Sender Mühlacker

Sender Mühlacker
Sendeanlage Mühlacker in September 2004 Antennenträger (von links nach rechts): Stahlfachwerkturm für Richtfunk, Höhe 93 m, Baujahr 2004; Ausblendmast für Mittelwelle mit Mobilfunkantennen, Höhe 80 m, Baujahr 1977; Hauptsendemast für Mittelwelle und UKW, Höhe 273 m, Baujahr 1950; Ausblendmast für Mittelwelle, Höhe 130 m, Baujahr 1954. Zwischen dem Hauptsendemast und dem Ausblendmast befinden sich die beiden grauen Tragmasten der KW-Antenne, welche auf dem Bild kaum zu erkennen sind.
Fuß des 273 m hohen Hauptsendemastes

Der Sender Mühlacker in der Nähe von Pforzheim ist eine Sendeeinrichtung für Rundfunk, welcher aus zwei gegen Erde isolierten Stahlrohrmasten, einem gegen Erde isolierten Stahlfachwerkmast, zwei Sendeantennen für Kurzwelle und einem freistehenden Stahlfachwerkturm besteht. Er wird vom SWR, der Eigentümer der Anlage ist, zur Verbreitung von Hörfunkprogrammen auf UKW und Mittelwelle genutzt. Der zu dieser Anlage gehörende Kurzwellensender, über den zuletzt das Programm SWR1 verbreitet wurde, wurde am 19. Oktober 2004 stillgelegt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Seit 1930 ist Mühlacker Standort eines großen Senders. Die Einweihung des ersten deutschen Großsenders mit einer Sendeleistung von 60 kW fand am 21. November 1930 statt. Bis zum 20. Dezember 1930 lief der von Telefunken gebaute siebenstufige Sender im Probebetrieb und nahm am 20. Dezember 1930 auf 833 kHz seinen Betrieb auf. Diese Sendeleistung erforderte eine Röhrenleistung von 360 kW, die von 18 wassergekühlten 20-kW-Röhren (Type RS255) aufgebracht wurde[1].

Die Kosten für den ersten Sender in Mühlacker beliefen sich auf fast 450.000 RM. Der komplette Sender befand sich im Besitz der Deutschen Reichspost, die den Sender an die Süddeutsche Rundfunk AG (SÜRAG) vermietete bzw. für diese betrieb.[1]

Am 20. Dezember 1933 tauschten die Sender Berlin, Mühlacker und München die Sendefrequenz, um die Technik leichter auf den Luzerner Wellenplan anpassen zu können.[1]

1934 musste der Sender zum ersten Mal umfassend modernisiert werden. Anstelle der 18 kleinen Senderöhren wurde die Endstufe durch zwei 300-kW-Röhren (Type RS300) ersetzt, die jetzt eine Sendeleistung von insgesamt 100 kW erbrachten. Der umgebaute Sender wurde am 15. Januar 1934 gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Luzerner Wellenplans auf 524 kHz in Betrieb genommen.[1][2]

Als Antennenanlage diente bis 1934 eine T-Antenne, die an zwei 100 Meter hohen Holztürmen montiert war, die sich in einem Abstand von 310 Metern befanden. 1933/34 wurde diese Antenne durch eine Sendeantenne ersetzt, die aus einem Draht bestand, der in einem 190 Meter hohen Holzturm aufgehängt war. Einer der demontierten Türme wurde später in Koblenz wiederaufgebaut. Diese Sendeantenne besaß gegenüber der Vorläuferanlage den Vorteil, dass sie weniger Steilstrahlung produzierte, wodurch sich ein größerer Bereich des schwundfreien Empfangs in den Abendstunden ergab. Am 6. April 1945 wurde dieser Turm, der der höchste Holzbau aller Zeiten gewesen sein dürfte, von der SS gesprengt.

Der Sender Mühlacker war ein Festfrequenzsender, d.h. seine Ausgangsfrequenz konnte nicht beliebig schnell geändert werden. Schon vor Kriegsbeginn wurde jedoch eine durchgängige Frequenzeinstellung über den gesamten Mittelwellenbereich gefordert. Deshalb wurde von September 1939 bis März 1940 der fahrbare Sender IV der Deutschen Reichspost in Gundelsheim bei Bad Wimpfen benutzt um im Falle von Fliegerangriffen den Sendebetrieb für Mühlacker zu übernehmen.

Im März 1940 erhielt Mühlacker dann einen zweiten sogenannten „Umbausender“. Dieser 100 kW-Telefunken Sender konnte binnen kurzer Zeit im Frequenzbereich von 500 kHz bis 1350 kHz und später auch bis 1500 kHz verändert werden. Tagsüber wurde dieser Sender als Stör- und Propagandasender betrieben, am Abend wurde er dem Gleichwellennetz des Reichsrundfunk zugeschaltet.[1]

Heute ist der wichtigste Antennenträger der Anlage ein 273 Meter hoher gegen Erde isolierter Stahlrohrmast bei 48° 56′ 31″ nördlicher Breite und 8° 51′ 14″ östlicher Länge mit 1,67 Meter Durchmesser, der 1950 errichtet wurde. Er dient als selbststrahlender Sendemast für Mittelwelle (Frequenz: 576 kHz, Leistung: 100 Kilowatt) und trägt auf seiner Spitze eine Superturnstile-Antenne für UKW-Rundfunk. Der große Sendemast ist durch einen Trennisolator in zwei Sektionen unterteilt. Durch diese Maßnahme ist eine Doppelspeisung möglich, wodurch das Gebiet des nahschwundfreien Empfangs vergrößert wird (schwundmindernde Sendeantenne).

Bemerkenswert ist auch, dass sich an den äußersten Abspannfundamenten dieses Sendemasten Flugsicherheitslampen befinden, um das Spannfeld der Abspannseile besser zu kennzeichnen.

Stahlfachwerkturm der Sendeanlage

Daneben stehen noch zwei weitere Sendemasten von 130 Meter und 80 Meter Höhe und zwei Sendeantennen für Kurzwelle. Der sich bei 48° 56′ 36″ nördlicher Breite und 8° 51′ 21″ östlicher Länge befindende 130 Meter hohe Sendemast, der wie der 273 Meter hohe Sendemast als gegen Erde isolierter selbststrahlender Stahlrohrmast ausgeführt ist, diente bis zu der aus EMVU-Gründen erfolgten Leistungsreduzierung des MW-Senders von 300 kW auf 100 kW Anfang 1996 in Verbindung mit dem 273 Meter hohen Sendemast zur Verwirklichung einer MW-Richtantenne mit Abstrahlminimum in südwestlicher Richtung während der Nachtstunden. Seit der Leistungsreduzierung ist diese Ausblendung nicht mehr nötig; der Sendemast dient nur noch als Reserveantenne.
Der bei 8° 51′ 10″ östlicher Länge und 48° 56′ 29″ nördlicher Breite befindliche 80 Meter hohe Sendemast ist ein gegen Erde isolierter Stahlfachwerkmast mit dreieckigem Querschnitt. Er wurde 1977 errichtet, um die Abstrahlung des Mittelwellensenders in südlicher Richtung zu verbessern, und dient heute auch als Träger von Mobilfunkantennen. Dieser Mast, der im Vergleich zu dem in unmittelbarer Nähe befindlichen 273 Meter hohen Hauptsendemast winzig wirkt, liegt mit diesem und dem 130 Meter hohen Mast annähernd auf einer Linie. Als Kurzwellensendeantenne ist eine T-Antenne mit Rundstrahlcharakteristik, die an zwei abgespannten Stahlfachwerkmasten montiert ist, vorhanden. Sie wirkt im Vergleich zu den anderen Sendemasten wie Spielzeug. Daneben existiert noch eine Kurzwellenreserveantenne in Form eines kleinen ca. 10 Meter hohen selbststrahlenden Sendemasten. Der Kurzwellensendebetrieb wurde am 19. Oktober 2004 eingestellt.
Bis 1993 existierte bei 8° 51′ 2″ östlicher Länge und 48° 56′ 33″ nördlicher Breite auf dem Areal der Sendeanlage noch ein 110 Meter hoher gegen Erde isolierter abgespannter Stahlfachwerkmast mit einer UKW-Antenne auf der Spitze. Er wurde 1948 errichtet und diente bis 1963 zur Verbreitung des Programms von AFN. Ab 1963 war er Bestandteil der Richtstrahlantenne des SDR für den oben beschriebenen Mittelwellensender. 1993 wurde er wegen Baufälligkeit gesprengt.
Ein ursprünglich geplanter Neubau ist bis heute nicht realisiert worden.

Ferner existierte noch bis 2004 bei 8° 51′ 5“ östlicher Länge und 48°5 6′ 30“ nördlicher Breite ein grauer, gegen Erde isolierter Sendemast, der ursprünglich zusammen mit dem 1993 abgerissenen 110 Meter hohen Sendemast eine Richtantenne für die Verbreitung des AFN-Programms bildete. Dieser Mast diente von 1963 bis zu seinem Abriss Anfang 2004 als Sendeantenne eines Funkfeuers und als Tragmast von Antennen für den stationsinternen Sprechfunkdienst. An seiner Stelle wurde im August 2004 ein 93 Meter hoher freistehender Stahlfachwerkturm für die Aufnahme von Richtfunkantennen errichtet.

Vom 4. bis 5. Mai 2008 gab es in Folge eines Heizungsbrandes einen mehrstündigen Senderausfall.

Bilder

Literatur

  • Heinrich Brunswig, Eberhard Klumpp, Dietrich Schwarze: Großsender Mühlacker; Zur Technik- und Rundfunkgeschichte. Südfunk-Hefte: Herausgegeben vom Süddeutschen Rundfunk Stuttgart, 1980, ISBN 3-922308-04-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e nach Brunswig, Klumpp, Schwarze: Großsender Mühlacker; Zur Technik- und Rundfunkgeschichte, SR Stuttgart, 1980.
  2. 75 Jahre Frequenzgerangel auf members.aon.at
48.9419444444448.8538888888889

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