Christentum in Indien

Christentum in Indien
Anteile an Christen in den jeweiligen Bundesstaaten

Das Christentum ist in Indien nach dem Hinduismus und Islam die drittgrößte Religion. 2001 lebten etwa 24 Millionen Christen in Indien. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 2,3 %.

Kreuz der Thomaschristen

Die ersten christlichen Gemeinden sollem mit den Thomaschristen ab 53 n. Chr. aufgrund des Zeugnisses des Apostels Thomas entlang der südlichen Malabarküste entstanden sein.

Inhaltsverzeichnis

Demografie

Laut der Volkszählung 2001 leben in Indien 24 Millionen Christen. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 2,3 %. Damit ist das Christentum nach dem Hinduismus und Islam die drittgrößte Religion in Indien. Die christliche Bevölkerung ist dabei ungleichmäßig über die Fläche Indiens verteilt: Christliche Konzentrationen finden sich vor allem in Südindien (Kerala, Tamil Nadu, Goa), wo die Christen eine zahlenmäßig starke Minderheit bilden, sowie im Nordosten, der in weiten Teilen eine christliche Bevölkerungsmehrheit aufweist.

Die zahlenmäßig meisten Christen leben mit knapp 6,1 Millionen in Kerala an der Südwestküste Indiens. Jeder vierte indische Christ lebt somit in Kerala. An zweiter Stelle folgt das ebenfalls in Südindien gelegene Tamil Nadu mit 3,8 Millionen Christen. In beiden Bundesstaaten stellen die Christen bei einem Bevölkerungsanteil von 19,0 bzw. 6,1 % nur eine Minderheit dar. Historisch stark verwurzelt ist der christliche Glaube auch in Goa, wo sich heute noch 26,7 % der Bevölkerung zum Christentum bekennen.

Eine christliche Bevölkerungsmehrheit haben drei der Nordostbundesstaaten: Am höchsten ist der christliche Bevölkerungsanteil in Nagaland mit 90,0 %, gefolgt von Mizoram (87,0 %) und Meghalaya (70,3 %). Die ebenfalls im Nordosten gelegenen Bundesstaaten Manipur (34,0 %) und Arunachal Pradesh (18,7 %) haben nennenswerte christliche Minderheiten.

Kleinere Konzentrationen von Christen finden sich in den Adivasi-Gebieten der ostindischen Bundesstaaten Jharkhand, Orissa und Chhattisgarh. In den bevölkerungsreichen Bundesstaaten Nordwestindiens ist das Christentum hingegen praktisch überhaupt nicht vertreten: In Uttar Pradesh, dem einwohnerstärksten Bundesstaat Indiens, sind etwa nur 0,1 % der Bevölkerung Christen.[1]

Konfessionen

Thomaschristen

Die Thomaschristen führen ihre Tradition auf den Apostel Thomas zurück, der Indien im Jahr 54 erreicht haben soll. Diese sogenannten „Thomaschristen“ sind noch heute etwa im Bundesstaat Kerala zu finden und machen einen erheblichen Prozentsatz der dortigen Bevölkerung aus. Die indische christliche Kirche ist somit älter als die europäische.

300.000 Menschen gehörten 1991 zur Syro-Malankara Katholischen Kirche (Thomaschristen mit westsyrischem Ritus); die Syro-Malabarische Kirche (Thomaschristen mit ostsyrischem Ritus) zählte 1991 3,5 Millionen Mitglieder. Beide Kirchen sind mit der römisch-katholischen Kirche uniert.

Römisch-katholische Kirche

Römisch-katholische Sacred Heart Cathedral in Neu Delhi, 1933 fertiggestellt

Die Geschichte des Katholizismus in Indien begann mit der Missionierung durch die Portugiesen infolge der Erschließung des Seeweges um Afrika durch Vasco da Gama.

Etwa 70 % der indischen Christen im Jahr 1991 waren römisch-katholisch. In der ehemaligen portugiesischen Kolonie Goa, dem Schwerpunkt der katholischen Kirche in Indien, sind etwa 30 % der Menschen römisch-katholischer Konfession. Es gibt in Indien insgesamt 29 Erzdiözesen und 128 Diözesen. Im Jahr 2003 wurden 14.000 römisch-katholische Diözesanpriester und 704 römisch-katholische Krankenhäuser gezählt.

Die Römisch-katholische Kirche umfasst in Indien drei unterschiedliche Teilkirchen: Die Lateinische Kirche mit westlichem Ritus, die unierte Syro-Malabarische Kirche (ostsyrischer Ritus) und die unierte Syro-Malankara Katholische Kirche (westsyrischer Ritus).

Protestantismus

Im 18. Jahrhundert erreichte Bartholomäus Ziegenbalg im Auftrag der Dänisch-Halleschen Mission den Subkontinent. Die organisierte Äußere Mission des Protestantismus nahm ihren Anfang in Indien.

Die Church of South India als größte evangelische Denomination Indiens entstand 1947 als ein Zusammenschluss presbyterianischer, reformierter, kongregationalistischer, methodistischer und anglikanischer Kirchen. Sie hatte 1995 etwa 2,2 Millionen Mitglieder.

Die Church of North India zählte wie die Mar-Thoma-Kirche jeweils eine Million Mitglieder.

In Indien lebten 1995 1.300.000 Lutheraner, 473.000 Methodisten und 425.000 Baptisten. Die größte einheimische Pfingstkirche ist die Indische Pfingstkirche Gottes. Im Bundesstaat Andhra Pradesh leben in der Umgebung von Mahbubnagar mennonitische Christen, die seit 1890 missioniert worden waren.

Zwischen Hindu-Nationalisten und Christen entflammen bis heute gewalttätige Auseinandersetzungen.

Konflikte

Seit dem Aufkeimen des Hindu-Nationalismus in den 1980er Jahren kam es besonderns in Orissa immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen. Dies führte zu Vertreibung von tausenden Christen, weil deren Häuser und Kirchen zerstört wurden, und zu zahlreichen Toten. Immer wieder wird Christen vorgeworfen, sie riefen zu Konversion zum christlichen Glauben auf. Dieses ist in Orissa verboten.[2]

Orissa

1999 wurden der australische Prediger Graham Stewart Staines sowie seine zwei Söhne von einem Mob bei lebendigem Leib verbrannt.[3][4]

2007 wurden in Orissa fast 200 Kirchen niedergerissen.[5][6]

In der zweiten Jahreshälfte 2008 kam es ab August nach der Fälschlicherweise zuerst Christen angelasteten Tötung[7] von Swami Lakshmanananda und kurz vor Wahlen in und um Orissa zu religiös motivierten Pogromen[8] gegen Christen und Kirchen[9], bei denen mindestens 59 Christen getötet[10], rund 4.000 Gebäude in Brand gesetzt, mehr als 18.000 verletzt wurden und mehr als 50.000 Menschen aus Angst vor Verfolgung flohen.[11][12] Nach Geoff Tunnicliffe, dem internationalen Leiter der Weltweiten Evangelischen Allianz wurden mindestens 70 Menschen getötet, mindestens 149 Kirchen zerstört und circa 54.000 Christen obdachlos.[13] Im Oktober 2008 waren noch rund 11.000 davon in Flüchtlingslagern.[14]

Die Nachrichtenagentur asianews meldete in November 2008, dass Hindu-Fundamentalisten in Orissa Belohnungen für Gewalt an Christen aussetzten; für die Ermordung von Geistlichen, seien demnach 250 Dollar Belohnung ausgesetzt worden, alternativ auch Lebensmitteln oder Benzin. Die indische Regierung setzte eine Spezialeinheit von Sicherheitskräften ein.[15]

Literatur

  • Norman C. Sargant: From Missions to Church in Karnataka, 1920 - 1950, The Christian Literature Society, Madras, Indien 1987
  • Paul D. Wiebe: Christians in Andhra Pradesh - The Mennonites of Mahbubnagar, Christian Institute for the Study of Religion and Society, Bangalore Series No. 17, The Christian Literature Society, Madras, Indian 1988

Einzelnachweise

  1. Alle Zahlen nach Census of India 2001: Population by religious communities.
  2. Die Lokalregierung von Orissa: The Orissa Freedom Of Religion Act, 1967 (PDF), gesehen 18. Oktober 2008.
  3. Ruben Banerjee STAINES' KILLING-Burning Shame In: India Today vom 8. Februar 1999.
  4. http://www.ndtv.com/article/india/supreme-court-modifies-words-in-graham-staines-case-order-81435
  5. Compass Direct News: India: Evidence Concocted Against Christians in Murder of Hindu Leader, gesehen 15. Oktober 2008.
  6. Kathnews vom 12. Oktober 2008: Papst betet für verfolgte Christen - Benedikt XVI. blickt mit Besorgnis auf den Irak und Indien., gesehen 15. Oktober 2008.
  7. Al Jazeera: More Indian police sent to Orissa, gesehen 22. Oktober 2008.
  8. Nirmala Carvalho Orissa pogroms: police clear Christians from the death of Hindu religious leader In: Asia News vom 11. Mai 2011.
  9. Hatz auf Christen in Indien: Ein Toter, 75 zerstörte Häuser. Die Presse.com, 26. September 2008
  10. http://www.msnbc.msn.com/id/27180256/ns/world_news-south_and_central_asia/t/india-church-flee-anti-christian-clashes/ - davon mindestens 39 offiziell anerkannt in Orissa, der Rest ausserhalb.
  11. BBC News: Arrests over India church attacks. 15. September 2008.
  12. http://www.indianexpress.com/news/It-s-still-religion--stupid/369086
  13. Geoff Tunnicliffe: WEA chief asks international community to share same concern for acts of aggression against all faiths. World Evangelical Alliance, 10. September 2010, archiviert vom Original am 11. September 2010, abgerufen am 11. September 2010 (englisch): „The International Director of the World Evangelical Alliance, Dr Geoff Tunnicliffe, has welcomed the unanimous condemnation of a Florida church’s plan to burn copies of the Koran, but asks that the same level of concern be shown when acts of aggression are committed against any faith.“
  14. http://www.ndtv.com/convergence/ndtv/story.aspx?id=NEWEN20080070449
  15. Indien: Kopfgeld auf Christen ausgesetzt., Radio Vatikan (asianews 23. November 2008 gs).

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Indien — भारत गणराज्य (Hindi) Bhārat Gaṇarājya Republic of India (engl.) Republik Indien …   Deutsch Wikipedia

  • Indien \(1526 bis 1857\): Von den Moguln zu den Briten —   Das Erbe des spätmittelalterlichen Militärfeudalismus   Nach der »klassischen« Zeit der Guptadynastie hatte sich in Indien ein System mittelalterlicher Regionalreiche ausgebildet. Diese hatten eine beschränkte Herrschaftsreichweite etwa im… …   Universal-Lexikon

  • Christentum in Japan — Das Christentum spielt in Japan eine untergeordnete Rolle, da die Vorstellung eines einzigen allmächtigen Gottes mit den traditionellen religiösen Konzepten schwer in Einklang zu bringen ist. Heute sind nur etwa 1 % aller Japaner, also rund… …   Deutsch Wikipedia

  • Christentum — Die Erde: regional vorherrschende Religionen. Länder, in denen das Christentum die vorherrschende Religion ist, sind violett (kath.), blau (prot.) oder rötlich (orth.) gekennzeichnet …   Deutsch Wikipedia

  • Indien — Ịn|di|en; s: Staat in Südasien. * * * Ịndi|en,     Kurzinformation:   Fläche: 3 287 263 km2   Einwohner: (2001) 1 027,02 Mio.   Hauptstadt: Neu Delhi (Delhi)   Amtssprache …   Universal-Lexikon

  • Christentum in Bhutan — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Das Christentum in Bhutan ist eine Minderheitenreligion im Lande.… …   Deutsch Wikipedia

  • Christentum in Oman — Das Christentum ist die Religion von 2,5 % der Bevölkerung in Oman, etwa 64.000 Menschen. Fast alle Christen kommen aus anderen Ländern. Davon sind die meisten aus den Philippinen, Indien oder westlichen Ländern. Es existieren 90 Gemeinden.… …   Deutsch Wikipedia

  • Christliche Mission in Indien — Die christliche Mission in Indien entwickelte sich parallel mit der Kolonialisierung durch die Portugiesen. Kolonialzeit Mit der päpstlichen Bulle Romanus Pontifex wurde den Portugiesen 1455 das Patronat für die Missionierung neuer Länder hinter… …   Deutsch Wikipedia

  • Evangelische St. Thomas-Kirche von Indien — Die Evangelische St. Thomas Kirche von Indien (STECI) ist eine protestantische, episkopale Kirche mit Sitz im Bundesstaat Kerala, Indien. Sie resultiert aus einem Schisma (Kirchenspaltung) innerhalb der Mar Thoma Kirche im Jahr 1961.… …   Deutsch Wikipedia

  • Josaphat von Indien — Der Hl. Josaphat predigt das Christentum. Griechische Handschrift aus dem 12. Jahrhundert Barlaam und Josaphat sind christliche Heilige. Kardinal Baronius nahm Josaphat 1590 in das Martyrologium romanum auf. Die Legende von Barlaam und Josaphat… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”