Robert Reich (Filmschaffender)

Robert Reich (Filmschaffender)

Robert Reich (* 18. Juni 1882 in Prag; † im Mai 1944 in KZ Auschwitz-Birkenau) war ein böhmisch-stämmiger österreichischer Filmschaffender (Filmmanager, Kameramann, Regisseur, Produzent, Produktionsleiter, Drehbuchautor, Filmarchitekt), Publizist und Verbandsfunktionär.

Inhaltsverzeichnis

Arbeit in der Filmindustrie

Reich war kurz vor der Jahrhundertwende von Prag nach Wien gekommen, wo er die Bürger- und Handelsschule besuchte. Nach mehreren Jahren als Angestellter und Schriftleiter bei einem Modejournal knüpfte Reich 1909 erstmals Kontakt zum Film, als man ihn als Reklamechef des Wiener Apollo-Kinos einstellte. 1912 holte ihn der nachmals mächtigste Filmproduzent des Landes, Alexander Graf Kolowrat, zu sich und seiner Produktionsfirma Sascha-Film. Während des Ersten Weltkrieges war Reich als Kameramann bei einer Fliegereinheit in Wiener Neustadt und beim k.u.k.-Kriegspressequartier eingesetzt.

1920 gründete er den Österreichischen Filmdienst, den er bis zur Auflösung 1925 leitete. Anschließend, bis 1928, wurde der gebürtige Prager zum Geschäftsführer der „Listo Filmfabrik Adolf Ambor“ berufen. Zwischenzeitlich hatte Reich seine ersten praktischen Erfahrungen als Filmarchitekt („Kleider machen Leute“) und Drehbuchautor („Die Ehe einer Nacht“) gesammelt. Mit Anbruch der Tonfilm-Ära gründete er erneut eine eigene Firma, die „Österreichische Werbefilm Gesellschaft Reich & Co.“, mit der er eine Reihe von Kurzfilmen herstellte. Zeitgleich (1931) führte Robert Reich überdies auch Langfilm-Regie, beim Volksstück „Wiener Zauberklänge“ und beim Aufklärungsfilm „Von Mitternacht zu Mitternacht“, einer Auftragsproduktion der 'Österreichischen Zentralstelle für Unfallverhütung'. 1933/34 inszenierte er zwei heitere Kurzfilme mit Hans Moser. Seine letzte praktische Filmfunktion war 1936 die eines Produktionsleiter für die Opus-Film bei der Liebes- und Verwechslungskomödie „Fräulein Lilly“.

In jenen Jahren kam Reich in erster Linie seinen diversen Verpflichtungen als Verbandsfunktionär nach. Bereits zu Beginn der 1920er Jahre gehörte Reich dem Vorstand des Gesamtverbandes der österreichischen Filmindustrie an und fungierte von 1933 bis 1938 überdies als dessen Geschäftsführer. Außerdem war er Mitglied des staatlichen Filmbeirates und der Zensurstelle der Stadt Wien.

Isolation, Haftstrafen und Deportationen während der NS-Diktatur

Nach dem „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich im März 1938 verlor der jüdische Filmkaufmann rasch all seine Posten und durfte auch als Produzent nicht mehr weiterarbeiten. Ein Ausreiseversuch nach Jugoslawien Anfang 1940 misslang, im September desselben Jahres wurde Reich wegen angeblicher Devisenvergehen verhaftet und zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Entlassung (Juli 1941) verhaftete die Gestapo Robert Reich am 2. September 1941. Der Vorwurf diesmal: Abhören feindlicher Rundfunksender und Verbreiten ausländischer Nachrichteninformationen. Für dieses „Vergehen“ erhielt er am 28. März 1942 eine fünfmonatige Gefängnisstrafe.

Am 5. Januar 1943 deportierten deutsche Stellen Robert Reich in das Ghetto Theresienstadt. Am 18. Mai 1944 ordnete die dortige Lagerleitung im Rahmen einer, wie es zynisch hieß, „Verschönerungs- und Entvölkerungsmaßname“ Theresienstadts seine Verlegung nach Auschwitz an, wo Reich vermutlich kurz nach seiner Ankunft vergast wurde.

Filme

  • 1913: Wie Ninette zu ihrem Ausgang kam (Drehbuch)
  • 1921: Kleider machen Leute (Filmbauten)
  • 1927: Die Ehe einer Nacht (Drehbuchmitarbeit)
  • 1930: Wien (Dokumentarfilm-Regie)
  • 1931: Wiener Zauberklänge (Spielfilmregie, Drehbuchmitarbeit)
  • 1931: Von Mitternacht zu Mitternacht (Spielfilmregie)
  • 1933/34: Das hohe C (Kurzspielfilm-Regie)
  • 1934: Mayer beim Zahnarzt (Kurzspielfilm-Regie)
  • 1936: Fräulein Lilly (Produktionsleitung)

Literatur


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Robert Reich — ist der Name folgender Personen: Robert Reich (Filmschaffender) (1882−1944), österreichischer Filmschaffender, Publizist und Verbandsfunktionär Robert B. Reich (* 1946), amerikanischer Politiker und Hochschullehrer Diese Seite ist eine …   Deutsch Wikipedia

  • Reich (Familienname) — Reich ist ein Familienname. Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des frühen österreichischen Tonfilms — Der frühe österreichische Tonfilm beginnt mit der Produktion des ersten Tonfilms „G schichten aus der Steiermark“ im Jahre 1929. Bis in die 1950er hinein entwickelte sich der österreichische Lustspiel und Musikfilm, der eine Reihe neuer Filmstars …   Deutsch Wikipedia

  • Psycho (Film) — Filmdaten Deutscher Titel: Psycho Originaltitel: Psycho Produktionsland: USA Erscheinungsjahr: 1960 Länge: 109 Minuten Originalsprache: Englisch …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Gustav Vollmoeller — Karl Vollmoeller (eigentlich Karl Gustav Vollmöller; * 7. Mai 1878 in Stuttgart; † 18. Oktober 1948 in Los Angeles) war ein deutscher Archäologe, Philologe, Lyriker, Dramatiker, Schriftsteller, Drehbuchautor, Übersetzer, Pionier des Automobilbaus …   Deutsch Wikipedia

  • Deutscher Film — Die deutsche Filmgeschichte ist Teil der internationalen Filmkultur. Sie reicht von technischen Pioniertaten über die frühen Kinokunstwerke des Stummfilms bis zu nationalsozialistischen Hetzstreifen, unverfänglichen Heimatfilmen und zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Nekrolog 1991 — Nekrolog ◄ | 1987 | 1988 | 1989 | 1990 | 1991 | 1992 | 1993 | 1994 | 1995 | ► | ►► Weitere Ereignisse | Nekrolog (Tiere) | Filmjahr 1991 Dies ist eine Liste im Jahr 1991 verstorbener… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des österreichischen Stummfilms — Die Geschichte des österreichischen Stummfilms ist eine in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche. Nach der Präsentation des ersten Cinématographeen in Wien durch die Brüder Lumière im Jahre 1896 (siehe auch: Österreichische Kinogeschichte) dauerte es… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Wiener Persönlichkeiten — Bekannte Wiener Persönlichkeiten A Carlo Abarth, in Italien lebender österreichischer Automobilrennfahrer und Tuner Emil Abel, Chemiker Othenio Abel, Paläontologe und Evolutionsbiologe Walter Abish, US amerikanischer Schriftsteller Kurt Absolon,… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des österreichischen Films seit 1955 — Die Geschichte des österreichischen Films der Nachkriegsära beginnt mit der Besetzung Österreichs durch die vier Alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich. Die späten 1950er Jahre brachten mit …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”