Rugby Union in Polen

Rugby Union in Polen

Rugby Union zählt neben Fußball, Handball, Basketball und Eishockey zu den beliebtesten Mannschaftssportarten in Polen. Der Anfang des 19. Jahrhunderts erfundene Rugbysport wird dort allerdings erst seit 1921 praktiziert. Die polnische Nationalmannschaft zählt derzeit weltweit zur dritten Stärkeklasse und spielt in der Division 1B des European Nations Cup. Die höchste Spielklasse Polens ist die seit 1957 organisierte Ekstraliga.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte bis zur Einführung in Polen

1823 wurde der Legende nach von William Webb Ellis in der englischen Stadt Rugby das gleichnamige Spiel erfunden, welches auf den frühen Regeln des Fußballs basierte, allerdings das Spielen mit der Hand erlaubte. Der heute verwendete ovale Ball, der das Tragen eng am Körper erleichtert, wurde erstmals 1851 vom Schuhhersteller William Gilbert angefertigt. Eine klare Trennung zwischen Fußball und Rugby erfolgte erst 1863. Ab 1871 wurden schließlich die Regeln im Rugby von der frisch gegründeten Rugby Football Union standardisiert. Für weitere Informationen zur Geschichte siehe Rugby.

Laut Aussagen verschiedener Zeitzeugen soll der Architekt Henryk Józef Sienkiewicz, Sohn des Nobelpreisträgers und Autors Henryk Sienkiewicz, als erster Pole während eines mehrjährigen Aufenthaltes in Frankreich mit dem Rugbysport in Berührung gekommen sein. In Paris spielte er als Zweite-Reihe-Stürmer für die Pariser Rugbyvereine Stade Français und Racing Club de France.

Entwicklung bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges

Nach Polen brachten den Rugbysport nach Ende des Ersten Weltkrieges französische Soldaten. 1921 gründete der Franzose Louis Amblart schließlich in Warschau den Rugbyverein Orzeł Biały (dt. Weißer Adler), der im selben Jahr in Lemberg das erste offizielle Spiel gegen eine andere Mannschaft austrug. Ein Jahr später besaß der Rugbyverein bereits zwei Mannschaften mit je 15 Spielern. Nach und nach bildeten sich in den 1920er Jahren in Polen weitere Rugbyvereine, vorzugsweise innerhalb des militärischen oder akademischen Milieus und vor allem in Warschau, allerdings auch in den Städten Posen, Płock und Kattowitz. 1924 fand schließlich zwischen Orzeł Biały und dem rumänischen Nationalkader das erste internationale Rugbyspiel statt, welches die Mannschaft aus Warschau mit 0:46 verlor.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges

Bereits Anfang der 1930er Jahre war das Interesse am Rugbysport innerhalb Polens stark zurück gegangen. Während dem Zweiten Weltkrieg herrschte zudem überhaupt kein Spielbetrieb mehr. Erst 1955 kehrte der Rugbysport nach Polen zurück und wurde dank einer Initiative des staatlichen Komitees für Kultur und Sport zu einer offiziell geförderten Sportdisziplin Volksrepublik Polen erklärt.

1956 gründeten sich erneut zahlreiche Vereine und erste offizielle Spiele wurden organisiert. Dazu gehörte 1957 die Austragung der ersten polnischen Meisterschaft, deren erster Sieger der AZS Warschau wurde. Ebenfalls in Warschau wurde an der dortigen Sporthochschule eine eigene Abteilung für Rugby etabliert. 1958 trat die neu gebildete polnische Nationalmannschaft erstmals in einem Länderspiel auf. Vor 3.000 Zuschauern gewannen die Polen in Łódź gegen den Nationalkader der DDR mit 9:8.

Heutige Entwicklung

Heute gibt es in Polen etwa 75 Rugbyvereine, die einen regelmäßigen Spielbetrieb, bzw. die Teilnahme an einer der verschiedenen Ligen vorweisen können. Das Ligasystem ist in zwei überregionale, vier regionale und mehrere studentische Spielklassen unterteilt. In der höchsten Spielklasse, der Ekstraliga, spielen derzeit acht Mannschaften um die polnische Meisterschaft. Die Hochburg des polnischen Rugby ist der Danziger Ballungsraum, der von drei Vereinen in der Ekstraliga vertreten wird. Rekordtitelträger der Ekstraklasa ist mit 16 gewonnenen Meisterschaften der AZS Warschau, gefolgt vom RC Lechia Danzig mit zehn Titeln.

Neben dem Ligabetrieb wird seit 1974 auch eine Pokalmeisterschaft unter allen Rugbyvereinen Polens ausgetragen. Elfmaliger Rekordtitelträger ist hier der RC Lechia Danzig, gefolgt vom MKS Ogniwo Sopot mit neun Pokalsiegen.

Obwohl die polnische Rugbynationalmannschaft international wenig erfolgreich ist, wächst die Beliebtheit des Sports seit Ende der 1950er Jahre innerhalb Polens kontinuierlich. 1968 kamen zu einem Länderspiel im Warschauer Zehnjahresstadion zwischen Polen und Frankreich beispielsweise rund 100.000 Besucher. Heute sind durchschnittlich zwischen 5.000 und 30.000 Gäste bei Länderspielen anwesend. Partien zwischen den Mannschaften der Ekstraklasa werden zudem im regionalen rechtlich-öffentlichen Fernsehen und einigen privaten Sportsendern übertragen. Sämtliche Spiele von größerer Bedeutung finden generell in Multifunktions- oder Fußballstadien statt. Seit Anfang 2010 existiert allerdings auf dem Gelände des RC Arka Gdynia ein reines Rugbystadion mit einer Kapazität von etwa 2.500 Sitzplätzen und weiteren Stehplätzen.

Eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Rugby innerhalb Polens spielt auch die Rolle seiner Spieler. Viele Rugbytalente Polens spielen in den Ligen Frankreichs, wo Rugby neben Fußball die beliebteste Sportart darstellt und optimale Möglichkeiten für die Ausbildung der jungen Sportler bietet. Auch wurden in den vergangenen Jahren viele polnischstämmige Spieler aus Frankreich nach Polen geworben, um etwa in der polnischen Nationalmannschaft zu spielen. Weiterhin pflegen viele andere Rugbyprofis aus Frankreich oder anderen Staaten Kontakte zur Rugbyszene in Polen. Professionelle Rugbyspieler mit polnischen Wurzeln sind etwa die in und für Frankreich spielenden Dimitri Szarzewski, Romain Millo-Chluski und Frédéric Michalak, sowie der südafrikanische Nationalspieler Ryan Kankowski.

Weblinks

Siehe auch

Quellen

  • Powała-Niedźwiecki, Maciej: ABC Kibica Rugby, Warschau 1997

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