Marthe Louise Vogt

Marthe Louise Vogt

Marthe Louise Vogt (* 8. September 1903 in Berlin; † 9. September 2003 in San Diego, Kalifornien) war eine deutsche Pharmakologin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marthe Vogt war die ältere von zwei Töchtern von Oskar Vogt und Cécile Vogt, beide Ärzte und Hirnforscher. Die Eltern arbeiteten 1903 im Neurobiologischen Laboratorium der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität, der späteren Humboldt-Universität, das Oskar Vogt leitete und das 1914 im – wiederum von Oskar Vogt geleiteten – Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch, dem späteren Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main, aufging.[1] Marthe Vogt erwarb Doktorgrade in Medizin und Chemie und wurde dann Assistentin im Berliner Pharmakologischen Institut bei Paul Trendelenburg. Nach dessen frühem Tod leitete sie die Abteilung Neurochemie im Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung.[1] Oskar Vogts anti-nationalsozialistische Haltung führte zu seiner Kündigung durch den Reichsminister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Bernhard Rust. Ein Rockefeller-Stipendium ermöglichte es Marthe, die ihres Vaters Haltung teilte, von 1935 bis 1936 zu Henry Hallett Dale am National Institute for Medical Research in Hampstead bei London zu gehen. Hier traf sie Wilhelm Feldberg, ebenfalls ein Rockefeller-Stipendiat, der 1933 als Jude von der Berliner Universität entlassen worden war. Es folgten Stationen am Department of Pharmacology in Cambridge und am College of the Pharmaceutical Society in London. Die Chance zum Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe gab ihr 1946 John Henry Gaddum am Department of Pharmacology in Edinburgh. Von 1960 bis 1966 leitete sie die Pharmakologische Abteilung des Agricultural Research Council Institute of Animal Physiology in Babraham bei Cambridge. Dort blieb sie auch im Ruhestand tätig, bis das Nachlassen ihrer Sehkraft sie 1990 veranlasste, zu ihrer zehn Jahre jüngeren Schwester Marguerite nach San Diego, Kalifornien, überzusiedeln.[2][3]

Forschung

Marthe Vogt war Neuropharmakologin. Hier sind zwei ihrer wichtigsten Entdeckungen.

Erstens hat sie 1936, in ihrer Zeit in Hampstead, zusammen mit Dale und Feldberg bewiesen, dass Acetylcholin nicht nur, wie seit Otto Loewi bekannt, ein Neurotransmitter im vegetativen Nervensystem ist, sondern auch der Neurotransmitter der Motoneurone zum Skelettmuskel.[4] Dale hat 1936, also während Marthe Vogt bei ihm arbeitete, zusammen mit Loewi den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhalten; beiden wurde er wegen ihrer Entdeckungen von Neurotransmittern verliehen.

Zweitens hat Marthe Vogt 1954, jetzt in Edinburgh und als einzige Autorin, nachgewiesen, dass die Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin im Gehirn nicht nur Neurotransmitter in der Wand der Gehirn-Blutgefäße sind, sondern Neurotransmitter in Neuronen des Gehirns selbst. [5] 'Mit Acetylcholin waren Noradrenalin und Adrenalin die ersten überhaupt identifizierten Transmittersubstanzen des Gehirns.

Ohne Marthe Vogts Entdeckungen wären zum Beispiel die Wirkungen der Muskelrelaxantien und der Psychopharmaka nicht zu erklären.

Ehrungen

Marthe Vogt wurde 1952 zum Mitglied der britischen Royal Society gewählt und erhielt 1981 die Royal Medal dieser Gesellschaft (The Queen's Medal). 1974 erhielt sie die Schmiedeberg-Plakette der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft. Edinburgh und Cambridge verliehen ihr Ehrendoktorate. [2] [6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Heinz Bielka: Geschichte der Medizinisch-Biologischen Institute Berlin-Buch. Springer, Berlin 2002. ISBN 3-540-42842-9
  2. a b Erich Muscholl: http://www.dgpt-online.de/html/material/Nachruf_Vogt.pdf
  3. Ullrich Trendelenburg: Verfolgte deutschsprachige Pharmakologen 1933-1945. Frechen, Dr. Schrör 2006. ISBN 3-9806004-7-5
  4. H.H. Dale, W. Feldberg und M. Vogt: Release of acetylcholine at voluntary motor nerve endings. Journal of Physiology 1936; 86:353-380
  5. Marthe Vogt: The concentration of sympathin in different parts of the central nervous system under normal conditions and after the administration of drugs. Journal of Physiology 1954; 123:451-481
  6. http://www.pa2online.org/articles/article.jsp?volume=2&issue=4&article=20

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