Charles Sherrington

Charles Sherrington

Sir Charles Scott Sherrington (* 27. November 1857 in London; † 4. März 1952 in Eastbourne/Sussex) war ein britischer Neurophysiologe. Für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der Funktionen der Neuronen erhielt er 1932 gemeinsam mit Edgar Douglas Adrian den Nobelpreis für Medizin.

1897 prägte er den Begriff Synapse. Sherringtons Verdienst war es, das Spezialgebiet der Neurologie in der heutigen Konzeption physiologisch begründet zu haben.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Charles Scott Sherrington wurde am 27. November 1857 als einer von vier Söhnen von James Norton Sherrington in London geboren. Seine frühe Erziehung empfing er in einem Gymnasium in Ipswich, wo er sich so intensiv mit dem Studium der alten Sprachen, hauptsächlich Latein und Griechisch, befasste, dass er die klassischen Sprachen fließend lesen konnte. Sherringtons Interesse für das Nervensystem wurde 1881 auf dem Internationalen Kongress für Medizin in London wachgerufen, als der Physiologe Friedrich Leopold Goltz aus Straßburg seine entrindeten Hunde demonstrierte. Sherrington bat Goltz, den Rest des Nervensystems seiner entrindeten Tiere untersuchen zu dürfen. Goltz gab ihm die Erlaubnis hierzu; mit diesen Untersuchungen, die er zusammen mit dem Professor für Physiologie, John Newport Langley, in Cambridge durchführte, begann seine Laufbahn als Neurophysiologe. 1884 veröffentlichten Sherrington und Langley den ersten Bericht, nachdem Sherrington drei Jahre lang als undergraduate in Cambridge gearbeitet hatte.

Während der Ausbildungszeit nach seinem Staatsexamen verbrachte Sherrington längere Zeit in Deutschland. In Berlin besuchte er die Vorlesungen von Hermann von Helmholtz, für den er tiefe Bewunderung empfand. Andererseits hielt er Du Bois-Reymond für einen äußerst faszinierenden Dozenten. Der Ausbildung auf dem Kontinent folgte seine erste Berufung als Dozent der Physiologie ans St.-Thomas-Hospital; später wurde er zum Professor und ärztlichen Direktor des Brown-Institutes ernannt (1891). Sherrington blieb hier vier Jahre lang und wurde dann auf den Lehrstuhl der Physiologie nach Liverpool berufen. Einige seiner besten Arbeiten über das Nervensystem waren auf den Forschungen am Brown-Institut aufgebaut, unter anderem auch seine Monografie über periphere Verteilung der Fasern aus den hinteren Rückenmarkswurzeln. Auch seine Untersuchungen über die reziproke Innervation antagonistischer Muskeln begannen in dieser Zeit.

Als nächstes nahm Sherrington Untersuchungen an sensiblen Dermatomen vor, indem er drei aufeinanderfolgende hintere Nervenwurzeln unterbrach und die Verteilung sensibler Ausfallerscheinungen analysierte. Nachdem dies festgestellt war, wandte er seine Aufmerksamkeit dem Phänomen der Enthirnungsstarre („decerebrate rigidity“) zu, die er dann zum ersten Mal in den Croonian-Vorlesungen, 1897, beschrieb. Wie viele junge Wissenschaftler, wurde auch er dazu ausgenutzt, einen speziellen Abschnitt für das Lehrbuch der Physiologie von Michael Foster zu schreiben. In diesem Buch führte er den Ausdruck Synapse (griech. συναψις = Verbindung) in die Neurologie ein, der sofort übernommen wurde und seither allgemein in Gebrauch ist.

Im Jahre 1906 erschien sein Buch über „die integrative Tätigkeit des Nervensystems“, das die Silliman-Vorträge zur Grundlage hatte. Diese Arbeit von Sherrington bedeutete einen Wendepunkt der experimentellen Physiologie des Menschen, weil hier zum ersten Mal Hughlings Jacksons Begriffe von dem Ursprung der Funktion erklärt wurden und viele neue Bezeichnungen einführte; sie werden heute von den Neurophysiologen der ganzen Welt gebraucht (z. B. Propriozeption und Nozizeptoren).

Im Jahre 1913 wurde Sherrington nach Oxford berufen, um hier als Nachfolger von Francis Gotch den Lehrstuhl für Physiologie zu übernehmen. Nach Kriegsende stürzte er sich in seine Forschungen über Mechanismen der Körperhaltung, die durch den Krieg unterbrochen worden waren, mit seinem neuen Mitarbeiter E.G.T. Liddell. Mit Hilfe eines optischen Myografen begann er die Erforschung der „myotatischen“ Reflexe, die durch Dehnung eines Muskels ausgelöst werden.

Im Alter philosophierte er über den Sinn seines Lebenswerkes. In einer 1933 vor der Universität Cambridge gehaltenen Rede über „das Gehirn und seine Mechanismen“ (The brain and its mechanism) verweilte er längere Zeit bei dem Thema „das Hirn als Organ des Geistes“. Er kam zu dem Schluss, dass keine klare Beziehung zwischen Leib und Seele nachgewiesen werden könnte. Als ihm 1931 in Bern ein Ehrentitel verliehen wurde, hielt der Physiologe Leon Asher eine kurze Ansprache, in der er von Sherrington als dem „Philosophen des Nervensystems“ sprach. Viele Teilnehmer dieses Festaktes hatten geglaubt, dass Sherrington längst tot sei; sein persönliches Auftreten nach der Ansprache löste den lauten Jubel einer riesigen Hörerschaft aus. Diese Ovation brachte Sir Charles zuerst aus der Fassung, dann bedankte er sich mit gewohnter Liebenswürdigkeit.

Weitere Ehrungen

Die Royal Society verlieh ihm 1905 die Royal Medal, 1927 die Copley Medal.

Ausgewählte Werke

  • The Integrative Action of the Nervous System New York, Charles Scribner's Sons, 1906
  • Mammalian physiology. Oxford and London, 1919.
  • The Reflex Activity of the Spinal Cord Oxford, 1932.
  • The Brain and Its Mechanism. Cambridge, 1933
  • Man on His Nature The Gifford lectures, Edinburgh: New York: MacMillan, 1937-1938.

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