Cephalopoden

Cephalopoden
Kopffüßer
Roter Krake

Roter Krake

Systematik
Abteilung: Gewebetiere (Eumetazoa)
Unterabteilung: Bilateria
Überstamm: Urmünder (Protostomia)
Überstamm: Lophotrochozoen (Lophotrochozoa)
Stamm: Weichtiere (Mollusca)
Klasse: Kopffüßer
Wissenschaftlicher Name
Cephalopoda
Cuvier, 1797
Unterklassen

Die Kopffüßer (Cephalopoda) sind eine relativ hoch organisierte Tiergruppe, die zu den Weichtieren (Mollusca) gehört und nur im Meer vorkommt. Dabei gibt es sowohl pelagische, also freischwimmende Arten, als auch benthische Arten, also solche, die am Boden leben. Derzeit sind etwa 800 heute lebende und mehrere 10.000 fossile Arten bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Biologie

Gliederung des Körpers

Kopffüßer besitzen einen Körper, der aus einem Rumpfteil (mit Eingeweidesack), einem Kopfteil mit anhängenden Armen und einem auf der Bauchseite gelegenen taschenförmigen Mantel besteht. Die Orientierung der Körpergliederung entspricht dabei nicht der bevorzugten Fortbewegungsrichtung. Der Hohlraum des Mantels, die so genannte Mantelhöhle, mündet durch ein Rohr (Hyponom oder Trichter genannt) nach außen. In der Mantelhöhle liegen meist zwei (bei den Nautiloidea: vier) Kiemen. Der Mund ist von streckbaren Fangarmen (Tentakeln) umgeben, die zum Teil bei der Fortbewegung mitwirken und vor allem dem Beutefang dienen. Am Mund befindet sich bei rezenten Arten ein papageienartiger Schnabel mit Ober- und Unterkiefer sowie eine Raspelzunge (Radula).

Schale, Hartteile und Auftriebskörper

Die ursprünglicheren Arten, wie die Nautiloiden und die ausgestorbenen Ammoniten, verfügen über ein kalkiges Gehäuse aus Aragonit, das ihnen als Außenskelett Schutz und Halt gibt. Die Schale dieses Gehäuses ist dreischichtig: unter dem äußeren Periostracum, dem Schalenhäutchen aus dem Glykoprotein Conchin, liegt die äußere Prismenschicht (Ostracum) aus prismatischem Aragonit. Die innere Schicht, das Hypostracum, besteht wie die Septen aus Perlmutt. Die Gehäuse sind in die eigentliche Wohnkammer und einen Abschnitt mit gasgefüllten Kammern (Phragmokon) unterteilt. Mit Hilfe dieses gasgefüllten Teils kann das Gehäuse in der Wassersäule schwebend gehalten werden. Der heutige Nautilus (Perlboot) kann das Gehäuse aber nicht zum Auf- und Abstieg in der Wassersäule benutzen, da jeweils zu wenig Wasser in das Gehäuse hinein oder herausgepumpt werden kann (ca. 5 g), sondern er bewegt sich mit Hilfe des Rückstoßprinzips des Trichters fort (auch senkrecht in der Wassersäule). Bei den ausgestorbenen Ammoniten wird neuerdings aber diskutiert, ob bei dieser Gruppe nicht doch ein Auf- und Abstieg in der Wassersäule durch Veränderung des Gas- bzw. Wasservolumens in den Kammern möglich war. Allerdings sind die Internstrukturen der Gehäuse von Nautiloidea und Ammonoidea auch sehr verschieden.

Bei den innenschaligen Kopffüßern, etwa Sepien, Belemniten, Spirula oder einigen Kalmaren, sind die Hartteile vom Mantel umschlossen. Die ausgestorbenen Belemniten haben die Wohnkammer sukzessive bis auf einen dorsalen Löffel oder Stab (Proostracum) reduziert. Spirula besitzt eine im Gegensatz zu Ammoniten und Nautilus in Richtung Bauch orientierte Spirale aus Kalk, die in einzelne gasgefüllte Kammern gegliedert ist. Die Sepien haben dazu noch die ursprünglichen Septen, die ursprünglich etwa senkrecht zur Längsachse des Gehäuses standen, stark schräg gestellt und zu einem Schulp umgebaut, der aber noch Auftriebsfunktion hat. Die Kalmare haben das ursprüngliche kalkige Gehäuse dagegen unter Verlust der Mineralisation und damit des Auftriebs zu einem hornigen, länglichen Streifen (Gladius) im Mantel reduziert, der den Körper nur noch stützt. Bei den Octopoden ist das ehemalige Gehäuse bis auf knorpelähnliche Reliktstrukturen oder gar komplett reduziert. Kalmare und Octopoden haben zum Teil alternative Auftriebssysteme entwickelt (Ammoniak, ölige Substanzen etc.). In den heutigen Meeren dominieren die innenschaligen Kopffüßer (Coleoidea oder auch Dibranchiata).

Die außenschaligen Kopffüßer sind nur noch durch die fünf oder sechs Arten der Gattung Nautilus repräsentiert. Eine Art wird von manchen Forschern auch als Vertreter einer eigenen Gattung (Allonautilus) aufgefasst. Aus dem Fossilbericht sind über 10.000 Arten von ausgestorbenen Nautiloideen (Perlboot-artige) beschrieben worden. Die Zahl der ausgestorbenen Ammoniten ist bisher noch nicht exakt erfasst worden, dürfte jedoch in der Größenordnung von etwa 30-40.000 liegen.

Nervensystem

Das Nervensystem der Cephalopoden verfügt über ein hochentwickeltes Gehirn und zeichnet sich durch Riesen-Axone aus, die in der Übertragungsgeschwindigkeit an Wirbeltiere heranreichen. Die Arme verfügen aber auch über autonome eigene Nervenzentren, abgetrennte Arme sind so in der Lage sich Futter zu nähern. Am Kopf befinden sich leistungsfähige Augen: Bei Nautilus Augen nach dem Lochkammerprinzip, bei den anderen rezenten Arten Linsenaugen (everses Auge), die analog zu den Wirbeltieraugen (inverses Auge) aufgebaut sind und ein klassisches Beispiel für konvergente Evolution darstellen. Kopffüßer, insbesondere Kraken, gehören zu den intelligentesten wirbellosen Tieren. Aus Lernexperimenten geht hervor, dass sie intelligenter als beispielsweise Reptilien sind. So sind Kraken in der Lage, gezielt Gegenstände aus verschlossenen Gläsern mit Schraubverschluss herauszuholen, indem sie den Deckel abschrauben.

Fortpflanzung

Viele Kopffüßer verfügen über ein ausgeprägtes Sexualverhalten. Zumeist gibt das Männchen nach ausgiebigem Vorspiel seine in Spermatophoren verpackten Spermien mit einem Arm, dem Hectocotylus, in die Mantelhöhle des Weibchens. Das Weibchen legt extrem dotterreiche Eier, aus denen unter Auslassung eines Larvenstadiums fertig entwickelte kleine Kopffüßer schlüpfen. Kraken betreiben Brutfürsorge und bewachen ihre Gelege.

Zu den Kopffüßern gehören die größten lebenden Weichtiere. Das größte bisher gefundene Exemplar gehört zu den Riesentintenfischen und war 23 m lang. Ammoniten erreichten eine Gehäusegröße von bis zu zwei Metern.

Systematik

Klassifikation der Großgruppen der Kopffüßer (hierarchisch)

  • Kopffüßer - Cephalopoda
    • Perlboote i.w.S. - Nautiloidea i.w.S.; zum Teil auch als Altkopffüßer (Palcephalopoda) bezeichnet. Hierzu zählen auch Teile der Geradhörner (Orthocerida) und weitere, meist nicht oder nur wenig eingerollte Nautiloideen (Ascocerida, Oncocerida, Discosorida, Tarphycerida)

Phylogenetisches System der Großgruppen der Kopffüßer

Der Stammbaum (phylogenetisches System) der Kopffüßer ist bisher noch nicht völlig aufgeklärt. Einigermaßen sicher ist, dass die Tintenfische (Coleoidea), die Ammoniten (Ammonoidea), die Bactriten (Bactritida) und Teile der Geradhörner (hier die Unterklasse der Actinoceratoida) eine monophyletische Gruppe bilden, die auch als Neukopffüßer (Neocephalopoda) bezeichnet wird, während alle restlichen Kopffüßer als Perlboote i.w.S. (Nautiloidea i.w.S.) oder auch als Altkopffüßer (Palcephalopoda) zusammengefasst werden. Diese zweite Gruppe ist aber wahrscheinlich paraphyletisch, da mit einiger Sicherheit aus den Altkopffüßern die Neukopffüßer hervorgegangen sind.

Die Ammoniten sind im Devon aus Bactriten-ähnlichen Vorfahren entstanden. Auch die Tintenfische (Coleoidea) werden von den Bactriten abgeleitet. Die Bactriten sind daher eine para- oder polyphyletische Gruppierung, die aufgelöst werden müsste.

Die Tintenfische (Coleoidea) sind im Unterkarbon, möglicherweise schon im Unterdevon, aus Bactriten-ähnlichen Vorfahren entstanden. Innerhalb der Tintenfische stehen sich die ausgestorbenen Belemniten (Belemnoidea) auf der einen Seite und die Achtarmigen und Zehnarmigen Tintenfische auf der anderen Seite als Schwestergruppen gegenüber. Die letzteren beiden Schwestergruppen werden auch als Neutintenfische (Neocoleoidea) bezeichnet.

Literaturauswahl zur Phylogenie der Tintenfische

  • Berthold, T. & T. Engeser: Phylogenetic analysis and systematization of the Cephalopoda (Mollusca). In: Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins Hamburg. new series, 29. 1987, 187-220.
  • Bonnaud L., R. Boucher-Rodoni, M. Monnerot: Phylogeny of Cephalopods Inferred from Mitochondrial DNA Sequences. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 7. 1997, 44-54.
  • Carlini D. G. & J. E. Graves: Phylogenetic analysis of cytochrome c oxidase I sequences to determine higher-level relationships within the coleoid cephalopods. In: Bulletin of Marine Science. 64. 1999, 57-76.
  • Carlini D. B.; R. E. Young & M. Vecchione: A Molecular Phylogeny of the Octopoda (Mollusca: Cephalopoda) Evaluated in Light of Morphological Evidence. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 21. 2001, 388-397.
  • Haas, W.: Trends in the Evolution of the Decabrachia. In: Berliner Paläobiologische Abhandlungen. 3. 2003, 113-129.
  • Vecchione M., R. E. Young & D. B. Carlini: Reconstruction of ancestral character states in neocoleoid cephalopods based on parsimony. In: American Malacological Bulletin. 15. 2000, 179-193.
  • Zheng X. D., J. Yang, X. Lin & R. Wang: Phylogenetic relationships among the decabrachia cephalopods inferred from mitochondrial DNA sequences. In: Journal of Shellfish Research. 23. 2004, 881-886.

Weblinks


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