Lord Knud

Lord Knud

Lord Knud (* 18. März 1944 als Knud Kuntze in Lissa/Wartheland,[1] heute Leszno/Polen) ist ein deutscher Beatmusiker, DJ und Radiomoderator. Zur Institution wurde er mit der Radiosendung „Schlager der Woche“ beim Berliner Sender RIAS, die er von 1968 bis 1985 moderierte.

Leben

Knud Friedrich Martin Kuntze wurde 1944 im Wartheland geboren, wohin seine schwangere Mutter vor den Bombenangriffen auf Berlin evakuiert worden war.[1] Sein Großvater väterlicherseits war der Verleger John William Kuntze, der 1902 in Berlin-Schöneberg den Reiseführer-Verlag Polyglott Kuntze Kosmos gegründet hatte.[2] 1955 ging das Unternehmen in der Verlagsgruppe Langenscheidt auf.[3] Knud Kuntze wuchs in den Berliner Ortsteilen Lichterfelde und Zehlendorf auf.[1] Nach der Schule absolvierte Knud Kuntze in Berlin eine Lehre zum Bankkaufmann. 1962 wurde Kuntze mit 18 Jahren Bassist der drei Jahre vorher als Skiffle Lords gegründeten Band The Lords, die sich nun auf die englischsprachige Beatmusik verlegte. Im September 1964 wurden The Lords nach einem bundesweiten Wettbewerb zu Deutschlands „Beatband Nr. 1“ gekürt. Nach einem Busunfall während einer Tournee der Lords im Dezember 1964 musste Knud Kuntze das rechte Bein amputiert werden. Er schied bei den Lords aus und wurde durch den Bassisten Bernd Zamulo ersetzt. Kurz darauf fing er in einer Berliner Kneipe als Diskjockey an. Nachdem er seine Aussprache durch Sprechunterricht an einer Schauspielschule verbessert hatte, wurde er Moderator beim RIAS. Dort übernahm er im Frühjahr 1968 die am 7. Januar 1968 gestartete Sendung RIAS-Schlagerkassette, die zuvor in den ersten Wochen von Jack White moderiert wurde. Am 29. September 1968 übernahm Gregor Rottschalk diese Sendung. Lord Knuds einzige Solo-Single mit dem Titel Love's a waiting game / I'm your guy (1967) war kein Erfolg.[4]

Am 7. Oktober 1968 war Lord Knud zum ersten Mal in den Schlagern der Woche zu hören, die er – bis auf Urlaubsvertretungen – bis zur letzten, der 1916. Ausgabe am 27. September 1985 moderierte. Die Sendung war die erste deutschsprachige Hitparade, und hatte besonders unter Jugendlichen in Ost-Berlin und der DDR eine hohe Reichweite. Durch Knuds schnoddrige Art und seine Witze auf Kosten von Honecker und anderen linientreuen DDR-Genossen avancierte Lord Knud schnell zum Feindbild der DDR-Führung beim Kampf um den Einfluss auf die Jugend.[5] Auch seine samstägliche Sendung Evergreens à Go-Go mit Oldies hatte hohe Einschaltquoten, wenn auch bei einem älteren Publikum. Die Evergreens moderierte Knud vom 5. Oktober 1968[6] bis zum 2. Juli 1983.[7]

Die mitunter derben Witze für seine Sendungen lieferten Lord Knud andere Schreiber, darunter der Kabarettist Wolfgang Neuss. 1986 trennte sich der RIAS von Lord Knud. Anlass war ein als sexistisch eingestufter Witz, den Wolfgang Hellbich in der Sendung Schlager der Woche bereits vorher am 11. Februar 1985 verbreitet hatte.[8] Danach beriet er Ulrich Schamoni bei dessen Neugründung des Senders Hundert,6, wurde jedoch zum Programmstart nicht verpflichtet. Lord Knud lebt in Berlin-Zehlendorf.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Der Geburtsort wird oft falsch als Berlin angegeben, siehe dazu Interview von Carsten Teuber mit Lord Knud, Sendung vom 15. Februar 2005 im Radiocafe 97,2 im Offenen Kanal Berlin, Erstausstrahlung im Berliner Rundfunk 1991 oder 1992.
  2. Mit Polyglott durch Berlin. In: Berliner Morgenpost vom 2. Juni 2008.
  3. Die Polyglott Verlagsgeschichte auf der Website polyglott.de der Langenscheidt KG. (Abgerufen am 16. Februar 2011.)
  4. Andreas Dorfmann: „Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln“ – Lord Knud vom RIAS – Liebe unter den Menschen ist ihm am wichtigsten. In: Der Abend vom 29. September 1980. ZDB-ID 40001-4
  5. Heiner Stahl: Skizze einer Stadtgeschichte des Klangs. In: Uta A. Balbier und Christiane Rösch (Herausgeber): Umworbener Klassenfeind – Das Verhältnis der DDR zu den USA. Ch. Links, Berlin 2006, S. 247–261. ISBN 3-86153-418-5.
  6. Sendefahrplan des RIAS vom 5. Oktober 1968, vermutlich Bestand in Deutsches Rundfunkarchiv.
  7. Sendemitschnitt des RIAS vom 2. Juli 1983, vermutlich Bestand in Deutsches Rundfunkarchiv.
  8. Sendemitschnitt des RIAS vom 11. Februar 1985, vermutlich Bestand in Deutsches Rundfunkarchiv.
  9. Alexander Osang: Mühsame Schritte zum Regenbogen. Der ehemalige RIAS-Star-Diskjockey Lord Knud verlor Bein, Geld, Freunde, Job, Publikum – und macht weiter. In: Alexander Osang: Das Buch der Versuchungen: 20 Porträts und eine Selbstbezichtigung. Ch. Links, Berlin 1996, S. 60–66. ISBN 3-86153-107-0.

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