Museum Wäschefabrik

Museum Wäschefabrik

Das Museum Wäschefabrik ist in Bielefeld beheimatet und zeigt die Arbeitsbedingungen in einer Wäschefabrik in der Mitte des 20. Jahrhunderts am Originalschauplatz.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Geschichte der Wäschefabrik

1899 übernahmen Hugo Juhl und Max Helmke die jüdische Bielefelder Wäschefirma "Dahl&Co, die seit 1872 bestand, nachdem der Firmengründer 1899 gestorben war von seiner Witwe. Sie waren beide führende Angestellte der Firma 1906 wurde die Wäschefabrik als Vereinigte Wäschefabriken Juhl & Helmke gegründet.1911 schied Max Helmke aus der Firma aus. 1912 wurde mit dem Bau des heutigen Gebäudes in der Viktoriastraße 48a begonnen. Da Bauplätze rar waren, wurde das kombinierte Fabrikgebäude im Stile einer Fabrikvilla auf dem Hinterhof errichtet. Es diente gleichzeitig als Wohnung für den jüdischen Fabrikgründer Hugo Juhl und seine Familie.

Nach einer zwischenzeitlichen Expansion in der Viktoriastraße 65 wurde die Produktion Mitte der 1920er Jahre infolge der Weltwirtschaftskrise wieder auf das Hauptgebäude konsolidiert. Genäht wurden Bett- und Tischwäsche, Nacht- und Unterwäsche sowie Herrenhemden und Damenblusen.

1938 verkaufte Juhl die Wäschefabrik, der Enteignung vorgreifend, an die Brüder Theodor und Georg Winkel aus Dresden, die dort einen Verlag für katholische Schriften betrieben. Die Fabrik wurde umbenannt in Vereinigte Wäschefabriken Th. und G. Winkel. Die Brüder wohnten zunächst weiterhin in Dresden und ließen die Wäschefabrik durch drei Prokuristen verwalten. 1944 wurden die Nähmaschinen ausgelagert, um Kriegsbeschädigung zu verhindern. Das Gebäude der Wäschefabrik wurde allerdings im Krieg nur leicht beschädigt. Andererseits wurde das Gebäude, in dem die Maschinen eingelagert wurden, zerstört, wodurch auch ein erheblicher Teil der Maschinen unbrauchbar wurde. Bereits kurz nach Kriegsende wurde die Produktion mit den verbleibenden Maschinen wieder aufgenommen. 1948 zogen Theodor und Georg Winkel nach Bielefeld in das Fabrikgebäude.

Nach anfänglichem Aufschwung in den 1950er Jahren gingen die Aufträge in den 1960er Jahren zurück. Die letzten Investitionen wurden 1962 getätigt. Auf Grund der einsetzenden Textilkrise und der Konkurrenz aus großindustrieller Produktion, die zunehmend in so genannten „Billiglohnländer” stattfand, gingen die Aufträge und damit die Belegschaft ständig zurück. Waren zu Hochzeiten 19xx noch xx Beschäftigte, so waren es Ende der 1970er Jahre nur noch vier. 1981 starb Georg Winkel. Theodor Winkel führte das Unternehmen noch weiter, allerdings gab es nur noch gelegentlich Aufträge, für die stundenweise Näherinnen angestellt wurden.

Geschichte des Museums

1986 entdeckte ein Industriefotograf, der an der Fachhochschule seine Diplomarbeit schrieb, die Wäschefabrik. Im darauf folgenden Jahr wurde ein Förderverein,„Projekt Wäschefabrik e.V.”, gegründet, der sich für den Erhalt der Wäschefabrik einsetzte. Das Gebäude wurde 1987 unter Denkmalschutz gestellt. 1993 konnte der Förderverein das Gebäude erwerben und in ehrenamtlicher Arbeit zum Museum umgestalten. 1997 wurde die Fabrik als Museum Wäschefabrik eröffnet. 1998 wurde in den Räumlichkeiten für den Film Sturmzeit Szenen in einem Nähsaal der 1920er Jahre gedreht. Im Jahre 2000 zeichnete das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz den Förderverein mit dem „Deutschen Preis für Denkmalschutz“ aus: die Silberne Halbkugel. Das Museum ist Teil des European Textile Network (ETNET) und verschiedener lokaler Industriedenkmalrouten.

Ausstellung

Das Museum besitzt keine Ausstellung im herkömmlichen Sinne, sondern ist ein begehbares Denkmal. An den Originalarbeitsplätzen werden durch Stelen Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Räumlichkeiten und den Arbeitsbedingungen gegeben. Eine Medienpräsentation im Eingangsbereich des Museums vergegenwärtigt die Geschichte der Gründerfamilie Juhl. Das Museum stellt ein einzigartiges Zeugnis der Industriekultur der 1960 Jahre da; seitdem wurden keine Veränderungen an den Räumlichkeiten durchgeführt.

Die Nähmaschinen wurden so lange benutzt, wie sie noch reparierbar waren. Moderneres Material wurde nur angeschafft, wenn Erweiterungen vorgenommen wurden. Allerdings waren die neu angeschafften Maschinen häufig auf dem neusten Stand, da durch einen Vertrag mit den benachbarten Dürkopp-Werken Vorserien-Modelle aufgestellt wurden, um sie im realen Betrieb zu testen. Insgesamt beherbergt der Nähsaal über 50 Näh- und Stickmaschinen, die zwischen 1914 und 1962 gebaut wurden, zumeist von Bielefelder Herstellern wie Dürkopp, Adler und Phönix, aber auch von Singer.

Da das Museum von einem Förderverein betrieben wird, ist es nur sonntags von 11-18 Uhr geöffnet. Unter der Woche bieten Mitglieder des Fördervereins auf Anfrage für Besuchergruppen individuelle Führungen durch die Fabrik an. Einmal im Monat finden Führungen durch das umliegende Bielefelder Spinnereiviertel und das Gebäude statt. Ebenfalls einmal im Monat wird in Stick- und Nähvorführungen der Umgang mit den historischen Maschinen demonstriert. Zweimal im Monat und verstärkt in den Schulferien werden für Kinder museumspädagogische Veranstaltungen zum Mitmachen angeboten. Von Frühjahr bis Herbst gibt es in der Unternehmerwohnung den "Kleinen Kultursalon": hier wird mit Musik, Kabarett, Vorträgen und Lesungen die Idee des musikalischen und literarischen Salons wiederbelebt.

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