Christine Brückner

Christine Brückner

Christine Brückner (* 10. Dezember 1921 in Schmillinghausen bei Bad Arolsen, Hessen; † 21. Dezember 1996 in Kassel) war eine deutsche Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Christine Brückner wurde als Tochter des Pfarrers Carl Emde und seiner Frau Clotilde in Schmillinghausen bei Arolsen geboren, wo sie auch bis zu ihrem Umzug nach Kassel 1934 ihre Kindheit verbrachte. Sie besuchte das Gymnasium in Arolsen und Kassel (Abitur 1941). Während der Kriegsjahre wurde sie u.a. in einem Generalkommando in Kassel und als Buchhalterin in einem Flugzeugwerk in Halle dienstverpflichtet. Nach dem Krieg legte sie in Stuttgart ihr Examen als Diplombibliothekarin ab. Sie studierte Volkswirtschaft, Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte u. Psychologie in Marburg, leitete dort zwei Semester lang die Mensa Academica und schrieb für die Zeitschrift "Frauenwelt" in Nürnberg. Von 1948 bis 1958 war sie mit dem Industriegestalter Werner Brückner (1920-1977) verheiratet.

Seit 1960 lebte sie wieder in Kassel, ab 1967 zusammen mit ihrem zweiten Mann und Schriftstellerkollegen Otto Heinrich Kühner (1921-1996), mit dem sie auch mehrere gemeinsame Werke verfasste. Von 1980 bis 1984 war sie Vize-Präsidentin des deutschen PEN-Zentrums. Christine Brückner ist Ehrenbürgerin der Stadt Kassel. Sie starb 1996 zehn Wochen nach ihrem Mann. Das Paar liegt in Schmillinghausen begraben.

Mit Otto Heinrich Kühner gründete Christine Brückner 1984 die Stiftung Brückner-Kühner, die seit 1985 den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor vergibt. Die Stiftung wirkt heute als Zentrum für komische Literatur, avancierte Dichtkunst und als Ort der Erinnerung an Christine Brückner und ihren Mann. Das Wohnhaus des Schriftstellerpaares ist unverändert und heute Sitz der Stiftung sowie ein kleines Museum, das nach Voranmeldung besucht werden kann (siehe unten den Link zur Homepage der Stiftung).

Hauptwerke

Christine Brückner gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Bundesrepublik Deutschland. Etliche ihrer Bücher erzielten Millionenauflagen. Das ihr häufig mit negativem Beigeschmack zugewiesene Etikett der Unterhaltungsliteratur trifft nur bedingt zu. Vielmehr sind Sinnstiftung, Moral und auch Trost in der durchaus auch unterhaltsamen Behandlung elementarer menschlicher Themen insbesondere aus der Frauenperspektive zentrale Anliegen. Sie gründen im protestantischen Weltbild der Autorin. Gleich der erste Roman "Ehe die Spuren verwehen" (Gütersloh 1954) wurde ein großer Erfolg, der Brückner in den folgenden Jahren die Existenz einer freien Schriftstellerin ermöglichte. Das Manuskript gewann einen von Bertelsmann ausgelobten Wettbewerb, erzielte bereits im ersten Jahr eine Auflage von 376 Tsd. und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Erzählt wird die Bewältigung der Lebenskrise eines Mannes, der ohne eigenes Verschulden in den Unfalltod einer jungen Frau verwickelt wird. Danach veröffentlichte Brückner eine Reihe weiterer Romane, die aus der Perspektive der Frau vorwiegend Probleme von Liebe, Ehe und Partnerschaft thematisieren und Möglichkeiten der weiblichen Selbstverwirklichung durchspielen.

1975 erschien ihr ebenfalls sehr erfolgreicher Roman "Jauche und Levkojen" (Ffm./Bln.), der mit seinen Fortsetzungen "Nirgendwo ist Poenichen" (Ffm./Bln. 1977) u. "Die Quints" (Ffm./Bln. 1985) zur sog. Poenichen-Trilogie gehört. Auf annähernd 1000 Seiten wird in einem deutlich an Fontane geschulten Stil die Lebensgeschichte der Maximiliane von Quindt erzählt, die 1918 als Enkelin eines landadligen Gutsbesitzers in Hinterpommern zur Welt kam. Der Erfolg besonders der ersten beiden Bände lässt sich u.a. damit erklären, dass hier im Rückgriff auf bekannte Erzählschemata Geschichte und Leistung der Frauengeneration gestaltet werden, die sich unter den Bedingungen von Krieg, Vertreibung und Wiederaufbau zu bewähren hatte. In den Jahren 1977 und 1978 wurden "Jauche und Levkojen" und "Nirgendwo ist Poenichen" jeweils als Mehrteiler für das Fernsehen verfilmt. Die Hauptdarsteller waren u. a. Ulrike Bliefert, Arno Assmann und Edda Seippel. Auch das hat erheblich zur Popularität beigetragen.

Die Monologe "Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen" (Hbg. 1983) erzielen nicht nur ebenfalls hohe Auflagen und erfahren Übersetzungen in zahlreiche Sprachen; sie begründen auch B.s Erfolg als Theaterautorin, da sie zu den meistgespielten zeitgenössischen Theaterstücken gehören. In ernstem bis heiterem Ton sprechen sich hier historische und fiktive Frauengestalten der abendländischen Kulturgeschichte – von Klytämnestra über Christiane von Goethe bis Gudrun Ensslin – einmal richtig aus.

Neben ihrem Erzählwerk veröffentlichte die Autorin auch autobiografische Aufzeichnungen, Hörspiele und Kinderbücher. Im Ullstein-Verlag ist eine 20-bändige Werkausgabe erschienen.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

Erzählungen und Romane

  • Ehe die Spuren verwehen, 1954
  • Katharina und der Zaungast, 1957
  • Ein Frühling im Tessin, 1960
  • Die Zeit danach, 1961
  • Bella Vista und andere Erzählungen, 1963
  • Letztes Jahr auf Ischia, Ullstein Verlag, Frankfurt/Berlin/Wien 1964 ISBN 3-548-02734-2
  • Der Kokon, 1966
  • Das glückliche Buch der a.p., 1970
  • Überlebensgeschichten, 1973
  • Jauche und Levkojen, 1975
  • Die Mädchen aus meiner Klasse, 1975
  • Nirgendwo ist Poenichen, 1977
  • Was ist schon ein Jahr. Frühe Erzählungen, 1984
  • Das eine sein, das andere lieben, 1981
  • Die Quints, 1985
  • Die letzte Strophe, 1989
  • Früher oder später, 1994

Kinder- und Jugendbücher

  • Alexander der Kleine. Eine heitere Erzählung, 1966
  • A brother for Momoko. London: The Bodley Head 1970 (dt.: Ein Bruder für Momoko, 1981)
  • Wie Sommer und Winter, 1971
  • Momoko und Chibi, 1974
  • Die Weltreise der Ameise, 1974
  • Momoko ist krank, 1979
  • Mal mir ein Haus (mit Otto Heinrich Kühner), 1980
  • Momoko und der Vogel, 1982

Herausgebertätigkeit

  • Botschaften der Liebe in deutschen Gedichten des 20. Jahrhunderts, 1960.
  • An mein Kind. Deutsche Gedichte des 20. Jahrhunderts, 1962
  • Juist. Ein Lesebuch, 1984
  • Lesezeit. Eine persönliche Anthologie, 1986

Sonstige Schriften

  • Kleine Spiele für große Leute, 1957
  • Erfahren und erwandert (mit Otto Heinrich Kühner), 1979
  • Mein schwarzes Sofa. Aufzeichnungen, 1981.
  • Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen, 1983
  • Lachen um nicht zu weinen. Ein Lesebuch, 1984
  • Deine Bilder. Meine Worte (mit Otto Heinrich Kühner), 1986
  • Hat der Mensch Wurzeln? Autobiographische Texte, hrsg. v. Gunther Tietz, 1988
  • Die Stunde des Rebhuhns. Aufzeichnungen, 1991
  • Lieber alter Freund. Briefe, 1992
  • Weitere ungehaltene Reden, 1995
  • Unterwegs. Reisen in nicht allzu ferne Länder, 1995
  • Ständiger Wohnsitz. Kasseler Notizen, hrsg. u. mit einem Nachwort vers. v. Friedrich W. Block, 1998
  • Ich will Dich den Sommer lehren. Briefe aus vierzig Jahren (mit Otto Heinrich Kühner), hrsg. u. mit einem Vorwort vers. v. Friedrich W. Block, 2003

Werkausgabe

Im Ullstein-Verlag erschien die 20-bändige Werkausgabe, darin neu:

  • Werk und Leben. Mit Beiträgen von Walter Pape, Gunther Tietz, Otto Heinrich Kühner und Sigrid Bauschinger, 1994
  • Die Bürgerinnen von Calais. Schauspiele, Hörspiele, hrsg. u. mit einem Nachwort vers. v. Walter Hinck, 1997
  • Briefe von c.b. An Verleger, Freunde und Leser, hrsg. u. mit einem Nachwort vers. v. Anselm Maler, 1999

Literatur

  • Über Christine Brückner. Aufsätze, Rezensionen, Interviews, hrsg. v. Gunther Tietz. 2. Aufl. Frankfurt am Main u.a.: Ullstein 1990. (= Ullstein-Buch; 22173) ISBN 3-548-22173-4
  • Margaritha Jacobaeus: "Zum Lesen empfohlen". Lesarten zu Christine Brückners Poenichen-Trilogie. Eine rezeptionsästhetische Studie. Stockholm: Almqvist u. Wiksell Internat. 1995. (= Stockholmer germanistische Forschungen; 51) ISBN 91-22-01671-6
  • Karin Müller: "Das Leben hält sich oft eng an die Literatur". Die Archetypen in den Poenichen-Romanen Christine Brückners. Glienicke/Berlin u.a.: Galda u. Wilch 2000. ISBN 3-931397-26-2
  • Elwira Pachura: Polen - die verlorene Heimat. Zur Heimatproblematik bei Horst Bienek, Leonie Ossowski, Christa Wolf, Christine Brückner. Stuttgart: Ibidem-Verl. 2002. ISBN 3-89821-205-X
  • Pawel Zimniak: Die verlorene Zeit im verlorenen Reich. Christine Brückners Familiensaga und Leonie Ossowskis Familienchronik. Zielona Góra: Wydaw. Wy·zszej Szkoly Pedagog. 1996. ISBN 83-86832-13-4
  • Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner. "Der einzige funktionierende Autorenverband", hrsg. v. Friedrich W. Block. Kassel: euregioverlag 2007. ISBN 978-3-933617-31-6

Quellen


Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Christine Brückner — (December 10, 1921 Schmillinghausen, Bad Arolsen, Hesse December 21, 1996 Kassel) was a German writer.[1] [2] Contents 1 Life 2 Major works …   Wikipedia

  • Brückner — oder Brueckner ist der Familienname folgender Personen: Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z A …   Deutsch Wikipedia

  • Bruckner — 1. Brucker. 2. Vereinzelt Berufsnamen: In Schlesien galt diese Bezeichnung dem Straßenpflasterer, in Mähren dem Handwerker, der für die Instandhaltung der Brücken zuständig war. Bekannte Namensträger: Anton Bruckner, österreichischer Komponist… …   Wörterbuch der deutschen familiennamen

  • Brückner — 1. Brucker. 2. Vereinzelt Berufsnamen: In Schlesien galt diese Bezeichnung dem Straßenpflasterer, in Mähren dem Handwerker, der für die Instandhaltung der Brücken zuständig war. Bekannte Namensträger: Anton Bruckner, österreichischer Komponist… …   Wörterbuch der deutschen familiennamen

  • Christine Wischer — (* 2. März 1944 in Burg bei Magdeburg) ist eine bremische Politikerin (SPD). Sie war von 1995 bis 2003 Senatorin und war danach noch vier Jahre Abgeordnete in der Bremischen Bürgerschaft. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 1.1 Ausbildung und Beruf …   Deutsch Wikipedia

  • Brückner — Brụ̈ckner,   1) Aleksander, polnischer Slawist, * Tarnopol 29. 1. 1856, ✝ Berlin 24. 5. 1939; war 1881 1924 Professor für Slawistik in Berlin; bedeutende Arbeiten u. a. zur Geschichte der polnischen Sprache (»Dzieje języka polskiego«, 1906;… …   Universal-Lexikon

  • Herbert Brückner — (2009) Herbert Brückner (* 8. Oktober 1938 in Schwarme / Hoya ) ist ein Bremer Politiker (SPD). Er war Senator. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Margravine Sophie Christine of Brandenburg-Bayreuth — Hereditary Princess of Thurn and Taxis Spouse Alexander Ferdinand, 3rd Prince of Thurn and Taxis Issue Princess Sophie Christine Karl Anselm, 4th Prince of Thurn and Taxis Princess Luise Auguste Charlotte Prince Friedrich August Prince Ludwig… …   Wikipedia

  • Brueckner — Brückner oder Brueckner ist der Familienname folgender Personen: Aleksander Brückner (1856–1939), polnischer Wissenschaftler für slawische Sprachen Alexander Brückner (1834–1896), deutscher Historiker Benno Bruno Brückner (1824–1905), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Otto Heinrich Kühner — (* 10. März 1921 in Teningen Nimburg (Breisgau); † 18. Oktober 1996 in Kassel) war ein deutscher Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Ehrungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”