Charlotte Corday

Charlotte Corday
Charlotte Marie-Anne Corday
Charlotte Marie-Anne Corday, Gemälde von Paul Jacques Aimé Baudry, 1858

Marie Anne Charlotte Corday d'Armont (* 27. Juli 1768 in der ehemaligen Ortschaft Les Ligneries (heute Les Champeaux), Frankreich; † 17. Juli 1793 in Paris) war eine französische Adlige und Urenkelin des Dramatikers Pierre Corneille, die durch den Mord an Jean-Paul Marat Berühmtheit erlangte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Charlotte Corday entstammte einer verarmten Familie des niederen Adels. Sie wurde in der ehemaligen Ortschaft Les Ligneries im Weiler Ronceray geboren und in der Kirche Saint-Saturnin getauft. Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1781 besuchte sie die Klosterschule der Abtei de la Trinité,[1] in der eine ihrer Tanten als Nonne lebte. Die Abtei wurde am 1. März 1791 aufgrund der Französischen Revolution aufgelöst und Charlotte Corday zog zu einer anderen Tante, deren Gesellschafterin sie wurde.[2]

Als die Französische Revolution ausbrach, begrüßte sie diese zunächst. Im Laufe der immer gewaltsamer werdenden Ausschreitungen sah sie jedoch ihre aufklärerischen Ideale verraten. Jean-Paul Marat hielt sie für den Hauptübeltäter, der durch seine Nähe zum Volk dieses manipuliere und es zu unzivilisierten Gräueltaten und Morden aufhetze. In der Beseitigung Marats sah sie die Rettung Frankreichs.

Marats Ermordung

Nachdem die gemäßigten Girondisten von der radikalen jakobinischen Bergpartei verdrängt wurden, entschied sich Charlotte Corday, eine Anhängerin der Girondisten, dazu, das Blutregime der Jakobiner zu beenden. Sie wollte die treibende Kraft, die hinter den Septembermorden und der Vernichtung der Girondisten steckte, damit also den Hauptverantwortlichen für die Schreckensherrschaft, zur Rechenschaft ziehen.

Sie entschloss sich, den Führer der Jakobiner, Jean-Paul Marat, dessen Einfluss sie weit überschätzte, umzubringen. Am 9. Juli 1793 fuhr sie von Caen, wo sie bei ihrer Cousine gelebt hatte, in einer Postkutsche nach Paris und erstand ein Küchenmesser mit einer 20 cm langen Klinge. In ihrem Hotelzimmer schrieb sie die Adresse aux Français amis des lois et de la paix (An Frankreichs Freunde von Recht und Frieden), in der sie die geplante Tat erklärte. Sie hatte eigentlich vorgehabt, ihn am 14. Juli, dem Jahrestag des Sturms auf die Bastille, in der Öffentlichkeit zu erstechen. Doch Marat war wegen seines quälenden Hautleidens (wahrscheinlich Dermatitis herpetiformis Duhring[3]) an die Badewanne gefesselt. Unter dem Vorwand, dass sie einige Girondisten aus ihrer Heimatstadt Caen, einer Hochburg der Konterrevolution, denunzieren wolle, suchte sie Marat am 13. Juli 1793 auf, wurde aber von Simone Evrard, Marats Lebensgefährtin, nicht eingelassen. Sie fuhr zurück in ihr Hotel, kündigte ihren Besuch schriftlich an und fuhr noch am selben Tag zurück zu Marats Wohnung, ohne Antwort erhalten zu haben.

Diesmal wurde sie zu Marat vorgelassen. In der Wanne sitzend notierte er die Namen der Girondisten, die sie ihm nannte. Dann zog Charlotte Corday das Messer aus ihrem Schal und stach ihn so heftig in Hals und Brust, dass die Lunge, die linke Herzkammer und die Aorta zerrissen wurden; Marat konnte zwar noch um Hilfe rufen, war aber so gut wie sofort tot. Ein herbeieilender Redakteur des „Ami du Peuple“ soll Corday niedergeschlagen haben, woraufhin sie festgenommen wurde. Zu keinem Zeitpunkt leistete sie Widerstand.

Zum Verteidiger im folgenden Prozess wurde Claude François Chauveau-Lagarde bestellt, der später auch Marie Antoinette vertreten sollte. Um jeden Anschein von patriotischem Idealismus zu vertuschen, wies ihn der Präsident des Revolutionstribunals an, im Namen seiner Mandantin auf Geisteskrankheit zu plädieren. Chauveau-Lagarde konnte sich dieser Anweisung nicht widersetzen, so sehr er für die Tat auch Verständnis aufbrachte, machte aber mit geschliffenen zweideutigen Reden den Prozess zu einer Farce. Corday selbst sagte aus, dass sie die Tat allein ausgeführt habe. In Anspielung auf eine Äußerung Robespierres vor der Hinrichtung König Ludwigs XVI. sagte sie: „Ich habe einen Mann getötet, um hunderttausend zu retten.“[4]

Allerdings machte sie Marat durch ihre Tat nur noch mehr zu einem Helden und Märtyrer, dessen Werk fortgesetzt werden müsse. Seine Büsten und Statuen ersetzten die Kruzifixe und Heiligenbilder, die unter dem neuen Regime nicht länger erwünscht waren. Corday selbst erlangte durch den Mord den Status einer Märtyrerin der Konterrevolution. Am 17. Juli 1793, vier Tage nach Marats Ermordung, wurde sie guillotiniert.

Bearbeitungen in der Kunst

Charlotte Corday von Hauer; Musée Lambinet, Versailles

Das tragische Ende der Charlotte Corday inspirierte mehrere Künstler, darunter Klopstock, Gleim, Engel Christine Westphalen und Erika Mitterer zu ihrem Drama Charlotte Corday.

Jacques-Louis David stellte in seinem Gemälde Der Tod des Marat den Toten in ikonenhafter Pose in seiner Badewanne dar. Aus einem ganz anderen Blickwinkel sah Paul Baudry in seinem Gemälde Charlotte Marie-Anne Corday aus dem Jahr 1860 sowohl dem Titel nach als auch in der Interpretation die Tat: Corday, anstatt Marat, wurde handelnde Heldin. Der Maler Johann Jakob Hauer war als Kommandant für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Section Théâtre-Français zuständig und konnte daher die prominenten Gefangenen besuchen. Von ihm liegt ein realistisches Portrait Charlotte Cordays vor.

Auch Peter Weiss bezieht sich in seinem Drama Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade auf das historische Ereignis.

Bearbeitungen in der Musik

Der Komponist Josef Schelb (1894-1977) machte Charlotte Corday auf der Grundlage eines Librettos von Friedrich Baser zur Heldin seiner Oper „Charlotte Corday“ (1940-1943).

Der schottische Sänger und Komponist Al Stewart veröffentliche 1993 in seinem Album Famous Last Words den Song Charlotte Corday, der vom Geist Cordays auf der Suche nach Vergebung handelt.

Sonstiges

  • Nach der Enthauptung hob einer der Helfer des Henkers, ein Mann namens Legros, den abgeschlagenen Kopf aus dem Korb und versetzte ihm einen Schlag auf die Wange. Augenzeugen berichteten von einem Ausdruck „eindeutiger Entrüstung“ auf ihrem Gesicht. Der Schlag wurde als inakzeptable Verletzung der selbst bei Hinrichtungen geltenden Etikette betrachtet und Legros wurde mit drei Monaten Gefängnis bestraft.
  • Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass Charlotte Corday noch Jungfrau war.
  • Cordays Körper wurde in einem Massengrab nahe Ludwig XVI. beerdigt; unklar ist, ob auch ihr Kopf mit ihr bestattet oder als Kuriosität zurückbehalten wurde. Angeblich soll sich der Schädel bis ins 20. Jahrhundert im Besitz der Familie Bonaparte und ihrer Nachkommen befunden haben, die ihn von M.George Duruy erworben habe, in dessen Besitz er wiederum über seine Tante gekommen sei.

Briefe

  • Charlotte de Corday d’Armont: Véritables lettres de Marie-Anne-Charlotte Corday, écrites à son père, à Barbaroux, et autres scélérats qui avoient connoissance de son crime, suivies de la conduite qu’elle a tenue jusqu’à l’échafaud. Lachave, Paris (auf Gallica). (französisch)

Literatur

Weblinks

 Commons: Charlotte Corday – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Yves Lecouturier: Célèbres de Normandie. Orep Editions, 2007, ISBN 978-2-915762-13-6, S. 39. (französisch)
  2. Gilles Rissignol: Le Guide du Calvados. 2 Auflage. Le Manufacture, Lyon 1994, ISBN 9782737703706, S. 67. (Französisch)
  3. http://dermatology.med.nyu.edu/node/440
  4. http://www.histoire-de-france.org/charlotte-corday-marat-p92.html

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