Rikken Minseitō

Rikken Minseitō
Parteizentrale der Rikken Minseitō um 1930 im Tokioter Stadtbezirk Shiba.

Die Rikken Minseitō (jap. 立憲民政党, dt. etwa „Konstitutionell-Demokratische Partei“), meist zu Minseitō abgekürzt, war eine 1927 gegründete politische Partei in Japan und neben der Rikken Seiyūkai eine von zwei großen Parteien der unmittelbaren Vorkriegszeit und der ersten Kriegsjahre.

Die Minseitō entstand im Juni 1927 durch den Zusammenschluss des Kenseikai von Wakatsuki Reijirō und der Seiyū Hontō von Tokonaka Takejirō. Wakatsukis erstes Kabinett war im April 1927 zurückgetreten, nachdem der Kronrat seine Pläne zur Bankenrettung (Taiwan-Bank) abgelehnt hatte. Sein Nachfolger wurde Tanaka Giichi (Seiyūkai), der sich nicht auf eine Mehrheit im Shūgiin, dem Unterhaus des Reichstages stützen konnte, da das Seiyūkai bei der Wahl 1924 auf 100 Mandate abgestürzt war. Um die Opposition gegen Tanaka zu bündeln, schlossen sich Kenseikai und die Seiyū Hontō, die Tokonaka 1924 aus dem Seiyūkai geführt hatte, zusammen. Parteivorsitzender (sōsai) wurde der ehemalige Innen- und Finanzminister Hamaguchi Osachi, Generalsekretär der Abgeordnete Sakurauchi Yukio, Wakatsuki und Tokonaka wurden zwei von vier „Beratern“ (komon) im Parteivorstand.

Die Minseitō verstand sich als liberal, stützte sich vor allem auf städtische Wähler und Unterstützung aus der Wirtschaft. Sie verfolgte eine auf Ausgleich ausgerichtete Außenpolitik, die nach Außenminister Shidehara Kijūrō benannte Shidehara-Diplomatie, die im Gegensatz zur aggressiveren „Tanaka-Diplomatie“ stand.

Bei der Unterhauswahl im Februar 1928 wurde das entstandene Zweiparteiensystem bestätigt: Von den 466 Sitzen erhielt das Seiyūkai 218, die Minseitō 216. Im gleichen Jahr geriet Tanaka wegen der Expansionspolitik in China unter Druck und musste 1929 in der Folge des Attentats auf Zhang Zuolin durch die Kantō-Armee zurücktreten. Im Juli 1929 wurde Hamaguchi zum Premierminister ernannt. Bei Neuwahlen im Februar 1930 gewann die Minseitō 273 Sitze und eine klare Mehrheit im Shūgiin. Als Regierungspartei unterstützte die Minseitō die Wiederaufnahme der „Shidehara-Diplomatie“ und ratifizierte 1930 gegen großen innenpolitischen Widerstand den Londoner Flottenvertrag. Wirtschaftspolitisch wirkten sich Hamaguchis Sparpolitik und die Bindung des Yen an den Goldstandard verheerend aus und verstärkten die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise.

1931 trat das Kabinett des nach dem Attentatsversuch gesundheitlich angeschlagenen Hamaguchi zurück, Wakatsuki wurde Premierminister, konnte die innenpolitische Lage aber nicht mehr unter Kontrolle bringen. Beginnend mit dem „Mandschurischen Zwischenfall“ entglitt den zivilen Parteipolitikern der Einfluss auf die Geschicke des Landes, und im Dezember 1931 endete die Regierungszeit der Minseitō mit dem Rücktritt Wakatsukis.

Bei der Shūgiin-Wahl 1932 fiel die Minseitō auf 146 Sitze zurück. Und trotz ihrer Unterstützung der „Kabinette der nationalen Einheit“ von Admiral Vizegraf Saitō Makoto und Admiral Okada Keisuke und Kompromissen mit dem Militär schwand ihr Einfluss. Zwar konnte sie unter dem Vorsitz von Machida Chūji (ab 1934 kommissarisch, ab 1935 Vorsitzender) bei den Vorkriegswahlen von 1936 und 1937 wieder stärkste Partei im Unterhaus werden, hatte dem Aufstieg des Militärs aber nichts mehr entgegenzusetzen.

1940 löste sich die Minseitō sich auf und ging im Taisei Yokusankai auf.[1]

Viele Minseitō-Politiker kollaborierten mit dem Taisei Yokusankai, weshalb sie nach Kriegsende 1945 von den Besatzungsbehörden (SCAP/GHQ) mit Ämterverbot belegt wurden. In Anknüpfung an die Minseitō entstand 1945 die Fortschrittspartei Japans, Nihon Shimpotō, unter Machidas Vorsitz, ein indirekter Vorläufer der Liberaldemokratischen Partei.

Einzelnachweise

  1. Janet Hunter (Hrsg.): Concise Dictionary of Modern Japanese History, University of California Press, Berkeley 1984, S. 131
Japanische Namensreihenfolge Japanischer Name: Wie in Japan üblich, steht in diesem Artikel der Familienname vor dem Vornamen. Somit ist Wakatsuki der Familienname, Reijirō der Vorname.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rikken Minseitō — 立憲民政党 Leader Osachi Hamaguchi Wakatsuki Reijirō Founded June 1, 1927 (1927 06 01) Dissolved August 15, 1940 …   Wikipedia

  • Rikken Minseito — Le Rikken Minseitō (Parti Démocratique Constitutionnel) (立憲民政党, Rikken Minseitō?) est l un des pricipaux partis politiques du Japon d avant guerre, aussi appelé simplement Minseito. Le Minseitō fut fondé en juillet 1929, par le premier ministre… …   Wikipédia en Français

  • Rikken Minseito — nihongo|Rikken Minseitō (Constitutional Democratic Party)|立憲民政党| Rikken Minseitō was one of the main political parties in pre war Japan. It was also known as simply the ‘Minseitō’.The Minseitō was founded on 1 June 1927, by the merger of the… …   Wikipedia

  • Minseito — is the name for two Japanese political parties: Rikken Minseito, an important party in pre World War II Japan (1927–1940) Good Governance Party, a reformist party that existed a few months in 1998 This disambiguation page lists articles… …   Wikipedia

  • Rikken Seiyūkai — 立憲政友会 Rikken Seiyūkai Présentation Fondation 15 septembre 1900 Disparition 16 et le 30 juillet 1940 (rejoint le Taisei Yokusankai) Anciens présidents Hirobumi Itō …   Wikipédia en Français

  • Rikken Seiyūkai — nihongo| Rikken Seiyūkai (Friends of Constitutional Government) |立憲政友会| Rikken Seiyūkai was one of the main political parties in pre war Japan. It was also known simply as the ‘Seiyūkai’.Founded in September 1900 by Itō Hirobumi, the Seiyūkai was …   Wikipedia

  • Rikken Seiyūkai — El Rikken Seiyūkai (立憲政友会, Rikken Seiyūkai? Amigos del Gobierno Constitucional) fue uno de los principales partidos políticos de Japón en el Periodo Preguerra. Fue también conocido como Seiyūkai. Historia Fue fundado en septiembre de …   Wikipedia Español

  • Minseitō — El Minseitō (民政党, Minseitō? ”Partido del Gobierno Civil” o “Partido del Buen Gobierno”) fue un partido político japonés que tuvo una existencia efímera en 1998. Fue un partido centrista y reformista surgido de la unión de pequeños partidos en… …   Wikipedia Español

  • Minseito — Die Minseitō (jap. 民政党. Minseitō) war eine Politische Partei Japans von nur kurzer Lebensdauer im Jahre 1998. Sie war eine zentristische, reformistischen Partei, die sich bereits im Jahre ihrer Entstehung im April 1998 mit anderen Parteien zur… …   Deutsch Wikipedia

  • Minseitō — Die Minseitō (jap. 民政党, Minseitō) war eine Politische Partei Japans von nur kurzer Lebensdauer im Jahre 1998. Sie war eine zentristische, reformistischen Partei, die sich bereits im Jahre ihrer Entstehung im April 1998 mit anderen Parteien zur… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”