St. Emmeran (Mainz)

St. Emmeran (Mainz)
Chor und romanischer Turm der Kirche St. Emmeran/Mainz

Die katholische Pfarrkirche Sankt Emmeran in Mainz wurde im 8. Jahrhundert gegründet und erstmals 1220 erwähnt. Wesentliche Umbauten der Kirche erfolgten im 13. sowie im 14. und 15. Jahrhundert. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche stark zerstört, in den 1960er und 1970er Jahren des 20. Jahrhunderts allerdings wieder aufgebaut. Heute beherbergt St. Emmeran die italienische Kirchengemeinde von Mainz.

Inhaltsverzeichnis

Gründung und Patrozinium

St. Emmeran steht unter dem außerhalb von Bayern seltenen Patrozinium des Heiligen Emmeran von Regensburg (auch: Emmeram, † 625). Diese Tatsache sowie Ausgrabungsbefunde deuten auf eine Kirchengründung im 9. Jahrhundert hin und damit in eine Zeit, in der im karolingischen Mainz vermehrt Kirchen und Klöster gegründet wurden.[1] Die Kirche wurde an der römische Hauptverbindungsstraße aus dem 1. Jahrhundert erbaut, die das Legionslager auf dem Kästrich mit der Rheinbrücke verband (heute Emmeransstraße).

In einer Urkunde des Erzbischofs Siegfried II. von Eppstein im Jahr 1220 wird die Kirche unter dem damals verwendeten Namen „St. Heimerammi“ erstmals erwähnt.[2] 1245 wird bereits eines Priesters dieser Kirche gedacht.

Bauphasen

Die Kirche Sankt Emmeran um das Jahr 1900

Von der vorromanischen Bausubstanz ist oberirdisch nichts erhalten geblieben. Von der romanischen Bauphase hat bis heute der Hauptturm der Kirche vom Ende des 12. Jahrhunderts überdauert. Der Turm ist fünfgeschossig und in größere Eck- und schmalere Mittellisenen gegliedert. Weitere Gliederungselemente sind kräftige Schlaggesimse in Verbindung mit teilweise zweischichtigen Bogenfriesen. Ursprünglich waren die unteren beiden Geschosse nur mit schmalen Schießscharten versehen. Ab dem dritten Geschoss finden sich auf jeder Seite zwei gekuppelte Doppelfenster mit Mittelsäule.

Ab 1300 wurde der Vorgängerbau durch einen gotischen Bau unter Einbeziehung des romanischen Turms ersetzt. Es handelte sich dabei um eine freistehende dreischiffige Basilika, in fünf Joche und ein Chorjoch gegliedert. Nördlich des Chorjochs wurde der Turm mit angrenzender Severuskapelle angegliedert. Der Bau wurde unter dem Einfluss des Bettelordens der Dominikaner als so genannte Bettelordenskirche schlicht und einfach ausgeführt.[3]

Totenleuchte am Chor

Eine Totenleuchte aus der Zeit um 1400 befindet sich an der Südostseite des Chores. Der Chor selbst weist einen fünf-achtel Schluss auf, dessen Nordostseite durch den Treppenaufgang zum romanischen Turm abgedeckt wird.

Weitere kleinere Um- und Anbauten erfolgten in den folgenden Jahrhunderten. So entstanden im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts weitere Anbauten. In den Jahren 1671/1672 erfolgte ein repräsentativer Ausbau des Kirchhofs und der in umgebenden Mauern. Teile der Mauer und das rundbogige Portal mit dem Stifterwappen von 1671 ist heute noch erhalten. Während der Barockzeit wurde 1700-1701 das ursprüngliche Rautendach durch ein zusätzliches Glockengeschoss mit Haube und Laterne ergänzt. Auch erfolgten weitere Turmaufbauten am romanischen Kirchturm und es wurden letztmalig Änderungen an den Seitenschiffsfenstern der Basilika vorgenommen.

Ausstattung

Zur gotischen Ausstattung von Emmeran gehörte ein Wandtabernakel hinter dem Hochaltar. Ein dreiteiliges Epitaph des Malers A. Brück, das 1623 vollendet wurde diente von 1633 bis 1680 als Hochaltaraufsatz. Das Mittelbild zeigte eine Kreuzigungsszene, der linke Flügel Anna Selbdritt, der rechte einen Eustachius. In der Predella sah man eine Abendmahlszene in der Personen der Stifterfamilie Frankenstein-Brendel wiedergegeben waren.

Aus Barock- und Rokokozeit stammten herausragende Kunstwerke. Der barocke Hochaltar stammt aus der 1782 aufgehobenen Abtei Altmünster und kam 1810 durch Kauf nach Emmeran. Ebenfalls aus Altmünster stammte der Reliquienaltar, der sich im nördlichen Seitenschiff befand. Dort wurden die Reliquien der Bilhildis von Altmünster, ein Sudarium und eine Valentinusreliquie, die 1738 aus der Calixtus-Katakombe nach Altmünster gekommen sein soll. Der Bildhauer Bittrich fertigte 1810 zwei Heiligenfiguren, die des St. Emmeran und Bonifatius, sowie die Engel am Chorgestühl.

Aus dem Rokoko stammten das Chorgestühl und das alle Seiten der Sakristei bedeckende geschnitzte Mobiliar (um 1770), ein Bild über dem Taufstein, die Beichtstühle, die Windfänge im Nord- und Südschiff samt den mit Einlegearbeiten versehenen Türflügeln und die Kanzel mit den vier Evangelisten.


Zerstörung und Wiederaufbau

Wie viele andere wertvollen kirchlichen und profanen Bauten in Mainz wurde auch St. Emmeran bei den Luftangriffen auf Mainz am 27. Februar 1945 schwer zerstört. Der Großteil des Gewölbes stürzte ein, von dem gesamten Bau blieben lediglich die Außenmauern stehen. Das Chorgestühl, die Kirchenbänke, der Taufstein, die Orgel sowie der Hochaltarbaldachin und die Sakristeimöbel verbrannten. Fritz Arens, städtischer Denkmalpfleger während des Krieges, konnte allerdings vor der Zerstörung die Rokokokanzel und das 5x3 Meter große Gemälde „Mariä Himmelfahrt“ von Franz Anton Maulbertsch retten und in die Krypta des Mainzer Domes auslagern.[4]

Nach Kriegsende wurde die Kanzel restauriert und befindet sich heute in St. Quintin. Erhalten blieb auch die Beatrix-Glocke. Die 1493 gegossene Glocke ist die drittälteste Glocke der Stadt Mainz und befindet sich in St. Stephan. Sie trägt die Inschrift:

„+ Anno + domini + m + cccc + xciii + jar +
sant + beadrix + glocke + heis + ich +
peter + zur + glocken + zu + spier + gos + mich +“.[5]

Drei weitere Glocken konnten nicht gerettet werden. Diese stammen aus verschiedenen Zeitperioden aus Mainzer Werkstätten und waren 1379 datiert (27 Zentner), 1809 (16 Zentner), sowie ohne Jahresangabe (9 Zentner).

Im Jahr 1682 errichtete Johann Peter Geissel eine Orgel, deren Gehäuse von J. Antz stammte. Die Orgel wurde 1903 von Schlimbach aus Würzburg erneuert und umfasste 26 Register. Das Gehäuse wurde bereits 1810 durch Bittrich restauriert.

Erst nach über 20 Jahren wurde mit der Restaurierung der Kirche begonnen. Der erhaltene Turm wurde 1966 von seinen 200 Jahren zuvor angebrachten Aufbauten befreit und mit einem einfachen Pyramidendach abgeschlossen. 1978 wurde der Chor restauriert. Das Langhaus selbst wurde zwischen 1978 und 1981 durch eine selbsttragende Beton- und Aluminiumgerüstkonstruktion gesichert, welche den ruinenhaften Innenteil sichernd abstützt. St. Emmeran dient heute der italienischen Kirchengemeinde in Mainz als Gemeindezentrum.

Legenden

Die Legende um Amram von Mainz wird mit der Kirche St. Emmeran in Verbindung gebracht.

Weblinks

 Commons: St. Emmeran (Mainz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Franz Dumont, Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz (Hrsg.): Mainz – Die Geschichte der Stadt. 2. Auflage. Philipp von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2000-0.
  • Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 2.2.: Stadt Mainz – Altstadt. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. 3. Auflage. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1997, ISBN 3-88462-139-4

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Franz Staab: Mainz vom 5. Jahrhundert bis zum Tod des Erzbischofs Willigis (407-1011)., S. 86 in: Franz Dumont (Hrsg.), Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz: Mainz – Die Geschichte der Stadt.
  2. August Schuchert: Die Mainzer Kirchen und Kapellen, Verlag Johann Falk 3. Söhne, Mainz 1931
  3. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 2.2.: Stadt Mainz – Altstadt. S. 96
  4. Eintrag zu St. Emmeran auf regionalgeschichte.net, abgerufen am 17. November 2009.
  5. Motette (Hg.): Glocken-Landschaft Bistum Mainz. Motette-Verlag, Düsseldorf 2005, S. 18.
50.0002368.268338

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