Vulkansteinfragment des Ninetjer (BM EA 35556)

Vulkansteinfragment des Ninetjer (BM EA 35556)
Fragment BM EA 35556

Das Vulkansteinschalenbruchstück des Ninetjer wurde im Grab des altägyptischen Königs Peribsen in der Nekropole Umm el-Qaab nahe Abydos entdeckt. Es ist mit der Inventarbezeichnung BM EA 35556 im Britischen Museum zu London ausgestellt. Die in Umm el-Qaab liegenden Gräber gehören den späten Königen (Pharaonen) der prädynastischen Zeit sowie den Königen der 1. und 2. Dynastie (etwa 3000 bis 2700 v.  Chr.).

Die Inschrift auf dem Vulkansteinbruchstück wurde bislang zumeist König Ninetjer zugeordnet. Aufgrund neuer Untersuchungsergebnisse vermutet Jochem Kahl, dass das Fragment ursprünglich von König Nebre stammt.

Inhaltsverzeichnis

Inschrift des Ninetjer

Originalinschrift

Inschrift des Ninetjer

Jochem Kahl sieht das Vulkansteinfragment BM EA 35556 als Schlüssel bezüglich der Lösung im Zusammenhang mit der Identifikation als „Wenegnebti“. Die zugehörige Inschrift am Rand der Schale ist bereits seit einiger Zeit bekannt gewesen. Weitere Untersuchungen ergaben neue Anhaltspunkte zur Klärung. Der nesu-bit-nebti-Name des Ninetjer in der Mitte ist dem auf der rechten Seite im Palast des Nebre (ḥw.t s3 ḥ3 ḥr.w-Rˁw-nb) stehenden Namen „Nebre“ zugewandt. Die Darstellung des Palastes und der Name des Nebre weisen teilweise Zerstörungen auf.[1]

Jochem Kahl vermutet, dass auf die bereits vorhandene Hieroglyphe der „Weneg-Blume“ die Zeichen
R8
und
N35
geschrieben wurden. Am oberen linken und rechten Rand dieser Einträge sind leichte Beschädigungen zu erkennen. Daraus schließt Kahl eine Gleichsetzung der Namen „Weneg“ und „Nebre“. Die Gründe, warum der Name Nebres eventuell getilgt werden sollte, bleiben bislang unklar.[2]

Rekonstruktion

Rekonstruktion nach Jochem Kahl
Die Rekonstruktion eines anderen Könignamens auf der Scherbe ist gemäß Aussage Kahls „für das Ende der 1. Dynastie und den Anfang der 2. Dynastie unmöglich“. Die nesu-bit-nebti-Namen von Qaa und Hetepsechemui weichen von den Spuren des Netjer-Zeichens ab. Der sandige Abhang
N29
(q3) in Qaas Namen sowie das Brot auf einer Rohrmatte
R4
(htp) im Namen des Hetepsechemui zeigen keine Übereinstimmung. Besonders markant sind die Unterschiede zum Zeichen
R4
, da keine horizontalen Spuren der Rohrmatte zu sehen sind.

Die Darstellung des Brotes war zu Beginn der 2. Dynastie zudem ein wenig stärker sowie runder und passt nicht zur Hieroglyphendarstellung auf der Scherbe. Ilona Regulski nahm die Originalinschrift im August 2004 in Augenschein und bestätigte nach der näheren Untersuchungen die Rückschlüsse von Jochem Kahl, der zusätzlich auf den besonderen Umstand verweist, dass die senkrechten Striche neben dem Netjer-Zeichen nur die Zuordnung der ursprünglichen Weneg-Blume zulassen.

Neue Chronologie der 2. Dynastie

Scherbe des Nubnefer

In diesem Zusammenhang sieht Jochem Kahl die wahrscheinlich ebenfalls auf mehreren Objekten überschriebenen Namen von König Nebre; beispielsweise eine Feuersteinschale von Hetepsechemui. Dort ist eine zerkratzte Abbildung einer sitzenden katzenköpfigen Göttin in Verbindung von Nebre zu sehen. Der Name von Nebre wurde auch hier teilweise zerstört und mit dem Horusnamen von Hetepsechemui überschrieben.

Jochem Kahl schlägt aufgrund der Rekonstruktion und unter Einbeziehung der anderen Untersuchungsergebnisse ebenso wie Toby A. Wilkinson vor, die von Jürgen von Beckerath zu Nebre vorgenommene Zuordnung des Thronnamens Nubnefer aufzugeben und stattdessen nun als Thronnamen „Weneg“ beziehungsweise „Wenegnebti“ zu verwenden. Manetho führt in den Aegyptiaca Nebre und Wenegnebti jedoch als zwei verschiedene Herrscher auf: „Kaiechos“ (Nebre) als zweiten König sowie als Vorregent des Ninetjer und „Tlas“ (Wenegnebti) als vierten König und Nachfolger von Ninetjer.[3]

Nubnefer ist nur durch zwei Schieferfragmente belegt, die aus dem Djoser-Komplex in Sakkara stammen und ein Gebäude namens „Menti-Anch“ nennen,[4] das nachweislich erst unter Ninetjer gegründet wurde.[5] Nubnefer kann daher einerseits nur parallel zu Ninetjer oder andererseits nur nach ihm regiert haben. Eine sichere Zuweisung von Nubnefers Thronnamen kann Jochem Kahl nicht vornehmen und verweist auf eine mögliche Verbindung mit König Sa, die er aber selbst mit einem „?“ bewertet.[6]

Literatur

  • Flinders Petrie: The Royal Tombs of the earliest Dynasties, Part 2. Trübner, London 1901, Tafel 8.12.
  • George A. Reisner: Mycerinus. The Temples of the Third Pyramid at Giza. Harvard University Press, Cambridge 1931, S. 102 (1), S. 179 (1), Plate 70c.
  • Vladimir Vikentiev: Les monuments archaiques, Part 3. A propos du soi-disant nom de Menes dans la tablette de Naqada. In: Annales du Service des Antiquités de l´Egypt (ASAE) 48. Le Caire 1948, S. 665–685.
  • Pierre Lacau, Jean Philippe Lauer: La Pyramide à degrés; Vol 4: Inscriptions gravées sur les vases; 1: Planches (Fouilles à Saqqarah). Imprimerie de l'Institut français d'archéologie orientale, Caire 1959, Plate 15.74.
  • Pierre Lacau, Jean Philippe Lauer: La Pyramide à degrés; Vol 4: Inscriptions gravées sur les vases; 2: Texts (Fouilles à Saqqarah). Imprimerie de l'Institut français d'archéologie orientale, Caire 1961, S. 36 (74).
  • Raymond Weill: Recherches sur la I Dynastie et les temps prépharaoniques, Part 2. Le Caire 1961, S. 155.
  • A. Jeffrey Spencer: Catalogue of Egyptian antiquities in the British Museum, Vol. 5: Early dynastic objects. British Museum Publications, London 1980, ISBN 0-7141-0927-4, S. 42, Tafel 26 auf S. 275.
  • Jochem Kahl: Das System der ägyptischen Hieroglyphenschrift 0.-3. Dynastie. In: GOF/IV 24. Wiesbaden 1994, Quelle 2097.
  • A. Jeffrey Spencer: Frammento di vaso. In: Anna Maria Donadoni Roveri, Francesco Tiradritti: Kemet: Alle sorgenti del tempo (l'antico Egitto dalla preistoria alle piramidi; Ravenna, Museo Nazionale 1o marzo - 28 giugno 1998). Electa, Milano 1998, ISBN 8-8435-6042-5, S. 251.
  • Jochem Kahl: Inscriptional Evidence for the relative Chronology of Dyns. 0-2. In: Erik Hornung, Rolf Krauss, David A. Warburton: Ancient Egyptian chronology. Brill, Leiden 2006, ISBN 90-04-11385-1, S. 94–115.
  • Jochem Kahl: »Ra is my Lord«: Searching for the Rise of the Sun God at the Dawn of Egyptian History. Harrassowitz, Wiesbaden 2007, ISBN 3-447-05540-5, S. 7–12 und 21.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jochem Kahl: Ra is my Lord. S. 8.
  2. Jochem Kahl: Ra is my Lord. S. 10.
  3. Gerald P. Verbrugghe, John M. Wickersham: Berossos and Manetho, introduced and translated. Native traditions in ancient Mesopotamia and Egypt. University of Michigan Press, Ann Arbor (Michigan) 2000, ISBN 0-472-08687-1, S. 188.
  4. Menti-anch
  5. Peter Kaplony: A building named Menti-Ankh. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institut Kairo (MDAIK) 20. de Gruyter, Berlin 1965, S. 41–46.
  6. Jochem Kahl: Ra is my Lord. S. 9.

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