Pyramiden (Spitzbergen)

Pyramiden (Spitzbergen)
Pyramiden (Svalbard und Jan Mayen)
Pyramiden
Pyramiden

Inhaltsverzeichnis

Pyramiden (russisch Пирамида) ist eine mittlerweile aufgegebene und unbewohnte Bergarbeitersiedlung auf Spitzbergen mit ehemals über 1.000 Einwohnern.

Pyramiden, der Ort unter dem gleichnamigen Berg
Der Hafen von Pyramiden und die Siedlung im Hintergrund
Kohleförderungsanlagen in Pyramiden

Pyramiden liegt am Billefjord, einem Ausläufer des Isfjord, etwa zwei bis drei Schiffsstunden nordöstlich von Longyearbyen, im sogenannten Dicksonland. Der Ort verdankt seinen Namen der pyramidenartigen Form des gleichnamigen Berges, an dessen Fuß er liegt.

Geschichte

1921 bis 2000

Nachdem zunächst ein schwedisches Unternehmen 1921 mit dem Kohleabbau begonnen hatte, wurden die Rechte in den späten 1920er Jahren durch den sowjetischen Trust Arktikugol erworben. Als Unterzeichnerstaat des Spitzbergen-Vertrags besaß auch die Sowjetunion das Recht, auf dem zu Norwegen gehörenden Archipel Rohstoffe abzubauen.

1941 wurde die Stadt als Schutz vor dem Krieg evakuiert, blieb jedoch bis auf das Gröbste unzerstört. Da die zweite russische Kohlesiedlung Barentsburg, welche heute noch in Betrieb ist, praktisch gänzlich zerstört wurde, war Pyramiden nach dem Zweiten Weltkrieg die wichtigste und größte Kohleabbausiedlung der russischen Regierung in der Arktis. Infolge von Glasnost wurde in Pyramiden neben des Kohleabbaus auch der Tourismus zu einer wichtigen Einnahmequelle der Stadt und ein großes Hotel wurde in Betrieb genommen.

Anfang der 90er Jahre wurden bereits die ersten Bewohner zurück in ihre Heimat (zumeist Russland oder die Ukraine) geschickt, da der Kohleabbau reduziert wurde und 1996 waren die meisten Familien nicht mehr vor Ort. Die russische Regierung beschloss 1998, den Kohleabbau in Pyramiden ganz stillzulegen, da dieser nicht mehr rentabel war. Am 3. März 1998 fuhr der letzte Kohlewagen und im Oktober wurde die Stadt mehr oder minder fluchtartig verlassen. Viele der Gebäude waren zu diesem Zeitpunkt nicht einmal 10 Jahre alt, da noch bis kurz vor Aufgabe der Stadt viel investiert wurde. Im Jahr 2000 hatten die letzten Bewohner die Siedlung verlassen und Pyramiden ist seitdem entvölkert. Damit ist Barentsburg die einzige verbliebene russische Ansiedlung auf Svalbard.

Zeitweise lebten hier rund 1.000 Menschen. Damit war Pyramiden einer der größten Orte Spitzbergens und zwischenzeitlich auch der nördlichste Ort der Welt.

Pyramiden heute

Im Inneren des alten Kohlekraftwerks. Über zehn Jahre nach der Aufgabe der Siedlung ist hier vieles nach wie vor gänzlich unverändert.

Nach der Aufgabe des Ortes wurden viele Gebäude geplündert und/oder durch Vandalismus in kleinen Teilen beschädigt; einzelne Gebäude wurden vor der Aufgabe des Ortes durch Sprengung zerstört. Lange stand zur Debatte, was mit dem Ort geschehen soll, weshalb viele Jahre der Zerfall an der Stadt genagt hat. Seit ein paar Jahren sind jeden Sommer nun eine Handvoll Arbeiter in Pyramiden tätig, die den Zerfall der Stadt verhindern sollen und vor Ort aufräumen. Zur Zeit leben diese in dem alten Hotel, welches nächstes Jahr eventuell für Tourismuszwecke wieder in Betrieb genommen werden soll, wobei die Auflagen hoch und die finanziellen Mittel sehr gering sind. Derzeit steht ein kleines Containerhotel am Hafen von Pyramiden, wo bis zu 20 Gästen die Möglichkeit zur Übernachtung haben.

Im Sommer ist Pyramiden außerdem mehrmals wöchentlich Ziel von organisierten Tagesausflügen mit dem Schiff aus Longyearbyen und es gibt Stadtführungen, bei denen einige der Gebäude unter Aufsicht betreten werden können. Des Weiteren beginnen viele Tourenveranstalter hier einige ihrer Trekkingtouren, da die Umgebung bestens für Touren geeignet ist. Ein paar Basiscamps liegen in erreichbarer Nähe.

Das Leben zur Zeit des Betriebes in Pyramiden

Gestaltung der Stadt

Hauptplatz von Pyramiden mit Leninstatue. Im Hintergrund der Nordenskjöldbreen Gletscher.

Bei Betrachtung Pyramidens fällt der typische "Ostbaustil" auf, jedoch sind Ansätze von Verschönerungen der sonst eher trübselig wirkenden Betonbauten zu sehen. Die meisten der Gebäude sind entweder mit Backsteinen oder Holzpaneelen verziert und teilweise auch farblich gestaltet. Auffallend ist auch die große Leninstatue vor dem Kulturhaus und ein paar wenige erhaltene kommunistische Propagandazeichen, obwohl die Stadt auch nach dem Fall der Sowjetunion noch in Betrieb war.

Auch bei der pflanzlichen Gestaltung gibt es in Pyramiden eine Besonderheit. Im Normalfall lässt die Vegetation der Arktis das Vorkommen vieler Gewächse nicht zu, doch die Betreiber Pyramidens importierten aus Russland Rasensamen und in der gesamten Stadt wächst bis heute hoher Rasen. Während die Stadt in Betrieb war, durften jedoch nur das Vieh und die Kinder den Rasen betreten.

Gebäude

Die meisten Gebäude der Stadt sind Wohnhäuser, da hier eine große Zahl an Bewohnern lebte. Des Weiteren gibt es Lagerhallen, Viehställe, ein Gewächshaus, ein Krankenhaus, das Hotel, eine Kantine, ein Kultur- bzw. Gemeinschaftshaus, eine Schule und ein Kindergarten, ein Schwimmbad, ein Elektrizitätswerk und eine Vielzahl an Gebäuden, die für den Kohleabbau zuständig waren, sprich Verwaltung, Werkstätten und die Abbaugebäude selbst. Heute sind die Bauten aufgrund des Vandalismus weitgehend durch die Regierung in Spitzbergen abgeschlossen und können in der Regel nur bei Führungen besichtigt werden. Eine Besonderheit ist das ein wenig abgelegene Flaschenhaus, welches lediglich aus Wodkaflaschen erbaut wurde. Bei gutem Wetter ist ein faszinierendes Farbenspiel zu sehen und bei Wind kann ein „Flaschenkonzert“ angehört werden.

Bewohner

Die Bewohner Pyramidens waren fast ausschließlich Familien von Bergarbeitern. Nach Pyramiden zu kommen, war in gewisser Weise für die Arbeiter eine Belohnung. Nur die besten Arbeiter aus verschiedenen Kohlesiedlungen in Russland und der Ukraine wurden nach Pyramiden versetzt und durften für zwei Jahre dort arbeiten und leben. Anschließend mussten sie wieder in ihre Heimat zurückkehren und wurden durch andere Arbeiter ersetzt. Berichten zufolge war das Leben in Pyramiden vor allem zu Zeiten der Sowjetunion deutlich besser als in Russland selbst.

Freizeit

Die alte Sporthalle von Pyramiden.

Obwohl der Aufenthalt der Bewohner nur zwei Jahre andauerte, herrschte in Pyramiden ein reges Leben neben der Arbeit. Neben einer Fußball- und Schwimmmannschaft gab es auch eine Jazzband und verschiedene Tanz- und Theatergruppen. Beinahe die gesamte Freizeit wurde im Kulturhaus verbracht, da dort sowohl eine Sporthalle als auch ein Ballettsaal, eine Aula mit Kinofunktion, diverse Musikräume und eine Bibliothek vorhanden waren. Im Kulturhaus hängen heute noch Bilder von Sportmannschaften und diversen Veranstaltungen und Auftritten in der Aula.

Versorgung

Der größte Teil der Versorgung konnte über Pyramiden selbst geregelt werden. Neben eines entfernten Stausees, von wo das Trinkwasser geliefert wurde, gab es die Viehzucht für Frischfleischversorgung und auch ein Gewächshaus für frisches Gemüse.

Galerie

Weblinks

 Commons: Pyramiden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Geisterstadt im Eis - Artikel in einestages

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