Surmeir

Surmeir

Surmeir ist die rätoromanische Bezeichnung für eine Region im Zentrum Graubündens. Zu ihr gehören das Oberhalbstein, das Albulatal und die Hochebene der Lenzerheide. Surmeir ist identisch mit dem politischen Bezirk Albula und (mit Ausnahme der Gemeinde Mutten) mit der Region Mittelbünden.

Inhaltsverzeichnis

Der Name „Surmeir“

In der Schinschlucht zwischen Thusis und Tiefencastel gibt es eine Felswand mit dem Namen "Meir" (im lokalen Dialekt von Vaz/Obervaz und Lantsch/Lenz auch "Moir" genannt). Auch die Schinschlucht wird auf Romanisch "Igl meir" oder "La tgavorgia digl meir" genannt. Surmeir ist die Landschaft „Oberhalb des Schins“.

Den Namen „Surmeir“ gibt es nur in Romanisch, eine entsprechende deutsche Bezeichnung gibt es nicht. Heutzutage wird die Region auch „Mittelbünden/Grischun central“ genannt. Während bei der deutschsprachigen Bevölkerung der Begriff „Mittelbünden“ in Gebrauch ist, ziehen die Rätoromanen weiterhin die Bezeichnung „Surmeir“ dem „Grischun central“ vor.

Surmeir wird unterteilt in "Surses" (Oberhalbstein) und "Sotses" (Unterhalbstein). Während bei den Rätoromanen die Bezeichnungen "Surses" und "Sotses" gebräuchlich sind, kennen die Deutschsprachigen nur das "Oberhalbstein". Das "Unterhalbstein" wird hier Albulatal und Lenzerheide genannt. Auch bei der Lenzerheide gibt es Unterschiede zwischen Deutsch und Romanisch. Während die Deutschen sowohl für das Dorf wie für die Passlandschaft die Bezeichnung "Lenzerheide" gebrauchen, haben die Rätoromanen verschiedene Bezeichnungen. Das Dorf wird „Lai“ genannt, die Hochebene/Passlandschaft „Planoiras“.

Die Landschaft Davos, die auch „Oberhalb des Schins“ liegt, wurde nie zu Surmeir gerechnet. Überhaupt wird die Abgrenzung von Surmeir nicht überall gleich gesehen. Heute ist zwar allgemein anerkannt, dass Surmeir identisch mit dem Bezirk Albula ist, es gibt aber auch Kreise die unter Surmeir nur das ehemalige Verbreitungsgebiet der surmeirischen Sprache verstehen. Zudem kommt eine religiöse Komponente hinzu, war das surmeirische Sprachgebiet früher doch fast zu 100% katholisch, während die umliegenden Regionen reformiert waren (siehe Abschnitt Religion).

Die Felswand Igl Meir

Geographie

Surmeir erstreckt sich von Mutten im Westen bis Bergün/Bravuogn und zum Albulapass im Osten und von Valbella im Norden bis Bivio und zum Julierpass im Süden. Flüsse sind Albula, Julia und Landwasser. Die höchsten Berge sind der Piz Kesch mit 3418 m ü. M., der Piz Calderas (3397 m ü. M.), der Piz Platta (3392 m ü. M.), der Piz d’Err (3378 m ü. M.) und der Piz Ela (3338 m ü. M.). Der tiefste Punkt liegt in der Schinschlucht auf 745 m ü. M.

Das Landwasserviadukt

Albulatal/Val d’Alvra

Das Albulatal wird vom Fluss mit dem gleichen Namen durchflossen. Der Fluss hat seine Quelle in der Nähe des Albulapasses. Kurz nach der Quelle durchfliesst die Albula den Palpuognasee. Die Albula durchfliesst auf dem Weg talabwärts Bergün und Filisur. Diese beiden Gemeinden bilden das obere oder hintere Albulatal. Rund einen Kilometer nach Filisur vereinigt sich die Albula mit dem Landwasser, welches bedeutend mehr Wasser führt. Das Landwasser kommt von Davos und durchfliesst die Zügenschlucht, die Grenze zwischen Surmeir und der Region Davos. Unterhalb von Schmitten, kurz bevor das Landwasser in die Albula mündet, steht das Landwasserviadukt, das wohl bekannteste Bauwerk der Rhätischen Bahn.

Dort wo sich die Albula mit dem Landwasser vereinigt, beginnt das untere oder vordere Albulatal. Die Albula fliesst nun Richtung Tiefencastel, wo sie sich mit der Julia vereinigt. Tiefencastel ist das politische Zentrum von Surmeir.

Savognin mit der Punt Crap und der Kirche Nossadonna

Oberhalbstein/Surses

Die Julia (rom. Gelgia) durchfliesst das zweite Haupttal von Surmeir, das Oberhalbstein. Die Julia hat ihre Quelle im Val d’Agnel in der Nähe des Julierpasses. Das erste Dorf unter dem Pass ist Bivio. Bivio ist die Weggabelung für den Julierpass, welcher ins Engadin führt, und den Septimerpass, welcher ins Bergell führt. Der Name Bivio bedeutet „Zwei Wege“. In Marmorera liegt mit dem Lai da Marmorera einer der grössten Stauseen Graubündens. Seit 1954 wird hier Strom für das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich produziert.

Zwischen Rona und Tinizong überwindet die Julia einen ziemlichen Höhenunterschied. Der Wald zwischen diesen beiden Dörfern bildet einen Riegel im Tal. Daher wird der obere Teil „Surgôt“ (Ob dem Wald) und der untere Teil „Sotgôt“ (Unter dem Wald) genannt. Im Sotgôt liegt Savognin, der Hauptort des Tales. Savognin ist die grösste Ortschaft im Tal. Die Julia verlässt das Oberhalbstein durch die Schlucht des „Crap Ses“ und mündet bei Tiefencastel in die Albula.

Valbella mit dem Parpaner Rothorn im Hintergrund

Lenzerheide/Planoiras

Albula und Julia setzen nach dem Zusammenfluss ihren Weg fort zur Schinschlucht, wo sie den Lai da Niselas speisen, ebenfalls ein künstlicher See für die Stromproduktion. In der Schinschlucht liegt die Grenze zwischen Surmeir und dem Domleschg. Hoch über der Schlucht liegt das Plateau der Lenzerheide. Obwohl die Lenzerheide das grösste Dorf von Surmeir ist, bildet es keine eigenständige Gemeinde, sondern gehört zu Vaz/Obervaz.

Politische Einteilung

Surmeir ist in die vier Kreise Alvaschein, Belfort, Bergün und Surses mit total 22 Gemeinden eingeteilt. Zu Details über Kreise und Gemeinden siehe Bezirk Albula.

Bevölkerung

Surmeir hat 8573 Einwohner (Dezember 2008). Die grösste Gemeinde ist Vaz/Obervaz mit 2599 Einwohnern, inkl. Lenzerheide und Valbella. Die kleinste Gemeinde Mulegns hat 26 Einwohner.

Sprache

Der grösste Teil der Gemeinden im Surmeir war ursprünglich Rätoromanisch. Gesprochen wurde das Idiom „Surmiran“. Einzig Bergün bildet eine Ausnahme. Hier wird nicht Surmiran sondern „Bargunsegner“ gesprochen. Der Bargunsegner ist ein spezieller Dialekt und mit dem Puter verwandt. Diese sprachliche Situation geht auf die Zeit der Reformation zurück. In dieser Zeit stand Bergün unter grossem Einfluss des Oberengadins und hat dadurch auch die Sprache des Engadins angenommen. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich das Deutsche immer mehr ausgebreitet. Besonders in den letzten 30 Jahren ist das Romanische verloren gegangen. Im Oberhalbstein ist das Romanische noch in der Mehrheit, im Albulatal hat das Deutsche die Überhand gewonnen.

Mutten und Schmitten waren niemals romanisch; beide Dörfer wurden von Walsern gegründet und waren daher immer deutschsprachig. Ein Spezialfall ist Filisur. Schon seit Jahrzehnten wird hier kein Romanisch mehr gesprochen, aber die Wälder und Wiesen tragen immer noch romanische Namen.

Die wohl speziellste sprachliche Situation hat Bivio. Bivio ist eine dreisprachige Gemeinde. Ursprünglich war auch Bivio romanisch. Aber viele Einwohner Bivios haben ihre Wurzeln im Bergell. Das hat damit zu tun, dass die Bergeller ihre Maiensässe in Bivio hatten. Anfang Sommer zogen sie mit ihren Viehherden über den Septimerpass und blieben bis im Herbst hier. Mit der Zeit wurden einige Bergeller Familien hier sesshaft und mit ihnen kam die italienische Sprache. Durch den Transitverkehr über den Julierpass hat auch das Deutsche seinen Weg nach Bivio gefunden.

Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der Eidgenössischen Volkszählung. Zu bemerken ist, dass bei der Volkszählung nach der Sprache "die man am häufigsten gebraucht" gefragt wurde. Das hatte zur Folge, dass viele Personen, die Romanisch beherrschen, als deutschsprachig gezählt wurden.

Sprachen in Surmeir (Eidg. Volkszählung 2000)
Sprache Einwohner Prozent
Deutsch 5'646 66.3%
Rumantsch 2'163 25.4%
Italiano 263 3.1%
Andere Sprachen 442 5.2%
Total 8'514 100.0%

Religion

Die Ilanzer Artikel der Jahre 1524 und 1526 garantierte jeder Gemeinde das Recht bei der Religion ihrer Wahl zu bleiben. So ergab sich die Situation, dass eine Gemeinde reformiert wurde, während die Nachbargemeinde beim alten Glauben blieb.

Zwischen der Religion und der Sprache gibt es eine grosse Korrelation in Surmeir. Alle Gemeinden mit ursprünglich surmiranischer Sprache sind während der Reformation katholisch geblieben. Auch Schmitten als eine Walsergemeinde ist katholisch geblieben.

Die beiden Gemeinden des oberen Albulatals, Bergün und Filisur, nahmen die Reformation an. Der grosse Einfluss des Oberengadins spielte dabei sicher eine Rolle. Auch die Walsergemeinde Mutten wurde reformiert.

Ein Spezialfall ist wiederum Bivio. Zur Zeit der Reformation wollten die Bergeller reformiert werden, die alteingesessene romanische Bevölkerung aber katholisch bleiben. So ergab es sich, dass eine Hälfte von Bivio katholisch blieb, während die andere Hälfte reformiert wurde. Dass Bivio nur eine Kirche hatte, gab immer wieder Anlass zu Streitereien zwischen den Konfessionen. Nach heftigen Auseinandersetzungen und nach Intervention der Drei Bünde verzichteten die Protestanten 1657 auf ihr Recht an der gemeinsamen Kirche und bauten eine eigene Kirche. Die Katholiken schenkten ihnen dafür eine Glocke.

Konfessionen in Surmeir (Volkszählung 2000)
Konfession Einwohner Prozent
Röm.-Katholisch 5'375 63.1%
Protestantisch 2'196 25.8%
Andere 586 6.9%
Konfessionslos 357 4.2%
Total 8'514 100.0%

Wirtschaft

Wie überall im Kanton Graubünden arbeitet auch im Surmeir der grösste Teil der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor, nämlich 61.7% (Dezember 2005). Haupterwerbszweig ist der Tourismus. Es folgt der zweite Sektor (23%). Hier erwähnenswert sind vor allem die Holzverarbeitung und die Elektrizitätsproduktion. In der Land- und Forstwirtschaft arbeiten noch 15.3%.

Tourismus

Surmeir lebt sowohl vom Winter- als auch vom Sommertourismus. Wichtiger ist aber immer noch der Wintertourismus. Im Surmeir gibt es drei Tourismusdestinationen: Lenzerheide, Savognin-Bivio und Bergün.

Die grösste Destination ist Lenzerheide. In den letzten 120 Jahren konnte sich die Destination zu einem international bekannten Ort etablieren. Die Lenzerheide gehört neben Davos, St. Moritz, Arosa und Flims/Laax zu den grössten Destinationen Graubündens.

Savognin gehört zu den mittelgrossen Destinationen. Sie profiliert sich vor allem als Ferienort für Familien.

Bergün gehört zu den kleinen Destinationen. Bergün ist nicht in erster Linie wegen des Skigebietes bekannt, sondern aufgrund der Schlittenbahn zwischen Preda und Bergün.

Medien

Mit der Pagina da Surmeir verfügt die Region über eine wöchentlich erscheinende Zeitung im einheimischen rätoromanischen Idiom.

Elektrizitätsproduktion

Die Elektrizitätsproduktion ist ein wichtiges Standbein für die Wirtschaft und den Wohlstand der Region. Sie bietet nicht nur Arbeitsplätze, sondern durch den Wasserzins auch erhebliche Einnahmen für die Gemeinden. Im Surmeir gibt es zwei grosse Produktionsgesellschaften. Einmal die Elektrizitätswerke der Stadt Zürich, EWZ und die Albula-Landwasser Kraftwerke, ALK.

Der EWZ nutzt hauptsächlich das Wasser der Julia. Sie haben schon früh begonnen, die Wasserkraft zu nutzen. Im Jahre 1909 haben die Zürcher ihr erstes Werk in Sils im Domleschg gebaut. Durch den Stausee von Niselas wurde das Wasser der Albula genutzt. 1917 bauten sie das kleine Werk in Solis, welches das Wasser vom Heidsee nutzt. 1949 wurde die Stufe Burvagn-Tiefencastel in Betrieb genommen. Das grösste Werk des EWZ wurde 1954 errichtet. Das alte Dorf Marmorera wurde durch den Bau eines Naturdammes, der gut 60 Mio. m³ Wasser zurückhält, überschwemmt. Das Wasser von Marmorera wird in Tinizong turbiniert. 1971 wurde noch die Stufe Tinizong-Tiefencastel in Betrieb genommen.

Das EWZ produziert im Mittel 203 GWh in Tinizong, 230 GWh in Tiefencastel, 28 GWh in Solis, 112 GWh in Sils und 195 GWh in Rothenbrunnen. Sils und Rothenbrunnen befinden sich nicht im Surmeir, aber da das Wasser vom Surmeir stammt, werden sie auch zu den Mittelbündner Werken gezählt.

Das ALK nützt seit 1967 das Wasser der Albula und der Landwasser. Das Wasser, das in Davos-Glaris und in Bergün-Islas gefasst wird, wird in Filisur turbiniert. Das Filisurer Werk produziert im Mittel 286 GWh im Jahr. Seit 1989 wird das Wasser von Filisur nach Tiefencastel weitergeleitet. Hier werden nochmals durchschnittlich 103 GWh produziert.

Impressionen

Albulatal

Bergün/Bravuogn
Lai da Palpuogna
Filisur
Blick von Mon ins Albulatal
Das Plateau von Alvaneu
Tiefencastel

Surses (Oberhalbstein)

Bivio
Alp Flex (Gemeinde Sur)
Piz Platta
Marmorerasee
Tinizong
Savognin mit Piz Mitgel
Salouf, Kirche Son Gieri

Lenzerheide

Lenzerheide
Heidsee
Lantsch/Lenz, baselgia viglia
Vaz (Muldain)

Weblinks


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