an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde auf dem Neuen Friedhof in Zetel beigesetzt.

Mitgliedschaften

  • Handwerksrolle der Handwerkskammer Oldenburg 1935–1986
  • stellvertretender Beisitzer im Meisterprüfungsausschuss der Handwerkskammer Hannover 1968–1986
  • Bildhauerkreis Ernst Rülke Esslingen

Ausstellungen

  • Bildhauerkreis Ernst Rülke, Symposium Festenburg/Harz 1970
  • Bildhauerkreis Ernst Rülke, Ostdeutsche Galerie Regensburg 1973
  • Bildhauerkreis Ernst Rülke, Mainz 1979
  • Bildhauerkreis Ernst Rülke, Symposium Wunsiedel 1984
  • Ausstellung Wilhelm Kunst, Geschichtswerkstatt Zetel, 2002

Werke im öffentlichen Bereich

  • St. Martins-Kirche Zetel:
    • Heilige Abendmahl (Predella), Moses, 4 Evangelisten, 1951
    • Weihnachtskrippe 1980
  • Wegweiser zur Badeanstalt Zetel
  • St. Johannes Markhausen,Reliefs Lesepulte
  • St. Nicolai-Kirche Schmalförden, Kruzifix, 1952
  • Gethsemane-Kirche Bakum, Kruzifix
  • Kirchengemeinde Neustadtgödens, Gedenktafel der Gefallenen, 1952
  • St. Martins-Kirche Tettens, Kruzifix, 1952
  • Ev. luth. Christuskirche Borkum, Gedenktafeln der Gefallenen, 1953
  • Roselius-Haus Böttcherstrasse Bremen, Spindeltreppe u. Galerie 1953-1954
  • St. Laurentius-Kirche Langwarden, Gedenktafel der Gefallenen, 1954
  • Kirchengemeinde Filsum, Gedenktafel der Gefallenen, 1956
  • Christus-Kirche Brake-Nord, Weihnachtskrippe, 1956
  • St. Johannes-Kirche Wiefelstede, Johannes der Täufer, 1957
  • St. Ansgari-Kirche Bremen, Orgelprospekt, 1957, 1960
  • St. Ansgar-Kirche Bassum, Marienstatue, 1959
  • Christuskirche Oldenbrok, Altar-Restaurierung, 1960-1961
  • Matthäus-Kirche Osnabrück, Weihnachtskrippe, 1963/1964
  • St. Andreas-Kirche Cloppenburg, Orgelprospekt, 1965
  • Kathedrale von Lipari/Italien, Heiliger Franziskus, 1966
  • Freie evangelische Kirche Hesel/Leer, Kruzifix, 1977
  • St. Margaretha-Kirche Emstek, Weihnachtsengel
  • Christophorus-Haus Brake, Heiliger Christophorus, 1978
  • St. Trinitatis-Kirche (SELK) Oldenburg, Kruzifix 1978
  • Hafenschule Varel, Relief „Fischzug“ 1975
  • K+S AG Salzdetfurth (Bad Salzdetfurth), Heilige Barbara, 1979

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wilhelm Kunst — ist der Name folgender Personen: Wilhelm Kunst (Schauspieler) (1799–1859), deutscher Schauspieler, eigentlich Wilhelm Kunze Wilhelm Kunst (Holzbildhauer) (1909–1986), deutscher Holzbildhauer Diese Seite ist eine Begri …   Deutsch Wikipedia

  • Kunst (Begriffsklärung) — Kunst bezeichnet: einen ästhetischen Begriff, siehe Kunst ein Gewerbe, siehe Kunstgewerbe ein Schulfach, siehe Kunstpädagogik ein Drama von Yasmina Reza, siehe Kunst (Drama) eine technische Vorrichtung im Bergbau oder Wasserbau Bergmännische… …   Deutsch Wikipedia

  • Holzbildhauer — Ein Bildschnitzer ist ein Künstler, der Figuren oder Reliefs in Holz oder Elfenbein schnitzt. Je nach dem, welches Material er verwendet, wird er auch als Holzbildhauer oder Elfenbeinschnitzer bezeichnet. Inhaltsverzeichnis 1 Liste wichtiger… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Kick — Wilhelm Kick, auch Wilh. Kick und W. Kick (* 19. Jahrhundert; † 20. Jahrhundert) war ein deutscher Herausgeber und Verleger, der in Stuttgart ansässig war. Er gründete dort in den 1890er Jahren den Architektur Verlag Kick. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Haverkamp — Haverkamp mit seiner Knabengruppe, 18. Mai 1891, Rom …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Albermann — Statue Friedrich Spee, im Südschiff der Jesuitenkirche in Trier Wilhelm Albermann (* 28. Mai 1835 in Werden an der Ruhr; † 9. August 1913 in Köln; vollständiger Name: Johann Friedrich Wilhelm Albermann) war ein deutscher Bildhauer …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Walliser — Zasius Brunnen um 1900 Wilhelm Walliser (* 22.[1] oder 23. April[2] 1831 in Riegel am Kaiserstuhl; † 1898) war ein badischer Bildhauer, der hauptsächlich in Freiburg im …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Kun — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Bildschnitzer — Ein Bildschnitzer ist ein Künstler, der Figuren oder Reliefs in Holz oder Elfenbein schnitzt. Je nach dem, welches Material er verwendet, wird er auch als Holzbildhauer oder Elfenbeinschnitzer bezeichnet. Inhaltsverzeichnis 1 Liste wichtiger… …   Deutsch Wikipedia

  • Schwarze Brack — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”