Stadt der Toten (Kairo)

Stadt der Toten (Kairo)
Blick über die nördliche Totenstadt vom Dach der Grabmoschee Sultan Qaitbays (im Hintergrund sind u. a. die Kuppeln und Minarette der Grabkomplexe Sultan Barsbays und Sultan Faradschs zu erkennen

Als „Stadt der Toten“ werden zwei ausgedehnte, derzeit von etwa 300.000 Menschen bewohnte (!) Friedhofsbezirke am Ostrand Kairos bezeichnet. Das von den Einheimischen meist einfach al-Qarafa (arabisch ‏القرافة‎), d. h. „der Friedhof“, genannte Gebiet am Fuß der Muqattam-Berge erstreckt sich über mehrere Kilometer sowohl nördlich (nördliche Totenstadt) als auch südlich (südliche Totenstadt) der Zitadelle und wurde zu einer informellen Siedlung (Slum), als im 20. Jahrhundert immer mehr Menschen (auf der Suche nach Arbeit) in die ägyptische Hauptstadt strömten und wegen des akuten Platzmangels zum Teil auch das historische Friedhofsgelände besiedelten, welches im Mittelalter noch außerhalb Kairos in der Wüste lag.

Die heute von einem dichten Wege- und Straßennetz durchzogene Qarafa birgt neben einfachen Grabanlagen und Wohnhäusern auch eine Vielzahl historisch höchst bedeutsamer Bauten aus fast allen Epochen der islamischen Geschichte Ägyptens. Die wichtigsten dieser sehenswerten Monumente sind den folgenden Listen zu entnehmen.

Das 1946 errichtete Ahmad-Hasanain-Pascha-Mausoleum in der nördlichen Totenstadt (direkt an der Salah-Salim-Straße gegenüber der Maschyachat al-Azhar gelegen)
Gasse in der südlichen Totenstadt

Inhaltsverzeichnis

Nördliche Totenstadt

Die sog. nördliche Totenstadt, in der sich die Mausoleen von gleich fünf Sultanen finden, liegt nordöstlich der Zitadelle zwischen der Salah-Salim-Straße (‏شارع صلاح سالم‎) und der An-Nasr-Straße (‏طريق النصر‎).

Monument Baujahr oder -zeit Epoche (Dynastie)
Grab des Emirs Tasch-Temür 1334 Bahri-Mamluken
Grab der Prinzessin Tughay (Umm Anuk) vor 1348 Bahri-Mamluken
Grab der Prinzessin Tul(u)bay 1363/64 Bahri-Mamluken
Grabkomplex des Sultans Faradsch ibn Barquq 1400–1411 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Guzal 1403 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Dschani-Beg 1427 Burdschi-Mamluken
Grabkomplex des Sultans Barsbay 1432 Burdschi-Mamluken
Grab von (Sultan Barsbays Mutter) Chadidscha Umm al-Aschraf ca. 1430–1440 Burdschi-Mamluken
Grab von Emir Nasrallah (Kuz al-Asal) 1441 Burdschi-Mamluken
Grab des Sufi-Scheichs ar-Rifai Mitte 15. Jh. Burdschi-Mamluken
Grabkomplex des Sultans Inal 1451–1456 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Barsbay al-Badschasi 1456 Burdschi-Mamluken
Grabkomplex des Sultans Qaitbay 1472–1474 Burdschi-Mamluken
Grab des Sultans Qansuh I. 1499 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Azrumuk 1503 Burdschi-Mamluken
Grabkomplex des Emirs Qurqumas 1506/07 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Qurqumas 1511 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Sulaiman 1544 Osmanenherrschaft
Grabkomplex des Sufi-Scheichs Sidi al-Afifi und des Chediven Muhammad Taufiq Pascha 1894 Muhammad-Ali-Dynastie

Südliche Totenstadt

Die sog. südliche Totenstadt, welche noch größer ist als die nördliche, liegt im Süden der Zitadelle, östlich der Ibn-Tulun-Moschee. Sie reicht bis zum Stadtteil Maadi und lässt sich grob in das Gebiet zwischen der Saliba-Straße (‏شارع الصليبة‎) und dem Saiyida-Nafisa-Platz (‏ميدان السيدة نفيسة‎), einen Zentralbezirk (direkt südlich der Zitadelle) und die sog. kleine Qarafa (noch weiter südlich gelegen) unterteilen.

Monument Baujahr oder -zeit Epoche (Dynastie)
Kenotaph von Chadidscha um 959 Ichschididen
al-Luʾluʾa-Moschee („Perlen-Moschee“) 1016 Fatimiden
al-Dschuyuschi-Moschee (Schrein des Wesirs und Emirs Badr al-Dschamali) 1085 Fatimiden
Grab der Saiyida Atika (angeblich eine Tante des Propheten Muhammad) 1122 Fatimiden
Grab des Muhammad al-Dschafari (Sohn des 6. Imams Dschafar as-Sadiq) 1122 Fatimiden
Grab von Umm Kulthum (Urenkelin des 6. Imams Dschafar as-Sadiq) 1122 Fatimiden
Ichwat-Yusuf-Mausoleum („Mausoleum der Brüder Josephs“) 1125–1150 Fatimiden
Grab der Saiyida Ruqaiya (Tochter des 4. Kalifen Ali) 1133 Fatimiden
Schrein (Maschhad) des Yahya asch-Schabihi 1150 Fatimiden
Grab des al-Hasawati ca. 1150 Fatimiden
Mausoleum des Rechtsgelehrten asch-Schafii 1211 Aiyubiden
Tor und Iwan des Emirs Ismail ibn Thalab 1216 Aiyubiden
Mausoleum der Abbasidenkalifen (incl. der Gräber des Botschafters Abu Nadla und zweier Söhne Sultan Baybars’) 1242 Aiyubiden
Grab der Sultanin Schadschar(at) ad-Durr 1250 Aiyubiden
Mausoleum von Fatima-Chatun (Umm as-Salih, eine Frau Sultan Qalawuns) 1283/84 Bahri-Mamluken
Grab des as-Sawabi 1286 Bahri-Mamluken
Mausoleum des Sultans Chalil 1288 Bahri-Mamluken
Zawiya und Mausoleum des Oberqadis Zain ad-Din Yusuf 1298 Bahri-Mamluken
Grab des Badr ad-Din Ali al-Qarafi 1300 Bahri-Mamluken
Grab der Prinzessin Urdutakin (Turbat as-Sitt) ca. 1315 Bahri-Mamluken
Mausoleum-Chanqa-Komplex des Emirs Qausun 1335 Bahri-Mamluken
Mausoleum-Chanqa-Komplex der „Sultaniya“ (gemeint ist wohl die Mutter Sultan Hasans) ca. 1350 Bahri-Mamluken
Grab des Emirs Tankiz-Bugha 1359 Bahri-Mamluken
Moschee des Emirs Chuschqadam al-Ahmadi (zuvor Empfangssaal (Qaa) des Emirs Tasch-Temür al-Alai) 1366–1377 u. 1480–1489 Bahri- u. Burdschi-Mamluken
Grabkomplex des Sufi-Scheichs Umar ibn al-Farid ca. 1460 Burdschi-Mamluken
Mausoleum des Abdullah ad-Dakruri 1466 Burdschi-Mamluken
Grab des Emirs Sudun ca. 1505 Burdschi-Mamluken
Grab des Radwan Bey 1686 Osmanenherrschaft
Grab und Sabil-Kuttab (öffentlicher Trinkwasserbrunnen und Koranschule) des Radwan Bey ar-Razzaz 1754 Osmanenherrschaft
Moschee der Saiyida Aischa (Tochter des 6. Imams Dschafar as-Sadiq) 1762 (Neubau 1895) Osmanenherrschaft
Grab des Uthman Bey Qazdaghli 1766 Osmanenherrschaft
Gräber von Ali Bey al-Kabir und Ismail Bey al-Kabir 1773 Osmanenherrschaft
Hosch al-Bascha (Grabkomplex der Familie Muhammad Alis) 1854 Muhammad-Ali-Dynastie
Saiyida-Nafisa-Moschee 1897 Muhammad-Ali-Dynastie

Literatur und Weblinks

  • Caroline Williams: Islamic Monuments in Cairo – The Practical Guide. 6. Auflage. The American University in Cairo Press, Cairo 2008, ISBN 978-977-416-205-3.
  • Salah Ahmed El-Banasi: Mamluk Art – Splendour And Magic During The Reign Of The Sultans. Museum With No Frontiers, 2001, ISBN 1-874044-37-6.
  • Doris Behrens Abouseif: The Minarets of Cairo. The American University in Cairo Press, Cairo 1985, ISBN 977-424-035-9.
  • Doris Behrens Abouseif: Islamic Architecture in Cairo. Brill, Leiden 1989, ISBN 90-04-08677-3.
  • Hani Hamza: The Northern Cemetery of Cairo. The American University in Cairo Press, Cairo 2001, ISBN 977-424-618-7.

Weblinks

Siehe auch

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