Charles Hubert Parry

Charles Hubert Parry
Charles Hubert H. Parry

Sir Charles Hubert Hastings Parry (* 27. Februar 1848 in Bournemouth, Dorset; † 7. Oktober 1918 in Knight's Croft, Rustington, Sussex) war ein englischer Komponist.

Charles Hubert Hastings Parry wurde als zweiter Sohn von Thomas Gabier Parry in eine Familie der englischen Oberschicht geboren, deren Reichtum auf seinen Großvater Thomas Parry zurückging, einen Direktor der East India Company. Seine schulische Bildung erhielt Hubert Parry am Eton College. Bereits in dieser Zeit wurden die Grundlagen seiner musikalischen Ausbildung gelegt - weniger an der Schule selbst als in der benachbarten St. George's Chapel in Windsor, in der Parry von George Elvey in Chormusik unterwiesen wurde. Noch in seiner Schulzeit erhielt Parry den Bachelor für Musik in Oxford.

In den Schulferien studierte er bei Henry Hugo Pierson in Stuttgart, formalen Kompositionsunterricht erhielt er später bei dem seinerzeit erfolgreichen Komponisten William Sterndale Bennett in London. Nach der Schule heiratete Parry die Schwester seines Freundes George Herbert, dem 13. Earl of Pembroke, Maude, deren fragiler Gesundheitszustand mehrere Kuraufenthalte im Ausland nötig werden ließ und Parrys Karriere als Komponist in den ersten Jahren stark behinderte. Zur Sicherung seines Lebensunterhalts wurde er deshalb Angestellter von Lloyd’s of London.

In London knüpfte er eine Freundschaft zu Edward Dannreuther, einem bekannten Pianisten und Verehrer der Musik Richard Wagners. Dannreuther war es denn auch, der Parrys erstes großes Werk, das Klavierkonzert in Fis-Dur, 1880 im Crystal Palace uraufführte. Auch wegen seiner ungewöhnlichen Tonart wurde das Werk mit Skepsis aufgenommen. Parry hatte dann jedoch einen größeren Erfolg mit seiner Kantate Prometheus Unbound - basierend auf dem fragmentarischen Versdrama Percy Bysshe Shelleys -, die sein späterer Professorenkollege Sir Charles Villiers Stanford am 7. September desselben Jahres beim Gloucester Festival aus der Taufe hob. In den folgenden Jahren etablierte sich Parry mit Werken wie der Ode Blest Pair of Sirens (1887), der Ode on Saint Cecilia's Day (1889), Judith (1888) und Job (1892) als einer der führenden englischen Komponisten für Chormusik . Parry komponierte auch fünf große Sinfonien, die als bedeutendste eines britischen Komponisten vor Edward Elgar gelten, deren Erfolg allerdings - anders als der der beiden Symphonien Elgars - weitgehend auf Großbritannien begrenzt blieb.

Als wichtigste seiner großangelegten, in ihrer Zeit oft aufgeführten Chorwerke gelten heute die „Sinfonia Sacra“ The Soul's Ransom, untertitelt Ein Psalm für die Armen, vor allem aber die säkulare Kantate The Lotos Eaters nach einem Gedicht des berühmtesten viktorianischen Dichters, Sir Alfred Lord Tennyson aus dem Jahr 1833. Wie seine Symphonien gerieten jedoch auch die Chorwerke Parrys nach dessen Tod zunehmend in Vergessenheit - mit Ausnahme seiner Hymne Jerusalem („And did those feet in ancient time...“) nach einem Gedicht von William Blake, die fester Bestandteil der englischen Kirchenmusik wurde und sich zu einer jener inoffiziellen Nationalhymnen entwickelte, die gerne alljährlich im patriotischen Ausklang der Proms-Konzerte in London gesungen werden.

Ende 1882 nahm Parry auf Einladung von Sir George Grove einen Lehrauftrag für Musikgeschichte am neu geschaffenen Royal College of Music an, dessen Direktor er schließlich 1894 wurde und bis zu seinem Tode blieb. Zusammen mit dem dort ebenfalls lehrenden Stanford bereitete Parry an der Schwelle zum 20. Jahrhundert der sogenannten „English Musical Renaissance“ um Ralph Vaughan Williams den Boden, zu deren Vertretern auch Arthur Bliss, John Ireland und Gustav Holst gehören. Mit ihnen erreichte die britische Musik nach einem Jahrhundert der Isolation endlich auch wieder ein internationales Publikum. Ebenfalls 1882 wurde seine Erste Symphonie in Birmingham uraufgeführt.

1900 übernahm Parry zusätzlich die Professur von John Stainer an der Universität von Oxford.

Parrys eigene Musik ist stark von Bach und Brahms geprägt. Seine späten Werke sind formal sehr experimentell und unkonventiell, wie die sechs Ethnischen Kantaten, die fünfte Sinfonie (genannt Symphonic Phantasia 1912) oder seine einzige Sinfonische Dichtung From Death to Life. Er hatte damit jedoch nur wenig Erfolg, obwohl beispielsweise Elgar und Vaughan Williams diese Musik sehr schätzten.

Nach Jahrzehnten des Vergessens rückten ab Anfang der 1970er Jahre Neueininspielungen von Parrys Werken dessen kompositorisches Schaffen wieder ins rechte Licht. Insbesondere die Sinfonischen Variationen von 1897 gelten heute gleichrangig mit jenen Antonín Dvořáks und den Haydn-Variationen von Johannes Brahms als hervorragender Beitrag zur Variationskunst in der Orchesterliteratur. Anfang der 1990er wurden schließlich alle fünf Sinfonien Parrys neu aufgenommen - bis dahin lag nur die 5. Sinfonie unter Adrian Boult noch auf Schallplatte vor. Diese Einspielungen, ebenso wie die der kürzeren Orchesterstücke und aller wichtigen Chorwerke, erlauben heute ein differenzierteres Bild von Parry, der oberflächlichen Beobachtern (ebenso wie Stanford) lange klischeehaft als Verkörperung eines steifen, rückwärtsgewandten Viktorianismus galt.

Werke

  • Sinfonien
    • Sinfonie Nr.1 in G-Dur (1882)
    • Sinfonie Nr.2 in F-Dur, "The Cambridge" (1883)
    • Sinfonie Nr.3 in C-Dur, "The English" (1889)
    • Sinfonie Nr.4 in e-moll (1889)
    • Sinfonie Nr.5 in h-moll, "Symphonische Fantasie 1912" (1912)
  • Konzertante Werke
    • Konzert für Klavier und Orchester in Fis-Dur (1880)
  • div. Orchesterwerke
    • Konzertstück in g-moll (1877)
    • Overture to an Unwritten Tragedy (1893)
    • Lady Radnor's Suite (für Streichorchester, 1894)
    • Elegie für Brahms in a-moll (1897)
    • Sinfonische Variationen e-Moll (1897)
    • An English Suite (für Streichorchester, 1914-1918)
    • From Death to Life -Symphonische Dichtung in zwei verbundenen Sätzen (1914)
  • Chorwerke
    • Evening Service, in D-Dur ("The Great") (1882)
    • Hear My Words, Ye People (für Chor und Orgel, (1894)
    • The Lotos Eaters - für Sopran, Chor und Orchester (1902)
    • The Soul's Ransom -Sinfonia Sacra für Sopran, Bass, Chor und Orchester (1906)
    • Jerusalem (für Chor und Orgel, 1916) - Fassung für Chor und Orchester eingerichtet von Edward Elgar
    • Songs of Farewell (1916-1918)

Diskographische Hinweise

  • Sinfonien 1-5 (komplett): The London Philharmonic Orchestra, Matthias Bamert, Chandos CHAN 9120-22
  • Sinfonie Nr.2, "The Cambridge", Symphonic Variations, Overture to an Unwritten Tragedy: Royal Scottish National Orchestra, Andrew Penny, NAXOS 8.553469
  • Klavierkonzert in Fis-Dur: Piers Lane, BBC Scottish Symphony Orchestra, Martyn Brabbins, Hyperion CDA66820 (mit Charles Villiers Stanford, Klavierkonzert Nr.1 in G-Dur)
  • Overture to an Unwritten Tragedy, An English Suite, Lady Radnor's Suite, Symphonic Variations: The London Symphony Orchestra, The London Philharmonic Orchestra, Sir Adrian Boult, Lyrita SRCD220
  • The Soul's Ransom/The Lotos Eaters: Della Jones, David Wilson-Johnson, The London Philharmonic Choir and Orchestra, Matthias Bamert, Chandos CHAN 8990
  • I Was Glad: The Cathedral Music of Sir Hubert Parry: Choir of St. George's Chapel, Windsor, Christopher Robinson, Hyperion CDA66273

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