Theologische Literaturzeitung

Theologische Literaturzeitung

Die Theologische Literaturzeitung ist die älteste und umfangreichste Rezensionszeitschrift für die Wissenschaftsgebiete Theologie und Religionswissenschaft im deutschsprachigen Raum. Sie wurde 1876 in Leipzig gegründet, erscheint heute in der Evangelischen Verlagsanstalt (Leipzig) und wird herausgegeben von Ingolf U. Dalferth (Zürich/Claremont) in Verbindung mit einem Fachherausgeberkollegium, dem derzeit neun Theologieprofessorinnen und -professoren deutscher Evangelisch-Theologischer Fakultäten angehören. Die Redaktion (Annette Weidhas, Elisabeth Neijenhuis) hat ihren Sitz in Leipzig.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Theologische Literaturzeitung wurde 1876 von Emil Schürer unter Mitarbeit von Adolf von Harnack gegründet und im Verlag der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung (Leipzig) herausgegeben.

Im Gründungsaufruf für die ThLZ (Juni 1875) hieß es:

Die Theologische Literaturzeitung soll soviel als möglich allen Kreisen der protestantischen Theologie Deutschlands dienen. Keine Richtung wird principiell von der Mitarbeit ausgeschlossen sein. Die Beurtheilung der literarischen Erscheinungen soll möglichst sachlich sein, nur die wissenschaftliche Tüchtigkeit, nicht den Parteistandpunkt in’s Auge fassend. Indem aber so die Redaction sich bestreben wird, Allen gerecht zu werden, hofft sie doch zugleich dem Blatte eine einheitliche, charaktervolle Haltung wahren zu können. Die Besprechungen sollen sich über sämtliche Erzeugnisse der wissenschaftlichen Theologie Deutschlands erstrecken. Die Erbauungsliteratur soll wenigstens in einer Auswahl berücksichtigt werden; ebenso in Auswahl die Grenzgebiete der Theologie. Ein besonderes Augenmerk wird die Redaction darauf richten, auch über die wichtigere theologische Literatur des Auslandes möglichst vollständig Bericht erstatten zu können.

Die ThLZ wurde in einer Zeit gegründet, in der theologische Zeitschriften meist auch Organe einer bestimmten theologischen Richtung waren. In der ersten Zeit war sie stark durch Rezensionen aus der Feder Harnacks und seiner theologischen Freunde geprägt und galt daher als Organ der sogenannten „liberalen Theologie“. Daher stand sie besonders unter dem Konkurrenzdruck des 1880 von Christoph Ernst Luthardt ins Leben gerufenen „Theologischen Literaturblattes“, das streng lutherisch ausgerichtet war, bis es 1943 unter seinem letzten Herausgeber Ernst Sommerlath in die ThLZ einging. Dadurch gelang es, den Anspruch weiter einzulösen, „nicht den [theologischen] Parteistandpunkt in’s Auge“ zu fassen.

Nach Ende des 2. Weltkriegs erhielt die Hinrichs’sche Buchhandlung in der sowjetischen Besatzungszone keine Lizenz mehr. Die ThLZ kam zur 1946 gegründeten Evangelischen Verlagsanstalt, die diese Arbeit weiter gefördert hat. Ihr und den jeweiligen Herausgebern ist es zu verdanken, dass die ThLZ nicht in den Wirren der deutschen Zeitgeschichte unterging. 1947 nach gut zwei Jahren kriegsbedingter Publikationspause nahm sie unter den schwierigeren Verhältnissen der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR ihre Arbeit wieder auf. Nach der Wiedervereinigung überstand sie die neu aufgekommenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, so dass 1992 von der in Leipzig neu gegründeten Evangelischen Verlagsanstalt der Vertrieb und 1995 von einem neuen Hauptherausgeber eine funktionierende Rezensionszeitschrift übernommen werden konnte.

Die Herausgeber der ThLZ seit 1876

1876–1880 Emil Schürer (1844–1910)
1881–1909 Adolf von Harnack (1851–1930), Emil Schürer
1910 Adolf von Harnack, Hermann Schuster (1874–1964), Arthur Titius (1864–1936)
1911–1921 Hermann Schuster, Arthur Titius
1921–1930 Emanuel Hirsch (1888–1972)
1930–1939 Walter Bauer (1877–1960)
1939–1941 Hans-Georg Opitz (1905–1941)
1941–1958 Kurt Aland (1915–1994)
1958–1983 Ernst Sommerlath (1889–1983)
1983–1995 Ernst-Heinz Amberg (geb. 1927)
1995–2000 Hans Weder (geb. 1946)
seit 2000 Ingolf U. Dalferth (geb. 1948)

Zielsetzung und Aufgabe

Trotz wechselnder Herausgeber und einem kontinuierlichen Wandel in den Theologien, ihren Methoden und den Anforderungen an ein Rezensionsblatt, war und ist es das Anliegen der Theologischen Literaturzeitung, das Versprechen des Gründungsaufrufes zu erfüllen. Heute bespricht die ThLZ theologische Publikationen von Vertretern nicht nur aller „Schulen“, sondern aller größeren Konfessionen und führt (seit 1939) auch die Religionswissenschaft in ihrem Untertitel. Diese Ausweitungen zeigen sich ebenso bei den Rezensenten. Es ist das Ziel des Herausgeberkollegiums, nicht nur konfessionsübergreifend, sondern auch international zu arbeiten. Das entspricht sowohl den modernen Anforderungen an eine wissenschaftliche Rezensionszeitschrift als auch der weltweiten Verbreitung der ThLZ.

Der derzeitige Herausgeber Ingolf U. Dalferth ist im Blick auf die gegenwärtigen Aufgaben der ThLZ der Ansicht, dass heute nicht Informationsknappheit ein Hauptproblem ist, sondern die Unübersichtlichkeit verfügbarer Informationen. Dadurch ist es oftmals schwierig, die Daten zu beurteilen, und man ist auch im Bereich Theologie und Religionswissenschaft auf verlässliche Kriterien und das Urteil anderer angewiesen. Diese sind zwar nicht zeitlos gültig, aber in Traditionen wissenschaftlicher Diskurse eingebunden, die nach Fachgebieten differieren.

Zu den wissenschaftlichen Organen im deutschen Sprachraum, mit deren Hilfe man diese Diskurse verfolgen kann, gehört die Theologische Literaturzeitung, der es von Anfang an nicht nur um deutschsprachige Publikationen, sondern stets auch um die wissenschaftliche Produktion in internationalem Horizont geht. Es gibt kein anderes deutschsprachiges Organ, das so umfassend und mit einem so breiten Kreis von Autorinnen und Autoren über die theologische und religionswissenschaftliche Literatur der Gegenwart sowie die wissenschaftlichen Entwicklungen in diesen Gebieten informiert.

Mehrmals jährlich werden die Neuerscheinungen in den einzelnen Disziplinen vom Herausgebergremium gemeinsam durchgesehen und die anzufragenden Rezensentinnen und Rezensenten bestimmt. Betreut wird diese Arbeit von der Redaktion unter Leitung von Annette Weidhas.

Herausgebergremium, Aufbau und Erscheinungsweise

Derzeit gehören zum Herausgebergremium: als Hauptherausgeber Ingolf U. Dalferth, Zürich/Claremont (Systematische Theologie, Religionsphilosophie, Philosophie); als Fachherausgeber Albrecht Beutel, Münster (Kirchengeschichte: Reformationszeit, Neuzeit, Zeitgeschichte), Beate Ego, Bochum (Judaistik, Bibelwissenschaft, Altes Testament), Andreas Feldtkeller, Berlin (Religionswissenschaft, Missionswissenschaft), Christian Grethlein, Münster (Praktische Theologie, Religionspädagogik), Friedhelm Hartenstein, München (Altes Testament, Altertumswissenschaft, Bibelwissenschaft), Christoph Markschies, Berlin (Kirchengeschichte: Alte Kirche, Mittelalter), Karl-Wilhelm Niebuhr, Jena (Neues Testament, Judaistik, Bibelwissenschaft), Friederike Nüssel, Heidelberg (Systematische Theologie, Ökumene), Martin Petzoldt, Leipzig (Systematische Theologie, Ethik).

Die ThLZ erscheint monatlich (im Juli/August als Doppelheft) und bespricht nahezu alle wesentlichen Neuerscheinungen der deutschsprachigen Theologie, aber auch eine Fülle von Publikationen aus dem anglo-amerikanischen und skandinavischen Raum sowie u. a. französische, spanische und italienische Titel. Die Rezensionen erscheinen in der Regel auf Deutsch, englisch- und französischsprachige Beiträge sind jedoch ebenfalls möglich. Den Auftakt eines jeden Heftes bildet ein Titelaufsatz, der ein spezielles Thema behandelt. Pro Jahrgang werden über 500 Rezensionen und circa zwölf Aufsätze in der ThLZ veröffentlicht. Hinzu kommt eine Anzahl von Kurzanzeigen, die vom Herausgeberkollegium oder der Redaktion beigetragen werden. Am Ende der jeweiligen Sparten erscheinen zudem in lockerer Folge entsprechende Titelschauen neuerer Literatur, die nicht eigens besprochen werden kann. Außerdem kommen am Ende der Hefte nach Bedarf Literatur- und Forschungsberichte, Kongressberichte, Fakultätsnachrichten, Personalia und Mitteilungen verschiedener Art zum Abdruck.

Der Rezensionsteil ist nach folgenden Sparten gegliedert, von denen in jeder Ausgabe circa zehn zum Druck kommen:

Für die zur Rezension vorgesehenen und von den Verlagen erbetenen Bücher erarbeitet das Herausgeberkollegium entsprechende Rezensentenvorschläge. Dabei werden ausgewiesene Fachleute des Gebietes vorgeschlagen, sowohl international bekannte als auch jüngere Wissenschaftler, die die betreffende Publikation bearbeiten.

Weblinks


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