Kühlschiff (Schiffstyp)

Kühlschiff (Schiffstyp)
Neben Fleisch und Fisch werden alle Arten von Früchten in Kühlschiffen in Kühlräumen transportiert
Verstauung von Kühlgut im Kühlraum

Kühlschiffe in der Seefahrt sind Frachtschiffe, die für den Transport temperaturgeführter Güter eingerichtet sind. Typische Güter für ein Kühlschiff sind Früchte wie Bananen, Ananas, Kokosnüsse, Äpfel und Weintrauben, daneben auch Fisch und Fleisch. Fleisch war von 1880 bis etwa 1960 international das wichtigste Kühlgut.[1]

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Nachdem Carl von Linde um 1870 die NH3-Kältemaschine erfand, wurden bald danach Versuche unternommen, diese auch auf Schiffen einzusetzen. Das erste mit einer Kältemaschine ausgerüstete Schiff war 1874 der französische Dampfer La Frigorifique, der 1876 erstmals eine Ladung gekühltes Rindfleisch von Argentinien nach Europa beförderte.[2][3] Schon 1877 erhielt der Dampfer Paraguay drei dieser Aggregate, die es ihm erlaubten auch Tiefkühlladung zu fahren. Weitere Schiffe wurden in der Folge des nun wachsenden Fleischtransports von Südamerika und Australien ausgerüstet. Im Jahre 1882 fanden erste gekühlte Bananentransporte von den Kanarischen Inseln nach England statt. Um 1900 fuhren schon 75 Schiffe für die United Fruit Company im Bananentransport nach Boston in den USA. Das erste speziell für den Transport von Bananen gebaute Schiff war die 1904 gebaute San Jose[4] Bananen von den Kanarischen Inseln wurden bis zum Beginn der Containerschifffahrt nicht gekühlt. Die Bananendampfer „Arucas“ und „Orotava“ des NDL von 1927 hatten keine Kühlanlage, die Fruchtschiffe „Lichtenstein“ und „Liebenstein“ des NDL von 1951 ebenfalls nicht. Das erste speziell für den Bananentransport gebaute Schiff war die „Port Morant“, die 1901 Bananen von Kingston, Jamaica nach Avonmouth beförderte.[5]

Entwicklung in Deutschland

Hamburg, Blick vom Land auf ein Kühlschiff, das Bananen mit drei Elevatoren löscht

Das herausragende Ereignis für die Entwicklung der deutschen Kühlschifffahrt war die Verabschiedung des Fleischbeschaugesetzes durch den Reichstag, dies Gesetz trat auf Druck der deutschen Agrarlobby im November 1894 in Kraft. Damit wurde der Import von Kühlfleisch, Gefrierfleisch und von lebenden Tieren für zwanzig Jahre unmöglich gemacht. Fleisch war bis zum Ersten Weltkrieg knapp und teuer. Die Entwicklung einer deutschen Kühlschiffsflotte wurde dadurch nachhaltig verhindert. Vor dem Krieg wurden ab 1906 Äpfel und ab 1912 Bananen auf deutschen Kühlschiffen eingeführt. Fruchtimporte konnten nur sehr langsam aufgebaut werden.

Der Hamburger Reeder Rob. M. Sloman rüstete ab 1881 mindestens die drei Dampfer Catania, Sorrento und Marsala mit Kühlräumen aus. Sie luden in Australien und Neuseeland Gefrierfleisch für London. Im November 1894 wurde der erste große deutsche Kühldampferneubau Severus an die älteste Hamburger Trampdampferreederei C. Andersen abgeliefert. Auch dieser Dampfer lud in Australien Fleisch für London. Ab Mai und Juli 1894 wurden die Hapag- Dampfer „Prussia“ und „Persia“ im Dienst Hamburg – New York eingesetzt. Sie hatten umfangreiche Einrichtungen für die Beförderung von lebendem Vieh und für den Transport von Gefrierfleisch. Die Hapag hatte große Pläne mit dem Gefrierfleischimport. Wegen der Entscheidung des Reichstages konnten die Kühlräume der insgesamt neun P-Dampfer nicht genutzt werden. Zwischen 1903 und 1914 setzte die Hapag insgesamt sechs Kühldampfer für Bananen ein. Die Dampfer „Sarnia“ und „Sibiria“ ab 1903, „Prinz August Wilhelm“ und „Prinz Joachim“ ab 1909, „Karl Schurz“ und „Emil L. Boas“ ab 1913. Die Schiffe wurden überwiegend im Crosstrade zwischen New York und der Karibik eingesetzt. Kühldampfer anderer Reedereien transportierten Äpfel und Frostfisch nach Deutschland, aber auch Gefrierfleisch in andere europäische Häfen. Die Bananendampfer „Pungo“ und „Pionier“ der Reederei F. Laeisz wurden erst nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges für die Kamerunfahrt fertig gestellt. Sie mussten abgeliefert werden. Es waren die ersten Fruchtschiffsneubauten einer deutschen Werft.

Bananendienst nach Kamerun

1914 und 1915 folgten die Neubauten Pungo und Pionier der Reederei Laeisz für ihren geplanten Bananendienst nach Kamerun; es waren die ersten Kühlschiffsneubauten einer deutschen Werft (Joh. C. Tecklenborg in Geestemünde). Die Reederei Laeisz hatte schon 1908 in Kamerun 350 Bananenschößlinge aus Zentralamerika und von den Kanarischen Inseln pflanzen lassen. 1912 gründet Laeisz für weitere Aktivitäten die „Afrikanische Frucht-Compagnie GmbH“ (AFC). Die Kühlschiffe von Laeisz und HAL wurden von Dampfmaschinen angetrieben, die Geschwindigkeit lag zwischen 11 und 14 kn. Einige dieser Kühlschiffe konnten als Kombischiffe auch eine Anzahl Passagiere mitbefördern.

Aufbau

Hamburg, Blick vom Kühlschiff auf den Fruchtumschlag mit Elevatoren, Paletten und Kühlcontainer

Kühlschiffe älteren Typs sind von normalen Stückgutschiffen nicht zu unterscheiden. Lediglich der weiße Außenanstrich und die oft besonders schlanke, yachtartige Linienführung bieten einen Anhaltspunkt. Der Rumpf eines Kühlschiffes ist in mehrere Laderäume und diese wiederum in Decks eingeteilt. Je nach Aufteilung stellen ein oder zwei Decks eine Kühlzone dar, die mit einem anderen Kühlgut beladen werden können. Von Plusgraden für Bananen, bis zu Tiefkühlgut wie Fleisch oder Fisch. Sämtliche Laderäume sind gegen tropische Wassertemperaturen von über 30 Grad Celsius isoliert.

In den Schiffen sind Kompressionskälteanlagen eingebaut. Die Kühlung der Räume erfolgt entweder über Direktverdampfer oder indirekt über Solekreisläufe. Eine Temperaturfernanzeige mit einigen hundert Messpunkten überwacht die Temperaturen der einzelnen Laderäume.

Klassische Kühlschiffe sind besonders stark motorisiert und erreichten bei voller Leistung schon in den 1960er/70er Jahren Geschwindigkeiten von 22 bis 24 Knoten. Häufig wird die heute als Museumsschiff in Hamburg bekannte Cap San Diego für ein Kühlschiff gehalten; Sie ist jedoch ein sogenannter Schnellfrachter, ein schnelles Stückgutschiff mit Kühlräumen.

Kühlschiffe und Kühlcontainer

Blick in den Laderaum eines Kühlschiffes mit Bananen, es wird Platz für den Elevator gemacht, damit werden die Kartons gelöscht.

Kühlgut wird heute zu etwa 50 % auf Containerschiffen in speziellen Kühlcontainern verschifft. Isolierte Container, ausgestattet mit eigenen Kältesystemen (Integralcontainer) arbeiten vollautomatisch, sie sind heute Standard.

Porthole Container, diese haben an der Schmalseite, gegenüber der Tür, zwei bewegliche runde Klappen, wurden inzwischen von den Integralcontainern verdrängt. Der Porthole Container wird von oben in den Laderaum Führungsschienen des Schiffes gesetzt und in das Schiff gestellt. Ist der Stapel voll, wird die Kühleinrichtung aktiviert, das heißt es werden Luftringe aufgeblasen, welche sich zwischen die beiden Containeröffnungen und dem Kühlluftzubringer des Schiffes legen und dort den Luftweg hermetisch abschließen. Die Containerklappen öffnen dabei automatisch. Die Kaltluft, im Schiff erzeugt, bläst in die unteren Klappen und verlässt den Container durch die obere.

Die restlichen 50 % der Kühlladung, vorwiegend Bananen und Tiefkühlfisch, aber auch tiefgefrorene Geflügel, Zitronen und Ananas, werden mit Kühlschiffen transportiert. Moderne Kühlschiffe können bis zu 500 TEU Kühlcontainer (Integralcontainer) an Deck stauen und sind nur noch von Fachleuten als Kühlschiffe zu erkennen. Von Laien werden sie als Containerschiffe angesehen.

Integral Kühlcontainer

Literatur

  • Arnold Kludas, Ralf Witthohn: Die deutschen Kühlschiffe. Koehler, Herford 1981, ISBN 3-7822-0248-1, 260 Fotos, geb., 124 Seiten.
  • Karl-Heinz Hochhaus: Ende der Kühlschifffahrt?. In: HANSA International Maritime Journal Nr. 10/2008, S. 21–26, Schiffahrts-Verlag »Hansa« C. Schroedter, Hamburg, ISSN 0017-7504.
  • Karl-Heinz Hochhaus: Deutsche Kühlschiffahrt (1902–1995). Hausschild, 1996, ISBN 3-931785-11-4.
  • Peter Dittrich: 125 Jahre deutsche Kühlschifffahrt 1881–2006. Münster 2009, ISBN 978-3-86582-928-3

Weblinks

 Commons: Kühlschiffe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Kühlschiff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Peter Dittrich: 125 Jahre deutsche Kühlschifffahrt 1881–2006. Münster 2009, ISBN 978-3-86582-928-3.
  2. Zeitleiste des Kühltransports auf 33Brinkster
  3. Museumsseite mit einem Bild der Frigorifique
  4. Rolf Schönknecht, Uwe Laue: Hochseefrachter der Weltschiffahrt Band 1. transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1987, ISBN 3-344-00182-5
  5. Duncan Haws: Merchant Fleets No. 31. Elders & Fyffes and Geest, Uckfield 1996

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