St. Louis Blues (Lied)

St. Louis Blues (Lied)
Die erste Seite der Partitur des St. Louis Blues (1914)

St. Louis Blues ist ein klassischer Blues, der von W. C. Handy komponiert wurde.

Er war einer der ersten Blues-Songs, der als Pop-Song Erfolg hatte. Durch Interpretationen von Sophie Tucker und Bessie Smith über Louis Armstrong, Glenn Miller, das Boston Pops Orchestra bis hin zu Archie Shepp und Aki Takase hat sich die Komposition als Jazzstandard etabliert.

Inhaltsverzeichnis

Das Lied

Obwohl der Titel suggeriert, dass es sich um ein Stück über die Stadt St. Louis handelt, erzählt es eigentlich von einer raffinierten Frau aus dieser Stadt, die der Sängerin den Freund ausgespannt hat. Die erste Zeile, I hate to see that evenin’ sun go down hat hohen Wiedererkennungswert und wurde in vielen späteren Blues-Liedern übernommen.

Die Entstehungsgeschichte des Songs ist mysteriös und nicht gesichert. Handy sagte in seiner Autobiografie[1], dass er einmal ziemlich heruntergekommen vor einer Fischbratküche in St. Louis stand, als er neben sich eine Frau entdeckte, der es wohl noch schlechter ging. Sie erzählte, dass ihr Freund sie verlassen habe und sang dann eine Textzeile (Ma man’s got a heart like a rock cast in de sea), ein Schlüsselsatz des Liedes. Über die Geschichte werden verschiedene Versionen erzählt, in denen aber die Begegnung und die geäußerte Redewendung übereinstimmend erwähnt werden.[2] Damit deutet Handy zumindest an, dass die Komposition nicht von ihm allein stammen könnte[3].

Die Komposition

Das im September 1914 publizierte Stück wurde so populär, dass die Entwicklung des Foxtrotts dadurch beeinflusst wurde. Erstmals im Film erschien der Song in dem im Juni 1926 gedrehten Streifen St. Louis Blues mit Bessie Smith in ihrer einzigen Filmrolle. Die Äthiopier machten den Song 1935 sogar zu ihrer Kriegshymne, als die Italiener den Abessinienkrieg begannen und das Land besetzten.[4] Der Titel des Liedes wurde auch der Namensgeber des US-amerikanischen Profi-Eishockey-Teams „The St. Louis Blues“ aus St. Louis, Missouri.[5]

Die Art der Komposition ist ungewöhnlich, da die Lyrik im normalen 12-taktigen Bluesschema (geshuffelt) gespielt wird, aber außerdem eine 16-taktige Bridge im Habanera-Rhythmus, auch „Spanish Tingle“ oder „Straight“ genannt, enthält.[6] Während viele andere Blues-Songs einfach und wiederholend gehalten sind, enthält der „St. Louis Blues“ viele sich gegenseitig ergänzende und kontrastierende Elemente, ähnlich wie in klassischen Ragtime-Kompositionen. Handy sagte, er habe beim Schreiben des Liedes das Ziel gehabt, die Ragtime-Synkopierungen mit einer wirklichen Melodie zu verbinden.[7].

Versionen

Prince's Band - St. Louis Blues
Thomas 'Fats' Waller - St. Louis Blues

Die erste instrumentale Hitversion stammt vom Prince's Orchestra unter der Leitung von G. Hepburn Wilson. Sie wurde am 18. Dezember 1915 aufgenommen, im Mai 1916 veröffentlicht (Columbia #5772) und erreichte Platz 4 der US-Charts. Die erste vokale Version stammt von Al Bernard, veröffentlicht im Mai 1919[8] und erreichte Platz 9. Der vorerst größte Erfolg war der Version von Marion Harris beschieden, denn ihre am 16. April 1920 aufgenommene Version stand nach Veröffentlichung im August 1920 für drei Wochen auf Platz 1. Das W. C. Handy Orchestra des Komponisten nahm den Song erst am 4. Juni 1923 auf, veröffentlichte ihn später im November 1923 bei Okeh Records und erreichte damit Platz 11 der Charts.

Alle großen Jazz-Bands und -Interpreten haben das Stück im Laufe der Jahre aufgenommen, unter anderem (in Klammern Aufnahmedatum):

Insgesamt werden 81 Versionen aufgelistet[9], von denen 15 in die Charts kamen. Der Song ist inzwischen urheberrechtsfrei ("public domain"), immerhin hat Handy noch Mitte der 1950er Jahre jährlich US-Dollar 25.000 Tantiemen einnehmen können.

Trivia

Das Stück wurde unter anderem beim Großen Zapfenstreich zur Verabschiedung des Bundespräsidenten Horst Köhler auf dessen persönlichen Wunsch hin gespielt. [10] Allerdings handelte es sich um die von Glenn Miller erarbeitete Adaptation "St. Louis Blues March".

Einzelnachweise

  1. W. C. Handy, Father of the Blues, 1941, S. 46
  2. Tom Morgan, St. Louis Blues: An American Classic
  3. Dietrich Schulz-Köhn, I Got Rhythm - 40 Jazz-Evergreens und ihre Geschichte, 1990, S. 287
  4. Carlo Bohländer, Reclams Jazzführer
  5. Erklärung in Lost Sounds, von Tim Brooks, Richard Keith Spottswood, S. 434 (als Google-Book)
  6. Bohländer, Reclams Jazzführer
  7. Tom Morgan, St. Louis Blues (wie oben)
  8. Tim Gracyk/Frank W. Hoffmann, Popular American recording pioneers 1895-1925, 2000, S. 43, ISBN 1-56024-993-5, virtuell zu finden als "Google-Buchsuche"
  9. Coverinfo über den St. Louis Blues
  10. Großer Zapfenstreich, Köhler gets the Blues, von Katharina Schuler in: ZEIT ONLINE (vom 15. Juni 2010)

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