Sofi Oksanen

Sofi Oksanen
Sofi Oksanen in August 2008

Sofi Oksanen (* 7. Januar 1977 in Jyväskylä, Finnland) ist eine finnisch-estnische Schriftstellerin und Dramaturgin. Oksanen hat bislang drei Romane und ein Theaterstück verfasst. Ihr dritter Roman, Fegefeuer, wurde mit mehreren Literatur-Preisen ausgezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sofi Oksanen wurde im mittelfinnischen Jyväskylä geboren und wuchs dort auf. Ihr Vater ist ein finnischer Elektriker, ihre Mutter eine estnische Diplom-Ingenieurin. Oksanen hat an den Universitäten von Jyväskylä und Helsinki Literaturwissenschaft und später an der Theaterhochschule Dramaturgie studiert. Oksanen erlernte von ihrer Mutter die estnische Sprache, aber sie schreibt auf Finnisch. Literatur liest sie allerdings auch auf Estnisch. Oksanen beteiligt sich aktiv am öffentlichen Diskurs in Finnland und kommentiert aktuelle Themen in ihren Kolumnen und in verschiedenen Talkshows. Sie ist Feministin.

Werke

Stalinin lehmät

Der Debütroman Stalinin lehmät (wörtlich: Stalins Kühe, auf Finnisch 2003) handelt von Estland in den sowjetischen Zeiten, von Immigranten und von Essstörungen. Er schildert das Leben der Esten in Finnland in den 1960er und 1970er Jahren, als die so genannte Finnlandisierung die offizielle Politik färbte. Damals wurden die Esten in Finnland häufig als Russen beschimpft und estnische Frauen als Prostituierte verunglimpft. Es ist ein finnisch-estnischer Bildungsroman, der die Realität der nordischen Gleichberechtigung in Frage stellt. Der Debütroman Oksanens wurde als Kandidat für den Runeberg-Preis und für den Debütromanpreis der überregionalen Tageszeitung Helsingin Sanomat nominiert.

Baby Jane

In ihrem zweiten Roman Baby Jane (auf Finnisch 2005) behandelt Sofi Oksanen Panikattacken und wie sie auf die Mitmenschen wirken sowie Gewalt in Frauenbeziehungen. Im Gegensatz zu den anderen beiden Romanen spielt Baby Jane in Finnland (im Helsinki der 1990er Jahre).

Fegefeuer

Mit ihrem ersten Theaterstück, Fegefeuer (Originaltitel: Puhdistus), gelang Oksanen 2007 der Durchbruch auf nationaler Ebene, mit ihrem gleichnamigen Roman ein Jahr später auch international. Der Roman wurde bislang in 38 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen, auch bedeutenden Preisen honoriert; sein Erfolg wirkt auf das Stück zurück, das 2011/12 in mehreren Ländern Premiere hat(te). Die deutschsprachige Erstaufführung findet am 15. Oktober 2011 am Theater Osnabrück statt.[1][2]

Thematisch knüpft Oksanen an ihren ersten Roman, Stalinin lehmät, an und kehrt ins benachbarte Estland zurück. Indem sie die wenige Tage dauernde Handlung im Jahr 1992 (also kurz nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit Estlands) spielen lässt, rückt sie der Jetztzeit näher, geht aber andererseits noch weiter in die Geschichte dieses Landes zurück. Mit solchen Spannungspolen wird auch die Begegnung der zwei Protagonistinnen aufgeladen: Alt gegen Jung, Estin gegen Russin, Alteingesessene gegen Eindringling. Doch mit Ausnahme des ersten Gegensatzes bleibt keiner bestehen; Gemeinsames wird wichtiger als Trennendes und führt dennoch weder im Drama noch im Roman zu einem Ende, das man als „Happyend“ bezeichnen kann.

Nach einem Drehbuch von Marko Leino wird Puhdistus auch verfilmt und voraussichtlich 2012 auf die Leinwand kommen.

Verleger

Die Werke von Sofi Oksanen wurden bis 2010 vom Verlagshaus WSOY herausgegeben. Im Juni 2010 gab WSOY jedoch in einer Pressemitteilung bekannt, die Zusammenarbeit mit Sofi Oksanen mit sofortiger Wirkung zu beenden. Begründet wurde der Schritt mit der öffentlichen Kritik, die Oksanen an ihrem Verlag äußerte. Sie hatte sich vor allem über die ihrer Meinung nach ungenügende Marketingpolitik von WSOY beschwert.[3]

Preise

Folgende nationale und internationale Literatur-Preise wurden Oksanen bisher für Fegefeuer zuerkannt:

Fegefeuer ist bisher das einzige Werk, das in Finnland sowohl mit dem Finlandia- als auch mit dem Runeberg-Preis ausgezeichnet wurde. Oksanen ist außerdem die jüngste Autorin, die einen dieser beiden Preise gewonnen hat. Schließlich ist sie auch die erste ausländische Autorin, der der Prix du Roman fnac zugesprochen wurde.[1]

Stil

Oksanen erzählt, dass sie gern „Autofiktion“ schreibt, d. h. sie kombiniert autobiografische Geschichten mit Belletristik. Auch andere finnische Gegenwärtsautorinnen wie die mit dem Finlandia-Preis ausgezeichnete Pirkko Saisio und Anja Snellmann schreiben Autofiktion. Oksanen ist eine vielgestaltige und reflektierende Schriftstellerin, die keine Angst hat, auch über schwierige und ungewohnte Themen zu schreiben. Sie findet auch vorbehaltlos Aufhänger für ihr Werk in ihrem eigenen Leben.

Andere Aktivitäten

Sofi Oksanen hat auch Kolumnen für die finnische Zeitschrift Sihteeri&Assistentti und für die finnischen Zeitungen Sunnuntaisuomalainen, Metro und Aamulehti geschrieben. Die Kolumnen behandeln unter anderem multinationale Identität, die Zensur im Internet, Menschenrechte und Redefreiheit. Weitere Themen bei Oksanen sind die Geschichtslosigkeit und die doppelte Identität im Leben der estnischen Frauen.

Gemeinsam mit der Estin Imbi Paju hat Sofi Oksanen 2009 die finnischsprachige Artikelsammlung Kaiken takana oli pelko (wörtlich: Hinter alledem stand Angst) herausgegeben, die die estnische Geschichte während der sowjetischen Okkupation beschreibt. In der Einleitung des Buches begründet Oksanen die Herausgabe damit, dass das kommunistische Gesellschaftssystem eines der verderbenbringendsten der Weltgeschichte ist, im Gegensatz zum Nationalsozialismus bislang jedoch nicht oft thematisiert worden ist.

Weblinks

 Commons: Sofi_Oksanen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Sofi Oksanen: Offizielle Webseite
  2. Webseite von „schaefersphilippen“, dem Verlag, der die Rechte der deutschsprachigen Ausgabe des Dramas „Fegefeuer“ innehat
  3. WSOY beendet Zusammenarbeit mit Sofi Oksanen. Helsingin Sanomat. Abgerufen am 3. September 2010.

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