Italo-Keltisch

Italo-Keltisch

Als Italo-Keltisch bezeichnet die vergleichende Sprachwissenschaft die erschlossene gemeinsame Vorstufe der italischen und keltischen Sprachen. Italo-keltisch gehört zum westlichen Zweig der indogermanischen Sprachen und wurde vermutlich in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends vor Christus im heutigen Süddeutschland, Böhmen und Österreich gesprochen. Grundlage der Rekonstruktion des Italo-Keltischen sind mehrere spezifische morphologische Gemeinsamkeiten der keltischen und italischen Sprachen, die kaum durch Entlehnung, aber organisch durch eine Phase der gemeinsamen Entwicklung zu erklären sind.

Italisch-keltische Gemeinsamkeiten

  1. Die thematischen Genitive auf -ī (vgl. lat. dominus, Gen. domini).
  2. Der ā-Konjunktiv. Sowohl Italisch als auch Keltisch haben einen Konjunktiv, der auf einen älteren Optativ mit -ā- zurückgeht, der in anderen indogermanischen Sprachen keine Parallele hat.
  3. Der Zusammenfall des indogermanischen Aorist und des idg. Perfekts zu einer neuen, einfachen Vergangenheitsform.
  4. Die Superlativbildungen auf *-is°mo-
  5. Die Assimilation von *p an nachfolgendes *kʷ, die offenkundig vor dem keltischen Verlust von *p geschehen ist:
Idg. *penkʷe 'fünf' → lat. quinque; altirisch cóic
Idg. *perkʷu- 'Eiche' → lat. quercus; der goidelische Stammesname Querni
Idg. *pekʷ- 'kochen' → Latin coquere; walisisch poeth heiß (das anlautende p- im Walisischen setzt protokeltisch *kʷ voraus)

Weitere spezifische keltisch-italische Gemeinsamkeiten betreffen den Wortschatz, darunter einige Metallbezeichnungen (Gold, Silber, Zinn usw.). Diese lexikalischen Gemeinsamkeiten wären durch Nachbarschaft und Lehnworte durchaus erklärbar, kaum aber die o.g. grammatikalischen Übereinstimmungen (vgl. Euler 2009: 24-26).

Literatur

  • Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen - Abriss des Protogermanischen vor der Ersten Lautverschiebung, 244 S., ISBN 978-3-9812110-1-6, London/Hamburg 2009; vgl. v.a. Kapitel 1.2.4.: Germanen, Kelten und Italiker.
  • Oettinger, Norbert (1984): "Zur Diskussion um den Lateinischen ā-Konjunktiv". Glotta (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht) 62: 187–201. ISSN 0017-1298.
  • Schmidt, Karl Horst, “Contributions from New Data to the Reconstruction of the Proto-Language”. In: Polomé, Edgar; Winter, Werner eds.. Reconstructing Languages and Cultures (1st ed.). Berlin, New York: Mouton de Gruyter. pp. 35–62. ISBN 3110126710. OCLC 25009339.
  • Watkins, Calvert, “Italo-Celtic Revisited”. In: Birnbaum, Henrik; Puhvel, Jaan eds. (1966). Ancient Indo-European dialects. Berkeley: University of California Press. pp. 29–50. OCLC 716409.
  • Frederik H .H. Kortlandt, Italo-Celtic Origins and Prehistoric Development of the Irish Language, Leiden Studies in Indo-European Vol. 14, Rodopi 2007, ISBN: 9789042021778 .

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