Ranzig (Fett)

Ranzig (Fett)
Beispiele chemischer Strukturformeln von Fetten bzw. Ölen. Oben ein leicht ranzig werdendes Fett/Öl (Triglycerid) mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren mit einem grün markierten einfach ungesättigten Fettsäurerest, einem rot markierten dreifach ungesättigten Fettsäurerest sowie einem blau markierten gesättigten Fettsäurerest. Im Zentrum ist in der oberen Strukturformel das dreifach acylierte Glycerin (schwarz markiert) erkennbar.
Unten ein Triglycerid (Fett), das kaum ranzig wird und ausschließlich gesättigte Fettsäurereste enthält.

Ranzig heißt der Zustand, in den Fette und andere Lipide durch Oxidation oder durch fettspaltende Enzyme (Lipasen) zerfallen.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

Das Verderben pflanzlicher und tierischer Fette, das schon im Anfangsstadium durch Geruchs- und Geschmacksminderungen (Ranzigkeit) wahrgenommen werden kann, ist zu einem großen Teil auf chemische Veränderungen durch die Einwirkung von Luftsauerstoff zurückzuführen. Der Vorgang wird begleitet von Trocknung (Butter) oder häufig von Schimmelbildung (Schnittflächen). Die bei Raumtemperatur langsam, mit Erhöhung der Temperatur immer schneller verlaufenden Oxidationsvorgänge werden als Autoxidation bezeichnet. Sie beginnen mit Radikalreaktionen an ungesättigten Fettsäuren und führen in einem mehrstufigen Prozess zu verschiedensten Abbauprodukten, insbesondere Peroxiden, Alkoholen, Aldehyden und Carbonsäuren. Am anfälligsten für den Verderb sind die Fette, welche für den menschlichen Körper am gesündesten sind, Fette mit einem hohen Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren. Deswegen sollte man beispielsweise Leinöl, Walnussöl, Kürbisöl, nur sehr leicht, wenn überhaupt erhitzen und im Kühlschrank aufbewahren. Zum Braten sind diese Öle nicht geeignet. Bereits ein hochwertiges Olivenöl oder Rapsöl, Öle mit einem hohen Anteil einfach ungesättigter Fettsäuren, sollten nur kurz und nicht zu hoch erhitzt werden. Zum Frittieren eignen sich nur Öle mit vielen gesättigten Fettsäuren, da diese am wenigsten stark reagieren und damit weniger schnell oxidieren.

Nicht von Ranzigwerden sondern von anderweitiger Schädigung durch beispielsweise Schimmel spricht man beim mikrobiologischen Befall durch Pilze oder Bakterien. Reine Fette sind wasserfrei und verderben nur durch oben geschilderte Sauerstoffreaktion. Wasser-in-Öl-Emulsionen wie Butter (im Vergleich zu Butterreinfett) und Margarine oder Öl-in-Wasser-Emulsionen wie Rahm, Milch und Mayonnaise können dagegen auch von Mikroorganismen befallen werden und dadurch verderben, gleiches gilt auch für länger mit Wasser in Kontakt gestandene Stellen von reinen Fetten, zum Beispiel in Form von Kondenswasser. Je höher der Wassergehalt in einem Fett-Wassergemisch ist, desto schneller kann sich eine bakterielle Belastung einstellen. [1]

Folgen

Die Reaktionsprodukte sind häufig stinkende oder schlecht schmeckende Stoffe (u. a. freie Fettsäuren), die Lebensmittel und Speiseöle ungenießbar machen. Manche Nahrungsmittel (wie Leinöl und Walnussöl) werden ungekühlt sehr schnell ranzig. Die besonders schnell ranzig werdenden Fette und Öle enthalten einen hohen Anteil an Triglyceriden ungesättigter Fettsäuren (Ölsäure, Linolsäure, Linolensäure etc.).

Der Prozess bildet an Lebensmitteln bisweilen eine luft- und wasserdichte Rinde an der Oberfläche und wirkt auch bei der Trocknung von Ölfarbe mit. Butter wird gelblich-durchscheinend bis dunkel und rissig. Speiseöl wird dickflüssig und schließlich immer zäher.

Gesundheitliche Auswirkungen

Bereits der ranzige Geruch (und auch Geschmack) verhindert, dass man ranzige Produkte verzehrt, da er Ekel erregt. Problematisch könnte es jedoch bei stark gewürzten Speisen sein, wenn man die Ranzigkeit vor dem Verzehr nicht wahrnimmt. Dabei kommt es dann auf die Menge an, aber normalerweise gibt es höchstens Verdauungsprobleme, wobei vorbelastete Personen (z. B. mit Gallenleiden) stärker betroffen sind. Erst in der Extremform des Fettverderbs, bei sehr stark erhitztem Öl - je nach Öl bei ca. 400 Grad - beim Grillen von Speisen etwa, entstehen vermehrt polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) welche im Laborversuch krebserregend sind. Kritisch zu sehen ist auch ein mehrfaches starkes Erhitzen ein und des selben Fettes, etwa in Fritteusen. Die durch Hitze beschleunigte Reaktion führt zu einer immer höheren Sättigung der Ölmenge mit Zersetzungsprodukten, welche gesundheitsschädlich sein können. Daher sollte man beim Verzehr von Frittiertem auf natürliche Ekelreaktionen achten, welche noch vor Erreichen gesundheitsschädlicher Anteile von Zersetzungsmaterial im Öl automatisch Alarm schlagen. Die Menge macht das Gift - eine Giftansammlung durch wiederholtes Verspeisen von mehr oder weniger zersetzten Fetten sollte auf jeden Fall vermieden werden.

Auf reinen Fetten und Ölen können Schimmelpilze und Bakterien nicht wachsen, daher sind davon nur Emulsionen mit Wasser, z. B. Mayonnaise, Butter oder ähnliche fetthaltige Produkte betroffen. Eine dann nicht mehr ranzig zu nennende, sondern bereits mikrobiologische Belastung kann zu den unterschiedlichsten Symptomen, Krankheiten oder Giftanreicherungen im Körper führen, je nachdem welche Keime sich im verzehrten Fettgemisch befanden.

Schutz

Empfindliche Öle und Fette, also Fette mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren gebunden im Triglycerid, werden gekühlt in geschlossenen Gefäßen aufbewahrt. Günstig ist die Verwendung von Gefäßen, die lichtundurchlässig (Blech) oder wenig lichtdurchlässig (dunkles Glas) sind, womit die Haltbarkeit verlängert wird. Einfrieren schützt ebenso, jedoch ist mit sensorischer Qualitätsminderung vor allem bei mehrfachem Tiefkühlen zu rechnen. Insbesondere bei wasserhaltigen Fettmischungen kann sich durch vermehrtes Einfrieren die mikrobiologische Anfälligkeit erhöhen, d.h. das Produkt wird dann anfälliger für Keime und ist stärker mit ihnen belastet. Antioxidanzien, wie zum Beispiel Carotin, Ascorbinsäure und Tocopherol, die den Lebensmitteln beigemengt werden können, machen diese haltbarer.

Beabsichtigte Anwendung

Beim Rohmilchkäse wird dagegen während des Reifens das Milchfett durch die milcheigenen Lipasen zersetzt. Die Endprodukte verbessern in deutlich schwächerer Konzentration als beim Ranzigwerden das Aroma des Käses.

Bestimmung der Oxidationsstabilität: Rancimat-Methode

Bei der Rancimat-Methode wird die Probe bei Temperaturen von 50–220 °C einem Luftstrom ausgesetzt. Die leichtflüchtigen Oxidationsprodukte (zum größten Teil Ameisensäure) werden mit dem Luftstrom in das Messgefäß transferiert und dort in der Messlösung (dest. Wasser) absorbiert. Bei der kontinuierlichen Aufzeichnung der Leitfähigkeit dieser Messlösung erhält man Oxidationskurven, deren Knickpunkt als Induktionszeit bezeichnet wird und eine gute Kenngröße für die Oxidationsstabilität darstellt. Die Rancimat-Methode wurde als automatisierte Variante der extrem aufwändigen AOM (active oxygen method) zur Bestimmung der Induktionszeit von Fetten und Ölen entwickelt. Im Laufe der Zeit hat sich die Methode etabliert und Eingang in verschiedene nationale und internationale Normen gefunden, zum Beispiel AOCS Cd 12b-92 und ISO 6886.

Einzelnachweise

  1. Interview mit Prof. Dr. Gerhard Billek

Siehe auch


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