Christkind

Christkind

Das Christkind ist eine vor allem in Österreich, der Schweiz, in katholischen Regionen Deutschlands sowie in der Region um Nürnberg verbreitete Symbolfigur des Weihnachtsfestes.[1] Erwachsene erzählen Kindern, dass zu Weihnachten das Christkind kommt und ohne gesehen zu werden die Weihnachtsgeschenke bringt. Es wird häufig als blondgelocktes Kind mit Flügeln und Heiligenschein dargestellt. Umgangssprachlich wird das Christkind häufig mit dem Christuskind, der Darstellung des neugeborenen Christus, gleichgesetzt.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Darstellung des Christkindes 1893

Das Verhältnis zwischen Christkind und Nikolaus als Gabenbringer ist komplex und entwickelte sich widersprüchlich: Eine Entwicklungslinie geht vom Nikolaus zum Christkind, die andere vom Christkind zum Nikolaus.

Im Mittelalter wurden die Kinder am Nikolaustag (6. Dezember) oder am Tag der unschuldigen Kinder (28. Dezember) beschenkt; die Bescherung am Heiligabend bzw. am ersten Weihnachtsfeiertag, wie sie heute üblich ist, gab es damals noch nicht. Die Protestanten lehnten jedoch die römisch-katholische Form der Heiligenverehrung – und damit auch die Verehrung des heiligen Nikolaus – ab. Daher ersetzte mit hoher Wahrscheinlichkeit Martin Luther im 16. Jahrhundert den Nikolaus durch den „Heiligen Christ“ und verlegte die Beschenkung auf den 25. Dezember. Andernorts – wie in der reformierten Schweiz – fand die Bescherung bis ins 19. Jahrhundert am Neujahrstag statt.[3] Mit „Heiliger Christ“ war Jesus Christus gemeint, jedoch nicht in der Personifikation des neugeborenen Jesuskindes.[4] Über die Jahre entwickelte sich die Bezeichnung „Christkind“ und die Vorstellung als engelsgleiche Erscheinung.[5] Das Christkind verselbständigte sich zusehends und die Verbindung zu Jesus Christus wurde immer unklarer.[6] In der reformierten Schweiz wurde es – entsprechend dem hier (früher) gültigen Bescherungstag – denn auch zum Neujahrskind.[7] Die engelsgleiche Darstellung hat ihren Ursprung vermutlich in weihnachtlichen Umzugsbräuchen und Krippenspielen, bei denen häufig eine Engelsschar von einem „Christkind“ angeführt wurde.[8][9] Das Christkind verbreitete sich zunächst im evangelischen Deutschland. Später breitete sich der Brauch ins Rheinland, dann zusammen mit Adventskranz und Weihnachtsbaum nach Bayern und Österreich aus.

Diese Entwicklungslinie wurde aber von zwei entgegenlaufenden gekreuzt: Einerseits wurde das Christkind in Nord- und in Teilen von Mitteldeutschland bei den Protestanten immer mehr vom Weihnachtsmann abgelöst, anderseits verdrängte das Christkind in der Schweiz immer mehr den zuvor hier sowohl katholischen wie auch protestantischen Nikolaus (Chlaus). So war es nicht nur in der katholischen, sondern auch in Teilen der reformierten Schweiz im 18. und 19. Jahrhundert nicht etwa das lutherische oder katholische Christkind, sondern der Chlaus (also Nikolaus), der in den Tagen um Weihnachten oder an Silvester die Geschenke brachte.[3] Noch Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der reformierten Schweiz das Christkind an manchen Orten als katholisch bzw. als Import aus dem katholischen Süddeutschland empfunden.[10] Im 20. Jahrhundert wurde der Nikolaus jedoch auch hier vom Christkind verdrängt. Somit finden wir heute die Situation vor, dass das Christkind nun hauptsächlich einerseits in mehrheitlich katholischen Gebieten wie Österreich, Bayern und Baden-Württemberg, anderseits aber auch in der benachbarten sowohl katholischen wie reformierten Schweiz verbreitet ist.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist neben dem Christkind und Nikolaus zunehmend der Weihnachtsmann in Film, Fernsehen und bei der Weihnachtsdekoration anzutreffen, wohl hauptsächlich als Folge des zunehmenden US-amerikanischen Einflusses.[1]

Heutige Bedeutung

Das Christkind ist heute, wie der Weihnachtsmann oder der Nikolaus, eine Symbolfigur des weihnachtlichen Schenkens. Erwachsene erzählen ihren Kindern, dass es im Allgemeinen ungesehen an Heiligabend oder in manchen Regionen auch in der Nacht zum 25. Dezember in die Häuser kommt und die Weihnachtsgeschenke bringt. Früher kam oft eine engelsgleiche Christkind-Darstellerin zur Bescherung in die Familien und mancherorts besteht dieser Brauch auch heute noch. In den letzten Jahren wurde das Christkind immer mehr zu Werbezwecken verwendet, besonders oft als Mädchen mit blondem Haar und blauen Augen.

Kinderpost ans Christkind

Hauptartikel: Weihnachtspostamt

Viele Kinder schicken in der Vorweihnachtszeit Briefe mit Wünschen an das Christkind. Diese werden besonders im oberösterreichischen Christkindl, einem Steyrer Stadtteil, seit 1950 gesammelt und zumeist auch beantwortet. Dieses Postamt Christkindl ist jedes Jahr geöffnet und versieht die Briefsendungen, die darüber verschickt werden, mit einem Sonderstempel. Pro Jahr erhalten etwa zwei Millionen Sendungen diesen Stempel.[11]

In Deutschland werden Briefe ans Christkind an eines der Weihnachtspostämter der Deutschen Post AG gerichtet.

In der Schweiz beantwortet die Schweizerische Post im Rahmen der Aktion Christkind alljährlich über 17.000 Kinderbriefe, welche ans Christkind oder den Weihnachtsmann geschickt wurden.

Nürnberger Christkind

Eröffnung des Nürnberger Christkindlesmarktes 2009

Anlässlich des Nürnberger Christkindlesmarktes gibt es seit 1933 alljährlich ein Christkind, das bis 1968 von Schauspielern gespielt wurde. Seit 1969 wird alle zwei Jahre eine junge Frau aus der Stadt, die mindestens sechzehn Jahre alt sein muss, zum Christkind gewählt. Im Kostüm eröffnet diese den Christkindlesmarkt in der Stadt und reist anschließend durch Franken, um Weihnachts- und Adventsveranstaltungen zu besuchen. In der Nürnberger Kostümdarstellung ist das Christkind eine junge Frau mit blondgelockten Haaren, einer Krone und einem weiß-goldenen engelsgleichen Kleid. Das Nürnberger Christkind eröffnet auch den Christkindelsmarkt in Chicago.

Weitere Bedeutungen

Umgangssprachlich bezeichnet man auch Personen als Christkinder, die am 24. Dezember Geburtstag haben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Uni-Augsburg: Christkind
  2. Ingeborg Weber-Kellermann, Das Weihnachtsfest, Seite 98: „Das gabenbringende Christkind ist keineswegs identisch mit dem neugeborenen Erlöserkind in der Wiege […]“
  3. a b Schweizerisches Idiotikon Band 3, Spalte 688, Artikel "Chlaus", mit weiteren Angaben.
  4. Michael Kotsch, Weihnachten – Herkunft, Sinn und Unsinn von Weihnachtsbräuchen; Seite 108: „[…]damit sollte einerseits der Dank für die guten Gaben nicht einem Menschen sondern Jesus Christus selbst gebrachte werden. Anderseits wurden die Geschenke nun noch stärker als Abbilder des großen Geschenkes Gottes für die Menschheit gesehen. Gott schickt seinen Sohn Jesus Christuts, um den Menschen echte Freude, tiefen Frieden und wirkliche Vergebung ihrer Schuld zu ermöglichen. Deshalb beschenken sich die Menschen auch untereinander. Damit folgen sie dem Vorbild Gottes, sie drücken ihm ihren Dank aus, sie wollen andere an ihrer Freude Anteil geben und sie weisen damit zeichenhaft auf Gottes Geschenk hin.“
  5. Ingeborg Weber-Kellermann, Das Weihnachtsfest, Seite 98: „[…] da Luther den populären Kirchenheiligen Sankt Nikolaus mit seinem Kulturbereich zurückdrängen und durch den „Heiligen Christ“ zu ersetzen suchte. Solch blutloser und gesichtsloser Anonymos konnte freilich die Volksphantasie kaum befriedigen, sie schuf sich im Luther-Land sogleich eine Verkörperung des „Heiligen Christ“ in Gestalt des lichten, erschleierten Christkindes.“
  6. Michael Kotsch, Weihnachten – Herkunft, Sinn und Unsinn von Weihnachtsbräuchen; Seite 128
  7. Schweizerisches Idiotikon Band 3, Spalte 346 f., Artikel "Neu-Jâr-Chindli".
  8. Ingeborg Weber-Kellermann, Das Weihnachtsfest, Seite 98: „Das gabenbringende Christkind […] scheint jenen vielfältigen Umzugsbräuchen zu entstammen, in denen außer Maria und Joseph mit dem Jesuskind als Herolde und Begleiter engelhafte Gestalten mitgingen, weißgewandete Mädchen mit offenem Haar, deren Anführerin das häufig verschleierte „Christkind“ war.“
  9. Christkind, Lucia und Befana - Die Gabenbringer in aller Welt
  10. Schweizerisches Idiotikon Band 3, Spalte 346, Artikel "Neu-Jâr-Chindli" und "Christ-Chindli".
  11. dioezese-linz.at (Postamt Christkindl) Angesehen am 15. Oktober 2010

Literatur

  • Ingeborg Weber-Kellermann: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- und Sozialgeschichte der Weihnachtszeit. Bucher, München 1987, ISBN 3-7658-0273-5.
  • Michael Kotsch: Weihnachten. Herkunft, Sinn und Unsinn von Weihnachtsbräuchen. jota, Hammerbrücke 2003, ISBN 3-935707-15-0.
  • Christoph Tschaikner: Das Christkind kommt! Besinnliche Weihnachtsvorbereitung für Groß und Klein. Löwenzahn, Innsbruck 2008, ISBN 978-3-7066-2431-2.
  • Schweizerisches Idiotikon, 1881 ff. (Wichtige Informationen zur Geschichte des Gabenbringers in der Schweiz, die den sonst kaum noch bekannten Brauchtumsstand besonders des 18. und 19. Jahrhunderts festhalten, finden sich besonders im Artikel Chlaus (Band III, Spalte 687–698), sodann in den Artikeln Neu-Jâr-Chindli (Band III, Spalte 346) und Christ-Chindli (Band III, Sp. 346 f.)).

Weblinks


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