Quattuor Coronati

Quattuor Coronati
Die Vier Gekrönten an der Kirche Orsanmichele in Florenz

Die Märtyrerlegende der Quattuor Coronati (Vier Gekrönte) knüpft an zwei unterschiedliche Legenden an, die zu Beginn des 4. Jahrhundert in der römischen Antike entstanden. Eine Legende erzählt von vier bzw. fünf Märtyrern, die in einem römischen Steinbruch in Dalmatien arbeiteten und sich weigerten eine Statue des Asklepios aus Stein zu hauen. Diese Vier Gekrönten sind die Schutzheiligen der Steinmetzen und Steinbildhauer. Eine weitere Legende, die mit der von den Steinmetzen später verwoben wurde, berichtet von vier römischen Soldaten, die die Asklepios-Statue nicht verehren wollten und ebenso deswegen ein Martyrium erlitten.

Die Mitglieder beider Märtyrer-Gruppen wurden in der Zeit des Kaisers Diokletians gefoltert und hingerichtet. Trotz sorgfältigster Untersuchungen ist es bislang nicht gelungen, die Widersprüche dieser Legenden letztendlich aufzuklären.

Inhaltsverzeichnis

Legenden

Es wird von zwei Legenden mit insgesamt acht oder neun Märtyrern berichtet, deren Reliquien nach Rom gebracht und zusammen mit den vier anonymen Soldaten in der Krypta der Kirche von SS. Quattro Coronati in Rom bestattet sind.

Vier Gekrönte aus Pannonien

Im Jahre 302 weigerten sich vier (bzw. fünf) Steinmetzen, die angeblich aus Dalmatien – der römischen Provinz Pannonien – stammten und in der Zeit des Kaisers Diokletian in Steinbrüchen arbeiteten, den heidnischen Asklepios der Römer aus Stein zu schlagen. Daraufhin wurden sie gegeißelt und in Bleisärgen in der Save ertränkt. Der Christ Nicodemus barg die Leichen von Sempronianus, Claudius, Nikostratus und Castorius, die anschließend nach Rom in die Katakomben an die Via Labicana gebracht wurden. Dort wurden sie verehrt. Von dem fünften Gefährten namens Simplicius wird nach neuester Forschung angenommen, dass er eine Phantasiegestalt des Berichterstatters war, denn es wird sonst nirgendwo über ihn berichtet. Da in diesem historischen Bericht zahlreiche Details genau beschrieben sind, wird allerdings davon ausgegangen, dass die Märtyrer aus Rom stammten, die zur Strafe in die Steinbrüche eingesetzt wurden. Diese Auffassung hat sich auch dadurch gefestigt, dass es keinen derartigen Kult in Pannonien, sondern zunächst nur in Rom gab. Als Gedenkfest wird in einem römischen Verzeichnis aus dem Jahre 354 der 8. November genannt.[1]

Vier römische Soldaten

Als sich vier römische Militärbeamte im Heeresdienst (Cornicularii) im Jahre 304 weigerten die Statue des Aeskulap zu verehren, wurden sie gegeißelt und den wilden Hunden vorgeworfen. Es waren dies Victorinus, Serverus, Carpophorus und Serveranius. Sie wurden in den Thermen der Trajan in Rom hingerichtet. Diese waren ursprünglich namenlos und erhielten erst im 7. Jahrhundert die obengenannten Namen. Die Hagiographische Forschung neigt dazu, dass die vier Soldaten auf die Verwirrung auf die richtige Zahl vier zurückzuführen sei und den römischen Kult erklären wollte.

Der Gedenktag für die hingerichteten Soldaten war zunächst der 8. August und später der 8. November.[2]

Interpretationen

Durch die Vermischung der beiden Legenden, sowohl hinsichtlich der Zeiten, der handelnden Personen und der Orte des Geschehens ergeben sich Widersprüche, die bisher nicht geklärt werden konnten. Daraus entstanden unterschiedliche Interpretationen. Beispielsweise wird angenommen, dass die Erinnerung an die fünf Märtyrer durch eine nach Rom verlegte Legende entstanden sei oder dass die Nähe der Kirche Santi Quattro Coronati zu den römischen Kasernen zur Legendenbildung beigetragen habe, oder dass die pannonischen Steinbildhauer Priester eines heidnischen Gottes, des Mithras, waren. Es wird auch ein Schreibfehler für Quattuor Cornicularii (vier Soldaten) vermutet, denn Coronati sind «die mit der Märtyerkrone geschmückten».[2]

Santi Quattro Coronati

Die Basilika Santi Quattro Coronati (Basilika der Vier Gekrönten) ist Teil eines Gebäudekomplexes eines Klosters, das im Jahre 499 schriftlich erwähnt wird. Die Basilika befindet sich auf dem Hügel Celio (lat. Caelius) zwischen dem Kolosseum und dem Lateran in Rom.

Das Gebäude wurde im Laufe der Jahrhunderte häufig verändert. Barock wurde die Kirche gegen Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts umgestaltet. Die dabei entstandene Kassettendecke aus Holz zeigt die Vier Gekrönten als Holzrelief. Die Ausmalungen der Apsis mit Fresken zeigen Szenen des Martyriums. Unter Antonio Munoz wurde der Hochaltar mit Büsten der vier Heiligen neu gestaltet und die Krypta mit den Sarkophagen der Märtyrer restauriert.[3]

Heiligenkult

Gemälde von Mario Minitti (ca. 1620) über das Martyrium der Vier Gekrönten in der Pietro dal Carmine in Syracus

Heiligenkulte bilden keine historisch exakten Biografien ab, deshalb ist die Frage, inwieweit sich dieser Kult in andere Länder verbreitet, welche Bevölkerungsgruppen oder Berufszweige ihn angenommen haben, von Bedeutung.[4]

Es bleibt belegt, dass dieser Heiligenkult ab dem Jahre 350 in Rom gefeiert wurde und dass im 5. Jahrhundert ein kirchliches Bauwerk dieses Kultes auf dem Mons Caelius in Rom gebaut wurde. In den danach folgenden Jahrhunderten wurden beide Märtyrergruppen nebeneinander verehrt, denn die gläubige und naive Frömmigkeit der damaligen Zeit nahm Widersprüche ohne kritische Distanz hin.

Die Mitglieder der Bauhütte, die Steinmetzen und Steinbildhauer, erklärten die pannonischen Steinmetzen zu ihren Schutzpatronen, denn Handwerke wählten die Heiligen zu ihren Schutzpatronen, die ihren Beruf ausgeübt hatten. Später zogen die Gilden und die Zünfte nach und die Vier Gekrönten erschienen auf Wappen, Kapitellen, Konsolen an Profan- und Kirchenbauwerken; auch auf Fresken, Altarbildern und in der Tafelmalerei wie auch auf Kupferstichen. Dabei kam es häufig zu Verwechselung zwischen den pannonischen Steinmetzen mit den römischen Soldaten. In den Steinmetzordnungen von Torgau und Rochlitz ist die «Ehre der vier gekrönten Märtyrer» niedergeschrieben.[5]

Der Kult, der sich von Rom aus in Italien verbreitete, wurde in plastische Skulpturen an der Colonna degli Scultori am Dogenpalast in Venedig und an der Kirche Pietro in Ciel d’Oro in Pavia mit den Vier Gekrönten verewigt. In Österreich sind im Siegel der Dombauhütte des Wiener Stephansdoms die Vier Gekrönten abgebildet[6] und in Deutschland schuf der Kölner Dombaumeister Konrad Kuene van der Hallen vier Heiligenskulpturen in Sandstein. Die Zeichen der vier Heiligen sind Winkel, Waage, Zirkel und Richtscheit. Darstellungen in der Schweiz befinden sich auf einer Handwerkslade in Basel aus dem Jahre 1592. In Frankreich wurde dieser Kult lediglich auf Märtyrerkalendern dargestellt. Bis nach Belgien und in die Niederlande drang der Kult vor, so wird beispielsweise in Antwerpen im Jahre 1423 eine Baukorporation nach den Vier Gekrönten benannt.[7]

Im 17. Jahrhundert ließ mit dem Rückgang und Verfall der Innungen und dem Untergang des Bauhüttenwesens die Patronatschaft der Vier Gekrönten nach und sie wurde von anderen Bauhandwerken übernommen, wie von den Maurern und Dachdeckern.

Sie sind die Patrone der Steinbildhauer, Steinmetzen und des Viehs.[8]

Nachbetrachtung

Die Freimaurer gründeten im Jahre 1951 die Forschungsloge „Quatuor Coronati“ mit Sitz in Bayreuth, die es unter vergleichsweiser Namensgebung auch in anderen Ländern gibt. Manche Steinmetzinnungen feiern der Gedenktag der Vier Gekrönten als Patronatsfest, wie beispielsweise die Steinmetzinnung in Berlin, oder Steinmetzen erklären sie zu ihren Schutzheiligen.

Literatur

Weblinks

 Commons: Quattuor Coronati – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kelsch: Quattuor Coronati. S. 6/7 (siehe Literatur)
  2. a b Kelsch: Quattuor Coronati. S. 8
  3. Kelsch: Quattuor Coronati. S. 13
  4. Kelsch: Quattuor Coronati. S. 8
  5. Kelsch: Quattuor Coronati. S. 11
  6. Abbildung des Siegels der Wiener Bauhütte mit den Vier Gekrönten: Geschichte des Wiener Baugewerbes auf portal.wko.at. Abgerufen am 13. Juli 2010
  7. Kelsch: Quattuor Coronati. S. 13–60
  8. Ekkart SauserVier Gekrönte. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 1378–1379.

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