Nisko-Plan

Nisko-Plan

Der Nisko-Plan beinhaltete die Schaffung eines „Judenreservates“ in Nisko.

Geschichte

Am 21. September 1939 beorderte Adolf Hitler den Chef des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich und die Leiter der Einsatzgruppen aus dem neu eroberten Polen zu sich nach Berlin zum Rapport. Hitler hiess ein „Judenreservat“ an der östlichen Grenze des Deutschen Reiches gut. SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann war ein Teilnehmer der Konferenz. Er nahm sich dieser Aufgabe mit Eifer persönlich an. Eichmann veranlasste am 9. Oktober desselben Jahres südwestlich von Lublin ein Barackenlager zu bauen.[1] Dies sollte als Durchgangslager dienen. Von der Wiener jüdischen Gemeinde forderte er eine Liste mit 1.000 bis 1.200 Arbeitern bestehend aus Tischlern, Zimmermännern und Mechanikern anzufertigen und diese für 4 Wochen für einen Aufenthalt in Mährisch-Ostrau abzukommandieren. Wien, so versprach Eichmann, sollte so binnen Dreivierteljahren „judenfrei“ gemacht werden. Zwischen dem 12. und dem 15. Oktober 1939 suchte Eichmann zwischen Krakau und Warschau einen Standort für sein Lager. Er fand es in Nisko am Fluss San.[2]

Zwischen dem 19. und dem 20. kamen drei Transportzüge an. Aus Mährisch-Ostrau (901), Wien (912) und Kattowitz (875) wurden die Deportierten nach Nisko gebracht. Eichmann nannte die Angelegenheit zynisch „Umschulungslager“ gegenüber der jüdischen Gemeinde Wien und malte ein rosiges Bild von einer neuen Existenz der Juden im Osten.[3] Die Realität sah anders aus: Aus den Deportierten wurden die Arbeiter ausgesondert. Diese mussten auf einer aufgeweichten Wiese nahe Zarzecze ein Barrackenlager errichten. Die Anderen wurden verjagt, mit der Drohung ja nicht wieder zurückzukommen.

Am 27. Oktober folgen weitere Judentransporte mit insgesamt 2.072 Insassen aus Kattowitz und Wien. Weitere Deportationen erfolgten nicht, weil die Eisenbahnbrücke über den San bei Sosnowiec unpassierbar war.[4] Der letzte Versuch, weitere Juden nach Nisko zu deportieren schlug fehl, weil die Wehrmacht alle Transportmittel für sich beanspruchte. Im April 1940 wurde das Lager aufgelöst und die verbliebenen 501 Juden zurück nach Österreich oder Kattowitz geschickt.[5] Heinrich Himmler stoppte das Experiment und gab dafür technische Schwierigkeiten an. Er war zuständig für die Ansiedelung der Volksdeutschen aus den besetzten Gebieten. Sie hatte für ihn Vorrang und bedurfte der selben Transportkapazitäten.[6] Das Scheitern seines Plans machte Adolf Eichmann kurzfristig einen Strich durch den Plan. Es hatte jedoch keinen Einfluss auf seine Karriere.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Browning, Christopher, Die Entfesselung der Endlösung, München 2003, S. 65ff.
  2. Browning, S. 69.
  3. Browning, S. 70.
  4. Browning, S. 71.
  5. Goshen, Seev: Eichmann und die Nisko-Aktion im Oktober 1939. Eine Fallstudie zur NS-Judenpolitik in der letzten Etappe vor der Endlösung, in: Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte 29 (1981), S. 74-96.
  6. Browning, S. 73f.

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