Regionalfarbe

Regionalfarbe
Unterricht an einer Wandkarte in Regionalfarben

Regionalfarben nennt man die Farbflächen auf Wand- und Atlaskarten, die ein Gebiet in einzelne Höhenregionen gliedern, wie etwa Tiefland, Hügel- oder Bergland, Mittelgebirge und Hochgebirge. Darunter fasst man auch die Tiefenstufen des Meeres. In der Schulkartographie sind R. Bestandteil der physischen Karte. Die Farben für die Höhenflächen (Farbhypsometrie) folgen heute in Deutschland meist der sogenannten konventionellen Farbskala, die sich eng an die Spektralfarbskala anlehnt.

Inhaltsverzeichnis

Farbgebung

Karte mit Höhenschichten

Verschiedene Höhen werden dadurch durch verschiedene Farben symbolisiert. Üblich sind Farbskalen, deren Farben der natürliche Bedeckung oder der Farbwahrnehmung aus der Luft entsprechen. Eine sehr gebräuchliche Skala geht von grün (wie Gras) im Flachland über gelb, braun (Krüppelgehölz), grau (Gestein) zu weiß (Schnee), entsprechend folgenden Höhen:

  • 0 - 100 m Blaugrün
  • 100 - 200 m Gelbgrün
  • 200 - 500 m Gelb
  • 500 -1000 m Hellbraun
  • 1000 - 2000 m Braun
  • 2000 - 4000 m Rotbraun
  • 4000 - 5000 m Braunrot
  • Gipfelbereiche weiß.

Eine Schummerung unterstützt die Tiefenwirkung[1].

Geschichte

Anfänge

Erstmals setzten Theodor Freiherr von Liechtenstern im Jahre 1836 und Emil von Sydow zwei Jahre später Regionalfarben für den Schulunterricht in dem neuen Kartentyp der sogenannten physikalischen Gebirgs- und Gewässerkarte ein, die keine politischen Grenzen und nur wenige Orientierungsorte enthielt. Zunächst gab es nur eine Farbe - Braun oder Grün - und dazu eine farbfreie weiße Fläche, um Tief- und Hochland zu veranschaulichen. Kernstück der Karten war die Darstellung des Reliefs durch die hochentwickelte Schraffentechnik. Die in Schwarz oder Braun angelegten Gebirgsschraffen ohne weiteren Farbüberdruck zeigten die Bergregionen an. Sie zu betonen war anfangs die Aufgabe der Regionalfarbe, für eine definierte Höhenschicht stand sie noch nicht. „Die Tiefländer sollen … als Basis der Erhebungen im Contraste zu diesen hervortreten“, so Sydow, und Grün erschien ihm „zweckmäßig, als es am besten gegen das Braun der Gebirge (in Schraffen) abstach.“ Tieflandbraun blieb im 19. Jahrhundert in Gebrauch. Letztlich durchgesetzt hat sich Sydows Tieflandgrün, gemeinhin mit der Naturfarbe Wiesengrün identifiziert, obwohl es Sydows „Idee“ nicht war, „durch die Farbe die Verhältnisse der belebten Natur auszudrücken.“ Später kam es zur Einführung von 3-4 Höhenstufen mit festgelegten Abgrenzungen, indem die Tieflandfarbe mittels eines feinen, mal breiteren, mal engeren Linienrasters unterteilt wurde. Die Verwendung der beiden R. Grün und Braun auf einer Karte in der Schraffenmanier war die Ausnahme.

Höhenschichten

Daneben gab es die Reliefdarstellung allein entlang von enger gelegten Höhenschichten in verschiedenen Farben ohne Geländeschraffierung. Der Österreicher Franz Ritter v. Hauslab entwickelte um 1830 eine systematische Farb- und Höhenskala für bis zu sieben Höhenschichten, die nach Art einer Stufenleiter die Farben nach dem Prinzip „Je höher, desto dunkler“ anordnete. In Deutschland kam es nach der Mitte des 19. Jahrhunderts zu den ersten vollfarbig gedruckten physischen Karten mit 4-7 Höhenschichten. In Anlehnung an die R. wurden zwischen die Eckfarben Grün und Dunkelbraun lichtere und sattere beige-braune Töne gelegt. Die farbreichere Skala Hauslabs setzte sich nicht durch. Auch blieben die Höhenschichtenkarten ohne Bergstriche auf das Jahrhundert ihrer Entstehung begrenzt.

Durchbruch

Karte des Kyffhäusers von 1913.

Erst ab den 1880er-Jahren wurde die physische Karte mit den R. zu dem grundlegenden Kartentyp der Schulatlanten. Bis dahin dominierten die politischen Karten. Der Schulatlas von Carl Diercke und Eduard Gaebler von 1883 markierte diese Zäsur. Farbfreie Bereiche verschwanden, einheitliche Höhen- und Farbskalen für Höhenschichten wurden üblich und auch die schraffierten Gebirgsregionen erhielten eine Flächenfarbe. Angeregt durch den Österreicher Karl Peucker flossen nach der Jahrhundertwende die Spektralfarbskala, besonders die Farben Gelb und Rot, und die Farbwahrnehmung aus der Luftperspektive in die plastischer wirkenden Farbenreihen ein.[2] Die R., erweitert um die Farbe Gelb, wurden satter und kontrastreicher. Peuckers eigene Skala und nach ihr entwickelte Farbreihen mit Rot als Farbe für die höchste Gebirgsschicht, wie in den Wandkarten von Hermann Haack verwendet, fand in der deutschen Kartographie keine Verbreitung. Am Ende einigte man sich auf eine schon von der Tradition vorgeformte Version der Spektralfarbskala. Heute ist neben die traditionelle physische Karte eine zweite „physische“ – naturräumliche – Karte getreten, die die Bodenbedeckung bzw. die Vegetation durch Flächenfarben kenntlich macht. Als Leit- und Orientierungskarte wird die klassische physische Karte und mit ihr die R. weiterhin von Bedeutung sein.

Literatur

  • Karl Peucker: Schattenplastik und Farbenplastik: Beiträge zur Geschichte und Theorie der Geländedarstellung, Verlag Artaria, 1898
  • Johannes Dörflinger, Ingrid Kretschmer, Franz Wawrik, E. Tomasi:Lexikon zur Geschichte der Kartographie, Verlag F. Deuticke, 1986, ISBN 3700545622
  • Espenhorst, Jürgen: Petermann’s Planet. A Guide to German Handatlases and their Siblings throughout the World 1800-1950, 2. Bde. Schwerte 2003/08
  • Kretschmer, Ingrid; Arnberger, Erik: Lexikon zur Geschichte der Kartographie Wien 1986
  • Kretschmer, Ingrid: Naturnahe Farben kontra Farbhypsometrie. In: Cartographica Helvetica Heft 21 (2000) S. 39–48 Volltext
  • Kleinschmidt, Verena: Am Anfang war der „Liechtenstein/Lange“. Aus der Frühgeschichte der Westermann-Kartographie Geographische Rundschau 5/2004
  • Jürgen Bollmann, Wolf Günther Koch: Lexikon der Kartographie und Geomatik in zwei Bänden, Berlin, Heidelberg 2001/02
  • Wolfgang Tietze: Westermann Lexikon der Geographie, Braunschweig 1968

Einzelnachweise

  1. http://www.diercke.de/kartenansicht.xtp?artId=978-3-14-100770-1&stichwort=Schummerung&fs=1
  2. Günter Hake, Dietmar Grünreich, Liqiu Meng:Kartographie, Walter de Gruyter, 2002, ISBN 3110164043, Seite 433

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