Liste römischer Kanäle

Liste römischer Kanäle
Datei:Fossa Corbulonis map.png
Die Fossa Corbulonis verband den Rhein und die Maas kurz vor ihrer Mündung in die Nordsee.
Überreste von Neros unvollendetem Kanal von Korinth, der denselben Verlauf wie der moderne Durchstich nahm.

Die Liste römischer Kanäle führt Kanalbauten der römischen Antike auf. Die Kanäle der Römer dienten gewöhnlich mehreren Zwecken wie der Bewässerung, Entwässerung, Landgewinnung, dem Hochwasserschutz und als Wasserstraße. Der Schwerpunkt liegt im folgenden auf den größeren Bauten, insbesondere den Schiffahrtskanälen, wie sie von antiken Geographen überliefert und durch die moderne Archäologie ergraben wurden. Nicht aufgeführt werden römische Wasserleitungskanäle (Aquädukte), die zur urbanen Wasserversorgung errichtet wurden.

Einfache Schleusen zur Wasserstandsregulierung wurden erstmals durch hellenistische Ingenieure im antiken Suezkanal verwendet (3. Jh. v. Chr.).[1][2][3] Auch die Römer unter Trajan installierten am Ausgang zum Roten Meer Schleusen, während sie am anderen Ende den Wasserzufluss durch eine Verlängerung des Nilkanals bis auf die Höhe des heutigen Kairos verbesserten.[4] Die Existenz von Doppelschleusen zur Überwindung von Höhenunterschieden wurde verschiedentlich angenommen,[5][6][7] konnte aber bislang mangels eindeutiger archäologischer Indizien nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.[8]

Inhaltsverzeichnis

Kanäle

Italien

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
2. Jh. v. Chr. Südlich Linie ModenaParma Entwässerung Zur Trockenlegung von Flächen am Unterlauf des Po von Marcus Aemilius Scaurus erbaut [9]
2. Jh. v. Chr. Gegend um Bologna, Piacenza und Cremona Entwässerung Zur Trockenlegung von Flächen am Unterlauf des Po von Marcus Aemilius Lepidus erbaut [9]
1. Jh. v. Chr. Forum Appii–Terracina Entwässerung Zur Trockenlegung der Pontinischen Sümpfe; bei Überschwemmung der Via Appia als Schifffahrtskanal (mittels Treideln) genutzt [9][10][11]
Ende 1. Jh. v. Chr. FerraraPadua Binnenland zur Küste Von Augustus zur Anbindung Ravennas an Po-Mündung erbaut (Fossa Augusta) [9]
Vor Ende 1. Jh. n. Chr. Fossa Flavia, Fossa Carbonaria, Fossa Philistina, Fossa Clodia Entwässerung Plinius dem Älteren zufolge zur Trockenlegung des Po-Mündungsgebiets errichtet; Verlandung macht Lokalisierung heutzutage unmöglich [9][10]

Gallien

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
101 v. Chr. RhoneFos-sur-Mer (Fossa Mariana) Binnenland zur Küste Von Marius zur Nachschubsicherung im Kampf gegen die Teutonen durch die Crau-Ebene bis in die Umgebung von Arles gezogen [9][10][11]
 ? NarbonneFluss Aude Binnenland zur Küste Eröffnete Narbonne Zugang zum Mittelmeer; 13 km lang [9]

Germanien

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
12 v. Chr. RheinIJssel (Fossa Drusiana) Binnenland zur Küste Zur raschen Entsendung von Truppen an die friesische Küste, ohne auf die raue Nordsee vor der Rheinmündung hinausfahren zu müssen; 14 km lang [9][10][11]
Ca. 9 v. Chr. Rhein-Damm Binnenland Von Drusus zur Wasserrückhaltung für Schifffahrt auf Fossa Drusiana errichtet; vom aufständischen Civilis 70 n. Chr. zerstört [9]
47 n. Chr. Rhein–Maas (Fossa Corbulonis) Binnenland Ermöglichte Befahrung beider Flüsse, ohne in die Nordsee stechen zu müssen; ca. 35 km lang [9][11]

Britannien

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
Ca. 1. Jh. n. Chr. Fluss CamFluss Ouse (Car Dyke) Entwässerung Zur Landgewinnung in Fenland; auch schiffbar [9]
 ? Fluss Ouse–Fluss Nene Entwässerung [9]
 ? Fluss Nene–Fluss Witham  ? [9]
 ? Fluss Witham–Fluss Trent (Foss Dyke)  ? [9]

Ägypten

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
Nicht später als 112 n. Chr. NilRotes Meer (Antiker Sueskanal) Binnenland zur Küste Trajans Kanal verband wie der ptolemäische Vorgängerkanal, der erstmals durch Schleusen reguliert wurde,[12] das Mittelmeer und das Rote Meer nicht direkt miteinander, sondern über den Nilstrom. Anders als die griechische Wasserstraße, die vom pelusischen Arm abging, nahm das römische Bauwerk seinen Anfang am Hauptstrom des Nils, 60 km weiter südlich auf der Höhe von Babylon. Die beiden Kanäle mündeten nach ihrer Vereinigung bei Bilbeis schließlich im Golf von Sues nahe der antiken Stadt Arsinoe. [13]

Mösien

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
101 n. Chr. Donau-Umgehungskanal Binnenland Zwecks Umschiffung der gefährlichen Stromschnellen am Eisernen Tor erbaut; früher am serbischen Ufer bei Sip auf einer Länge von 3.220 m im Gelände nachweisbar [14][15]
2.–6. Jh. n. Chr. Donau-Umgehungskanal Binnenland Laut Prokopios zur sicheren Vorbeifahrt an den Überresten der Trajansbrücke errichtet, welche den Flussverkehr behinderten; auf serbischer Seite bei Kladovo ausgehoben [16]

Kanalprojekte

Im folgenden sind römische Kanalprojekte aufgelistet, die aus unterschiedlichen Gründen niemals realisiert wurden.

Bauzeit Verbindung Kanaltypus Historie Nachweis
Ca. 54–68 n. Chr. RomOstia Binnenland zur Küste Von Nero geplant [9]
Ca. 54–68 n. Chr. Puteoli–Ostia Binnenland zur Küste Ausgehend vom Averner See bei Puteoli sollte der Kanal nach Neros Vorstellungen parallel zum Mittelmeer verlaufen; Gesamtlänge hätte 160 römische Meilen betragen [9]
Ca. 54–68 n. Chr. Isthmus von Korinth (heutiger Kanal von Korinth) Küste zur Küste Zur Vermeidung der langen und gefährlichen Umschiffung der Peloponnes geplant; Gegenstand zahlreicher nie verwirklichter Kanalprojekte, die den Diolkos-Schiffkarrenweg ersetzt hätten; ernsthafte Aushubarbeiten wurden von Nero in Angriff genommen, aber nach seinem Tod eingestellt [9][10][11]
55 n. Chr. SaôneMosel (heutiger Canal de l’Est) Binnenland Weiteres ambitioniertes Projekt: hätte Mittelmeer mit Nordsee über Rhone, Saône, Mosel und Rhein verbunden; setzte allerdings Kenntnis der Doppelschleuse in der Antike voraus, wofür aber keine eindeutigen Belege existieren; gleichwohl wurde der Plan letztlich nicht aus technischen Gründen, sondern aufgrund politischer Intrigen fallengelassen [9][10][11]
111 n. Chr. Sapanca-See–Marmarameer (Plinius-Kanal) Binnenland zur Küste Zur Erleichterung des Warentransports vom Hinterland an die Küste; Gegenstand eines erhaltenen Briefwechsels zwischen Statthalter Plinius dem Jüngeren und Kaiser Trajan; hätte Höhenunterschied von 32 m überwinden müssen [9][10][11][17]

Einzelnachweise

  1. Moore 1950, S. 99–101
  2. Froriep 1986, S. 46
  3. Schörner 2000, S. 33–35
  4. Schörner 2000, S. 36
  5. Moore 1950, S. 98ff.
  6. Froriep 1986, S. 46
  7. Schörner 2000, S. 39
  8. Wikander 2000, S. 326
  9. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s White 1984, S. 227–229, Tabelle 6
  10. a b c d e f g Wikander 2000, S. 328–330
  11. a b c d e f g Grewe 2008, S. 333–336
  12. Schörner 2000, S. 33f.
  13. Schörner 2000, S. 36f.
  14. Tudor 1974, S. 38
  15. Serban 2009, S. 333
  16. Tudor 1974, S. 68f., 80
  17. Froriep 1986, S. 39–50

Literatur

  • Siegfried Froriep (1986): „Ein Wasserweg in Bithynien. Bemühungen der Römer, Byzantiner und Osmanen“, Antike Welt, 2. Sondernr., S. 39–50
  • Klaus Grewe (2008): „Tunnels and Canals“, in: Oleson, John Peter (Hrsg.): The Oxford Handbook of Engineering and Technology in the Classical World, Oxford University Press, S. 319–336, ISBN 978-0-19-518731-1
  • Frank Gardner Moore (1950): „Three Canal Projects, Roman and Byzantine“, in: American Journal of Archaeology, Bd. 54, Nr. 2, S. 97–111
  • Hadwiga Schörner (2000): „Künstliche Schiffahrtskanäle in der Antike. Der sogenannte antike Suez-Kanal“, in: Skyllis, Bd. 3, Nr. 1, S. 28–43
  • Marko Serban (2009): „Trajan’s Bridge over the Danube“, in: The International Journal of Nautical Archaeology, Bd. 38, Nr. 2, S. 331–342
  • D. Tudor (1974): Les ponts romains du Bas-Danube, Bibliotheca Historica Romaniae Études, Bd. 51, Editura Academiei Republicii Socialiste România, Bukarest, S. 47–134
  • K. D. White (1984): Greek and Roman Technology, Thames and Hudson, London, S. 110–112; 227–229, Tabelle 6
  • Charlotte Wikander (2000): „Canals“, in: Wikander, Örjan (Hrsg.): Handbook of Ancient Water Technology, Technology and Change in History, Bd. 2, Brill, Leiden, S. 321–330, ISBN 90-04-11123-9

Weblinks

 Commons: Römische Kanäle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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