Leipziger Gewässerknoten

Leipziger Gewässerknoten
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Abbildung der größeren Fließgewässer im Leipziger Raum von 1748

Leipziger Gewässerknoten [1] (auch Wasserknoten Leipzig)[2] ist die Bezeichnung für den Zusammenfluss von Weißer Elster, Pleiße und Parthe. Sein Hauptmerkmal ist die Aufteilung der Flüsse in mehrere Arme und die Vernetzung dieser im jeweiligen Mündungsbereich (anastomosierender Fluss).

In Anlehnung an das stark verzweigte Ende eines Flusses (Ende der Gefällestrecke) wird der Leipziger Gewässerknoten häufig als Binnendelta bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Paläogen und Neogen

Im Eozän (mittleres Paläogen) begann sich das Gebiet der heutigen Leipziger Tieflandsbucht, als Ausgleich zur Hebung von Erzgebirge und Vogtland, abzusenken.

Das dabei entstehende Weißelsterbecken füllte sich abwechselnd mit Flusssediment (z.B.: Kies, Sand) und Biomasse (z.B.: Holz, Torf) in durchschnittlich fünf bis zehn Meter dicken Schichten. Durch den steigenden Druck darüber lagernder Sedimente setzte die Inkohlung der Biomasse ein und es begann Braunkohle zu entstehen.

Da zu dieser Zeit kaum Wasser in Gletschern gebunden war, hatten die Weltmeere einen wesentlich höheren Wasserstand als heute. So drang das Meer wiederholt in das Gebiet vor und lagerte bis zu zwanzig Meter mächtige Meeressedimente ab.

Am Ende des Oligozäns stagnierte die Absenkung der Leipziger Tieflandsbucht und es entstanden keine weiteren Torfmoore (und damit Kohleschichten).

Im Neogen schnitten sich die Fließgewässer tiefer in die Sedimente ein und schotterten diese wieder auf. Der sogenannte Thierbacher Fluss erodierte sogar die Kohleflöze.

Quartär

Mit Beginn der Vergletscherung der Nordhalbkugel im Quartär entwickelten sich langsam die heutigen Flusssysteme. Gletscher transportierten große Mengen Sediment nach Süden und hinterließen Endmoränen, wallartige Aufschüttungen von Gesteinsmaterial. Diese natürlichen Hindernisse beeinflussten die Ausbildung des Leipziger Gewässerknotens maßgeblich.

Im Altpleistozän mündeten die Weiße Elster und die Pleiße südlich von Zwenkau in die von Naumburg kommende Saale,[3][4] welche sich anschließend südlich von Leipzig in den Schkeuditz-Lützener und den Leipziger Saalearm teilte.

Schon zu Beginn der Saale-Kaltzeit im Mittelpleistozän erreichte die Saale den Leipziger Raum nicht mehr. Stattdessen floss die Weiße Elster nun nach Leipzig und mündete dort in die von Osten kommende Mulde. Diese hatte sich bei Grimma, zwischen Großbothen und Großbardau, in die porphyrischen Gesteine eingeschnitten und erodierte flussabwärts die quartären und tertiären Ablagerungen.[5]

Durch nachlassenden Abfluss füllte die Mulde die Rinnen der späten Elster-Kaltzeit wieder auf – der Markkleeberger Muldelauf die Espenhainer Rinne und der Leipziger Muldelauf die Naunhofer Rinne. Zum Ende der Saale-Kaltzeit erreichte auch die Mulde den Leipziger Raum nicht mehr und floß nun in Richtung Eilenburg. Ihr Bett wird seitdem von der Parthe durchflossen.

Während der Weichsel-Kaltzeit im Jungpleistozän beeinflussten die Eismassen die Leipziger Tieflandsbucht nicht mehr, die Entwicklung des Leipziger Gewässerknotens erreichte damit weitestgehend ihren heutigen Stand. Wie im darauf folgenden Holozän (aktuelle Warmzeit) veränderten sich die Flusssysteme nur noch kleinräumig durch Schwankungen von Abfluss und Sedimentfracht.

Menschliche Eingriffe

Anfänge

Der moderne Mensch und seine Vorfahren besiedelten schon zur Saale-Kaltzeit[6] den Leipziger Gewässerknoten. Die menschlichen Einflüsse dieser Zeit auf das Flusssystem sind jedoch vernachlässigbar.

Vor etwa 7000 Jahren siedelten sich Bandkeramiker[7] entlang der Leipziger Flussläufe bis ins Mittelgebirge an und betrieben erstmals Landwirtschaft in der Region. Die vergrößerte Flächennutzung brachte Rodungen und in der Folge Bodenerosion (vor Allem in den Oberläufen) mit sich. Besonders im Flachland wurden seitdem die erodierten Sedimente als Lehm abgelagert, welcher heute eine durchschnittliche Mächtigkeit von vier Metern aufweist.

Die Flussauen im Leipziger Gewässerknoten mit ihren regelmäßigen Hochwassern wurden zu dieser Zeit noch nicht genutzt. Der heute selten gewordene Auwald war somit noch überall in den mehrere Kilometer breiten Tieflandtälern anzutreffen. In den flussnahen, häufig überschwemmten Bereichen war die Weichholzaue verbreitet, in den höchstens zweimal jährlich überfluteten Gebieten die Hartholzaue, welche heute den Großteil des Leipziger Auenwaldes ausmacht.

Die noch unregulierten Flüsse waren geprägt von zahllosen Nebenarmen, Altwassern und Rinnsalen, die ineinander mündeten, sich dann wieder teilten, nach Hochwassern häufig ihren Verlauf änderten und so ein umfangreiches Fließgewässernetz bildeten. Relikte davon sind zum Beispiel die Batschke, die Paußnitz, die Kleine Luppe, die Alte Luppe oder das Hundewasser.

Mittelalter und Neuzeit

Schon im Mittelalter begann die dichtere Besiedlung durch Thüringer und Slawen.[7] An den höher gelegenen Ufern entstanden Gehöfte und Dörfer. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts bauten Franken die erste Burg Lipsk im heutigen Stadtgebiet. Angefangen mit dem kleinsten Leipziger Fluss, der Parthe, wurde die Aue zunehmend forst- und landwirtschaftlich genutzt und teilweise bebaut. Mühl– und später auch Floßgräben wurden angelegt, womit erstmals direkt in das Gewässernetz eingegriffen wurde.

Die Veränderung des Leipziger Gewässerknotens (1780, 1908 und 2000)

Mit dem Einsetzen der Industrialisierung wurden auch die größeren Flüsse verändert. Begradigungen sorgten für ein schnelleres Abfließen der Hochwasser, Deiche, Flutbetten und Wehranlagen kamen später hinzu. Viele Rinnsale und Nebenarme verlandeten oder wurden verfüllt, zum Beispiel die Alte Elster, die Alte Pleiße, die Rödel, oder das Kuhburger Wasser. Auch die Elsteraue wurde nun bebaut und der Leipziger Auenwald damit endgültig geteilt.

Die dramatischsten Eingriffe des Menschen in den Leipziger Gewässerknoten wurden durch den Abbau der Braunkohle verursacht. Große Bereiche der Auen wurden abgebaggert, die Flüsse verlegt (teilweise auch betoniert) und verbliebene Nebenarme vom Hauptlauf abgetrennt. Zudem sank der Grundwasserspiegel und ermöglichte Arten, die für die Aue untypisch sind, sich anzusiedeln und auszubreiten.

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands begann die kontinuierliche Renaturierung der Leipziger Gewässer und der restlichen Wälder. Nebenarme werden nun wieder angeschlossen oder neu geschaffen, Auwald wird geflutet und auch der Grundwasserspiegel steigt wieder an. Die für Bergbaufolgelandschaften zuständige LMBV, die Stadt Leipzig und der Naturschutzbund Deutschland arbeiten eng zusammen, um wassertouristische Nutzung und Renaturierung (EU-Wasserrahmenrichtlinie) weiter voranzutreiben.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Umgestaltung des Leipziger Gewässerknotens im Sinne der ökologischen und morphologischen Durchgängigkeit ECOSYSTEMS SAXONIA und TU Dresden, 2005 (pdf)
  2. Hochwasserschutz Auf: wasserinleipzig.de
  3. Daniel Schrankel: Laborversuche zur Untersuchung von hydraulischen und hydrochemischen Prozessen in Braunkohlentagebaukippen 1999, Unterpunkt 1.1.2 Geologischer Überblick (pdf)
  4. Jahrestagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft Teil 1 und 2, 2. September 2007 (pdf)
  5. KliWEP - Abschätzung der Auswirkung der für Sachsen prognostizierten Klimaveränderungen auf den Wasser– und Stoffhaushalt im Einzugsgebiet der Parthe Teil 2, Dr. Dietrich Sames und Dipl.-Min. Birgit Carl, 2004, Unterpunkt 2.2.2 Geologische Übersicht (pdf)
  6. Terra Preahistorica Dieter Schäfer, 2007 (pdf)
  7. a b Historische Auenwaldentwicklung im Leipziger Auenwald Dr. Judith Gläser, 2002 (pdf)
  8. Leitplan Wassertouristisches Nutzungskonzept Region Leipzig Auf: gewaesserverbund.de, 2008 (pdf)

Literatur

  • Bernd Sikora (Text) und Peter Franke (Fotos): Leipziger Wasser- und Parklandschaften, Edition Leipzig, Leipzig 2009 ISBN 978-3-361-00647-8

Weblinks


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