Sport in Österreich

Sport in Österreich

Von Sport in Österreich ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Gründung einzelner Sportvereine die Rede. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist die Bildung von Sportverbänden als organisatorischer Rahmen augenfällig. Diese Verbände waren zu einem großen Teil politisch organisiert und grenzten sich stark voneinander ab. Mit dem Beginn des austrofaschistischen Ständestaates erfolgte eine Gleichschaltung der Sportverbände in der Österreichischen Turn- und Sportfront, alle anderen Verbände wurden verboten. Nach dem Anschluss Österreichs wurden die österreichischen Sportverbände als Gau 17 in den „Nationalsozialistischen Deutschen Reichsbund für Leibesübungen“ eingegliedert. Auch nach dem 2. Weltkrieg behielten die Sportverbände eine deutliche Affinität zu politischen Gruppierungen bei, waren aber im Unterschied zur Ersten Republik zur Zusammenarbeit bereit, z. B. für die Teilnahme an Österreichischen Meisterschaften oder an den Olympischen Spielen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Sportorganisationen in Österreich

Der „Erste Wiener Turnverein“ wurde 1861 gegründet, dem 1862 die Turnvereine in Bozen und Hall folgten, die sich 1874 zum Turngau Tirol zusammenschlossen. Waren die Sportler im 19. Jahrhundert noch stark mit den deutschen Verbänden liiert, so differenzierte sich dieses Bild im Laufe der nächsten Jahrzehnte.

Die Bildung von Sportorganisationen in Deutschland und Österreich war in den Anfängen durch eine große Zerrissenheit geprägt. Die erste Gründung bezog sich auf die 1868 in Weimar unter wesentlicher Mitwirkung des Kremser Turners Dr. Hans Stingl (1832-1893) vollzogene Gründung der „Deutschen Turnerschaft“ (DT). Dieser konnten auch alle deutschnationalen und liberalen Vereine aus Österreich als „Turnkreis 15“ beitreten. Allerdings ergaben sich aufgrund innerer antiklerikaler („Los von Rom“) und antisemitischer Spannungen Aufspaltungen in mehrere Richtungen. In Österreich führte 1887 der „Erste Wiener Turnverein 1861“ durch Franz Kießling (1859-1940) einen Arierparagraph ein, was zum Ausschluss von 480 Juden und 20 weiteren Nichtdeutschen führte; diese gründeten unmittelbar danach einen neuen Verein, u. zw. den „Deutschösterreichischen Turnverein“ (DTZ); dieser gehörte auch dem Weltverband Makkabi (gegr. 1921) an. Darüber hinaus gab es in Wien auch tschechische Sportverbände (1866: „Sokol“, 1899: „Arbeiterturnverein“, 1909: „Orel“), sowie eine Vielzahl an Sportvereinen, die keinem Verband angehörten, sondern die in einem lokalen Rahmen allein ihrem Hobby frönen wollten.

Arbeitersport

1892 wurde aus sozialdemokratischer Initiative die „Arbeiter Turn- und Sportbewegung“ gebildet. Gemäß der Idee des Aufbaus von proletarischen Parallelinstitutionen zu allen bürgerlichen Vereinigungen konstituierte sich neben den proletarischen Turnern 1895 der Arbeitertouristenverein „Die Naturfreunde“ und 1893 ein „Arbeiterradfahrverein“, die alle ihre Wurzeln in der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts hatten. Ziele des Arbeitersports waren die Befreiung der Arbeiterklasse, Schaffung einer eigenständigen sozialistischen Bewegungskultur, Ausbildung physisch starker Klassenkämpfer, gegen einseitiges Leistungsprinzip (Rekordsucht, Überbewertung des Wettkampfes), die kollektive Leistung war wichtiger als die individuelle (z.B. Namen von Siegern sollen nicht genannt und keine Rückennummern beim Fußball getragen werden). Am 19. Mai 1919 wurde der „Verband der Arbeiter- und Soldatensportvereinigung Österreichs“ (VAS) und im Oktober 1924 der „Arbeiterbund für Sport und Körperkultur“ (ASKÖ) mit deutlich klassenkämpferischen Zielsetzungen gegründet.

Eine Militarisierung des Arbeitersports setzte durch den Republikanischen Schutzbund ein, der einen Teil seiner Mitglieder aus den Arbeitersportlern rekrutierte. Ab 1925 gab es Wehrturnabteilungen bei den Arbeiterturnern und Arbeiterschützenvereinen (Ordnungsübungen, Handgranatenwerfen, Kartenlesen, Kleinkaliberschießen, Hindernisturnen). Um 1930 fanden sich unter den Sportarten im ASKÖ Kraftsport, Schießen und Wehrsport. Diese Übungen wurden nach dem Verbot des Republikanischen Schutzbundes am 30. Mai 1933 aber im Untergrund weitergeführt.

Bürgersport

Um 1900 bildete sich unter Führung von Dr. Anton Frey (1871-1916) ein Turnverein, der Christentum, nationale Gesinnung und Turnertum verbinden wollte; diese schlossen sich 1914 zum „Reichsverband der Christlich-deutschen Turnerschaft Österreichs“ zusammen; Bekenntnis zum deutschen Volkstum und christliche Weltanschauung waren Voraussetzung für eine Mitgliedschaft, später wurden diese Grundsätze im Sinne deutsch-arischer Abstammung interpretiert.

Die Christlich Deutsche Turnerschaft Österreichs (CDTÖ) wurde 1921 in St. Pölten neu gegründet. Wurzeln waren in der Turnbewegung, aber auch in ideologischer Abgrenzung zum DTB zu sehen. Obwohl die Katholische Kirche gegen den Sport war, sind 50 % der Dietwarte Priester. Auch diese Vereinigung ist durch Rassenantisemitismus, Antimarxismus und Antiparlamentarismus gekennzeichnet und führte „Wehrturnen“ durch.

Deutsch-nationale Sportbewegung

Der „Deutsche Turner-Bund (DTB)“ wurde in Österreich 7. September 1919 konstituiert. Teilnehmer konnten nur „Angehörige germanischer Volksstämme (sein) … und deutsches Volksempfinden darf nicht beeinträchtigt werden.“ Der DTB war antiparlamentarisch, antimarxistisch, antisemitisch, antikatholisch und durch den Anschlussgedanken an Deutschland gekennzeichnet. Vorstandschaft und Mitglieder standen dem Nationalsozialismus nahe. Nach dem nationalsozialistischen Handgranatenüberfall in Krems am 19. Juni 1933 auf Angehörige der christlich-deutschen Turner, die gerade von einer Waffenübung kamen, wurde der DTB wie alle anderen NS-Organisation in Österreich aufgelöst.

Unpolitisch ausgerichteter Sport in der Ersten Republik

Neben diesen politisch ausgerichteten Vereinen existierte der „Österreichische Zentralverband für gemeinsame Sportinteressen“ (1919 in „Hauptverband für Körpersport“ umbenannt), der auch die Funktion eines Nationalen Olympischen Komitees wahrnahm. Formal verstand sich diese Vereinigung als apolitisch und als Förderer vieler Sportarten. Aber weder CDTÖ, noch DTB noch der ASKÖ traten dieser Vereinigung bei. Diese drei Blöcke bildeten vielmehr in sich geschlossene Gruppierungen, die auch nicht zu gemeinsamen Wettkämpfen antraten (es gab also keine österreichischen Meisterschaften) und aus unterschiedlichen ideologischen Gründen auch nicht bei den Olympischen Spielen mitmachten.

Sport im austrofaschistischen Ständestaat und der NS-Zeit

Im austrofaschistischen Ständestaat (1934-1938) wurden die sozialdemokratischen Sportvereine (ASKÖ) verboten, die Tätigkeit der nationalsozialistischen Turn- und Sportverbände war bereits 1933 zum Erliegen gekommen. Es wurde nun die Christlich-deutsche Turnerschaft zum bestimmenden Element. Die Österreichische Turn- und Sportfront übernahm im Rahmen der Vaterländischen Front die Aufgabe, die „heranwachsende Jugend wehrhaft zu machen“. Sportführer wurde Ernst Rüdiger von Starhemberg.

Christlich-deutsche Turner wurden als Wehrturner teilweise als „Assistenzkörper“ in das Schutzkorps aufgenommen und leisteten Dienste beim Objektschutz oder in der Abwehr der Nationalsozialisten. Solche Wehrzüge wurden aus finanziellen Gründen gebildet und ergänzten die österreichische Exekutive, ohne in den Beamtenstatus aufgenommen zu werden.

Nach dem Anschluss wurden die noch bestehenden Sportverbände dem „Nationalsozialistischen Deutschen Reichsbund für Leibesübungen“ als Gau 17 eingegliedert.

Der Wiederbeginn nach dem 2. Weltkrieg

Bei Kriegsende stieß ein „Aufruf an alle österreichischen Sportler“ zur Errichtung einer Zentralstelle des Österreichischen Sports auf keinen Widerhall. Der ASKÖ (seit 1971 „Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich“) knüpfte an die Vorkriegstradition an, war aber nun bereit, sich an allen Sportveranstaltungen auch der bürgerlichen Vereine zu beteiligen. Die christlich-katholischen Vereine kamen in der „Österreichischen Turn- und Sport-UNION“ (heute SPORTUNION Österreich) zusammen. Als dritter Dachverband entstand der „Allgemeine Sportverband Österreichs“ (ASVÖ). 1952 wurde in Wels auch der „Österreichische Turnerbund“ als Nachfolger des deutsch-nationalen Turnerlagers gebildet, diesmal aber mit klarem Bekenntnis zur österreichischen Eigenstaatlichkeit. Die zentrale Plattform für das österreichische Sportsystem ist seit 1969 die „Österreichische Bundessportorganisation“ (BSO).

Literatur


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