Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch

Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch

Der Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich ist eine Arbeitsgruppe in Deutschland, die im März 2010 von der Bundesregierung initiiert wurde, um Möglichkeiten der Aufarbeitung, Verhaltensregeln und Lösungen im Umgang mit Kindesmissbrauch zu entwickeln: „Welche Art der Hilfe und Unterstützung benötigen die Opfer? Was ist zu tun, wenn Übergriffe geschehen sind? Welche Faktoren fördern Übergriffe auf Kinder und Jugendliche und wie lassen sich diese vermeiden?“

Zu den Anlässen zählten verschiedene Fälle sexuellen Missbrauchs in Bereich der römisch-katholischen Kirche und in Internaten wie der Odenwaldschule. Den Vorsitz teilen sich Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, Bundesbildungsministerin Annette Schavan und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Es sollen zwei Unterarbeitsgruppen gebildet werden. Zugleich wurde die frühere Familienministerin Christine Bergmann von der Bundesregierung zur unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung ernannt.

Inhaltsverzeichnis

Teilnehmer

Der Tisch tagt erstmals am 23. April 2010.[1][2] Eingeladen sind Schul- und Internatsträger, die katholische und evangelische Kirche, Familienverbände und Vertreter von Ländern und Kommunen.[3] Ferner zählen auch Mediziner und Vertreter von Lehrerverbänden zu den Eingeladenen.

Vorsitzende

  1. Kristina Schröder, MdB, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  2. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB, Bundesministerin der Justiz
  3. Annette Schavan, MdB, Bundesministerin für Bildung und Forschung

Weitere Mitglieder

  1. Christine Bergmann, Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs
  2. Antje Vollmer, Runder Tisch Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren
  3. Wolfgang Feuerhelm, Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung
  4. Heinz Hilgers, Deutscher Kinderschutzbund
  5. Monika Weber-Hornig, Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren
  6. Anne Lütkes, Deutsches Kinderhilfswerk
  7. Eva-Maria Nicolai, Bundesarbeitsgemeinschaft Feministischer Organisationen gegen Sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen
  8. Bruno W. Nikles, Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz
  9. Astrid Gutzeit, Arbeitskreis der Opferhilfen in Deutschland
  10. Jürgen Witt, Weisser Ring
  11. Michael Coester, Deutscher Familiengerichtstag
  12. Gudrun Doering-Striening, Deutscher Anwaltverein
  13. Christoph Frank, Deutscher Richterbund
  14. Alexander Ignor, Bundesrechtsanwaltskammer
  15. Klaus Tolksdorf, Bundesgerichtshof
  16. Elisabeth Bußmann, Familienbund der Katholiken
  17. Barbara König, Zukunftsforum Familie
  18. Thomas Mörsberger, Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht
  19. Albin Nees, Deutscher Familienverband
  20. Franz Resch, Deutsche Liga für das Kind
  21. Christel Riemann-Hanewinckel, Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen
  22. Edith Schwab, Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband
  23. Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg, Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
  24. Ingo-Rolf Weiss, Deutscher Olympischer Sportbund
  25. Konrad von der Beeke, Verband Katholischer Internate und Tagesinternate
  26. Michael Büchler, Verband deutscher Privatschulverbände
  27. Benjamin Frank Hilbert, Bundesschülerkonferenz
  28. Josef Kraus, Deutscher Lehrerverband
  29. Arnd Rutenbeck, Evangelische Internate in Deutschland
  30. Andreas Gehrke, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
  31. Hans-Peter Vogeler, Bundeselternrat
  32. Klaus Michael Beier, Charité – Universitätsmedizin Berlin Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin
  33. Jörg Fegert, Universitätsklinik Ulm – Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
  34. Wolfram Hartmann, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
  35. Frank Häßler, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
  36. Fredi Lang, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen
  37. Michael Osterheider, Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg
  38. Mechthild Wolff, Hochschule Landshut – Fakultät Soziale Arbeit
  39. Peter Mosser, Kontakt-, Informations-, Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller Gewalt, Kinderschutz
  40. Stephan Ackermann, Deutsche Bischofskonferenz
  41. Karl Jüsten, Deutsche Bischofskonferenz
  42. Stefan Dartmann, Deutsche Provinz der Jesuiten
  43. Bernhard Felmberg, Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland
  44. Jörg Uwe Hahn, MdL, Hessischer Minister der Justiz, für Integration und Europa
  45. Angela Kolb, Ministerin der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt
  46. Beate Merk, MdL, Bayerische Staatsministerin der Justiz und für Verbraucherschutz
  47. Manuela Schwesig, Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz
  48. Dietrich Wersich, Jugend- und Familienministerkonferenz
  49. Ludwig Spaenle, MdL, Präsident der Kultusministerkonferenz
  50. Verena Göppert, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
  51. Siegfried Kauder, MdB, Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages
  52. Sibylle Laurischk, MdB, Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages
  53. Ulla Burchardt, MdB, Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages
  54. Ingrid Fischbach, MdB, Bundestagsfraktion CDU/CSU
  55. Marlene Rupprecht, MdB, Bundestagsfraktion SPD
  56. Christian Ahrendt, MdB, Bundestagsfraktion FDP
  57. Diana Golze, MdB, Bundestagsfraktion DIE LINKE
  58. Ekin Deligöz, MdB, Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kritik

Im März und April 2010 wurde einige Kritik gegenüber dem Runden Tisch geübt. Wolfgang Donsbach kritisierte: „Ich halte es nicht für ein Thema der Bundespolitik. (...) Man will möglicherweise ein wenig das Feuer austreten, indem man zeigt, man kümmert sich.“ [2] Noch deutlicher kritisierte Renate Künast: „Der Runde Tisch ist definitiv nicht die Lösung. Das ist eine Verkleisterung, geboren aus dem Bestreben Angela Merkels, ein Deckmäntelchen der Nächstenliebe über die katholische Kirche zu legen.“ Künast verlangte „eine unabhängige Kommission des Bundestags und ein Entschädigungsfonds“.[4] Georg Ehrmann, Deutsche Kinderhilfe warnte: „Der Runde Tisch darf nicht dazu führen, dass notwendige Schritte unterlassen werden. Die traurige Geschichte des Runden Tisches gegen Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen ... hat gezeigt, dass Runde Tische auch dazu dienen, Druck aus einer öffentlichen Debatte zu nehmen. Dies darf bei der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung der sexualisierten Gewalt gegen Kinder nicht geschehen.“[5] Ursula Enders, die Leiterin von Gründerin von Zartbitter, sieht im Runden Tisch „einen hilflosen Versuch“.[6] Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, sagte: „Mir dauert das viel zu lange“, er befürchte, dass das Thema wieder von der Tagesordnung der Öffentlichkeit verschwinde.[7] Norbert Denef, Sprecher von netzwerkB, fordert, dass auch „Vertreter der Opfer zum ‚Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch eingeladen werden“. [8][9] Denef führte im März 2011 bezüglich der Entschädigungsfrage für Opfer aus:[10] „Zu den Folgen muss man auch rechnen, wie sich das Leben und der berufliche Werdegang hätte entwickeln können, wenn sie kein Trauma durchlitten hätten. (...) Es kann doch nicht sein, dass hier in einer der reichsten Industrienationen der Welt ein Mensch weniger wert ist als zum Beispiel eine Maschine in einer Fabrik. Eine Entschädigung in Deutschland muss unbedingt an internationale Maßstäbe wie in den USA angepasst werden.“

Auf der Vorstellung des Abschlussberichts von Frau Dr. Bergmann auf der Opferschutzkonferenz in Schwerin am 25. Mai 2011 kritisierten Vertreter der Betroffenen, dass Opfer nicht ausreichend beteiligt wurden.[11]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Runder Tisch gegen Kindesmissbrauch. Pressemitteilung der Bundesregierung, 24. März 2010 (online)
  2. a b Rieke Havertz: Rumsitzen gegen Missbrauch. In: news.de, 24. März 2010 (online)
  3. Runder Tisch zu Kindesmissbrauch am 23. April. In: N24, 8. März 2010 (online)
  4. Künast nennt Runden Tisch zu Missbrauchsfällen „Verkleisterung“. In: Zeitong.de, 3. April 2010 (online)
  5. Deutsche Kinderhilfe: Zur Einberufung des Runden Tisches und Vorstellung der Missbrauchsbeauftragten Bundesministerin a.D. Frau Dr. Bergmann - Gesetzgeberischer Handlungsauftrag schon jetzt gegeben. 24. März 2010 (online)
  6. Runder Tisch gegen Missbrauch ist „ein hilfloser Versuch“. In: Deutschlandfunk, 15. März 2010 (online)
  7. Kampf gegen sexuellen Missbrauch. Grüne und Kinderschutzbund kritisieren Runden Tisch. In: Spiegel online, 24. April 2010 (online)
  8. Betroffene fehlen am „Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch“ – netzwerkB kritisiert. Pressemitteilung vom 14. April 2010 (online)
  9. Schreiben an Frau Leitheusser-Schnarrenberger vom 9. Juni 2010 (online)
  10. Sexualisierte Gewalt: „Wir sprechen über ein Massenverbrechen“. In: gulli.com, 14. März 2011 (online)
  11. ARD, Brisant, 25. Mai 2011 (online)

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