Jährlichkeit

Jährlichkeit

Jährlichkeit, auch Annuität, oder Frequenz, nennt man in den Geowissenschaften die Wiederkehrwahrscheinlichkeit von Naturereignissen. Gemessen wird in 1/a („pro Jahr“), oder aber in Zeiteinheiten, dann spricht man auch von Wiederkehrintervall. Relevant ist der Begriff für die Abschätzung von Extremereignissen.

Inhaltsverzeichnis

Berechnung

Berechnet wird die Jährlichkeit „aus der statistischen und wahrscheinlichkeitstheoretischen Analyse der in der Vergangenheit beobachteten Ereignisse, die als Zufallsereignis betrachtet werden.“[1] Dazu wird den Messdaten eine Wahrscheinlichkeitsverteilung angepasst und diese extrapoliert, um auch Ereignisse des nicht beobachteten Zeitraums abschätzen zu können.

Allgemein gilt für eine Eintrittswahrscheinlichkeit und die Überschreitungswahrscheinlichkeit eines Normwertes (Quantil ET als Extremereignis)[2]

P(E < ET) = 1 − 1 / T = F(E)
P ( E < E_T) = 1 - P ( E \leq E_T).

F(E) ist hierbei die zugrundegelegte Wahrscheinlichkeitsfunktion. Diese ergibt sich je nach Fachdisziplin aus Erfahrungswerten der Abschätzung, aber auch der Leistung der Modellierung der zugrundeliegenden physikalischen Prozesse (Klimamodelle, hydrologische Niederschlags- und Abflussmodellierung, usw.). Zugrunde gelegte Verteilungen sind typischerweise etwa Normalverteilung, Gauss, Gammaverteilungen wie Pearson III und Weibull, oder die Gumbelverteilung,[3] für Interpolation auf große T (äußerst seltene Ereignisse) verwendet man auch Methoden der Ausgleichungsrechnung wie die Plotting Positions-Verfahren nach Gringorten oder Nguyen.[4]

Einfach nur nachzuschlagen, wann die vergleichbaren Ereignisse davor und danach waren, ist nicht ausreichend, weil etwa drei „100-jährige“ Ereignisse knapp aufeinanderfolgen können, ihre Wahrscheinlichtkeit wäre dann 30-jährig (3 mal im Jahrhundert aufgetreten). Ob so etwas ein statistischer Zufall („Ausreißer“) ist, oder ob sich die Wahrscheinlichkeiten in Vergleich zum Bezugsintervall wirklich verändert haben, oder die Prognosemodelle nicht stimmen, gehört zu den schwierigen Fragen, wie sie etwa im Kontext des „Klimawandels“ (Klimaveränderung/globale Erwärmung) zentrales Untersuchungsgebiet sind.

Typische Extremereigniskriterien

Je nach Ereignis verwendet man etwa:

Typische Jährlichkeiten

T in a Anmerkung
~ 0,05 „weniger als 18 mal/Jahr“, Warnstufe Gelb bei Meteoalarm
0,25 „weniger als 4 mal/Jahr“, Warnstufe Orange bei Meteoalarm
~ 0,4 „weniger als 2–3 mal/Jahr“, Warnstufe Rot bei Meteoalarm
30 „30-jähriges Ereignis“, Messperiode in der Meteorologie
50 „50-jähriges Ereignis“
100 Jahrhundertereignis“, allgemein üblich, entspricht etwa dem Ausdruck „seit Menschengedenken“
150 Grenzwert im Hochwasserschutz, etwa Gefahrenzonenplanung Österreich
300 Ausnahmeereignis der Klimatologie, etwa maximal 300 Jahre reichen die schriftlichen Messreihen zurück: „seit Beginn der Wetteraufzeichnung“
1000 „Jahrtausendereignis“, aufgrund der Quellenlage verschriftlicher Ereignisberichte meist im Sinne von „noch nie dagewesen“

Literatur

  • H.P. Nachtnebel; C. Gamperling, K. Leroch, J. Fürst, H. Holzmann (red. Überarb.); Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau, Universität für Bodenkultur Wien (Hrsg.): Hydrologie. Studienblätter. Wintersemester 2003/04, 1. Statistische Grundlagen, 2. Extremwertstatistik, 3. Korrelation und Regression, 4. Zeitreihenanalyse, 5. Regionalisierung und räumliche Interpolation.

Einzelnachweise

  1. Nachtnebel: Hydrologie. 2. Extremwertstatistik, S. 2-2 (55).
  2. Nachtnebel: Hydrologie. 2.2.1 Hochwasserstatistik, S. 2-4 (57).
  3. Nachtnebel: Hydrologie. 1.8 Stetige Verteilungen in der Hydrologie, S. 1-30 (42) ff.
  4. Nachtnebel: Hydrologie. Tab 2.1 Alternative ploting positions und ihre Anwendung, S. 58.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hochwasser in Würzburg — Lage der Stadt Würzburg in Deutschland Hochwasserereignisse am Pegel Würzburg …   Deutsch Wikipedia

  • Sturmtief Daisy — 2010 Unwetter Schneesturm, Winterkälte Wetterlage Vb Tief mit Einbruch polarer Kaltluft Daten Bildung 5. Januar Ende …   Deutsch Wikipedia

  • Hitzewelle 2003 — Abweichungen von der Mitteltemperatur (2003 gesamt) Unwetter Hitzewelle (Omegalage) Daten …   Deutsch Wikipedia

  • Flutkatastrophe von 1953 — Blick über das überflutete Oude Tonge auf Goeree Overflakkee Die Flutkatastrophe von 1953 (in den Niederlanden und Flandern als Watersnood oder kurz de Ramp (die Katastrophe), in Großbritannien als (Great) North Sea flood oder East Coast floods… …   Deutsch Wikipedia

  • Hochwasser — am Kölner Rheinufer, 1983 …   Deutsch Wikipedia

  • Hochwasserkatastrophe von 1953 — Blick über das überflutete Oude Tonge Goeree Overflakkee Die Flutkatastrophe von 1953 (in den Niederlanden und Flandern als Watersnood oder kurz de Ramp (die Katastrophe), in Großbritannien als (Great) North Sea flood oder East Coast floods und… …   Deutsch Wikipedia

  • Hollandflut — Blick über das überflutete Oude Tonge Goeree Overflakkee Die Flutkatastrophe von 1953 (in den Niederlanden und Flandern als Watersnood oder kurz de Ramp (die Katastrophe), in Großbritannien als (Great) North Sea flood oder East Coast floods und… …   Deutsch Wikipedia

  • Hollandsturmflut — Blick über das überflutete Oude Tonge Goeree Overflakkee Die Flutkatastrophe von 1953 (in den Niederlanden und Flandern als Watersnood oder kurz de Ramp (die Katastrophe), in Großbritannien als (Great) North Sea flood oder East Coast floods und… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Wetterereignissen in Europa — Die Liste von Wetterereignissen in Europa gibt eine Übersicht über als Unwetter bezeichnete Extremwetterereignisse, darunter auch Naturkatastrophen (Schadereignisse) von historischer Bedeutung. Inhaltsverzeichnis 1 Legende 2 Liste 3 Siehe auch …   Deutsch Wikipedia

  • Pegel Würzburg — Hochwasserstaffel an der Kranenbastion – Alten Kranen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”