Wantschinbalyn Indschinasch

Wantschinbalyn Indschinasch

Wantschinbalyn Indschinasch (mongolisch Ванчинбалын Инжинаш; * Frühjahr 1837; † 25. Februar 1892) war ein mongolischer Schriftsteller und gilt als Begründer des mongolischen Romans.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Indschinasch wurde als jüngster Sohn in einer adligen Familie mit acht Kindern geboren. Er war ein Sohn des Wantschinbal (1794-1847), eines gebildeten Beamten, Land- und Grubenbesitzers aus der Ostmongolei, die heute zur Autonomen Region Innere Mongolei der Volksrepublik China gehört. Obwohl der mongolischen Oberschicht angehörend, die ein Leben im Stil der herrschenden Mandschu führte und chinesische Lebensformen übernahm, erfasste Indschinasch früh die Zuspitzung der gesellschaftlichen Konflikte, wie sie zwischen den Mandschu, den Chinesen und der ursprünglich allein in seinem Heimatgebiet lebenden und immer mehr verarmenden Mongolen bestanden.

Aus diesen Konflikten erwuchs das Hauptwerk des Dichters, der einerseits die chinesische Kultur bewunderte, andererseits aber zur nationalen Rückbesinnung seines Volkes aufrief, indem er die Idee beförderte, die Herrschaft eines aufgeklärten Fürsten könne Alternative sein zu den feudalen Verhältnissen des 19. Jahrhunderts mit ihren sich verstärkenden Anzeichen des Verfalls.

Im Geiste des Konfuzianismus und des Buddhismus erzogen, beschäftigte sich Indschinasch früh mit Sprachen und Literatur, wobei ihm die klassischen chinesischen Romane wie "Der Traum der Roten Kammer" als literarisches Vorbild dienten.

Werk

Nach dem unvollendet gebliebenen autobiographischen Jugendwerk "Die Tränen des Verliebten" griffen seine Romane "Der einstöckige Pavillon" und „Die Kammer der roten Tränen“ (alle erst 1957 erschienen) Motive des chinesischen Romans auf. Besonders "Der einstöckige Pavillon" enthält realistische, sozialkritische Passagen wie "Das Lied vom armen Bauern" (dt. 1972).

Indschinasch wurde zum Begründer des mongolischen Romans, der sich deutlich von den Chroniken (Towtsch) des 17. bis 19. Jahrhunderts abhebt und kritisches Gedankengut aufnimmt. Eine Besonderheit ist, dass er in seine Romane Gedichte einfügte, die Empfindungen und Stimmungen der literarischen Figuren zum Ausdruck bringen. Sie tragen impressionistischen Charakter, weisen oftmals epigrammatische Kürze auf und zeigen die starke lyrische Begabung des Autors. Verfasst im „chinesischen Stil“, den auch drei seiner älteren Brüder mit ihren Gedichten pflegten, unterscheiden sie sich von der übrigen mongolischen Dichtung.

Zum Lebenswerk Indschinaschs wurde "Das Blaue Buch über den Aufstieg der Yüan-Dynastie" (kurz Die Blaue Chronik oder Blaue Sutra genannt), das sein Vater begonnen hatte (er schrieb die ersten acht Kapitel) und an dem er von 1866 bis zu seinem Tod arbeitete. Von ursprünglich 120 konzipierten Kapiteln des Romans wurden jedoch nur 69 aufgefunden, die nach handschriftlicher Verbreitung erstmals 1929 gedruckt vorlagen. Der Autor wollte darin den Mongolen in ihrer Not und Verzweiflung Mut machen, indem er sich der Gestalt Tschinggis Khans als einem "idealen Herrscher" und dem "glorreichen Mittelalter" (der Yuan-Dynastie von 1271 bis 1368) zuwandte. Allerdings hat die von ihm geschaffene Figur nichts mit dem historischen Staatsgründer und Weltenherrscher zu tun, denn Indschinaschs Roman hat stark zeithistorische Bezüge. Seine Bedeutung liegt darin, dass er trotz idealisierend-romantischer Elemente als ein Werk des kritischen Realismus bezeichnet werden kann.

Indschinasch übernahm im Unterschied zu seinem Vater und seinen älteren Brüdern kein Staatsamt, sondern widmete sich ganz seinen literarischen Ambitionen. Heute findet sein Werk hohe Anerkennung und er gilt neben Dulduityn Rawdschaa als Klassiker der mongolischen Literatur.

Übersetzungen

  • in: Walther Heissig, Geschichte der mongolischen Literatur, Bd. 1 / 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Wiesbaden 1972
  • in: Klaus Oehmichen, Zehn mongolische Dichter, Mongolische Notizen, Heft 17/2008

Literatur

  • in: Walther Heissig, ebd.
  • Walther Heissig, Injanasi (Indschinasch), Blaue Chronik, in: Kindlers neues Literatur-Lexikon (Studienausgabe), Bd. 8, München 1996
  • Klaus Oehmichen, Zehn mongolische Dichter, in: Mongolische Notizen, Heft 17/2008

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