Schnitter-Brauerei

Schnitter-Brauerei

Die Schnitter-Brauerei war eine Brauerei in Weißwasser/Oberlausitz.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Die Entstehung von Brauereien in Weißwasser ist eng verbunden mit dem Aufstieg der Dörfer Weißwasser und Hermannsdorf zum einstig bedeutendsten Ort der Glasherstellung Europas. Aufgrund der Arbeitsbedingungen an heißen Glasöfen tranken die Glasmacher täglich literweise Bier während und auch nach der Arbeit. So entstanden unweit der vielen Glashütten und Gasthöfe kleinere Bierbrauereien, die ein spezielles, alkoholärmeres Glasmacherbier brauten, welches von den Einträgern - oft Kinder, Lehrlinge oder ungelernte Arbeiter - zu den Glasarbeitern gebracht wurde.

Die spätere Schnitter-Brauerei befand sich an der Muskauer und Görlitzer Straße und war nur eine von mehreren Brauereien in Weißwasser. Sie wurde im Jahr 1887 gegründet und wechselte in den über einhundert Jahren ihres Bestehens mehrfach den Besitzer und den Namen. Den Namen Schnitter-Brauerei trug die Brauerei nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Eingliederung in den „VEB Vereinigte Getränke-Betriebe Cottbus“.

Geschichte[1]

1886 wurde die „Brauerei Gustav Linke“ im damals so genannten Neu-Weißwasser, der Siedlung an der neuen Bahnstation zwischen Weißwasser und Hermannsdorf, gegründet. Aus den Erwägungen heraus, dass das Bier für die Glasmacher bislang aus Muskau hergeschafft werden musste und selten reichte, errichtete er im Hintergebäude seines Wohnhauses eine Bierbrauerei. Aus wirtschaftlichen und auch privaten Gründen verkauft er seine Brauerei bereits 1906 an Gregor Locke, der Betrieb firmierte fortan unter „Brauerei Linke, Inh. Gregor Locke“ und verkaufte sein Bier in dem ebenfalls ihm gehörigen benachbarten Gasthaus „Zum Kronprinzen“, welches er an den Gastwirt Wilhelm Neuling verpachtete. Aber auch er verkaufte die Brauerei bereits 1908 weiter an Hermann Vieluf, der sie in „Lagerbierbrauerei H. Vieluf“ umbenannte. Vieluf wird 1916 Vorstand der Genossenschaftsbrauerei in Weißwasser, die 1909 als „Genossenschaftsbrauerei eGmbH zu Weisswasser“ gegründet wurde. Mehrere ortsansässige Unternehmer kauften die Brauerei und gründeten eine Gesellschaft. Während des Ersten Weltkrieges wurde die seit 1890 in Weißwasser bestehende Brauerei von Ferdinand Adolphi, seit 1900 „Brauerei Hermann Merl“ aufgrund deren schlechter wirtschaftlicher Lage zugekauft, die sich an der Berliner Straße befand.

Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaftsbrauerei war der Lebensmittelhändler Hermann Albrecht, der sein Geschäft gegenüber der Brauerei betrieb. Vorstände waren der Zeitungsverleger Emil Hampel und der Klempnermeister Paul Cyrus, für den im folgenden Jahr Braumeister Hermann Vieluf in die Genossenschaft eintrat. Trotz großen finanziellen Erfolges – die Genossenschaftsbrauerei zahlte 15 Prozent Dividende – wurde die Brauerei 1921 an die Engelhardt – Brauerei AG Berlin verkauft und unter der Bezeichnung Engelhardt – Brauerei AG Berlin, Abteilung VII Weißwasser fortgeführt. Geschäftsführer wurde Diplombrauingenieur Otto Schnitter, nach dem das Weißwasseraner Bier benannt wird. Er war bereits seit 1918 Aktionär der zuvor genossenschaftlichen Vereinsbrauerei Cottbus[2].

Als 1935 Schnitter Teilhaber wurde, firmierte die Gesellschaft in „Engelhardt - Brauerei, Schnitter & Co. KG“ um. Die Brauerei war am 16. Juni 1945 die erste, die nach dem Kriege wieder Bier braute und auslieferte. Sie wurde 1946 umbenannt in „Schnitter Brauerei KG Weißwasser“. Nach wenigen Jahren beschäftigte sie bereits 54 Mitarbeiter. 1961 kooperierte die Brauerei mit der Parkbrauerei Bad Muskau, die die Erzeugung von alkoholfreien Getränken aufgenommen hat. In den beiden folgenden Jahren wurden in der Schnitter-Brauerei umfangreiche Rekonstruktionsmaßnahmen durchgeführt. Zu der Zeit wurden die Sorten Schnitter-Hell und 'Pilsner Bier hergestellt.

Im Zuge der Neuordnung der Industrie in der DDR wurde 1969 die „Schnitter - Brauerei Weisswasser“ Teil des „VEB Vereinigte Getränkebetriebe Cottbus, Betrieb Brauerei Weißwasser“. Mitte der 1970er Jahre wurde das länger lagerfähige Spezialbier Karat hergestellt. Seit 1975 handelte der Betrieb zusätzlich als Verleger unter VEB Landskron-Brauerei Görlitz im VE Getränkekombinat Dresden, VEB Getränke Weißwasser. In der Folgezeit wird der Betrieb mit anderen in den VEB Getränkekombinat Dessau eingegliedert. Mit der politischen Wende 1990 wurden die planwirtschaftlichen Strukturen aufgelöst und die Brauerei in die Brauerei Weisswasser GmbH umgewandelt. Es wurde ein Herren-Pils nach deutschem Reinheitsgebot hergestellt.

Nach der politischen Wende in der DDR wurde der Betrieb 1991 geschlossen. Von diesem Zeitpunkt an begann der Verfall der Anlagen und Gebäude. Bestrebungen, das Gelände mit einem großflächigen Handelszentrum zu beleben[3], scheiterten an den hohen Investitionskosten. Die Bewertung von Teilen der Anlage als zu bewahrendes Kulturdenkmal erschwerte Umnutzungsplanungen zusätzlich. Die Stadt erwarb das Grundstück, um es von den mittlerweile ruinösen Bauten zu beräumen und die Fläche im Sinne einer zielgerichteten Belebung der Innenstadt umgestalten zu können.[4]

Die entstandene Freifläche wurde Teil des Veranstaltungsraumes des Tages der Sachsen 2005 und ist bis heute unbebaut und ungenutzt.

Produkte

Sonstiges

Schnitter-PILS Weißwasser ist heute eine Marke der Bergquell-Brauerei Löbau GmbH[5]. Aus Anlass des Tages der Sachsen 2005 in Weißwasser wurde eine kleine Menge Schnitter-Bier gebraut und in Weißwasser verkauft[6].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lutz Stucka: Glas wird klarer – durch Biergenuss! Lausitzer Rundschau, 1. Februar 2003, abgerufen am 5. Oktober 2011.
  2. Stefan Meyer, Hans Dieter Kliesch und Christian Friedrich: "600 Jahre Cottbuser Bier". VEB Getränkekombinat Cottbus, Kombinatsdirektor Naumann. In: Biergeschichte in den Städten: Cottbus. www.pilsberatung.de, 1985, abgerufen am 5. Oktober 2011.
  3. Thoralf Schirmer: Schnitterbrauerei-Vertrag erhält Segen vom Stadtrat. Lausitzer Rundschau, lr-online.de, 25. Februar 2010, abgerufen am 5. Oktober 2011.
  4. Brachflächenrevitalisierung in Sachsen. Schnitterbrauerei:Aus für Hopfen und Malz. Sächsisches Staatsministerium des Innern (SMI), 31. März 2008, S. 30, abgerufen am 5. Oktober 2011 (PDF, 5MB, Mit Fotos vor dem Abriß).
  5. Schnitter-PILS Weißwasser. tmdb - Die Markensuchmaschine, 24. März 2006, abgerufen am 5. Oktober 2011.
  6. Thoralf Schirmer: Zum Tag der Sachsen wieder Schnitter-Pils. Lausitzer Rundschau, lr-online.de, 2. September 2005, abgerufen am 5. Oktober 2011.

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