Strasser-Krise

Strasser-Krise

Die Strasser-Krise war eine parteiinterne Auseinandersetzung innerhalb der Führung der NSDAP im Dezember 1932. Im Zentrum der Krise stand der Streit um den weiteren politischen Kurs der Partei nach der aus Sicht der NSDAP enttäuschenden Reichstagswahl vom November 1932, in der sie den Verlust von zwei Millionen Wählerstimmen hatte hinnehmen müssen.

In der Strasser-Krise prallten im Wesentlichen zwei Auffassungen innerhalb der Parteileitung aufeinander: zum einen die Position der Gruppe um Hermann Göring und Joseph Goebbels, die dafür plädierte, am bisherigen politischen Kurs Hitlers festzuhalten, der auf die Formel „Alles oder nichts“ gebracht wurde, d. h. weiterhin auf die Übertragung des Reichskanzleramtes an Adolf Hitler persönlich und auf die Übertragung der vollen Regierungsgewalt auf die NSDAP zu bestehen. Demgegenüber trat der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Gregor Strasser – der namensgebend für die Krise wurde – dafür ein, einen moderateren Kurs einzuschlagen und sich vorerst mit einigen Ministerämtern in einer Koalitionsregierung zu begnügen. Hitler sollte nach Strassers Vorstellung auf das Kanzleramt verzichten und sich stattdessen mit dem Amt des Vizekanzlers oder des Parteivorsitzenden der NSDAP zufriedengeben. Am Ende der Krise schlug sich Hitler – nach einigem Hin-und-Her – auf die Seite der Verfechter des „Alles-oder-Nichts“-Kurses.

Die wichtigsten Ergebnisse der Strasser-Krise waren das Ausscheiden von Gregor Strasser aus der NSDAP-Führung zugunsten einer weiteren Stärkung des radikalen Parteiflügels sowie das Scheitern der Querfront-Konzeption des damals amtierenden Reichskanzlers Kurt von Schleicher, der bei Antritt seiner Regierung im Dezember 1932 geplant hatte, im Zuge eines „diagonalen“ Bündnisses durch alle politischen Lager, von den „moderaten Nationalsozialisten“ über die bündische Jugend bis zu den Gewerkschaften auch die NSDAP-Gruppe um Gregor Strasser in seine Regierung einzubinden, wobei das unverhoffte Wegfallen der Strasser-Stütze in der historischen Forschung häufig als einer der wichtigsten Gründe für das Scheitern der Regierung Schleicher im Januar 1933 angesehen wurde.

Folgen

Innerhalb der NSDAP hatte die Strasser-Krise direkten Einfluss auf die Organisation der Partei: Nach Strassers Ausscheiden gingen die Aufgaben des Reichsorganisationsleiter auf den bisherigen Reichsinspekteur II der Partei Robert Ley über, wobei einige wichtige Kompetenzen, die Strasser noch innegehabt hatte, aus dem Zuständigkeitsbereich der Organisationsleiters ausgegliedert und anderen Funktionären übertragen wurden. So wurde die Aufsicht über die Propaganda der Partei, die Strasser noch selbst innegehabt hatte, aus dem Ressort des Organisationsleiters herausgelöst und fortan von dem Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels wahrgenommen, der bis dato noch dem Organisationsleiter unterstanden hatte. Ferner wurde mit der von Rudolf Heß geleiteten Politischen Zentralkommmission eine völlig neue Instanz in das Organisationen-Geflecht der Partei eingefügt.

Literatur

  • Udo Kissenkoetter: Gregor Strasser und die NSDAP, 1978.
  • Peter D. Stachura: Der Fall Strasser. Gregor Strasser, Hitler and National Socialism 1930–1932, in: Ders.: The Shaping of the Nazi State, 1978, S. 88–126.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gregor Strasser — (1928), Aufnahme aus dem Bundesarchiv Gregor Strasser, andere Schreibweise auch Straßer (* 31. Mai 1892 in Geisenfeld; † 30. Juni 1934 in Berlin) war ein deutscher Politiker (NSDAP) …   Deutsch Wikipedia

  • Johano Strasser — (2010) Johano Strasser (* 1. Mai 1939 in Leeuwarden, Niederlande) ist ein deutscher Politologe, Publizist und Schriftsteller. Seit 1995 war er Generalsekretär des deutschen PEN Clubs, seit 2002 ist er dessen Präsident …   Deutsch Wikipedia

  • Reichsamt für Agrarpolitik — Das Reichsamt für Agrarpolitik befand sich am Bavariaring 21 in München.[1] Das Foto zeigt die Fassade des Gebäudes im Jahr 2009. Das Reichsamt für Agrarpolitik in München war eine politische Institution der NSDAP unter der Führung von… …   Deutsch Wikipedia

  • Joseph Goebbels — Joseph Goebbels, Aufnahme von Heinrich Hoffmann Joseph Goebbels (* 29. Oktober 1897 in Rheydt als Paul Joseph Goebbels; † 1. Mai 1945 in Berlin) war einer der einflussreichsten und bekanntesten Politiker …   Deutsch Wikipedia

  • Diktatur des Nationalsozialismus — Dieser Artikel handelt von der Aufstiegs und Regierungszeit der Nationalsozialisten in Deutschland von 1918 bis 1945. Zu ihrer Ideologie siehe Nationalsozialismus. Zu dem von ihnen errichteten Staatswesen siehe Deutsches Reich 1933 bis 1945. Zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Herrschaft des Nationalsozialismus — Dieser Artikel handelt von der Aufstiegs und Regierungszeit der Nationalsozialisten in Deutschland von 1918 bis 1945. Zu ihrer Ideologie siehe Nationalsozialismus. Zu dem von ihnen errichteten Staatswesen siehe Deutsches Reich 1933 bis 1945. Zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Hitlerzeit — Dieser Artikel handelt von der Aufstiegs und Regierungszeit der Nationalsozialisten in Deutschland von 1918 bis 1945. Zu ihrer Ideologie siehe Nationalsozialismus. Zu dem von ihnen errichteten Staatswesen siehe Deutsches Reich 1933 bis 1945. Zu… …   Deutsch Wikipedia

  • NS-Diktatur — Dieser Artikel handelt von der Aufstiegs und Regierungszeit der Nationalsozialisten in Deutschland von 1918 bis 1945. Zu ihrer Ideologie siehe Nationalsozialismus. Zu dem von ihnen errichteten Staatswesen siehe Deutsches Reich 1933 bis 1945. Zu… …   Deutsch Wikipedia

  • NS-Regime — Dieser Artikel handelt von der Aufstiegs und Regierungszeit der Nationalsozialisten in Deutschland von 1918 bis 1945. Zu ihrer Ideologie siehe Nationalsozialismus. Zu dem von ihnen errichteten Staatswesen siehe Deutsches Reich 1933 bis 1945. Zu… …   Deutsch Wikipedia

  • NS-Zeit — Dieser Artikel handelt von der Aufstiegs und Regierungszeit der Nationalsozialisten in Deutschland von 1918 bis 1945. Zu ihrer Ideologie siehe Nationalsozialismus. Zu dem von ihnen errichteten Staatswesen siehe Deutsches Reich 1933 bis 1945. Zu… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”