Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen

Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen
Titelblatt der Schrift von Heinrich von Schultheiß: Eine Außführliche Instruction Wie in Inquisition Sachen des grewlichen Lasters der Zauberey gegen Die Zaubere der Göttlichen Majestät und der Christenheit Feinde ohn gefahr der Unschuldigen zu procediren .. Köln, 1634

Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen ereigneten sich vom 16. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert. Die Region gehörte im 17. Jahrhundert zu den Schwerpunkten der Verfolgung im Heiligen Römischen Reich und damit in Europa. Eine erste Welle der Verfolgung war in den Jahren von 1590 bis 1600. Die Prozesse und Hinrichtungen erreichten um 1630 ihren Höhepunkt. Eine weitere, deutliche schwächere Welle von Prozessen gab es in den 1640/50er Jahren.

Die Ursachen waren vielfältig. Auf der Basis eines weitverbreiteten Hexenglaubens wurde der Drang nach Verfolgung vermeintlicher Hexen und Zauberer durch Seuchen, Brände oder Hungersnöte gefördert. Die Obrigkeit versuchte zeitweise etwa durch die Hexenprozessordnung von 1607, die Prozesse zu regulieren. Nachdem Kurfürst und Landdrost selbst zu den Befürwortern gehörten, nahmen die Prozesse und Hinrichtungen massiv zu. Die von der Regierung eingesetzten Hexenkommissare wurden zu Protagonisten der Verfolgungen. Auch die Vorbilder anderer Regionen dürften eine Rolle gespielt haben.

Gegen den Hexenwahn wandten sich einige Kritiker auch öffentlich. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann die Obrigkeit, bei der inzwischen eine gewisse Skepsis über das Vorgehen aufgekommen war, allmählich damit, die Verfahren stärker und diesmal auch wirkungsvoll zu regulieren. Nach 1691 fanden nur noch vereinzelte Prozesse statt. Die letzte Hinrichtung im Herzogtum fand 1728 in Winterberg statt.

Inhaltsverzeichnis

Verfolgungsursachen

Wie in anderen Regionen wirkten mehrere Faktoren als Auslöser für die Verfolgungen zusammen. Der Glaube an Hexen und Zauberer wurde durch die allgemeinen Krisenmomente des 16./17. Jahrhunderts (Seuchen, Kriegswirren, Hungerkrisen usw.) verstärkt. Diese wurden von der Bevölkerung als existentielle Bedrohung von Leben, Besitz und Seelenheil aufgefasst. Verbreitet wurde der Hexenglaube durch zahlreiche Flugschriften, Traktate aber auch durch Predigten in den Kirchen. Es ist wahrscheinlich, dass der Hexenhammer bereits kurz nach der Erstveröffentlichung im Herzogtum rezipiert wurde. Von Teilen der Bevölkerung wurde Druck auf die städtischen oder landesherrlichen Führungsschichten ausgeübt, energischer gegen das Hexenunwesen vorzugehen. Hinzu kam die Bereitschaft der Obrigkeit, dem nachzugeben oder die Verfolgungen sogar zu steuern. Nicht zu verkennen ist auch das Streben nach sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Vorteilen auf den verschiedenen Ebenen.[1]

Die angeblichen Delikte entsprachen den in Mitteleuropa üblichen Vorwürfen. Die Hexen oder Hexer sollen einen Bund mit dem Teufel eingegangen sein. Dieser soll sich durch eine geschlechtliche Vereinigung – Teufelsbuhlschaft – vollzogen haben. Für die Überlassung der Seelen sollen die Hexen Zauberkräfte erhalten haben, mit denen sie ihren Mitmenschen schaden konnten. Die Hexen sollen sich häufig untereinander und mit dem Teufel auf einem Hexensabbat getroffen haben. Hinzu kam die Annahme, dass die Hexen sich in Tiere verwandeln konnten.[2] In einem längeren Kommunikationsprozess bildeten sich etwa hinsichtlich der Vorstellung vom Teufelspakt regionale Ausprägungen heraus, während es in den einzelnen Gebieten, wie im Bereich Westfalen, zu einer gewissen Vereinheitlichung kam.[3]

Anfänge der Verfolgung

Oberfreistuhl in Arnsberg im heutigen Zustand

Das Generalkapitel der Femegerichte hat auf seinem Treffen in Arnsberg 1490 die Hexerei erstmals als Straftat definiert: „So jemand Ketzereien ausheckt und vorbringt; so jemand vom Glauben abfällt und Heide wird; so jemand hext und zaubert oder mit dem Bösen ein Bündnis aufrichtet.“ Mit dem Niedergang der Femegerichtsbarkeit im 16. Jahrhundert verloren sie für die Hexenverfolgungen und -prozesse an Bedeutung. Ihre Funktion übernahmen im Wesentlichen die Gogerichte und die adeligen Patrimonialgerichte.[4]

Einer der ersten Fälle in der Region fand 1508 in Werl statt. Besser überliefert ist ein Fall von 1523 in Brilon. Damals wurde die Beklagte auf Intervention von Kurfürst Friedrich IV. von Wied gegen den Willen der örtlichen Behörden freigelassen. Zumindest in dieser frühen Phase kamen derartige Eingriffe zu Gunsten der Beklagten nicht selten vor. Dahinter steckte keine grundsätzliche Ablehnung der Hexenverfolgungen, sondern die Behörden bestanden auf einem rechtmäßigen Ablauf der Prozesse, der auch das Recht auf Verteidigung einschloss. Auch eine Frau in Rüthen kam 1573 aus ähnlichem Grund wieder frei.[5]

Trotz dieser relativen Zurückhaltung der kurfürstlichen Behörden kam es im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts zu ersten größeren Prozessen in der Region. Dabei war der kleine Ort Kallenhardt ein Schwerpunkt dieser Verfolgungswelle. In den Jahren 1573/74 wurden dort neun Hexen verbrannt. Die Zahl im folgenden Jahr ist unklar, aber 1575/76 war es erneut sechs Opfer. Im nahen Rüthen wurden 1578/79 vier Personen hingerichtet.[6] In derselben Zeit kam es auch im Süden der Region in Drolshagen und im Amt Bilstein zu ersten Verfolgungen.[7]

Prozesswelle 1590–1600

Kaspar von Fürstenberg

Ein Großteil des südlichen Sauerlandes wurde von Kaspar von Fürstenberg kontrolliert. Dessen Haltung war daher von großer Bedeutung für das Ausmaß der Verfolgung in diesem Teil der Region. Bis 1590 hat er im Sinne einer korrekten Prozessführung willkürliche Verfolgungen zu verhindern versucht. Die Einwohner von Drolshagen beschwerten sich daraufhin beim Kurfürsten Salentin von Isenburg, dass der Drost nicht energisch genug gegen das Hexenunwesen vorgehen würde, obwohl schon mehrere Personen auch mit Billigung Fürstenbergs hingerichtet worden waren. Nach 1590 jedoch nahm die Verfolgung auch im südlichen Sauerland stark zu.[8]

Für die Eskalation spielte Kaspar von Fürstenberg eine zentrale Rolle. Ein wichtiger Grund für den Wandel war, dass er den Tod seiner Ehefrau dem Handeln einer vermeintlichen Hexe mit Namen Dorothea Becker, Ehefrau eines Richters und darum die Richtersche genannt, vorwarf. Neben dem Einstellungswandel bei von Fürstenberg spielten auch weitere Faktoren eine Rolle. So ist anzunehmen, dass der neue Landesherr Ernst von Bayern die Hexenverfolgungen gefördert hat. Hinzu kam, dass eine Reihe schlechter Ernten den Hexenglauben verstärkt hat.

Allein in der Herrschaft Bilstein wurden 1590 28 Menschen der Hexerei angeklagt und mindestens 21 von ihnen wurden hingerichtet. Im Jahr 1592 starben dort weitere 19 Menschen. Zwischen 1595 und 1600 wurden im Amt Fredeburg mindestens 50 Menschen hingerichtet. Ebenso kam es in Olpe, Drolshagen, Attendorn und Oberkirchen zu Verfolgungen. Auch außerhalb des Einflussbereichs von Kaspar von Fürstenberg kam es um diese Zeit zu Prozessen. Darunter waren erneut Kallenhardt und Rüthen, aber auch Padberg, Hallenberg, Brilon, Balve, Belecke, Hirschberg, Bödefeld und Menden.[9]

Juristische Einsprüche gegen Hexereivorwürfe

Protokoll des kurkölner Hofrates mit einer ablehnenden Stellungnahme vom 17. Juni 1631 zum Fall des Henneke von Essen

Der Fall der oben angesprochenen Richterschen ist insofern von Interesse, als er zeigt, dass es zumindest zu dieser Zeit noch möglich war, mit juristischen Mitteln gegen den Hexereiverdacht vorzugehen und die eigene bedrohte Ehre wieder herzustellen:[10] Dorothea Becker war schon in den 1570er Jahren unter Hexereiverdacht geraten und hatte sich der Hilfe eines Anwaltes versichert. Dieser setzte auf das Verfahren der sogenannten kanonischen Purgation. Obwohl eigentlich für Konflikte unter Klerikern gedacht, konnte das Verfahren in bestimmten Fällen auch bei Personen angewandt werden, die der Hexerei beschuldigt wurden, ohne dass konkrete Indizien vorlagen. Dorothea Becker beeidete 1575 mit Hilfe von Eideshelfern ihre Unschuld. Daraufhin wurde ihr vom Gericht in Attendorn ein Documentum Pugationis aufgestellt. Danach kam es zunächst für längere Zeit zu keinen Verdächtigungen mehr. Erst 1587 und 1590 wurde sie von der Hexerei Verdächtigten denunziert, durch Schadenszauber den Tod der Frau des Kaspar von Fürstenberg verschuldet zu haben. Dagegen versuchte sie vergeblich erneut juristisch vorzugehen, konnte aber nicht verhindern, mehrfach gefoltert zu werden. Sie legte allerdings kein Geständnis ab, so dass sich der Prozess gegen sie sich über Jahre hinschleppte und sie schließlich aus Mangel an Beweisen des Landes verwiesen wurde.[11]

Auch Personen ohne juristisches Umfeld konnten sich zu dieser Zeit noch Hoffnung machen, mit Hilfe von Prozessen den Hexereiverdacht von sich abzuwenden. Dies war etwa im Fall Hoberg gegen Diedrich von Esleve der Fall. Auch hier spielten im Übrigen persönliche Schicksalsschläge für den Hexereiverdacht eine Rolle. Esleve hatte eine kranke Tochter, von der er annahm, dass diese verhext worden sei. Er hat bei ihr sogar eine Teufelsaustreibung vornehmen lassen, ohne dass dies zur Gesundung geführt hätte. Er verdächtigte nun den Bauern Christian Hobrecht und die Bäuerin Magdalena Vollmer, dass sie im Bunde mit dem Geist ständen, der in seine Tochter gefahren sein soll. Es kam zu verschiedenen, teils handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen beiden Seiten. Esleve klagte Hobrecht und Vollmer daraufhin offiziell bei der Obrigkeit an. Die der Hexerei Beschuldigten legten 1605 ihrerseits durch einen Anwalt Klage beim kurfürstlichen Gericht in Arnsberg ein, verlangten einen Widerruf und eine Geldbuße von Esleve. Es kam in der Folge zu Zeugenvernehmungen und die Seite von Esleve machte weitere Angaben, die sich in das Muster zeittypischer Hexereivorwürfe einreihten. Die meisten Zeugen entlasteten allerdings Hobrecht und Vollmer und nach einem extrem langwierigen Verfahren wurde Esleve 1607 zur Rücknahme der Beschuldigungen und der Zahlung von vierzig beziehungsweise fünfzig Reichstalern Buße verurteilt. Von Esleve zog daraufhin vor das Offizialat in Köln und von Werl. Auch dieses jahrelange Verfahren blieb ohne Erfolg. Schließlich war auch das Reichskammergericht damit befasst, ohne dass ein Urteil überliefert ist.[12]

Kurfürstliche Hexenprozessordnungen

Ferdinand von Bayern als Erzbischof von Köln, Gemälde im Kapitelsaal des Kölner Domes

Diese erste Verfolgungswelle endete um 1600. Die Gründe bleiben unklar, wahrscheinlich spielte hier ein Eingreifen der landesherrlichen Behörden eine Rolle. Im Jahr 1607 wurde von Ferdinand von Bayern für den gesamten Machtbereich des Kurfürsten von Köln eine Hexenprozessordnung erlassen. Diese beruhte auf Artikel 44 der Constitutio Criminalis Carolina erlassen von Karl V. 1532.[13]

Dabei war ein sogenannter Akkusationsprozess vorgesehen. Der Kläger war nach einer Verhaftung verpflichtet, eine Kaution und Bürgen zu stellen. War er dazu nicht in der Lage, hätte der Kläger selbst bis Prozessende ins Gefängnis gemusst. Bei einem eventuellen Freispruch war er dem Beklagten eine Entschädigung schuldig. Eine Klage wäre damit mit einem enormen Risiko behaftet gewesen. Wäre diese Bestimmung angewandt worden, hätte es wohl kaum Anklagen gegeben. Aber daneben waren auch noch Prozesse ex officio nach Art der Inquisition möglich. Auf dieser Basis fanden dann die großen Verfolgungen der folgenden Jahrzehnte statt. „Soll nun kein Cläger herfürthun, sondern der Obrigkeit dieß abschewlich gotteslesterlich Zauberwerk vel publica fama durch gemeine Geschrei oder denunciando über etzliche Personen vorkommen, so wird denselben Amptswegen obliegen und gepühren, ex officio nottürfftige Informationen darüber einzunehmen.[14]

Für den Beginn eines Verfahrens war die Diffamatio durch zwei neutrale Zeugen nötig. Daneben spielte die Besagung durch verurteilte Hexen oder Zauberer eine wichtige Rolle. Gaben diese etwa unter der Folter Namen von Personen preis, die ebenfalls angeblich mit dem Teufel im Bunde waren, kam es ebenfalls zu Prozessen. Zur Eskalation der Verfolgung hat eben dies stark beigetragen. Für die Besagung war die Folter vorgesehen. Auch insgesamt wurde die Folter auch bei geringfügigen Verdachtsmomenten oder Indizien angewandt. Hatte ein Opfer unter Androhung oder bei Vollzug der Folter gestanden, musste es am nächsten Tag ohne Folter erneut befragt werden. Widerrief es dabei das Geständnis, war eine erneute Folter möglich. Sollte ein Verdächtiger dreimal gestanden und widerrufen haben, musste der Fall dem Kurfürsten vorgelegt werden. Diese musste den Verdächtigen entweder freisprechen oder des Landes verweisen. Insgesamt hat die obrigkeitliche Regelung des Vorgehens die Möglichkeiten von Freisprüchen eher verringert als vergrößert.[15]

Im Jahr 1628 wurde die Hexenprozessordnung bestätigt und vor allem um die Regelung finanzieller Fragen der Hexenprozesse ergänzt. Zwar waren die Gerichtskosten grundsätzlich von den Verurteilen zu tragen, aber es wurde nicht der gesamte Nachlass eingezogen und die Möglichkeit der Bereicherung durch Richter und andere Personen wurde begrenzt. Allerdings rief die Hexengerichtsordnung keine neue Verfolgungswelle hervor. Offenbar wurde sie auch nicht immer beachtet.[16]

Verbunden war die Prozessordnung im Herzogtum Westfalen mit der Einsetzung von zwei Juristen als general commissarien inquistitionis magiae. Diese sollten die Verfahren der Untergerichte beaufsichtigen und ein professionelles Verfahren garantieren. Allerdings hatten die Kommissare durchaus ein eigenes materielles Interesse an möglichst vielen Prozessen und Urteilen. Ihnen stand pro Haft- und Folterbefehl ein Reichstaler und bei einem Urteil das Doppelte zu. Die Tage, an denen Folterungen stattfanden, wurden extra vergütet. Ein Problem der Prozessordnung war, dass sich die Beteiligten oft nicht daran hielten. So warf der Pfarrer Michael Stappert dem Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß vor, den Beklagten verbotenerweise Suggestivfragen zu stellen. Stappert machte für die wachsende Zahl der Prozesse insbesondere die Obrigkeit verantwortlich.[17]

Erzwungene Geständnisse

Michael Stappert, Brillen-Marter-Tractat

Der Pfarrer Michael Stappert berichtete, wie Geständnisse zu Stande kamen: Der neunte Fall hat sich auch in Hirschberg zur selben Zeit zugetragen. Zur selben Zeit im selben Jahr wie vorhin angegeben [Anm.: 1616] ist eine Frau mit Namen Agatha Kricks in Hirschberg jämmerlich gemartert und gefoltert worden. In dieser Marter und Folter hat sie auch bekennen müssen, sie könne zaubern und habe diesem und jenem Schaden zugefügt. Als ich nun als Pastor zu ihr ins Gefängnis kam, da klagte sie, dass sie unschuldig sei mit folgenden Worten: „Ich habe in der Folter sagen müssen, ich könne zaubern. Aber der gerechte Gott im Himmel weiß um meine Unschuld und dass ich mich selbst habe belügen müssen, und wenn ich eine Zauberin wäre, so wollte ich es bekennen wie die anderen und solches Euch als meinem Beichtvater bekennen.“ Unterdessen sprach sie zu mir: „Ach Herr Pastor, wie soll ich es doch machen?“ Ich ermahnte sie mit Nachdruck, sie sollte sich doch nicht weiter vom Teufel verführen lassen, sondern ihre Sünde sowohl im innerlichen Gericht ihres Herzens und Gewissens vor Gott als auch im äußerlichen Gericht vor den Menschen, Richter und Schöffen, bekennen. Sie antwortete und sprach: „Ach Gott, ach Gott, wenn ich schuldig wäre, so wollte und sollte ich es tun, aber weil ich nicht schuldig bin, soll ich dann gleichwohl gegenüber meinem Beichtvater lügen und sagen, ich sei schuldig, während ich doch unschuldig bin?“ Weiter sprach sie: „Herr Pastor, Ihr habt mich genugsam ermahnt, ich will den Herrn deshalb vor Gott am jüngsten Tage entschuldigen. Und wenn ich Schuld hätte und es meinem vertrauten Beichtvater in meiner Sterbenszeit nicht bekennen wollte, was sollte mir das für Trost zur Seligkeit sein? Ich muss ja vor aller Menschen Augen als eine Zauberin sterben, und in solchem Fall wäre ich der ewigen Verdammnis würdig. Nun weiß Gott, dass ich nicht schuldig bin, und darauf will ich auch leben und sterben.“[18]

Unruhen in Geseke

Ein Problem der obrigkeitlichen Regelung zeigte sich bei einer Prozesswelle im Jahr 1618 in Geseke. Hier versuchten die Richter und Ratsherren das Verfahren gemäß der Ordnung von 1607 durchzuführen. Ihnen reichten die Beweise nicht aus und es fehlte an zwei Zeugen um ein regelrechtes Verfahren einleiten zu können. Daraufhin kam es zu regelrechten Tumulten der Bevölkerung. Diese warfen der Obrigkeit vor, die teilweise zur gehobenen Gesellschaftsschicht gehörenden Beschuldigten decken zu wollen und verlangten Folter und schließlich die Hinrichtung. Möglichen Anwälten der Beklagten drohte die Menge Gewalt an. Letztlich beugten sich Richter und Schöffen dem Druck der Straße und es wurden entsprechende Prozesse eingeleitet. Erst als sich auf Betreiben einer einflussreichen Familie einer der Beklagten die Generalhexenkommissare einschalteten, konnte das Verfahren nach der Ordnung von 1607 ablaufen. Zumindest ein Teil der Beklagten, die nicht gestanden hatten, wurden freigesprochen. Andere die unter der Folter gestanden hatten, wurden hingerichtet. Bemerkenswert an den Vorgängen in Geseke ist der Fanatismus der Bevölkerung. Dabei spielte die Suche nach Sündenböcken eine Rolle. Ebenso wichtig war die Aufhetzung durch einen Geistlichen und das Misstrauen der einfachen Bürger gegenüber den wohlhabenden Schichten.[19]

Höhepunkt der Verfolgungen um 1630

Ausmaß der Verfolgung

Wie in anderen Territorien auch erreichte die Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen um 1630 ihren Höhepunkt. Die Intensität der Verfolgung war ähnlich hoch wie im Hochstift Würzburg in Franken. Dort wurden zwischen 1623 und 1631 etwa 900 Personen hingerichtet (zu dem Ereignissen in der Stadt Würzburg: Hexenprozesse in Würzburg). Im Herzogtum Westfalen kam es zwischen 1628 und 1631 zu 600 nachgewiesenen Anklagen. Diese endeten zumeist mit der Hinrichtung. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl nicht überlieferter Fälle. Ein Zentrum war das Amt Balve. Dort wurden allein zwischen 1628 und 1630 280 Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. In Menden, Bilstein, Oberkirchen und Werl lagen die Zahlen zwischen 45 bis 80 Fällen. Von 1573 bis 1659 sind aus dem Ort Rüthen bzw. Gogericht Rüthen 169 Hexenprozesse bekannt. [20] Zu den bekannten Fällen gehören die gegen Grete Adrian und Freunnd Happen. Insgesamt wurden mindestens 79 Menschen hingerichtet. Weitere nachweisbare Fälle gab es in Hallenberg, Hirschberg, Olpe, sowie im Patrimonialgericht Alme mit jeweils etwa 20 Fällen. Wie viele Fälle es in Allendorf, Erwitte, Remblinghausen, Brilon, Marsberg, Winterberg und anderswo gab, ist auf Grund der Quellenlage nicht genau zu bestimmen. Am Ende des Jahres 1630 ließ die Verfolgungswelle dann stark nach.[21]

Kinderhexenprozeß in Oberkirchen

Folterung von der Hexerei Verdächtigten

Gut erforscht ist die Entwicklung der Hexenprozesse im Patrimonialgericht Oberkirchen der Freiherren von Fürstenberg. Auslöser der Verfolgungswelle von 1630 war das Verhör der neunjährigen Christine Teipel, die behauptet hatte, sie sei eine Hexe. Der Hintergrund für ihre Angaben war möglicherweise ein versuchter Kindesmissbrauch in ihrer Vergangenheit und Suggestivfragen des Verhörenden. In ihres Aussage hieß er zum Teufelspakt eines Einwohners: "bekend guetlich, daß Johan Bell...vor etzlicher zeit, weiß nit, wieviel jar, in Stephans backhaus sie die zauberei gelert, ...(Sie) Hette auch austrucklich dem teuffel zugesagt, waruf der teuffel in eins wackern jungen gestalt, ...zu ir kommen, ... zu ir gesagt, ob sie im auch stehen [zu ihm stehen] wolte. Sie im druff geandwortet: ja, wen er ir etzwas guts tun wölte, wilches er ir auch zu tun versprochen." Auch der Hexentanz auf dem Hexensabbat und die Teufelsbuhlschaft brachte die Befragte ins Spiel: "Sein boel (Teufelsbuhle) hett mit ir gedanzt... Der tanz hette woll zwei stunde geweret." (…) "bekend, daß der bol (Teufelsbuhle) ein ding furm leib gehabt, damit ihr in ir schamb etc., hab kein freud dabei gehabt, were gewesen, als wens holz gewest; und so oft sie zum tanz gezogen, hette er erst zu ihr kommen und boliret [= Geschlechtsverkehr haben], und wen sie´s nit leiden wolten, hette er ir zu schlagen gedrauwet" [= gedroht].[22] Diesen und weiteren Bekenntnissen folgten innerhalb weniger Wochen die Verurteilung von 67 Personen, unter ihnen auch Christine Teipel. Dies entsprach 10% der Einwohner des Ortes.[23]

Gründe für die Prozesswelle

Am Rüthener Hexenturm sind in einem Bronzerelief Friedrich von Spee und Michael Stappert abgebildet

Ein Hintergrund für das Anschwellen der Verfolgung war die schlechte wirtschaftliche Lage. Die Jahre vorher waren von schlechten Ernten, hohen Nahrungsmittelpreisen und weit verbreiteten Hunger geprägt. Dadurch stieg die Mortalität stark an. Allerdings erklärt die Hungerkrise die Entwicklung nicht vollständig. Bei vergleichbaren Konstellationen etwa 1635/36 kam es zu keinem nennenswerten Anstieg der Prozesse.

Eine treibende Kraft war die Obrigkeit. Dies gilt sowohl für Kurfürst Ferdinand von Bayern wie auch für seinen Stellvertreter im Herzogtum den Landdrosten Friedrich von Fürstenberg. Eine These erklärt den Wandel mit der allgemeinen politischen Situation im Dreißigjährigen Krieg. Die katholischen und gegenreformatorischen Kräfte waren zu dieser Zeit auf einem Höhepunkt des Erfolges und hatten den Protestantismus stark zurück gedrängt. Es lang daher nahe zu diesem Zeitpunkt auch gegen die Hexen als vermeintlichen weiteren Gegner vorzugehen. Es gibt durchaus Hinweise darauf, dass Hexerei und Protestantismus zusammen gesehen wurde, so wurde die große Zahl der Hexen in Balve mit der Nähe der evangelischen Grafschaft Mark erklärt. Allerdings fehlen für die Motive der Obrigkeit handfeste Belege.[24]

Ein Faktor war die Vorbildfunktion anderer Regionen insbesondere die große Verfolgungswelle im Hochstift Würzburg. Dass die Vorgänge in Süddeutschland bekannt waren, belegt eine Äußerung des Arnsberger Bürgermeisters Henneke von Essen, die Heinrich von Schultheiß überlieferte. Von Essen begründete seinen Widerspruch gegen Verfolgungsabsichten auch in Arnsberg weil er ein „Wirzbürgisch Werk,“ also eine aus der Kontrolle der lokalen Obrigkeit geratene Verfolgung, befürchtete.[25] Tatsächlich kam ein wichtiger Anstoß auch von den Bewohnern des Landes. So wandten sich Bürger der Stadt Hallenberg unter Umgehung des örtlichen Magistrats direkt an den Landesherren und baten mit Erfolg um die Entsendung eines Hexenkommissars. Im Gegensatz zur Vergangenheit war die Obrigkeit nunmehr bereit, dem Drängen nach Verfolgungen nach zu geben. Es gab wohl ein von oben gesteuertes Vorgehen. So ist aus Balve eine kurfürstliche Verfügung bekannt, wonach die Einwohner Gefängnisse und Scheiterhaufen vorbereiten sollten. Kurz darauf traf ein kurfürstlicher Hexenkommissar ein und die ersten Prozesse wurden eröffnet. Auch weitere obrigkeitliche Verfügungen sprechen für ein gesteuertes Vorgehen. In einer Sitzung des Hofrates in Bonn war von der Notwendigkeit einer Ausrottung der Hexerei die Rede.[26] Dass, wie Gerhard Schormann behauptet hat, Ferdinand von Beginn seiner Herrschaft an einen Krieg gegen die Hexen mit einem zentral gesteuerten Ausrottungsprogramm verfolgte, wurde indes inzwischen deutlich relativiert.[27]

Protagonisten und Gegner der Verfolgungen

Heinrich von Schultheiß

Die Hexenkommissare waren treibende Kräfte der Verfolgungen. Dabei war die Zahl der von ihnen eingeleiteten Prozesse unterschiedlich hoch. Ein Kaspar Reinhard war für mehrere hundert Fälle insbesondere im Raum Balve verantwortlich. Er war aber auch in Attendorn, Olpe, Drolshagen, Wenden und Allendorf tätig. Reinhard war über die Grenzen des Landes hinaus als besonders fanatischer Hexenjäger bekannt. Gegen ihn wurden zahlreiche Beschwerden laut und es wurde sogar ein Attentat auf Reinhard verübt.[28]

Besonders gut ist die Quellenlage zu dem Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß. Er studierte in Köln und war promovierter Jurist. Er trat 1610 in den kurfürstlichen Dienst und war zunächst am Hofgericht in Köln tätig, ehe er 1614 als kurfürstlicher Rat und advocatus fisci (d.h. Vertreter des Fiskus in Prozessen mit den Untertanen) nach Arnsberg wechselte. Als Hexenkommissar war er 1616 in Hirschberg, 1621 in Arnsberg, 1628 in Erwitte und 1643 in Werl tätig. Um 1630 war er unter anderem mit dem Prozess gegen Henneke von Essen befasst. Aus Dank für geleistete Dienste wurde er in den Adelsstand erhoben. Zeitweise musste er vor den vordringenden protestantischen Truppen nach Köln fliehen, wo er 1634 ein Buch mit dem Titel „Außführliche Instruction Wie in Inquisition Sachen des grewlichen Lasters der Zauberey...zu procediren“ veröffentlichte. Dabei handelte es sich weniger um ein wissenschaftlich-juristisches Werk im engeren Sinne, sondern um eine Schrift die sich vornehmlich an den Adel in seiner Eigenschaft als Inhaber der Patrimonialgerichtsbarkeit richtete.

Das Buch rief schon früh Widerspruch von Zeitgenossen hervor und selbst die Universität Köln lehnte es ab, gleichwohl ist das Buch eine gute Quelle für das Denken der Befürworter der Hexenverfolgung.[29]

Neben den Befürwortern der Verfolgung gab es auch schon unter den Zeitgenossen Gegner. Insbesondere im Zuge der großen Verfolgungswelle um 1630 nahm auch die Kritik zu.[30] Einige von ihnen waren dabei nicht von Anfang an Kritiker. Henneke von Essen etwa war als Richter selbst früher mit Hexenprozessen befasst und sogar bei Folterungen anwesend, ehe er öffentlich Kritik äußerte. Er wurde inhaftiert, selbst der Hexerei angeklagt, gefoltert und starb im Kerker.[31] Auch der Pfarrer Michael Stapirius hat Anfangs selbst gegen Hexen gepredigt und die Bevölkerung aufgehetzt. Als er als Seelsorger von zu Tode Verurteilten bemerkte, dass unter der Folter die unsinnigsten Geständnisse zu Stande kamen, wurde er zu einem Gegner der Hexenprozesse. Er verfasste dagegen 1628/30 ein zunächst nicht zur Veröffentlichung bestimmtes Traktat, das erst 1676 von Hermann Löher in dessen Buch Hochnötige Unterthanige Wemütige Klage Der Frommen Unschültigen in Amsterdam abgedruckt wurde. Auch eine Reihe weiterer Geistlicher äußerte sich kritisch.[32]

Verfolgungen nach 1630

Das Diagramm gibt die Zahl der Hexenanklagen im Herzogtum Westfalen zwischen 1508 und 1732 wieder. Die Daten sind insofern nicht vollständig, weil unbestimmte Angaben wie "mehrere, einige, usw." sowie pauschale Angaben über mehrere Jahre hinweg nicht berücksichtigt wurden. So fehlen etwa die fünfzig Fälle in Werl der Jahre 1628-1630. Die Daten für die Grafik stammen von Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Alfred Bruns (Red.): Hexen. Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland. Schmallenberg, 1984 S.213-218

Aus verschiedenen Gründen lief die große Verfolgungswelle von 1630 aus. Bei einer weiteren Fortführung drohte eine Entvölkerung ganzer Landstriche, so dass ein gewisses Umdenken bei der Obrigkeit einsetzte. Zudem sorgten auch die Erfolge der protestantischen Truppen für eine Unterbrechung der Prozesse. Erst 1637 kam es in Alme zu einem erneuten Prozess. Weitere folgten zwischen 1641 und 1644 in Werl, Oberkirchen, Brilon, Olpe und Drolshagen. Im Jahr 1641 lösten die Selbstbezichtigungen und Aussagen von fünf Schulkindern eine Verfolgungswelle in der Gegend um Grafschaft aus.[33]

Dabei bestanden erneut auch Zusammenhänge mit steigenden Getreidepreisen. Wieder hat die Bevölkerung von der Obrigkeit verlangt, die Hexenverfolgungen zu intensivieren. So wandten sich Einwohner von Oberkirchen mehrfach an Friedrich von Fürstenberg. Ein ähnliches Muster aus Teuerung und Verfolgung zeigte sich zwischen 1652 und 1654 im Amt Balve, im Gogericht Rüthen und in der Gegend von Olpe. Dabei wurden insgesamt mindestens 45 Personen hingerichtet. Dass die Intensität der Verfolgung nicht den Grad von 1630 erreichte, hatte im südsauerländer Raum auch mit der Skepsis von Friedrich von Fürstenberg zu tun, der Nachfolger seines den Hexenprozessen aufgeschlossenen Vaters als Gerichtsherr geworden war. In seinem eigenen Herrschaftsgebiet hat es bis zu seinem Tod 1662 auch keine Prozesse gegeben. Die Einwohner von Bilstein beschwerten sich daher, dass seit 40 Jahren kein Exempel mehr statuiert worden sei.[34] Auch der neue Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern war bemüht, neue Exzesse zu verhindern und riet etwa den Behörden in Winterberg und Hallenberg Verdachtsmomente sorgfältig zu prüfen, darüber Bericht zu erstatten und weitere Anweisungen abzuwarten. Weitere Instruktionen verstärkten dies. Danach sollte nicht sofort bei Verdächtigungen Haft und Folter erfolgen, Indizien sollten sorgfältiger geprüft und die Verdächtigen die Gelegenheit zu einer Rechtfertigung bekommen. An Stelle von Verleumdungen sollten objektivierbare Erkenntnisse treten.[35]

In der Folge ließ die Zahl der Prozesse deutlich nach. Nach 1665 gab es nur noch 47 Prozesse, die mit dem Tod des Beklagten endeten. Darunter ragt Geseke hervor, wo es nach Bränden 1670 und 1691 zu insgesamt 19 Hinrichtungen kam. Diese waren die letzten Massenprozesse in der Region. In der Folge wurde die Kontrolle der unteren Gerichte immer weiter ausgebaut. Im Jahr 1695/96 ergingen Anweisungen des Hofrates in Bonn an die Gerichte in Olpe und Brilon, nach denen fortan niemand ohne eine Gutachten eines unparteiischen Juristen verhaftet werden sollte und auch niemand schon beim ersten Verhör mit der Folter bedroht werden sollte. Der Verdächtigte hatte das Recht auf eine Kopie der Anklageschrift und einen Verteidiger. Konnte er sich keinen leisten wurde ein Verteidiger bestellt. Vor der Anordnung der Folter musste diese von der Regierung in Arnsberg oder vom Hofrat genehmigt werden.

Nach wie vor ging man aber von der Möglichkeit der Hexerei aus. Daher kam es weiterhin in Einzelfällen zu Verurteilungen und Hinrichtungen. Im Jahr 1695 wurde etwa ein erst zwölfjähriges Mädchen in Olpe hingerichtet. Die Prozesse 1708 in Geseke und 1728 in Winterberg sind die letzten Fälle im Herzogtum, die mit Hinrichtungen endeten. Ein letzter Prozess im Jahr 1730 in Brilon endete mit einem Freispruch.[36]

Opfer

Erinnerung an die Hexenprozesse auf der „Geschichtssäule“ in Menden

Insgesamt sind etwa 1100 Verfahren in der Region mit einer Quote von mindestens 80% Hingerichteter nachweisbar.[37] Die Zahl der männlichen Verurteilten war mit 25% im Herzogtum Westfalen vergleichsweise hoch. In Bilstein waren 1629 von insgesamt 34 Getöteten 22 Männer. Ein Jahr später war von 12 Angeklagten die Hälfte männlich. Der Männeranteil insgesamt lag bei 37% und damit über dem Durchschnitt. Allerdings war dieser auch in anderen katholischen Territorien sehr hoch, was etwa Rolf Schulte mit einem konfessionseigenen Hexenbild und einer besonderen Deliktbeschreibung zu erklären versucht.[38] Kinder waren zwar relativ selten betroffen. Allerdings kam dies auch vor, wie die Fälle in Oberkirchen und Grafschaft gezeigt haben.

Über den sozialen Hintergrund der Angeklagten liegt eine Detailstudie zum Gericht Oberkirchen vor. Die Zahl der Bauern und Kötter entsprach in etwa ihrem Anteil an der Bevölkerung insgesamt. Mittlere und größere Bauern waren statistisch etwas stärker vertreten. Insgesamt hat der soziale Stand bei den Prozessen im Gericht Oberkirchen keine erkennbare Rolle gespielt. Eine Rolle spielten dagegen verwandtschaftliche Beziehungen. Ein Großteil der Angeklagten des Jahres 1630 hatte familiäre Beziehungen zu den Opfern der ersten Verfolgungswelle im Gericht Oberkirchen in den Jahren 1594/95. Die Hingerichteten der Jahre 1641/42 und 1669/71 standen ihrerseits in familiären Beziehungen zu den Beschuldigten von 1630.[39]

Gedenken und Rehabilitation

Die Stadtvertretung der Stadt Rüthen hat am 31. März 2011 eine sozialethische posthume Rehabilitation der örtlichen Opfer der Hexenverfolgungen beschlossen. [40] Der Rat der Stadt Sundern beriet am 18. April 2011 über eine analoge Vorlage. [41] In Arnsberg gibt es Bestrebungen etwa in Form einer Gedenktafel an Henneke von Essen zu erinnern.[42] In Balve, Bad Fredeburg, Geseke, Hirschberg, Menden, Olpe, Rüthen, Holthausen und Winterberg erinnern Gedenktafeln oder Denkmäler an die Opfer der Hexenverfolgungen. In Fredeburg befindet sich eine Gedenktafel an der sogenannten Hexenkapelle. An dieser Stelle sollen die Verurteilten ein letztes Mal Trost und Vergebung erfleht haben. In Balve wurde auf den Galgenberg, der historischen Hinrichtungsstätte, im Jahr 2006 eine Gedenkstele enthüllt. In Hirschberg erinnert schon seit 1986 ein Gedenkkreuz an die Opfer. Der Waldskulpturenweg Wittgenstein−Sauerland führt zu dem ehemaligen Hexenplatz in Oberkirchen. Dort steht die Skulptur Der Hexenplatz von Lilli Fischer. In Menden wurde die Stadtbücherei nach Dorte Hilleke benannt, die der Folter widerstand und damit die Kette von Denunziationen durchbrach. Im Schieferbergbau- und Heimatmuseum Holthausen existiert eine Dauerausstellung zum Thema. [43][44]

Einzelnachweise

  1. Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster, 2009 S.299f.
  2. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen S.190
  3. Elvira Toplaovic: „Ick kike in die Stern vndt versake Gott den herrn“. Versprachlichung des Teufelspaktes in westfälischen Verhörprotokollen des 16./17. Jahrhunderts Onlineversion
  4. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen S.192
  5. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen S.192
  6. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen S.192
  7. zu Bilstein: Otto Höffer: Die Hexenverfolgung im Amt Bilstein S.119-136
  8. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.192f.
  9. Klemens Stracke: Als die Scheiterhaufen loderten. Vom Hexenwahn im Bilsteiner Lande. In: Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe. 73. Folge, 1968, S. 139 – 175, Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.193f., zu Oberkichen: Alfred Bruns Die Oberkirchener Hexenprotokolle S.11-90, zu Hallenberg: Georg Glade: Rehabilitation der Opfer des Hexenwahns in Hallenberg Onlineversion
  10. dazu: Ralf-Peter Fuchs: Ehre und Leumund. Lexikon Hexenforschung
  11. dazu etwa: Ralf-Peter Fuchs: Der Vorwurf der Zauberei in der Rechtspraxis des Injurienverfahrens. Einige Reichskammergerichtsprozesse westfälischer Herkunft im Vergleich. In: ZNR 17/1995 S.4
  12. Ralf-Peter Fuchs: Der Vorwurf der Zauberei in der Rechtspraxis des Injurienverfahrens. Einige Reichskammergerichtsprozesse westfälischer Herkunft im Vergleich. In: ZNR 17/1995 S.9f., Magdalena Padberg: Ein außergewöhnlicher Hexenprozess. Von Esleve contra Volmers/Hoberg. Arnsberg, 1987
  13. Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster, 2009 S.301, zur Rezeption der Carolina im Hexenprozessrecht: Michael Ströhmer: Carolina (Constitutio Criminalis Carolina, CCC)Die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. im Kontext der frühneuzeitlichen Hexenprozesse Lexikon der Hexenforschung
  14. zit. nach: Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.195
  15. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.195
  16. Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster, 2009 S.302
  17. Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster, 2009, Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. S.196
  18. abgedruckt in: Hermann Löher, Hochnötige Unterthanige Wemütige Klage Der Frommen Unschültigen, 1676 Onlineversion
  19. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.199
  20. Westfalen-heute.de Hexenprozesse: Rüthen will Opfer rehabilitieren abgerufen am 18. November 2011
  21. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.199f., zu Werl: R. Fidler: Quellen zur Hexenverfolgung in Werl/Westfalen Onlineversion
  22. Alfred Bruns: Die Oberkirchener Hexenprotokolle, S. 26ff
  23. Tobias A. Kemper: "...der allnoch anwachsenden bluenden jugend zum abscheulichen exempel...". Kinderhexenprozesse in Oberkirchen (Herzogtum Westfalen). In: SüdWestfalen Archiv Jg.4/2004 S.115-117
  24. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.201f.
  25. Heinrich von Schultheiß: Eine Außführliche Instruction Wie in Inquisition Sachen des grewlichen Lasters der Zauberey gegen Die Zaubere der Göttlichen Majestät und der Christenheit Feinde ohn gefahr der Unschuldigen zu procediren ..., Köln 1634 S.467
  26. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.200
  27. Gerhard Schormann: Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm der Kurfürsten von Köln. Göttingen, 1991 S.9, Wolfgang Behringer: Hexen: Glaube, Verfolgung, Vermarktung. München, 1998 S.55
  28. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.201
  29. Rainer Decker: Der Arnsberger Hexen-Richter Dr. Heinrich von Schultheiß (ca.1580-1646). In: Arnsberger Heimatblätter Jg.16/1995. S.22-35, Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster, 2009 S.310-315
  30. Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster, 2009 S.299
  31. Franz Ignaz Pieler: Leben und Wirken Caspar's von Fürstenberg nach dessen Tagebüchern. Auch ein Beitrag zur Geschichte Westfalens in den letzten Decennien des 16. und im Anfange des 17. Jahrhunderts. Paderborn, 1873 S.99f., Magdalena Padberg: Ein außergewöhnlicher Hexenprozess. Von Esleve contra Volmers/Hoberg. Arnsberg, 1987 S.187, Hartmut Hegeler: Hexengefängnis für Arnsberger Bürgermeister. In: Sauerland 2/2011 S.72-75.
  32. Rainer Decker: Pfarrer Michael Stappert (Hirschberg/Grevenstein) – der Friedrich Spee des Sauerlandes. In: Michael Senger (Hrsg.): Dreißigjähriger Krieg im Herzogtum Westfalen. Schmallenberg, 1998 S.45-51, Rainer Decker: Gegner der großen Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen und im Hochstift Paderborn. In: Hartmut Lehmann/Otto Ulbricht (Hrsg.): Vom Unfug der Hexenprozesse. Gegner der Hexenverfolgung von Johann Weyer bis Friedrich Spee. Wiesbaden, 1992 S.187-198
  33. zu Grafschaft: Tobias A. Kemper: "...der allnoch anwachsenden bluenden jugend zum abscheulichen exempel...". Kinderhexenprozesse in Oberkirchen (Herzogtum Westfalen). In: SüdWestfalen Archiv Jg.4/2004 S.117-120
  34. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.209f.
  35. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.210f.
  36. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.211f.
  37. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.212
  38. Rolf Schulte: Männer in Hexenprozessen - ein Überblick aus mitteleuropäischer Perspektive Online-Version
  39. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S.212, Ders.: Rainer Decker: Der soziale Hintergrund der Hexenverfolgung im Gericht Oberkirchen, S.98-101
  40. Stadtvertretung Rüthen: Vorlage Nr. 017/11
  41. Stadt Sundern, Vorlage Nr. 0292/VII vom 18. April 2011 (PDF) abgerufen am 13. November 2011
  42. Sauerlandkurier vom 13.2.2011
  43. Auflistung von Orten mit Hexendenkmälern in Westfalen
  44. Hartmut Hegeler: Hexendenkmäler im Sauerland. In: Sauerland 4/2008 S.173-181

Quellen

  • Michael Stappert: Brillentraktat. In: Hermann Löher: Hochnötige Unterthanige wemütige Klage Der Frommen Unschültigen; Worin alle Hohe und Nidrige Oberkeit / sampt ihren Unterthanen klärlich / Augenscheinlich zu sehen und zu lesen haben / wie die arme unschültige fromme Leute durch Fahm und Ehrenrauben von den falschen Zauber-richtern angegriffen / durch die unchristliche Folter- und Pein-banck von ihnen gezwungen werden/ erschreckliche/ unthunliche Mord- und Todt-Sünden auff sich selbsten und anderen mehr zu liegen/ und sie ungerechtlich/ falschlich zu besagen. Welches auch die Herren Herren Tannerus/ Cautio Criminalis/ Michael Stapirius / härlich bekräfftigen. Mit unterschiedlichen schönen Kupfferstücken nach dem leben zierlich abgebildet. Alles mit großem Fleiß und Mühe / zu Trost und Heyl der frommen Christ-Catholischen Leuten zu sammen gestelt: Durch Hermannum Loher Der Stadt Amsterdam Bürger. Gedruckt zu Amsterdam. Vor dem Auctor / bey Jacob de Jonge. Anno 1676. (Onlineversion)
  • Heinrich von Schultheiß: Eine Außführliche Instruction Wie in Inquisition Sachen des grewlichen Lasters der Zauberey gegen Die Zaubere der Göttlichen Majestät und der Christenheit Feinde ohn gefahr der Unschuldigen zu procediren ..., Köln 1634 (Digitalisat)
  • Hexen-Ordnung des Churfürsten Ferdinand [vom 24. Juli 1607], nebst Nachtrag und Taxe vom 27. November 1628, abgdr. in: Johann Suibert Seibertz: Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen. Bd.3 1400-1800 Arnsberg, 1854 Nr. 1038, S.298-306 Digitalisat

Literatur

  • Alfred Bruns (Red.): Hexen. Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland. Schmallenberg, 1984

darin u.a.:

    • Alfred Bruns: Die Oberkirchener Hexenprotokolle. S. 11–90.
    • Rainer Decker: Der soziale Hintergrund der Hexenverfolgung im Gericht Oberkirchen. S. 91–118
    • Otto Höffer: Die Hexenverfolgung im Amt Bilstein S. 119–136.
    • Fritz Schreiber: Hexenprozesse im Amt Medebach. S. 137–176.
    • Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen S. 189–218.
  • Tobias A. Kemper: "...der allnoch anwachsenden bluenden jugend zum abscheulichen exempel...". Kinderhexenprozesse in Oberkirchen (Herzogtum Westfalen). In: SüdWestfalen Archiv Jg.4/2004. S. 115–136.
  • Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. Forschungsstand, Quellenlage und Zielsetzung. In: Westfälische Zeitschrift 132/133 1981/82, S. 339–386.
  • Rainer Decker: Gegner der großen Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen und im Hochstift Paderborn. In: Hartmut Lehmann/Otto Ulbricht (Hrsg.): Vom Unfug der Hexenprozesse. Gegner der Hexenverfolgung von Johann Weyer bis Friedrich Spee. Wiesbaden 1992, S. 187–198.
  • Tanja Gawlich: Der Hexenkommissar Heinrich von Schultheiß und die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das kurkölnische Herzogtum Westfalen von den Anfängen der kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen bis zur Säkularisation 1803, Münster 2009, ISBN 978-3-402-12827-5.
  • Gerhard Schormann: Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm der Kurfürsten von Köln. Göttingen 1991.
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