Magistrat (Deutschland)

Magistrat (Deutschland)

Der Magistrat (lat. magistratus „Obrigkeit“) ist in Deutschland ein Kollegialorgan an der Spitze der Verwaltung einer Stadt mit Magistratsverfassung; in einer Gemeinde ohne Stadtrechte nennt sich dieses Organ Gemeindevorstand.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Mittelalter diente der Begriff in Anknüpfung an die antiken Magistraturen als Bezeichnung für ein Kollegium gewählter städtischer Amtsträger. So wurden die Berliner städtischen Amtsträger seit 1808 als Magistrat bezeichnet. Mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 erfolgte eine umfassende Regelung. Nach dem Auseinanderbrechen der städtischen Verwaltung 1948 wurde durch die sowjetische Militärregierung die Bezeichnung Magistrat von Groß-Berlin geschaffen, die man in Ost-Berlin bis zur Bildung des ersten gemeinsamen Senats am 11. Januar 1991 beibehielt.

Deutschland

Eine Magistratsverfassung sehen heute nur noch die Gemeindeordnung des Landes Hessen und die Verfassung der Stadt Bremerhaven[1] vor. In den übrigen Flächenstaaten gelten Bürgermeister- oder Ratsverfassungen.

Der Magistrat besteht aus dem (Ober-)Bürgermeister sowie haupt- und ehrenamtlichen Stadträten. Er bildet die Spitze der Verwaltung einer Stadt. Den Stadträten werden oft einzelne oder mehrere Dezernate zugeordnet, beispielsweise Bau, Bildung, Finanzen, Freizeit, Gesundheit, Kultur, Sicherheit, Sport, Umwelt oder Verkehr. Die Zuordnung trägt dabei der Frage Rechnung, ob die Magistratsmitglieder hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig sind. Entsprechendes regelt die Hauptsatzung der Gemeinde.

Die Kompetenzen, die in anderen Bundesländern auf den Bürgermeister konzentriert sind, werden zwischen dem Magistrat und dem Bürgermeister aufgeteilt. Der jeweilige Bürgermeister hat sich also im Kollegium des Magistrats abzustimmen und kann die Stadträte nicht zu bestimmtem Handeln anweisen.

Ursprünglich wurde der Bürgermeister in der Magistratsverfassung von der jeweiligen Gemeindevertretung (in Bremerhaven und Hessen: Stadtverordnetenversammlung oder bei kleineren hessischen Gemeinden Gemeindevertretung) gewählt.

Hessen

In der Hessischen Gemeindeordnung wird in § 9 Abs. 2 HGO ausdrücklich geregelt, dass der Gemeindevorstand in Städten als Magistrat bezeichnet wird.[2] Seit 1993 findet in Hessen die Direktwahl der Bürgermeister statt (§ 39 Abs. 1a HGO).[3] In Gemeinden ohne Stadtrecht heißt das dem Magistrat entsprechende Organ Gemeindevorstand, die Stadträte heißen dort Beigeordnete. Die ehrenamtlichen Stadträte und Beigeordneten werden von der Gemeindevertretung für die Dauer der eigenen Wahlzeit gewählt.

Bremerhaven

Die Stadtverordnetenversammlung wählt die Bürgermeister und die hauptamtlichen Stadträte für eine Wahlperiode von sechs Jahren (derzeit: bis 2011). Die ehrenamtlichen Stadträte werden für die Dauer der Wahlperiode der Stadtverordnetenversammlung gewählt (derzeit: bis 2011).

Berlin

Hauptartikel: Senat von Berlin

Von 1808 bis 1948 wurde Berlin von einem Magistrat verwaltet.

In der geteilten Stadt gab es von 1948 bis 1990 den Senat in Westberlin und die Stadtverwaltung von Ost-Berlin (Berlin, Hauptstadt der DDR), die traditionell die Bezeichnung Magistrat führte. In anderen Städten der DDR war die Bezeichnung jedoch „Rat der Stadt“.

Einzelnachweise

  1. Verfassung der Stadt Bremerhaven
  2. § 9 HGO bei hessenrecht.de
  3. § 39 HGO bei hessenrecht.de

Siehe auch


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