Lieberoser Heide

Lieberoser Heide
51.93537514.327888
Lieberoser Heide

Die Lieberoser Heide ist ein Gebiet, das südlich von Lieberose und nördlich von Peitz gelegen, von der Bundesstraße 168 in Nord-Süd-Richtung zwischen beiden Städten durchquert wird. Von der Bevölkerung „Klein Sibirien“ genannt, ist sie Teil des ehemaligen Truppenübungsplatzes Lieberose in Brandenburg.

Inhaltsverzeichnis

Lage

In einer eiszeitlich geprägten Moränenlandschaft, bewachsen von Kiefernwäldern und ausgedehnten Sandheiden, sowie nährstoffarmen Heidemooren und -seen, befindet sich der im Osten der Lieberoser Hochfläche gelegene ehemalige Truppenübungsplatz Lieberose. Er hatte eine Größe von 25.500 Hektar, von West nach Ost 28 km lang, von Nord nach Süd 12 km breit. Davon gehören der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg 3.150 Hektar[1].

Geschichte

Warnschild Munitionsbelastung

Ursprünglich ein Waldgebiet, das zu Teilen seit dem 16. Jahrhundert im Besitz der Grafen von der Schulenburg und Houwald war. Die Übernutzung des Waldes sorgte dafür, das im 18. Jahrhundert eine Heidelandschaft entstand.

Nach einem Waldbrand im Mai 1942, der Basis für Brandstiftungen[2] auf den verbliebenen Flächen war, wurde nun mit der Einrichtung des Groß-Truppenübungsplatzes „Kurmark“ durch die Waffen-SS begonnen. Um Arbeitskräfte zu beschaffen, wurde die Außenstelle Lieberose des KZ Sachsenhausen eingerichtet, das in den Jahren 1945 bis 1947 als sowjetisches Internierungslager genutzt wurde.

Die ursprünglich angedachte Nutzung des Platzes als militärisches Übungsgebiet erfolgte jedoch erst mit der Räumung des SS-Truppenübungsplatzes auf Grund der Annäherung der Roten Armee ab Mitte April 1945.[3][4] Die Rote Armee übernahm den Truppenübungsplatz und begann ihn ab 1954 weiter auszubauen. Alle vorhandenen Siedlungen und die Spreewald-Kleinbahntrasse wurden zurück gebaut.

Bereits durch die Bodenreform erfolgte die Enteignung der Besitzer und ein Übergang in staatliche Forstreviere. Über verschiedene Strukturen erfolgte schließlich die Gründung des „Militärforstbetriebes (VEB) Lieberose“. Lieberose war der einzige sowjetische Truppenübungsplatz in der DDR, auf dem die Liegenschaftsverwaltung durch einen deutschen Militärforstbetrieb erfolgte.

Bis 1992 wurde das Gelände als Schießplatz der GSSD und vor allem für Großraummanöverübungen des Warschauer Paktes genutzt, unter anderem als Übungsgelände für chemische Waffen, es gab einen Feldflugplatz, Artillerie-, Panzer-, Raketen- und Luft-Boden-Schießplatz. Nach dem Abzug der Streitkräfte 1992 entschied sich die Bundeswehr im Jahre 1994 gegen eine weitere Nutzung des Geländes und es erfolgte die Übertragung der Flächen des Truppenübungsplatzes Lieberose an des Land Brandenburg. Das Land veräußerte einige Teilflächen an Privatpersonen, darunter auch die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg.

Daraufhin erfolgte für das Gelände:

Natur

In dem abgeschlossenen Gebiet entwickelte sich eine große Artenvielfalt, da weite Teile des Geländes (etwa vier Fünftel) nur selten oder gar nicht militärisch belastet wurden, während andere Flächen intensiv genutzt wurden. Untersuchungen ergaben beispielsweise über 100 Brutvogelarten, über 400 Schmetterlings-, rund 220 Hautflügler- und 55 Libellenarten. Davon sind mindestens 240 in ihrem Bestand gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste, wie See- und Fischadler, Wiedehopf, Brachpieper, Ziegenmelker, Raufuß- und Sperlingskauz, Wolf, Fischotter, Großes Mausohr, Eremit, Hirschkäfer, Europäischer Laubfrosch, Östliche Smaragdeidechse, Bärentraube oder verschiedene Sonnentau- und Orchideenarten.

Durch die Verwüstungen des Gebietes entstanden auf den Sandböden sogar Binnendünen, so dass das Ende der militärischen Nutzung ein sinnvolles Konzept nach sich ziehen musste, vor allem auf Grund der hohen Munitionsbelastung des Geländes.

Seit Ende 2009 ist die feste Ansiedlung eines Wolfes in der Lieberoser Heide bekannt. Ende Januar 2010 wurden Tiere mit Hilfe einer automatischen Fotofalle aufgenommen, welche im Jahre 2011 für Nachwuchs sorgten[5]. Im Eigenjagdbezirk der Stiftung finden sich Reh-, Rot-, Schwarz- und Muffelwild, aber auch Fuchs, Marderhund, Waschbär und Dachs.

Um die Flächen der „Lieberoser Heide“ der Bevölkerung zugänglich zu machen, wurde im Jahre 2003 der „Förderverein Nationalpark Lieberoser Heide e.V.“ und im Jahre 2007 die „Interessengemeinschaft Freie Lieberoser Heide e.V.“ gegründet. Ziel dieser Vereine ist vor allem die Dekontaminierung und die teilweise Erschließung des Gebietes auf historischen Wegen, wie der ehemaligen Trassen der Pferdebahn, der Spreewaldbahn und der stillgelegten Bahnlinie Frankfurt (Oder) - Cottbus. Weiterhin soll die Ausweisung eines Totalreservates verhindert werden, damit weiterhin „nutzend, pflegend und lenkend“ durch den Menschen eingegriffen werden kann und das Gebiet für Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd nutzbar bleibt[6]. In den Teilen des Totalreservates „Lieberoser Endmoräne“ ist ein Eingriff in den Bestand nur bei Seuchen oder zur Regulation des Bestandes in Abstimmung mit der „Unteren Naturschutzbehörde“ möglich. Waldentwicklung wird durch Einschlag in den einförmigen Kiefernforsten unterstützt, die Fällung von Nadelbäumen am Rande von und in Mooren dient der Verbesserung des Wasserhaushaltes, und als Maßnahmen zur Wasserrückhaltung in Mooren und Stillgewässern.

Tourismus

Die „Stiftung Naturlandschaften Brandenburg“ führt Wanderungen in dem Gebiet durch, zum Teil in sorbischer Sprache, aber auch „Wüstenwanderungen". Gäste werden mit einem Shuttlebus vom etwa 30 Minuten entfernten Naturcampingplatz „Ludwig Leichhardt“ Zaue abgeholt und durch die 2,5 km² große baum- und strauchfreie Fläche der „Lieberoser Heide“ geführt.

Links

Einzelnachweise

  1. Lagekarte
  2. Nachnutzung des ehemaligen Truppenübungsplatzes Lieberose Diplomarbeit im Studiengang Stadt- und Regionalplanung an der BTU Cottbus, Nachnutzung des ehemaligen Truppenübungsplatzes Lieberose, Dipl.-Ing. Michael Dieke, Februar 2006, S. 21
  3. Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, C.H.Beck 2006, ISBN 978-3-406-52963-4; S. 224-228
  4. Wegner, Bernd: Hitlers Politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 (Leitbild, Struktur und Funktion einer nationalsozialistischen Elite.) 'Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart'. Verlag: Schoeningh Ferdinand GmbH, ISBN 350676313X.
  5. Pressemitteilung 12. Juli 2011
  6. Cottbuser Oberförster warnt vor Ende der Lieberoser Heide Lausitzer Rundschau 30. Januar 2008

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