Tehrik-i-Taliban Pakistan

Tehrik-i-Taliban Pakistan
Die Federally Administered Tribal Areas (FATA) in Pakistan.

Tehrik-i-Taliban Pakistan (Urdu ‏تحریک طالبان پاکستان‎) oder kurz TTP ist eine pakistanische Terrororganisation, die ihre Basis in den Federally Administered Tribal Areas (FATA) in Pakistan hat. Die TTP teilt zwar einen Namen mit den afghanischen Taliban, agiert jedoch unabhängig mit eigener Führung sowie mit teils gänzlich anderen Zielen.[1][2] Während die TTP den pakistanischen Staat in Kämpfe verwickelt, waren die afghanischen Taliban in der Vergangenheit teilweise auf die Unterstützung Pakistans angewiesen[3][4] und werden auch heute noch von Pakistan unterstützt,[5] was die pakistanische Regierung aber vehement abstreitet.

Im Gegensatz dazu ist die TTP für Terroranschläge gegen Einrichtungen des pakistanischen Staates, auf Schiiten und Sufis in ganz Pakistan verantwortlich.[6][2] Bisher hat sie nahezu ausschließlich in Pakistan agiert.[6] Sie ist eine der Parteien im Konflikt in Nordwest-Pakistan.

Inhaltsverzeichnis

Unterschied: Afghanische vs pakistanische Taliban

Viele Regional-Experten wie Gilles Dorronsoro vom Carnegie Endowment for International Peace sind der Ansicht, dass der gemeinsame Name "Taliban" irreführend ist.[1] Offensiven der pakistanischen Armee gegen die pakistanische TTP wurden irrtümlicherweise als Offensiven gegen die afghanischen Taliban interpretiert, was nicht der Fall war.[1]

Während die TTP den pakistanischen Staat in Kämpfe verwickelt, waren die afghanischen Taliban in der Vergangenheit immer auf die Unterstützung Pakistans angewiesen[3][7] und werden auch heute noch von Pakistan unterstützt.[5] So bezeichnete ein ranghoher Mitarbeiter des pakistanischen Geheimdienstes ISI insbesondere das Haqqani-Netzwerk der Taliban als "pakistanischen Aktivposten".[5]

Die afghanischen Taliban sind nicht an den Anschlägen und Kampfeshandlungen der TTP gegen die pakistanische Armee beteiligt.[8] Die pakistanische Armee geht nicht gegen die afghanischen Taliban wie Mullah Omar oder das Haqqani-Netwerk vor.[1]

So erklärte auch ein Sprecher der afghanischen Taliban in Bezug auf die TTP:

"Wir möchten uns nicht mit ihnen zusammentun, wir haben jede Assoziierung mit pakistanischen Taliban-Kämpfern zurückgewiesen ... Wir haben Sympathien für sie als Muslime, aber ansonsten gibt es nichts zwischen uns."[8]

Geschichte

Anfänge

Die TTP wurde Ende 2007 von Baitullah Mehsud als Dachorganisation von 13 pakistanischen Gruppen gegründet.[2] 2009 kam es zu einem Machtkampf innerhalb der Gruppe als Baitullah Mehsud am 5. August von einer US-Drohne getötet wurde.[9] Aus den Kämpfen ging Hakimullah Mehsud als neuer Anführer hervor.[2]

Mehsud und seine Organisation wurden von der pakistanischen Regierung und der CIA für beide Attentate auf Benazir Bhutto verantwortlich gemacht, wobei das erste am 19. Oktober 2007 in Karatschi mehr als 200 Menschenleben forderte und das zweite am 27. Dezember 2007 in Rawalpindi mit dem Tode Bhuttos endete.[10] Die TTP bestreitet jedoch jegliche Verantwortung für die Ermordung Benazir Bhuttos und schiebt diese der Militärregierung unter dem ehemaligen pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf zu.[11]

Die TTP wird verdächtigt von Oktober 2009 bis September 2010 für 81 Selbstmordanschläge in Wasiristan verantwortlich zu sein bei denen 1 680 Menschen ums Leben kamen.[12]

2009 stürmten Kämpfer der Tehrik-i-Taliban Pakistan das Hauptquartier der pakistanischen Armee in Rawalpindi nahe Islamabad und nahmen Geiseln. Der Angriff forderte 22 Tote. Eine Woche danach startete die Armee eine Offensive gegen die TTP in den Stammesgebiete unter Bundesverwaltung.[13]

2011

Am 3. April 2011 kam es in einem Mausoleum für einen Sufi-Heiligen nahe von Dera Ghazi Khan zu einem Selbstmordanschlag mit 41 Toten. Zu der Tat bekannten sich die Tehrik-i-Taliban Pakistan.[14]

In der Nacht zum 23. Mai 2011 griff eine Gruppe von 15 mit Sturmgewehren und Granaten bewaffneten Männern den Marineflieger-Stützpunkt Mehran bei Karatschi an. Es dauerte 15 Stunden, bis die Streitkräfte den Stützpunkt wieder in ihre Gewalt brachten. Mindestens zehn Soldaten und drei Aufständische starben. Der TTP-Sprecher Ehsanullah Ehsan teilte mit, die sei die Rache für den Tod von Osama Bin Laden.[15][16]

Anfang Juni 2011 griffen etwa 300 Kämpfer der TTP in Upper Dir einen Grenzposten nach Afghanistan an. Bei dem 24 stündigen Gefecht kamen zwischen 24 und 50 Soldaten und 6 Zivilisten ums Leben.[17] Kurz danach am 8. Juni griffen etwa 100 TTP-Kämpfer einen Posten der pakistanischen Streitkräfte in Makeen an. Dabei kamen etwa 20 Menschen ums Leben.[18]

Am 19. September fand ein Selbstmordanschlag auf den leiteten Kriminalbeamten von Karatschi, Chaudhry Aslam, statt. Dabei starben acht Menschen. Chaudhry Asla blieb unverletzt. Die TTP bekannten sich zu dem Anschlag.[19]

Im November 2011 gab die pakistanische Regierung bekannt, dass seit etwa sechs Monaten Friedensgespräche stattfinden. Die TTP hätten als vertrauensbildende Maßnahme fünf gefangene Geheimdienstmitarbeiter freigelassen.[20]

Mit den TTP assoziierte Gruppen

Siehe auch

Literatur

  • Guido Steinberg, Christian Wagner und Nils Wörmer; Stiftung Wissenschaft und Politik (Hrsg.): Pakistan gegen die Taliban. Verhaftungswelle schwächt die Aufständischen, bedeutet aber noch keine strategische Kehrtwende. März 2010 (PDF 171KB, 8 S., swp-berlin.org, abgerufen am 25. Mai 2011).

Einzelnachweise

  1. a b c d Scott Shane: Insurgents Share a Name, but Pursue Different Goals. In: The New York Times, The New York Times Company, 22. Oktober 2009. Abgerufen am 26. Januar 2011. 
  2. a b c d Sascha Zastiral: Brutale Angriffe auf Schiiten. In: die tageszeitung. 16. Mai 2011, abgerufen am 16. Mai 2011 (deutsch).
  3. a b Documents Detail Years of Pakistani Support for Taliban, Extremists. George Washington University (2007). Abgerufen am 30. Juli 2011.
  4. Crisis of Impunity. Human Rights Watch (1. Juli 2001). Abgerufen am 30. Juli 2011.
  5. a b c U.S. attack on Taliban kills 23 in Pakistan, The New York Times, 9. September 2008
  6. a b Jayshree Bajoria; Greg Bruno (6. Mai 2010): Shared Goals for Pakistan's Militants. Council on Foreign Relations. Abgerufen am 26. Januar 2011.
  7. Crisis of Impunity. Human Rights Watch (1. Juli 2001). Abgerufen am 30. Juli 2011.
  8. a b Carlotta Gall, Ismail Khan, Pir Zubair Shah and Taimoor Shah: Pakistani and Afghan Taliban Unify in Face of U.S. Influx, New York Times. March 26, 2009. Abgerufen am 27. März 2009. 
  9. Barbara Elias: Know Thine Enemy. Why the Taliban Cannot Be Flipped. In: Foreign Affairs. Council on Foreign Relations, 2. November 2009, abgerufen am 25. Mai 2011 (englisch).
  10. Syed Saleem Shahzad: Vom Aufstand zum Krieg. In Pakistan sind neue Taliban-Gruppen entstanden. Sie haben das Kräfteverhältnis in Afghanistan verändert. In: Le Monde diplomatique. 10. Oktober 2008, abgerufen am 25. Mai 2011 (aus dem Französischen von Edgar Peinelt; Le Monde diplomatique Nr. 8705 vom 10. Oktober 2008, Seite 8-9).
  11. Ravi Nessman: Pakistan militants, Bhutto aides allege government coverup in assassination, Associated Press. 29. Dezember 2007. 
  12. Syed Saleem Shahzad: Afghanische Patrioten. In: Le Monde diplomatique. 8. Oktober 2010, abgerufen am 1. Juni 2011 (deutsch).
  13. Tote bei Angriff auf Marinebasis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 23. Mai 2011, abgerufen am 23. Mai 2011 (deutsch).
  14. ORF: Mindestens 41 Tote bei Anschlag in Pakistan
  15. Taliban attackieren Marinestützpunkt in Pakistan: Acht Soldaten getötet
  16. Nach Bin Ladens Tod: Taliban demütigen Pakistans Militär
  17. Gefecht dauerte 24 Stunden. In: ORF. 2. Juni 2011, abgerufen am 8. Juni 2011 (deutsch).
  18. Zweiter Angriff binnen einer Woche. In: ORF. 9. Juni 2011, abgerufen am 9. Juni 2011 (deutsch).
  19. Anschlag in Karachi. In: Neue Zürcher Zeitung. 19. September 2011, abgerufen am 19. September 2011 (deutsch).
  20. Pakistan verhandelt mit den Taliban. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. November 2011, abgerufen am 21. November 2011 (deutsch).

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