Chivas de Guadalajara

Chivas de Guadalajara
Deportivo Guadalajara
Vereinslogo
Voller Name Club Deportivo
Guadalajara S.A. de C.V.
Gegründet 8. Mai 1906
Stadion Estadio Jalisco
Plätze 56.713
Präsident Jorge Vergara
Trainer ]
Liga Primera División, Mexiko
Apertura 2006 1., Play-Offs
Trikotfarben
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Heim
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Auswärts

Der Club Deportivo Guadalajara (zu Deutsch: Sportverein Guadalajara), auch Chivas de Guadalajara genannt, ist ein mexikanischer Profifußballverein aus der Stadt Guadalajara, 500 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Mexiko-Stadt. Die Vereinsfarben sind Rot-Weiß-Blau.

Der Fußballverein Guadalajara spielt in der ersten Liga, der Primera División von México. Der große Rivale in der Liga ist der Club América. Das Spiel gegen den Kontrahenten ist das nationale Derby, ähnlich wie zwischen Boca Juniors und River Plate in Argentinien, Real Madrid und Barcelona in Spanien oder Celtic Glasgow und Glasgow Rangers in Schottland.

Beim Konföderationen-Pokal 2005 stellte der Verein die meisten Nationalspieler.

In den Jahren 1957, 1959, 1960, 1961, 1962, 1964, 1965, 1970, 1987, 1997 und zuletzt 2006 gewann der Verein die Meisterschaft von Mexiko insgesamt elfmal und ist somit Rekordmeister der 1943/44 eingeführten Profiliga. Dagegen konnte der nationale Pokalwettbewerb, die Copa México, erst zweimal gewonnen werden: 1963 und 1970. Die größten Erfolge auf internationaler Ebene waren der Gewinn des CONCACAF Champions Cup 1962 (der in jenem Jahr zum ersten Mal ausgespielt wurde) sowie die Halbfinalteilnahmen um die Copa Libertadores in den Jahren 2005 und 2006 und um die Copa Sudamericana 2008.

Inhaltsverzeichnis

Die frühen Jahre des Club Deportivo Guadalajara

Frühes Vereinslogo. [1]

Im Jahr 1906 gründeten Mexikaner gemeinsam mit belgischen und französischen Immigranten einen Fußballverein mit dem Namen Club Unión. Der Name wurde von der Avenida Unión übernommen; einer Straße, an deren Kreuzung zur benachbarten Avenida Bosque (heute José Guadalupe Zuno Hernandez) sich damals eine unbebaute Fläche befand, auf der das erste Spiel des noch jungen Vereins ausgetragen wurde.

Über die Jahrzehnte hinweg hat sich die Version durchgesetzt, wonach die Initiative zur Gründung von dem Belgier Edgar Everaert ausging, der am 15. September 1904 nach Guadalajara gekommen war, um hier sein Unternehmen L. Gas y Compania zu betreiben. Der in Brügge geborene Everaert war bereits in seiner Kindheit mit dem runden Leder in Berührung gekommen.

Dagegen besagen die Aufzeichnungen von Gabriel Orozco, dass der Club Unión auf Bestreben seines Vaters, Gregorio Orozco, gegründet wurde.[2] Unter jenen, die sich seinem Projekt anschlossen, befand sich auch Edgar Everaert, ein unermüdlich Reisender, einige Franzosen, ein Österreicher und mehrere Bewohner von Mexicaltzingo, einem hauptsächlich von Arbeitern bewohnten Viertel im Süden von Guadalajara.

Gregorio Orozco wurde am 17. Juli 1889 geboren. Den Fußball lernte er durch die Lektüre europäischer Zeitungen kennen. Schnell entflammte in ihm eine Leidenschaft für diesen Sport und er verstand es, seine Faszination auf die einfachen Leute der Colonia Moderna zu übertragen, von denen er einige für sein Projekt gewinnen konnte. Dank der Unterstützung von Edgar Everaert importierte man Bälle und Schuhe aus England und das offizielle Regelwerk aus Paris.

Im Jahr 1908 regte Everaert an, dass der Verein seinen Namen nach europäischem Vorbild ändern solle, wo sich die Gewohnheit durchgesetzt hatte, Fußballvereinen den Namen ihrer Stadt oder ihres Viertels zu geben. Diese Maßnahme diente in erster Linie dazu, ein Gefühl der Verwurzelung und der Zugehörigkeit zu schaffen und ein Publikum zu gewinnen, das sich mit dem Heimatverein seiner Stadt identifizierte. So kam es schließlich zur Umbenennung noch im selben Jahr.[3] Was jedoch beibehalten wurde, waren die ursprünglichen Farben des Vereins: die rot-weiß gestreiften Trikots und die blauen Hosen. Die Vereinschronik berichtet, dass die Farben rot, weiß und blau bei der Vereinsgründung von der seinerzeit recht großen Fraktion der französischen Mitbegründer nach den Nationalfarben ihres Heimatlandes ausgewählt wurden. Eine anders lautende Meinung vertritt jedoch die Ansicht, dass die Farben des Stadtwappens von Brügge, der Heimat Everaerts, als Vorbild galten.

Der neue Sport wurde von den Jugendlichen des Viertels schnell angenommen, so dass die Zahl der Mitstreiter rasant wuchs. Bis zum Jahr 1915 blieb Guadalajara unter Führung der Familie Orozco. Erster Vereinspräsident war Rafael Orozco und 1912 ging das Amt auf seinen Bruder Gregorio Orozco über.

Erstmals in der Saison 1908/09 wurde die Staatsmeisterschaft Liga de Occidente ausgetragen, so dass Guadalajara sich schon früh mit anderen Mannschaften der Region unter Wettbewerbsbedingungen messen konnte. Der erste ernstzunehmende Rivale war die Mannschaft des Liceo de Varones, mit der man sich sämtliche Titel bis einschließlich 1913/14 teilte. Beide Teams waren in diesen sechs Jahren je dreimal erfolgreich.

Die regionale Rivalität zwischen Chivas Guadalajara und dem Club Atlas

1916 kamen im Hause der Familie Orendáin, das sich in dem südöstlich von Guadalajara gelegenen Vorort San Pedro Tlaquepaque befand, einige Jugendliche zusammen, die kürzlich vom Studium in England zurückgekehrt waren, wo sie mit dem Fußball in Berührung gekommen waren. Dieses Treffen gilt als die Geburtsstunde des Club Atlas.

In der Vereinschronik zum hundertjährigen Bestehen des Club Deportivo Guadalajara[4] wird die ewige Rivalität der beiden Vereine wie folgt geschildert: Zwei gegenüber liegende Pole - auf der einen Seite Guadalajara, das die Arbeiterklasse hinter sich versammelte; auf der anderen Seite Atlas, das sich im Bunde mit einer Aristokratie befand, die sich weigerte, ihre Privilegien aufzugeben.

In einem Turnier des Jahres 1916 standen sich Guadalajara und Atlas zum ersten Mal gegenüber. Bereits die erste Begegnung verriet den unterschiedlichen Grundcharakter der beiden Teams – und die gesellschaftliche Begünstigung, die Atlas in jenen Tagen erhielt. Auch der Schiedsrichter des ersten Derbys, Justo Garcia Godoy, war hiervon nicht ausgenommen und ließ nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen, dass er Atlas zugeneigt war. Atlas gewann das erste Derby mit 2:1 gegen Chivas. Aufgrund der skandalösen Schiedsrichterleistungen weigerte sich Chivas, am Turnier der Spielzeit 1917/18 teilzunehmen. Der Grundstein für eine erbitterte und noch heute bestehende Rivalität war gelegt. Zumal Atlas dem Club Deportivo seine bisherige Vormachtstellung streitig machte und zwischen 1918 und 1921 viermal in Folge zu Meisterehren kam.

Eines der denkwürdigsten Derbys zwischen Atlas und Deportivo fand am 29. Januar 1922 im Parque El Paradero, der seinerzeitigen Heimspielstätte von Atlas, statt. Während des Spiels war es zu Tumulten zwischen den beiden Anhängerschaften gekommen, die beinahe zu einem Spielabbruch geführt hätten.

In den 1920er und 1930er Jahren fiel Atlas ein wenig zurück und drohte den Anschluss zu verlieren, während der Club Nacional zum neuen Hauptrivalen von Chivas in der Stadt Guadalajara erwuchs. Doch Atlas erholte sich gerade noch rechtzeitig genug, um zusammen mit Chivas als eines von zwei Gründungsmitgliedern aus der Stadt Guadalajara in die 1943 neu eingeführte Profiliga aufgenommen zu werden. Atlas gewann 1951 sogar als erster Verein der Stadt den Meistertitel von Mexiko und war auch häufiger Pokalsieger als Chivas, kann seinem Nachbarn hinsichtlich der sportlichen Erfolge aber dennoch nicht das Wasser reichen.

Aufgrund der mangelnden Erfolge des Club Atlas und der in der Profiliga bald das ganze Land polarisierenden Duelle zwischen Guadalajara und dem Hauptstadtclub América war für Chivas bald ein neuer Erzrivale gefunden. Gilt Atlas weiterhin als ungeliebter Stadtrivale, dem insbesondere die Abneigung der in Jalisco lebenden Anhänger Guadalajaras gilt, so gilt América als Feindbild aller Chivas-Fans überall in Mexiko (und in den USA).

Die überregionale Rivalität zwischen Chivas Guadalajara und dem Club América

Die Abneigung zwischen den beiden populärsten Vereinen von Mexiko erklärt sich nicht nur aus jenem Aspekt, der die Rivalität zwischen vergleichbaren Vereinen in anderen Ländern prägt: nämlich dem Duell der größten (und von der Politik stets bevorzugten) Stadt des Landes gegen die (in vielen Dingen politisch benachteiligte oder sich zumindest benachteiligt fühlende) zweitgrößte Stadt. Als Beispiel solcher Rivalitäten seien die Duelle zwischen Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam sowie zwischen Paris Saint-Germain und Olympique Marseille genannt. Im Gegensatz zu diesen Auseinandersetzungen, in deren Umfeld es beinahe regelmäßig zu Gewaltexzessen der verfeindeten Lager kommt, gilt die Begegnung zwischen América und Chivas jedoch als weitgehend friedlich. Interessant ist außerdem die Tatsache, dass die Fanlager nicht streng geografisch auszumachen sind. So sieht man an gewöhnlichen Tagen in Mexiko-Stadt viele Menschen, die ein Chivas-Trikot tragen und in Guadalajara bekennen sich viele Menschen zum Club América.

Darüber hinaus gilt der Superklassiker des mexikanischen Fußballs als ein Kampf der Kulturen, als eine Auseinandersetzung zwischen zwei Weltanschauungen: Hier treffen traditionell die besten Mexikaner (Chivas) auf die besten Ausländer (América). Denn während der Club América schon immer viele Fußball-Legionäre unter Vertrag genommen hat, setzt Chivas Guadalajara ausschließlich auf einheimische Spieler. Eine Tatsache, die dem Verein auch die höchste Popularität in Mexiko beschert. Der unterschiedlichen Einkaufspolitik liegt ein unterschiedliches Milieu zugrunde. América gilt seit jeher als Verein der Mittelschicht und wird bereits seit Jahrzehnten sogar als Club der Oberschicht angesehen, dem die Gelder dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch den Mediengiganten Televisa nur so zufliegen. Dagegen hatte der Club Deportivo Guadalajara häufig finanzielle Engpässe zu überwinden und gilt seit Anbeginn als traditioneller Arbeiterverein.

Die erbitterte Rivalität der beiden Vereine entstand schon früh nach Einführung des Profifußballs in der Saison 1943/44 und zieht sich seither wie ein roter Faden durch die Geschichte des mexikanischen Fußballs.

Zu einem ersten Vergleich der beiden Mannschaften war es bereits im Oktober 1926 gekommen, als der Club América – als frisch gebackener Meister der Hauptstadtliga – eine Einladung annahm, um innerhalb von nur drei Tagen drei Spiele „in Freundschaft“ gegen Guadalajara zu bestreiten. Ging es in den ersten beiden Partien noch manierlich zu, so entgleitete das dritte Spiel vollends. In der 65. Minute gab es einen Elfmeter für Guadalajara, den die Spieler von América für unberechtigt hielten und aus Protest das Spielfeld verließen. Zwar konnten sie schließlich unter Androhung von harten Strafen dazu bewegt werden, auf das Spielfeld zurück zu kommen, griffen aber fortan zu äußerst unfairen Mitteln. Der Grundstein für die kommende Rivalität war gelegt.

1944 kam es dann zu den ersten Auseinandersetzungen der beiden Teams unter Wettbewerbsbedingungen. Das erste Duell wurde am 16. Januar 1944 in Guadalajara ausgetragen. Im Stadion herrschte eine knisternde Atmosphäre; das Publikum beschimpfte fortwährend die Gästemannschaft, während das Spiel, das Guadalajara übrigens mit 3:1 zu seinen Gunsten entschieden hatte, mit zunehmender Spieldauer immer ruppiger wurde.

Schon damals war der Superklassiker des mexikanischen Fußballs von einem Klassengegensatz geprägt, der bis heute nichts von seiner ursprünglichen Intensität verloren hat: „Sie“, erinnert sich der Chivas-Akteur José el Pelón Gutiérrez[5], „waren die Reichen und Hochnäsigen. Sie wurden die Argentinier genannt. Und wir waren arm und Mexikaner. Aus einem Spiel der Ehre machten sie eine Prügelorgie. Als das Spiel beendet war, trugen die Zuschauer uns auf ihren Schultern. Doch die Argentinier schwörten Rache.“

Diese fand statt am 20. Februar 1944 im Parque Asturias in Mexiko Stadt. In der 30. Minute drohte das von Anfang an feindselige Spiel vollends zu entgleiten. Denn es kam zu einer Massenschlägerei, in die alle 22 Akteure verwickelt waren und die sich über einen Zeitraum von 20 Minuten erstreckte. Zwischenzeitlich waren außerdem viele Zuschauer auf das Spielfeld gestürmt, was die Situation noch unübersichtlicher machte. Nachdem die anfangs tatenlos zusehende Polizei die Situation endlich in den Griff bekommen hatte, waren mehrere verletzte Spieler zu beklagen. Am Ende hatte América das Spiel mit 7:2 zu seinen Gunsten entschieden. Es war ihr höchster Sieg in der Geschichte des Superklassikers. Der höchste Sieg von Guadalajara war übrigens ein 7:0 und datiert aus der Saison 1956/57.

El Campeonísimo - die großen Jahre des Club Deportivo Guadalajara (1957 bis 1965)

Diese mehrere Meter hohe Statue in der Fußgängerzone von Guadalajara zeigt das Wappen der Stadt, das auch in das Vereinswappen des Club Deportivo Guadalajara aufgenommen wurde.

Die Entdeckung einiger erstklassiger junger Talente in der Saison 1955/56 läutete die bisher erfolgreichste Epoche in der mittlerweile mehr als hundertjährigen Vereinsgeschichte des Club Deportivo Guadalajara ein. Denn diese Rohdiamanten bildeten schon bald eine ideale Ergänzung zum vorhandenen Spielerstamm und gemeinsam stellten sie in den kommenden Jahren eine Mannschaft mit großer Harmonie, die in den neun Jahren zwischen 1957 und 1965 siebenmal zu Meisterehren kam und ein weiteres Mal die Meisterschaft erst am letzten Spieltag verlor.

In der folgenden Saison 1956/57 hatte Chivas Guadalajara seinem Erzrivalen América eine herbe 7:0-Klatsche verabreicht und war am Saisonende zum ersten Mal mexikanischer Fußballmeister geworden. Der Torhüter der Meistermannschaft, Jaime el Tubo Gómez, beschrieb diesen Titelgewinn seinerzeit als „ein Fest im Geiste der Fans und einen symbolischen Triumph des echten mexikanischen Fußballs“[6]; eine Anspielung auf die konsequente Nichtausländerpolitik des Vereins, dessen langjährige Stützen aus der Epoche des Campeonisimo sogar mehrheitlich in Guadalajara geboren wurden. Dieser Triumph wurde nicht nur in Guadalajara, sondern überall im Land mit Freude und großer Genugtuung aufgenommen, weil dies der erste Meistertitel seit 20 Jahren war, den eine nur aus mexikanischen Spielern bestehende Mannschaft errungen hatte. Dies war zuletzt Necaxa in der Saison 1936/37 gelungen.

Der Gewinn der Meisterschaft hatte Chivas hungrig nach mehr gemacht. Um die Meistermannschaft weitgehend zusammenhalten zu können, erhöhte der Vorstand sogar die Spielergehälter. Lediglich der Trainerposten wurde neu besetzt, der uruguayische Meistertrainer Donaldo Ross durch den Ungar Arpad Fékete ersetzt. Dessen Defensivtaktik wurde jedoch anfangs weder von den Spielern begrüßt noch den Zuschauern angenommen. Doch mit dem sich einstellenden Erfolg begann man seine Taktik zunehmend zu akzeptieren. Nach einem dritten Platz in der Saison 1957/58 wurde Guadalajara 1959 zum zweiten Mal Meister und verteidigte erstmals seinen Titel in der Spielzeit 1959/60. Nach dem dritten Titelgewinn begann Guadalajara, eine wertvolle nationale Leidenschaft zu sein und Fékete verkündete nach dem Spiel zufrieden[7]: „Wir haben ... mit einer nur aus mexikanischen Spielern bestehenden Mannschaft gegen Mannschaften gekämpft, die mit ausländischen Spielern nur so bestückt waren. Das ist ein enormer Erfolg des mexikanischen Fußballs und Sie alle können stolz darauf sein, einen Meister von unschätzbarem Wert zu haben.“

Trotz erfolgreicher Titelverteidigung wurde Fékete vor Beginn der Saison 1960/61 durch Javier de la Torre ersetzt. Dessen erste Amtshandlung bestand darin, die Mannschaft von den taktischen Fesseln zu befreien, die Fékete ihr auferlegt hatte. Er gab den Spielern die Freiheit, sich selbst zu entfalten und eigene Ideen einzubringen. Auch hatte er immer ein offenes Ohr für die Spieler und schränkte sie nicht in ihrer Kreativität und ihrem Ideenreichtum ein. Die Spieler bedankten sich dafür auf ihre Weise und holten weitere Titel.

In der Saison 1960/61 hatte Guadalajara einige verletzungsbedingte Ausfälle zu verkraften, doch die Ersatzspieler passten sich nahtlos in die Mannschaft ein und brachten die gleiche Leistung wie die Stammspieler, so dass Chivas durch einen 3:2-Sieg gegen Toluca seine vierte Meisterschaft – übrigens die dritte in Folge – gewinnen konnte. Die Freudengesänge im Estadio Jalisco (Campeones, Campeones) waren die Initialzündung bei der Entstehung des neuen Spitznamens Campeonisimo. In der Saison 1961/62 feierte Guadalajara seine erneute Titelverteidigung – der vierte Triumph in Folge.

Auch in der Saison 1962/63 sah es nach einem erneuten Triumph aus. Doch ausgerechnet der Ortsnachbar Oro, trainiert übrigens von Guadalajaras vorherigem Meistertrainer Arpad Fékete, lieferte den Chivistas ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Als ob er gemacht worden wäre, um die Spannung zu steigern, bestimmte der Spielplan am letzten Spieltag ausgerechnet die Begegnung dieser beiden Mannschaften. Vor dem entscheidenden Spiel lag Chivas Guadalajara mit einem Punkt vorne, so dass ein Remis zur vierten Titelverteidigung in Folge genügt hätte. Doch ein spätes Tor des Brasilianers Necco zum 1:0 für Oro ließ die beiden Mannschaften die Plätze tauschen und Oro selbst zum ersten - und auch einzigen - Mal den Meistertitel gewinnen. Für Javier de la Torre war die Niederlage gegen Oro das Resultat von Ermüdung und Übersättigung.

Diese Faktoren - Ermüdung und Übersättigung – setzten sich auch in der Hinrunde der kommenden Spielzeit fort, in der die Mannschaft einige recht klägliche Vorstellungen lieferte. Doch in der Rückrunde war sie wie verwandelt, spielte wie entfesselt auf und begann, das Feld von hinten aufzurollen. In jener Saison gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Tabellenführung ausgerechnet gegen den großen Erzrivalen América. Aus diesem Zweikampf ging Guadalajara als Sieger hervor und krönte eine hervorragende Rückrunde mit seinem sechsten Titelgewinn durch einen 2:0-Erfolg gegen Nacional de Guadalajara am letzten Spieltag. Das Management von Chivas war letztendlich so überwältigt von den sich an diesen Titelgewinn anschließenden Freudenfeiern, dass es die Fans einlud, zusammen mit der Mannschaft auf dem Vereinsgelände zu feiern.

Obwohl Guadalajara auch in der folgenden Saison 1964/65 niemals die Tabellenführung verlor, gerieten sie in arge Bedrängnis durch Zacatepec, Atlas und am Ende Oro. Die Titelverteidigung erwies sich mit zunehmender Dauer immer schwieriger. Die Gegner im Meisterschaftskampf verstärkten sich mit ausländischen Spielern. Am vorletzten Spieltag genügte Chivas ein Unentschieden zum erneuten Gewinn der Meisterschaft. „Und obwohl im rot-weißen Lager Freude herrschte“, erinnert sich Tubo Gómez, „waren die Fans nicht mehr so enthusiastisch wie bei früheren Meisterschaften.“[8]

Viele Faktoren haben zusammengewirkt bei der Entstehung des campeonisimo; einer erfolgreichen und nur aus einheimischen Spielern bestehenden Mannschaft, die in 9 Jahren 7 Meistertitel gewann: eine gute Kameradschaft, Beständigkeit und ein absoluter Siegeswille. Der vielleicht entscheidende Faktor aber war, dass diese Mannschaft lange Zeit zusammen blieb.

Quellen

  1. Bei diesem Logo handelt es sich vermutlich um das Nachfolgelogo des ersten Wappens; einem in den Farben weiß und rot gehaltenen Schriftzug mit den Buchstaben C und G (für Club Guadalajara), das auf den frühen Trikots ebenso erschien wie auf dem zum hundertjährigen Bestehen im Jahr 2006 ausgegebenen Jubiläumstrikot. Das hier abgebildete Logo wird gezeigt im Zusammenhang mit der ersten Satzung des damaligen Guadalajara Foot-Ball Club auf der DVD Las Chivas del Guadalajara (produziert von Xenon Pictures, Inc., Santa Monica, CA, USA, unter der Lizenz von Televisa S.A. de C.V., Mexiko-Stadt, Mexiko, im Jahr 2004). Aufgrund der rot-weißen Streifen und der (damals noch eckigen) blauen Umrandung weist es bereits eine Ähnlichkeit zu dem 1923/24 entworfenen und noch heute gültigen Vereinslogo auf.
  2. Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006), S. 13
  3. Gemäß Angabe der o.g. DVD Las Chivas del Guadalajara erfolgte die Umbenennung am 26. Februar 1908.
  4. Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006), S. 24
  5. Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006), S. 72
  6. Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006), S. 81
  7. Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006), S. 90
  8. Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006), S. 99

Folgende Spieler aus der Epoche des „Campeonísimo“ wurden mindestens fünfmal Meister

Spieler Position Anzahl der Titel
Sabás Ponce 1 Mittelfeld 8 (1957-1970)
José Villegas 1 Verteidigung 8 (1957-1970)
Isidoro Diaz Mittelfeld 7 (1957-1965)
Juan Jasso Verteidigung 7 (1957-1965)
Salvador Reyes Angriff 7 (1957-1965)
Raúl Arellano Angriff 6 (1957-1964)
Jaime Gómez 2 Tor 6 (1957-1964)
Héctor Hernández Angriff 6 (1959-1965)
Guillermo Sepúlveda Verteidigung 6 (1957,60-62,64,65)
Arturo Chaires Verteidigung 5 (1961-1970)
Francisco Flores Mittelfeld 5 (1957-1962)
Crescencio Gutiérrez Angriff 5 (1957-1962)
Francisco Jara Angriff 5 (1961-1970)
Javier Valdivia Angriff 5 (1961-1970)

Erläuterungen

1Sabás Ponce und José Villegas sind die beiden einzigen Spieler, die achtmal Meister wurden. Sie waren nicht nur bei allen 7 Titelgewinnen im Zeitraum von 1957 bis 1965 dabei, sondern auch noch beim Gewinn der achten Meisterschaft im Jahre 1970.

2 Von den hier vorgestellten 14 Spielern wurden 11 in Guadalajara geboren und 2 weitere (José Villegas und Isidoro Diaz) im Bundesstaat Jalisco, dessen Hauptstadt Guadalajara ist. Somit galt Torhüter Jaime Goméz als der einzige „Fremde“ in dieser Mannschaft, denn er wurde in der Stadt Manzanillo im Bundesstaat Colima geboren.

Weitere herausragende Spieler, die bei Chivas unter Vertrag standen

Die späteren Jahre

Wenn sie kommen, ist ein volles Haus garantiert: Fans von Chivas Guadalajara beim Gastspiel ihrer Mannschaft am 11. März 2007 gegen die UNAM-Pumas (0:0) im Oberrang des Olympiastadions von Mexiko-Stadt.

Zwischen den Meisterschaften von 1965 und 1970 belegte Guadalajara zwei dritte Plätze (1966 und 1967), einen sechsten Platz (1968) und eine Vizemeisterschaft (1969). Auch in dem Sonderturnier vor der WM 1970 belegte Chivas – unmittelbar nach der gewonnenen Meisterschaft – noch einmal den zweiten Platz. Doch von nun an ging es bergab. In der Saison 1970/71, die erstmals in zwei Gruppen geteilt war, entging Guadalajara den Relegationsspielen um den Klassenerhalt nur wegen eines mehr erzielten Punktes. Nachdem Chivas in der Saison 1971/72 noch einmal das Halbfinale um die Meisterschaft erreichen konnte, das gegen den späteren Meister Cruz Azul nur knapp mit 1:0 und 0:2 verloren wurde, belegte Guadalajara in den 1970er Jahren ansonsten meist nur zweistellige Tabellenplätze und erhielt den neuen Spitznamen „Chivas Flacas“ (magere Ziegen); eine Anspielung auf ihre mageren sportlichen Leistungen. Elf Jahre nach ihrem Beinahe-Abstieg von 1971 entging Guadalajara auch in der Saison 1981/82 den Relegationsspielen nur um einen Punkt.

Die positive Wende kam mit der Verpflichtung ihres früheren Eigengewächses Alberto Guerra auf den Trainerposten für die Saison 1982/83. Unter seiner Regie stießen die Chivas Rayadas bis ins Finale vor, wobei sie im Halbfinale ihren Erzrivalen und großen Titelfavoriten América eliminierten. Nachdem sie das Hinspiel vor eigener Kulisse noch mit 1:2 verloren hatten, gewannen die das Rückspiel im Aztekenstadion von Mexiko-Stadt überraschend und deutlich mit 3:0 und zogen in die Finalspiele ein, die (nach 2:1 und 0:1) letztendlich etwas unglücklich mit 6:7 im Elfmeterschießen gegen den Puebla FC verloren wurden. Auch in der folgenden Saison 1983/84 erreichte Guadalajara die Finalspiele und scheiterte diesmal mit 2:2 und 1:3 gegen América. Doch damit hatte die Mannschaft ihren Zenit noch nicht erreicht. Nach 17 mageren Jahren gewannen die Chivasi am Ende der Saison 1986/87 endlich ihren neunten Meistertitel. Alberto Guerra behielt seinen Trainerposten noch bis zum Saisonende 1988/89 und wurde mit seiner Amtsdauer von sieben Jahren lediglich vom Erfolgstrainer des Campeonísimo, Javier de la Torre überboten, der den Trainerposten bei Guadalajara mehr als 12 Jahre lang innehatte.

Nach einigen weiteren mäßigen Jahren, in denen mehrfach die Play-offs verpasst wurden und zwei Halbfinalteilnahmen (1991 gegen América und 1995 gegen Necaxa) noch die größten Errungenschaften darstellten, wurde vor der Saison 1996/97 mit dem in Brasilien geborenen Ricardo Ferretti endlich wieder ein Trainer verpflichtet, der die Mannschaft auf die Erfolgsspur zurückführen sollte. Gleich in der ersten Saison – der ersten, in der es, wie seither üblich, zwei Meister pro Spieljahr gab – gewann Guadalajara seinen zehnten Titel. War man in der Apertura bereits im Viertelfinale an Necaxa gescheitert, marschierte man in der Clausura relativ souverän durch die Play-offs und setzte sich im Viertelfinale mit 1:1 und 5:0 gegen Santos Laguna ebenso deutlich durch wie im Finale gegen die Toros de Neza, die man mit 1:1 und 6:1 regelrecht deklassiert hatte. „Man of the match“ in diesem zweiten Finalspiel, in dem bis zur Halbzeit noch keine Tore gefallen waren (!), war Gustavo Nápoles, der mit seinen vier Toren innerhalb von nur 29 Minuten die Toros praktisch im Alleingang “erschoss”.

Ferretti hatte die Mannschaft über einen Zeitraum von vier Jahren, somit also insgesamt acht Meisterschaftsrunden, trainiert und verpasste dabei nur einmal die Play-offs. Neben dem bereits erwähnten Meistertitel von 1997 erreichte der Verein in der Apertura 1998/99 noch einmal die Finalspiele und in der Clausura 1999/00 das Halbfinale.

Kaum war Ferretti nicht mehr verantwortlich, absolvierte Chivas eine desaströse Saison. In der Apertura lief es besonders schlecht, so dass nur 3 von insgesamt 17 Spielen gewonnen wurden. In der Gesamtjahreswertung 2000/01 belegte Guadalajara schließlich den 17. Platz (von 18 Mannschaften). In den meisten europäischen Ligen wäre der ruhmreiche Club abgestiegen. Glück für ihn, dass in Mexiko andere Regeln gelten und nur ein Verein absteigt, der sich zudem anhand eines komplizierten Drei-Jahres-Modus errechnet.

Seither geht der Verein durch einige Höhen und Tiefen, hat aber unter seinem neuen Präsidenten, dem wohlhabenden Jorge Vergara (seit November 2002 im Amt), wieder auf die Erfolgsspur zurück gefunden. In der Clausura 2003/04 erreichte man immerhin mal wieder ein Meisterschaftsfinale, wenngleich dieses letztendlich etwas unglücklich gegen die UNAM Pumas verloren ging. Nach einem 1:1 in Guadalajara und einem 0:0 im Olympiastadion von Mexiko-Stadt ging das anschließend zur Ermittlung des Siegers erforderliche Elfmeterschießen mit 4:5 verloren, weil Rafael Medina den letzten Elfmeter nicht verwandeln konnte.

Zweieinhalb Jahre später, im Dezember 2006, sollte Chivas dann doch seinen elften Titel gewinnen, so dass Guadalajara seither wieder alleiniger Rekordmeister der mexikanischen Profiliga ist; zwischenzeitlich hatte ausgerechnet der Erzrivale América mit zehn Titeln gleichgezogen. Nach einer durchwachsenen Vorrunde mit 7 Siegen und 5 Niederlagen wuchs die Mannschaft in der anschließenden Liguilla, der mexikanischen Bezeichnung für die Play-offs, über sich hinaus. In der Repechaje, der Qualifikationsrunde für die Liguilla, räumte man zunächst die Tiburones Rojos de Veracruz (mit 2:1 und 4:0) aus dem Weg und setzte sich dann gegen die großen Rivalen von Cruz Azul (2:0 und 2:2) und América (2:0 und 0:0) durch, womit man die Finalspiele gegen die Diablos Rojos de Toluca erreichte, in denen Guadalajara mit 1:1 und 2:1 die Oberhand behielt.

Unmittelbar vor ihrem elften Meistertitel hatte Chivas Guadalajara bereits in der Copa Libertadores, der Champions League Südamerikas, für Furore gesorgt. In den Jahren 2005 und 2006 erreichte Guadalajara zweimal in Folge die Halbfinalspiele; und haderte 2005 doch mit dem Schicksal der Wettbewerbsverzerrung. Nachdem man sich im Achtelfinale gegen den Ligarivalen Pachuca (1:1 und 3:1) durchsetzen konnte, was von Guadalajara als Triumph des echten mexikanischen Fußballs gefeiert wurde [1], fegte man im Viertelfinale die im neuen Jahrtausend erfolgreichste Mannschaft Südamerikas, den dreimaligen Weltpokalsieger Boca Juniors, im eigenen Estadio Jalisco mit 4:0 vom Platz. In Bocas legendärem Stadion, der Bombonera, sollte Chivas ein heißer Tanz erwarten. Doch man verteidigte mit Glück und Geschick ein 0:0. Bis zur 79. Minute. Dann lagen die Nerven der siegesgewohnten Argentinier sichtlich blank. Nachdem es zwischen einigen Spielern zu einem Handgemenge gekommen war, schalteten sich auch Betreuer und Fans der Boca Juniors in die Zwistigkeiten ein. Daraufhin sah der Schiedsrichter keine andere Möglichkeit als das Spiel abzubrechen. Der südamerikanische Fußballverband entschied schließlich, dass das Ergebnis von 0:0 Gültigkeit behalten sollte. Boca war draußen und Chivas im Halbfinale. Doch musste Guadalajara mit Oswaldo Sánchez, Carlos Salcido, Ramón Morales und Omar Bravo gleich vier Spieler für die Nationalmannschaft abstellen, die - zeitgleich mit dem Hinspiel der Chivistas beim brasilianischen Vertreter Clube Atlético Paranaense – beim Confederations Cup 2005 antreten musste. Ohne diese wichtigen Spieler kam Chivas mit 0:3 unter die Räder. Da nutzte es auch nichts mehr, dass Chivas-Clubeigner Jorge Vergara seine Veteranen unmittelbar nach dem Spiel der Mexikaner um den dritten Platz gegen den Gastgeber Deutschland mit seinem Privatjet zum Rückspiel im heimischen Estadio Jalisco einfliegen ließ. Die „Helden“ waren müde und konnten die hohe Hinspielniederlage nicht mehr wett machen. Es reichte lediglich zu einem 2:2.

Möglicherweise hätte Chivas in Vollbesetzung sogar im Endspiel gegen den übermächtig erscheinenden FC São Paulo eine Chance gehabt? Zumindest konnten sie diesen Gegner in den Gruppenspielen der Vorrunde 2006 zweimal mit 2:1 besiegen. Doch sie scheiterten schließlich auch an diesem Gegner, dem sie im Halbfinale 2006 wieder begegnen sollten, deutlich mit 0:1 und 0:3.

Einzelnachweise

[1] Am 30. Mai 2005 veröffentlichte die FIFA auf ihrer Website (www.fifa.com) einen Artikel, in dem Guadalajaras Clubpräsident Jorge Vergara sich über die Personalpolitik seines Gegners Pachuca auslässt, der mit acht ausländischen Spielern angetreten ist. Dort heißt es unter anderem: „Diese Mannschaft ist eher eine Vertretung der Vereinten Nationen als ein mexikanisches Team. Das ist traurig. Es ist schade, dass die Klubverantwortlichen kein Vertrauen in die einheimischen Spieler haben. Die müssen gegen Mexikaner spielen. Ist dies nicht der Fall, stellt sich für mich die Frage, wie und wann wir eine starke Nationalmannschaft aufbauen wollen. Wann haben wir endlich eine Nationalmannschaft, die sich auch auf internationaler Ebene behaupten kann? Ich bin überzeugt, dass es möglich ist, den Fußball in unserem Land auch ohne die Verpflichtung ausländischer Spieler nach vorn zu bringen.“

Zusammenfassung

Insgesamt muss – in Abgrenzung zu den Vorlieben der Fußballfans in den europäischen Nationen – lobend hervorgehoben werden, dass die Mexikaner mehrheitlich einem Verein die Treue halten, der seit seiner bis 1970 währenden großen Zeit nur noch drei Meistertitel (in einem Zeitraum von beinahe 40 Jahren) hinzugewinnen konnte. Daraus wird ersichtlich, dass sich die Zuneigung zum beliebtesten Verein Mexikos aus anderen Faktoren speist als dem insbesondere in Europa so weit verbreiteten Stolz reiner Erfolgsfans auf überfüllte Trophäenschränke.

Auf Chivas sind die Mexikaner insbesondere stolz wegen ihres konsequenten Festhaltens an einer Personalpolitik, nur in Mexiko geborene Spieler unter Vertrag zu nehmen. Und nicht nur das. Chivas kaufte selten mexikanische Spieler von anderen großen Vereinen ein und importierte seine Spieler auch nicht gleichmäßig aus allen Teilen Mexikos. Der Schwerpunkt ihrer Personalpolitik liegt vor allem in der eigenen Region (im Westen Mexikos), und hierbei überwiegend im Bundesstaat Jalisco und traditionell sogar am meisten in der Ausschöpfung der eigenen Nachwuchskräfte. [1] Daher darf es nicht verwundern, dass Guadalajara mit dieser Einstellung nur schwer den Anschluss halten kann an seine Konkurrenten, die den ausländischen Spielermarkt nur so abgrasen und nicht selten Mannschaften stellen, die sich überwiegend aus ausländischen Spielern zusammensetzen. Es muss eher verwundern, dass Guadalajara gerade trotz dieser strikten Personalpolitik noch immer die erfolgreichste Mannschaft Mexikos stellt und Rekordmeister der Primera División ist.

Anmerkung

[1] Auch der aus 23 Spielern bestehende Kader für die Saison 2008/09 ist ein Spiegelbild dieser grundsätzlichen Personalpolitik des Vereins: 11 der Spieler, und somit die Hälfte, wurden im Bundesstaat Jalisco geboren, 8 von ihnen (und somit ein Drittel) sogar in Guadalajara selbst. Ein weiteres Viertel, nämlich 6 Spieler, wurde in den fünf an Jalisco angrenzenden Bundesstaaten Colima, Guanajuato, Michoacán, Nayarit und Zacatecas sowie in dem nordwestlich gelegenen Küstenstaat Sinaloa geboren. Nur sechs der Spieler stammen aus anderen Regionen des Landes, wobei zwei von diesen (Baéz und Salazar, die beide in Tamaulipas geboren wurden) bereits in den Nachwuchsmannschaften von Guadalajara kickten.

Wie sich die Ziege als Spitzname etablierte

Es ist vorauszuschicken, dass die Bewohner von Jalisco bzw. Guadalajara generell dazu neigen, Spitznamen zu vergeben, was auch solche mit abwertender Bedeutung einschließt. In Begeisterung über die fußballerischen Künste ihrer Spieler gaben die Anhänger von Atlas ihrer Mannschaft einst den Spitznamen „los Académicos“ (die Akademiker).

Es dauerte nicht lange, bis die Anhänger von Guadalajara darauf reagierten und die Atlistas als „los Margaritas“ bezeichneten. Dieser Spitzname sollte ihnen Gebrechlichkeit bescheinigen; ganz gemäß dem Motto: „Ihr mögt zwar Schönspieler sein, aber echte Kerle seid ihr nicht; keine Kämpfertypen, nur schwächliche Figuren.“ Auch die umgekehrte Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Während eines Spiels zwischen dem CD Guadalajara und dem CD Tampico im Oktober 1948 wollten im Stadion anwesende Fans von Atlas gesehen haben, dass die Spieler vom Club Guadalajara wie Ziegen umher sprangen - und bezeichneten sie daher als „Chivas brinconas“, als „springende Ziegen“.

Obwohl diese Bezeichnung eigentlich dazu dienen sollte, die gegnerischen Fans zu beleidigen, fanden diese schnell Gefallen daran. Seither wurde der Spitzname „Chivas“ (Ziegen) zu einer regulären Bezeichnung für den Verein. Von ihm abgeleitet entstanden schließlich weitere Identifikationsmerkmale für den Verein, wie die Bezeichnung „el rebaño sagrado“ (die heilige Herde) oder – in Anspielung auf das traditionell rot-weiß gestreifte Trikot - „Chivas rayadas“ (gestreifte Ziegen).

Die Europatournee von 1964

Als erste mexikanische Vereinsmannschaft unternahm Chivas Guadalajara 1964 eine fast fünfwöchige Reise nach Europa, wo man zehn Spiele in fünf Ländern absolvierte: vier in Spanien, drei in Frankreich sowie je eins in Belgien, Deutschland und der früheren Tschechoslowakei. Die Reisegruppe bestand aus 20 Spielern, Trainer Javier de la Torre, dem Mannschaftsarzt und dem Masseur sowie fünf Vereinsoffiziellen und drei Journalisten.

Diese Gruppe landete in den frühen Morgenstunden des 29. April 1964 in Barcelona, wo sie bereits einen Tag später ihr erstes Spiel absolvieren sollte. Gegner war der große FC Barcelona, der die Saison soeben als Vizemeister hinter Real Madrid beendet hatte. Von den 15 Heimspielen der vergangenen Saison hatten die stolzen Katalanen übrigens 13 gewonnen und nur ein einziges (1:2 gegen Real Madrid) verloren. Die Mannschaft aus Guadalajara hinterließ hier nicht nur wegen ihres Spielwitzes einen hervorragenden Eindruck, sondern auch deshalb, weil sie sich nie aufgab und einen 0:2-Rückstand noch in ein 2:2-Remis umzuwandeln verstand. Den wohl besten Eindruck hatte ihr Torhüter Ignacio „Nacho“ Calderón hinterlassen. Anfangs noch unsicher und nervös agierend, entwickelte er sich im Laufe der Partie zu einem wertvollen Rückhalt seiner Mannschaft, an dem die Katalanen schier verzweifelten.

Nach einer zehnstündigen Zugreise bestritt das Chivas-Team am 3. Mai sein zweites Spiel gegen Sporting Gijón; einen Zweitligisten, der den Aufstieg ins Fußballoberhaus nur knapp verpasst hatte. Die vom Jetlag und ihren Reisestrapazen geplagte Elf aus Mexiko präsentierte sich in erstaunlich guter Verfassung, so dass das 1:1 als schmeichelhaft für die Mannschaft aus Gijón angesehen werden konnte, wie auch ihr Trainer José Luis Molinuevo unumwunden zugab: „Die mexikanische Mannschaft ist der unseren überlegen, ihre Spieler haben die bessere Technik.“

Noch am Abend nach dem Spiel ging es mit dem Zug über Madrid nach Sevilla – eine weitere Odyssee, diesmal vom Norden in den Süden des Landes. Der nächste Gegner war der FC Sevilla, der die spanische Liga zwar „nur“ mit einem neunten Platz beendet hatte, aber außerordentlich heimstark war. So war hier zum Beispiel der FC Barcelona nicht über ein 1:1 hinaus gekommen und Meister Real Madrid hatte sogar eine 0:1-Niederlage bezogen. Auch gegen die Chivistas sahen die Sevillistas zunächst wie der sichere Sieger aus. Doch nachdem Salvador „Chava“ Reyes in der 48. Minute der 2:2-Ausgleich gelungen war, wurde aus dem Freundschaftsspiel eine ruppige Auseinandersetzung, in der der FC Sevilla ziemlich schmutzig agierte und sich in einem überhart geführten Kampf schließlich mit 3:2 durchzusetzen verstand.

In den frühen Morgenstunden des folgenden Tages ging es mit dem Flugzeug nach Brüssel, von wo man mit dem Zug nach Lille weiter reiste. Gegner war diesmal der OSC Lille, dem als Zweitligameister soeben der Aufstieg in die höchste Spielklasse Frankreichs gelungen war. Obwohl die Mannschaft aus Lille mit großem Eifer agierte und Chivas mit fünf Reservespielern antrat – weil einige Stammspieler die „Schlacht von Sevilla“ nicht schadlos überstanden hatten -, konnte der mexikanische Meister sich mit 1:0 durchsetzen. Für das goldene Tor in der 19. Minute sorgten übrigens zwei Reservisten: Raúl Chávez erzielte es nach Vorlage von Chato Ortiz.

Rasch ging es zurück nach Belgien, wo mit dem Traditionsverein Standard Lüttich bereits der nächste Gegner wartete. Auch hier setzten sich die Mexikaner (durch ein Tor von Salvador Reyes auf Vorlage von Sabás Ponce) mit 1:0 durch, womit die Männer aus der belgischen Stahlhochburg Lüttich, die die letzte Meisterschaftsrunde auf dem dritten Platz beendet hatten, noch gut bedient waren. Denn Chivas hatte das Spiel über weite Strecken dominiert, war aber wiederholt am glänzend aufgelegten Torhüter Nicolay gescheitert. Doch damit hatte das Team aus Jalisco bereits seinen Zenit erreicht. Denn von nun an machten sich die Reisestrapazen zunehmend bemerkbarer. Die Folgen waren Mangel an Konzentration und Treffsicherheit in der zweiten Hälfte der Tournee.

Das einzige Spiel von Chivas in Deutschland fand am 15. Mai in Bremen statt. Hier unterlag man Werder Bremen mit 1:2 (0:2). Die Grün-Weißen aus Bremen hatten die gerade zu Ende gegangene erste Bundesliga-Saison 1963/64 auf dem 10. Platz beendet, sollten aber im folgenden Jahr zum ersten Mal deutscher Meister werden. Neben der allgemeinen Erschöpfung lagen die Hauptgründe für diese Niederlage der Chivistas gemäß ihrer Vereinschronik an den „niedrigen Temperaturen, einem zu langen Rasen im Weserstadion und der körperlichen Stärke der Deutschen.“

Weil das Spiel in Bremen mit erheblicher Verzögerung begonnen hatte – das Schiedsrichtergespann war nicht erschienen und musste kurzfristig ersetzt werden -, verpasste die Chivas-Delegation ihren Zug und konnte daher erst am folgenden Tag nach Wien reisen, von wo aus man nach Bratislava gelang. Körperliche Erschöpfung führte zu einem relativ schwachen Auftritt der Mexikaner - die sich jedoch nie hängen ließen und stets ihr Bestes gaben, wie die mexikanische Presse lobend hervorhob – und einer vermeidbaren 0:1-Niederlage gegen den ŠK Slovan Bratislava, Vizemeister der tschechoslowakischen Liga.

Wenige Tage später gastierte Chivas wieder in Frankreich: zunächst gegen Angers (2:2), die in der französischen Meisterschaft den zehnten Rang belegt hatten, und anschließend gegen Rouen (1:1), die zwar nur den 14. Platz eingenommen hatten, aber in 17 Heimspielen nur dreimal verloren hatten.

Chivas bestritt sein letztes Spiel gegen den CD Mestalla aus Valencia; zu jener Zeit Zweitligist, aber bereits ein Jahr später abgestiegen und heute - mit der Bezeichnung Valencia CF Mestalla - ein Farmteam des großen FC Valencia. Hier verabschiedeten die Mexikaner sich mit der schlechtesten Leistung während ihrer Europatournee, die eine peinliche 1:2-Niederlage zur Folge hatte: das wohl zwangsläufige Resultat einer anstrengenden Reise mit zehn Spielen innerhalb von 28 Tagen.

Am Sonntag, dem 31. Mai 1964, flog die Delegation zurück nach Mexiko, wo sie bei ihrer Ankunft in Mexiko-Stadt von Tausenden Fans und Bewunderern begeistert in Empfang genommen wurde. Neben zahlreichen in der mexikanischen Hauptstadt lebenden Chivas-Fans waren auch viele Anhänger der alten Traditionsvereine CF Atlante und Necaxa anwesend.

Alle Ergebnisse der Tournee aus Sicht von Chivas im Überblick

Datum Gegner Ergebnis
30.04.1964 FC Barcelona 2:2
03.05.1964 Sporting Gijón 1:1
06.05.1964 FC Sevilla 2:3
09.05.1964 OSC Lille 1:0
12.05.1964 Standard Lüttich 1:0
15.05.1964 Werder Bremen 1:2
18.05.1964 Slovan Bratislava 0:1
20.05.1964 Angers 2:2
23.05.1964 Rouen 1:1
27.05.1964 CD Mestalla 1:2

Einzelnachweise

Die Daten aus dem Bericht über die Europatournee wurden im Wesentlichen den Seiten 105-110 des Buches Corazón Chiva: Cien años (Planeta, Guadalajara 2006, ISBN 970-37-0385-2) entnommen. Statistische Angaben zu den gegnerischen Teams basieren auf den Angaben der Website http://www.rsssf.com/ , während die Termine der jeweiligen Begegnungen der Website http://www.angelfire.com/ar3/chivanolo/ entnommen wurden.

Kader 2008/09

Tor:

Verteidigung:

 

Mittelfeld:

Stürmer:

Quelle

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