Wikingerzeit auf Orkney

Wikingerzeit auf Orkney

Die Wikingerzeit auf Orkney begann etwa 780 n. Chr. Obwohl es keinen Zweifel am letztlichen Umfang der skandinavischen Besiedlung gibt, sind die genauen Umstände der Ankunft und Übernahme der Orkney durch die Wikinger umstritten, da die Quellenlage schlecht ist.

Als die ersten Wikingerüberfälle auf Großbritannien erfolgten (793 Lindisfarne), scheinen die Skandinavier auf den Orkney bereits Stützpunkte unterhalten zu haben. Die strategische Lage zwischen Norwegen und den Zielgebieten machte sie zur Basis für Überfälle in Schottland und Irland. Der Status der ersten Siedlungen (eventuell nur Winterlager) ist unklar. Obwohl frühe Kontakte zwischen Orkney und Norwegen bestanden, wird angenommen, dass die Skandinavier erst im 9. Jahrhundert in größerer Zahl auf die Orkney und in andere Regionen der Britischen Inseln gingen.

Ruine der Rundkirche von Orphir beim Orkneyinga Saga-Zentrum

Die Jahrhunderte nach Übernahme der Orkney niedergeschriebene isländische Sagas geben dem norwegischen König Harald Schönhaar (etwa 853-933) die Schuld am Exodus. Auch wenn politischer Druck die Auswanderung beförderte, lag der Zeitraum der ersten Überfälle etwa ein Jahrhundert vor dieser Zeit. Übervölkerung war nur einer der Faktoren, die zur Expansion in den Nordatlantik führten. Die Landnahmen in Ostengland und der Normandie erfolgten wenig später. Die nordgermanische Südwanderung (Goten, Kimbern etc.) und die angelsächsische Eroberung Englands gehen dieser Landnahme voraus. Als Ergebnis der Verhältnisse in Skandinavien gab es zumindest seit der Zeitenwende Migrationswellen, die angesichts der inzwischen vorliegenden nautischen Fähigkeiten der Wikinger über die See nach Westen führten. Die Siedler auf Orkney kamen vor allem von der norwegischen Westküste.

Die Orkneyinga saga ist in der Auslegung der Gründung der Grafschaft Orkney klar. Der norwegische König Harald Harfagri (Schönhaar) (852-933) segelt nach Westen, um Wikinger, die Norwegen überfallen und auf Orkney ihre Basis hatten, zu stellen. Als Ergebnis dieses Heerzuges erhält Jarl Rognvald von More von Harald die nun gegründete Grafschaft Orkney als Entschädigung für den Verlust seines Sohnes Ivar. Rognvald übergibt aber etwa 880 n. Chr. die Grafschaft seinem Bruder Sigurd Eysteinsson (Sigurd der Mächtige). Seine Nachfolge tritt Turf-Einar („Torf“-Einar) der Jüngste Sohn von Rognvald von More an. Diese mindestens 300 Jahre nach den Ereignissen niedergeschriebene Saga ist jedoch die einzige, aber zweifelhafte Quelle.

Innerhalb weniger Generationen wurden die Orkney dann eine Grafschaft der Nordmänner, von der aus Jarls wie Thorfinn Einarsson, genannt „Hausakljufer“ („Thorfinn der Schädelspalter“), die Shetlands, die Hebriden, die Isle of Man und Teile des nordwestlichen Schottland kontrollierten. Mit dem angeblich 995 von Olav I. Tryggvason getauften Sigurður Hlöðvisson (Sigurd der Dicke), der 1014 in der Schlacht von Clontarf fiel, heirateten die Jarls der Orkney ins schottische Königshaus ein.

Die Nordländer dominierten die Inseln. Ihre Sprache, das „Norse“, setzte sich anstelle der indigenen Sprache der Pikten durch und ihre Ortsnamen ersetzten die älteren. Das Verhältnis zwischen Skandinaviern und den Pikten ist umstritten. Es gibt die Friedenstheorie der Archäologin Anna Ritchie, die aus den Funden auf ein friedliches Nebeneinander von Wikingern und Pikten schloss, und die Genozidtheorie von Brian Smith, der aus dem Verlust aller piktischer Ortsnamen eine gewaltsame Unterdrückung der piktischen Bevölkerung und Kultur entnimmt.[1]839 wurde der letzte überlieferte Piktenkönig Uuen von den Wikingern getötet. Während ihrer Herrschaft über die Inseln kam es 843 n. Chr. zur Vereinigung der Pikten und Skoten unter Kenneth mac Alpin, die aber Jahrhunderte kaum Einfluss auf die Orkney hatte. Etwa 1231 wird der letzte Wikinger Earl Jon Haraldsson in Thurso ermordet. Die Orkney fielen für 90 Jahre unter die Herrschaft der Angus Earls aus Schottland und dann an die Sinclairs. Bis 1470 war Orkney Teil Norwegens. Kultur, Sprache und Lebensweise waren zu dieser Zeit die einer nordischen Grafschaft.

Inhaltsverzeichnis

Siehe auch

Hortfunde der Wikingerzeit auf Orkney

Fußnoten

  1. Tomany S. 74 f. sowie insbesondere die Darstellung des Streites bei William P. L. Thomson: The New History of Orkney. S. 43–49.

Literatur

  • William P. L. Thomson: The New History of Orkney. 2001; ISBN 1-84183-022-4
  • Brian Smith: The Picts and the Martyrs - Did Vikings kill the native population of Orkney and Shetland Northern Studies, 36 (2002) S. 7-32

Weblinks


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