Mordserie

Mordserie

Als Mordserie werden mehrere Morde bezeichnet, die eine einzelne Person, der Serienmörder, in einem zeitlichem Abstand voneinander verübt, der Monate oder Jahre betragen kann. Die Häufigkeit des weltweiten Phänomens Mordserie ist im Verhältnis zu Einzelmorden sehr gering.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzung des Begriffs

Das U.S. Department of Justice - FBI definiert ‚Serienmord‘ als

„Serial Murder: the unlawful killing of two or more victims by the same offender(s), in separate events“

– U.S. Department of Justice - Federal Bureau of Investigation[1]

Nach einer Kategorisierung ist der Serienmord eine „Untergattung“ des „Multizides“ (lat. Mehrfachtötung). Der Serienmord ist nicht mit dem Massenmord, z. B. dem Amoklauf, oder dem Rauschmord (von „spree-killer“; spree = engl. für „Rausch“) zu verwechseln. Bei sadistisch verübten Taten kann oft eine sexuell lustorientierte Bedeutung in die Serientötung interpretiert werden. Die Taten weisen dann oft eine spezifische Signatur (z.B. eine spezielle Tötungsart) des Täters auf.

Es existieren unterschiedliche Ansichten, welche Vorkommnisse als Mordserie zu bezeichnen sind. In der Regel werden staatlich befehligte oder politisch beabsichtigte Formen der Massentötung nicht dazu gezählt. Zu diesen Ausnahmen zählen zum Beispiel Genozide, politische Attentate, Kriege, Vollstreckungen der Todesstrafe. Gleiches gilt für einzelne Gewaltausbrüche (Amokläufe, Rauschmord) oder gewinnorientierte Auftragsmorde.

Verbrechensbekämpfung

In den 1980er Jahren begann man Serienmorde in den USA zu thematisieren. Beim FBI befassten sich zuerst Robert Ressler und John E. Douglas mit dem neuen Verbrechertypus. Die Ergebnisse von Untersuchungen und Befragung von gefassten Tätern veränderten die Fahndungsmethoden und führten zur Schaffung von Sondereinheiten. Auch in europäischen Ländern erfolgten Fallanalysen und eine verhaltenspsychologische Erforschung der Phänotypen (z. B. durch Thomas Müller, Stephan Harbort, Profiler Paul Britton), deren Ergebnisse in die polizeiliche Ermittlungsarbeit eingeht. Dadurch können heute Mörder (z. B. Jürgen Bartsch, Jack Unterweger) identifiziert werden, deren Taten sich als Serienmord zusammenfassen lassen.

Um Serienmorde identifizieren zu können, werden Datenanalysesysteme wie das VICAP und vom BKA das ViCLAS benutzt, in denen Morde und Sexualdelikte erfasst sind. Fallanalytiker können mit einem solchen System nach Täterprofilen suchen, um Zusammenhänge zwischen verschiedenen kriminellen Gewalttaten aufzudecken. Das Bundesministerium des Innerns beschloss die Einführung von Expertenteams für die Operative Fallanalyse in allen LKAs.

Seit 1945 wurden in Deutschland bis zum Jahr 2000 22 sexuell motivierte Serienmörder und 54 Serienraubmörder gefasst. Dabei wurden 8,4 % aller Raub- und Sexualmorde von Serientätern begangen. In ihrem Umfeld sind sie unauffällig und sozial angepasst. Nach Harbort werden Serienraubmörder im Durchschnitt nach 3¼ Jahren gefasst und sind in 88,9 % der Fälle zuvor strafrechtlich erfasst worden. Viele Seriensexualmörder wohnen in Großstädten, sind zwischen 16 und 36 Jahren alt, ledig oder geschieden, kinderlos und werden im Schnitt nach 4½ Jahre gefasst. Von den sexuell motivierten Serienmörder haben 82 % ein auffälliges Sexualverhalten, wie z. B. Fetischismus und sind oft zuvor bereits wegen Sexualdelikten erfasst worden.

Motivation

Im Gegensatz zu einzelnen Tötungsdelikten, die oft als Beziehungstaten (z. B. im Affekt bei einem Streit) gesehen werden können, sind Serientaten schwieriger nachvollziehbar, da meistens keine vordeliktische Beziehung zwischen Täter und Opfer bestand. In Deutschland ist nach Harbort der Serienmörder mäßig bis durchschnittlich intelligent und sucht sich Opfer meist aus seiner Wohnumgebung in einem Radius von 30 km.

Unter anderem werden neurologische Hirnschädigungen, frühkindliche psychische Verletzungen sowie familiäre Kälte, Gewalt und Alkoholismus als mögliche Faktoren für diese Taten gesehen. Bei sadistischen Mehrfachmördern spielt die Fantasie als Tatmotiv und für die konkrete und detaillierte Tatgestaltung eine Rolle. Der Täter folgt während der Tat dem Handlungsfaden, der in der Fantasie entwickelt wurde. Der Mord kann im Nachhinein mehrfach durchlebt werden, was vorübergehend eine Befriedigung verschafft. Mit der Zeit kommt es dann zu einer emotionalen Abkühlung und einer neuen Tat.

Einen anderen Ansatz zur Erklärung von Serientötungen verfolgen die Evolutionäre Psychologie und Anthropologie. Zum Beispiel erklären David Buss oder Elliott Leyton solche Taten als Folge von mangelndem sozialen Erfolg und sozialem Status von Serienmörder wie z. B. Charles Manson, Jeffrey Dahmer oder Charles Starkweather. Nach dieser Erklärung üben die Täter Vergeltung für ihren sozialen Misserfolg und versuchen mit diesen Taten einen berüchtigten Ruf zu erlangen.[2]

Öffentliche Wahrnehmung

Die öffentliche Wahrnehmung von Serienmorden und -tätern wird durch verschiedene Medien geprägt, neben Berichtserstattungen in Zeitungen und Fernsehen auch durch z. B. Verfilmungen.

Literatur

  • David M. Buss: The Murderer Next Door. Why the mind is designed to kill.. Penguin, 2005, ISBN 978-0143037057.
  • Peter Fink: Immer wieder töten. Serienmörder und das Erstellen von Täterprofilen.. Verlag Deutsche Polizeiliteratur, 2001, ISBN 3-8011-0447-8.
  • Stephan Harbort: Mörderisches Profil. Phänomen Serientäter.. Heyne, 2004, ISBN 3-453-87880-9.
  • Stephan Harbort: Das Hannibal-Syndrom. Phänomen Serienmord.. Piper, 2003, ISBN 3-492-23650-2.
  • Stephan Harbort: Das Serienmörder-Prinzip.. Piper, 2008, ISBN 978-3-492-25025-2.
  • Thomas Knecht: Bericht über individuelle Entwicklung und stammesgeschichtliche Aspekte von Serienmördern. In: Kriminalistik, 65. Jg., 2001, Nr. 4, S. 261 - 266
  • Thomas Müller: Bestie Mensch. Tarnung. Lüge. Strategie.. Ecowin, 2006, ISBN 978-3-499-62092-8.
  • Frank J. Robertz, Alexandra Thomas (Hg.): Serienmord. Kriminologische und kulturwissenschaftliche Skizzierungen eines ungeheuerlichen Phänomens.. Belleville, 2004, ISBN 3-936298-09-2.

Weblinks

 Commons: Serienmörder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Serial Murder, Multi-Disciplinary Perspectives for Investigators. U.S. Department of Justice - Federal Bureau of Investigation (Behavioral Analysis Unit/National Center for the Analysis of Violent Crime), August, 2005, S. 9, abgerufen am 9. Januar 2011.
  2. D. M. Buss: The Murderer Next Door.. Why the mind is designed to kill. Penguin, 2005, ISBN 978-0143037057, S. 219-228.

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