Herbert Bayer (Künstler)

Herbert Bayer (Künstler)

Herbert Bayer (* 5. April 1900 in Haag am Hausruck, Oberösterreich; † 30. September 1985 in Montecito, Kalifornien) war ein österreichischer Fotograf, Grafikdesigner, Typograf, Ausstellungsarchitekt, Maler und Lehrer am Bauhaus in Dessau.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nach einer Lehre in einem Kunstgewerbeatelier und Tätigkeit bei dem Architekten Mangold in Darmstadt studierte Bayer 1921 bis 1925 am staatlichen Bauhaus in Weimar.[1] Hier besuchte er den Vorkurs von Johannes Itten und wohnte später dem Unterricht Paul Klees[2] bei. 1922/23 und 1924/25 lernte er in der Werkstatt für Wandmalerei unter Wassily Kandinsky[2]. Nach der Gesellenprüfung 1925 wurde Bayer als Leiter der neu eingerichteten Werkstatt für Druck und Reklame an das Bauhaus in Dessau berufen. Er führte die Normung aller Drucksachen nach DIN ein und setzte die Kleinschreibung durch. Alle für den Eigenbedarf des Bauhauses benötigten Drucksachen wurden in der Bauhausdruckerei nach Entwürfen von Herbert Bayer oder Studierender hergestellt. Somit war die Voraussetzung für ein neues Berufsfeld geschaffen: das Grafikdesign.

Im Jahr 1928 verließ Bayer das Bauhaus und zog nach Berlin, um dort als Werbegrafiker und künstlerischer Leiter der Werbeagentur Studio Dorland tätig zu sein. Bayer widmete sich in der Berliner Zeit außerdem Ausstellungsgestaltungen, der Malerei sowie der Fotografie und wurde Art Director der Zeitschrift Vogue, Paris[1]. Er galt als Gast des im selben Jahr von Kurt Schwitters gegründeten Rings neuer Werbegestalter.

Herbert Bayer und seine Mitarbeiter führten nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 vor allem im Ausstellungswesen auch Aufträge für die NS-Propaganda aus. Die Nationalsozialisten nutzten das Messe- und Ausstellungswesen von Anfang an als publikumswirksames Informations- und Propagandainstrument. Das Ergebnis waren im Laufe der Jahre einige wenige, aber effektvoll inszenierte Publikumsausstellungen. Als wegweisend für das NS-Ausstellungswesen gilt Die Kamera – Ausstellung für Fotografie, Druck und Reproduktion (4.–19. November 1933), die ursprünglich vom Deutschen Werkbund geplant, jetzt aber von Goebbels als Schirmherr übernommen wurde. Zeitgenossen nahmen sie als „riesenhafte Schau“ wahr. Bayer entwarf hier erstmalig für nationalsozialistische Auftraggeber einen Ausstellungskatalog.

Die Ausstellung Deutsches Volk – Deutsche Arbeit vom 21. April bis zum 3. Juni 1934 war die erste, die auch bereits in der Vorplanung auf die Nationalsozialisten zurückging; Schirmherr war Reichspräsident von Paul von Hindenburg, Veranstalter die gemeinnützige Berliner Ausstellungs-Messe-und-Fremdenverkehrs-GmbH unter Mitwirkung von Reichs- und Staatsverbänden. Bayer entwarf in seinem „dorland studio“ in angepasstem Bauhaus-Stil erneut den Katalog zur Ausstellung. Im Kataloginneren präsentierte er auf 36 Seiten in charakteristischer Typofoto-Manier eine Mischung aus High-Tech-Schau und bäuerlich-völkischer Idylle mit Abbildungen von arisch-blonden Frauen und gestählten Männern, Arbeitsszenen und Industrielandschaften. Der Berliner Ausstellung Deutsches Volk – Deutsche Arbeit folgten zwei weitere: Das Wunder des Lebens (23. März–5. Mai 1935) und anlässlich der Sommerolympiade Deutschland (18. Juli–16. August 1936); die drei Ausstellungen zusammen wurden in der NS-Presse als Trilogie bezeichnet. Bis zu seiner Emigration 1938 war Bayer für NS-Auftraggeber tätig.[3]

1937 waren seine Werke in der Nazi-Ausstellung Entartete Kunst in München vertreten. Im gleichen Jahr reiste er das erste Mal in die USA, wohin er im darauf folgenden Jahr emigrierte. Zusammen mit Ise und Walter Gropius gestaltete Bayer im selben Jahr die Ausstellung Bauhaus 1919–28 im Museum of Modern Art in New York[1]. 1946 ließ er sich in Aspen/Colorado nieder und begann seine Tätigkeit als Architekt, Gestalter von Großplastiken und von Landschaften. Außerdem arbeitete er als künstlerischer Berater verschiedener Firmen und Institutionen. Unter anderem war er für folgende Unternehmen tätig: 1946 bis 1965 bei der Container Corporation of America (CCA) und 1966 bis 1985 bei der Atlantic Richfield Company (ARCO) in Los Angeles. Im Jahr 1964 war Herbert Bayer Teilnehmer der documenta III in Kassel.

1968 war Herbert Bayer für die Gestaltung der Ausstellung 50 Jahre Bauhaus in Stuttgart verantwortlich.

Auszeichnungen

Weitere Auszeichnungen und Ehrungen sind u.a. die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Graz, das Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, der Ambassador's Award for Excellence (London) oder 1969 der Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (Köln).

Schriftentwürfe

universal-type

Während seiner Lehrtätigkeit als Leiter der Reklamewerkstatt am Bauhaus entwickelte Bayer ein unicase-Alphabet. Er reduzierte die Majuskeln (Großbuchstaben) und die Minuskeln (Kleinbuchstaben) auf nur ein Alphabet. Die daraus entstandene Groteskschrift nannte Bayer Universal.

  • Universal (1925–1930);
  • Bauhaus (1925–1928);
  • Bayer-Type (1930–1936);

Publikationen

  • Versuch einer neuen Schrift. In: „Offset“, 7/1926.
  • herbert bayer. Visuelle Kommunikation, Architektur, Malerei. Das Werk des Künstlers in Europa und USA. Otto Maier Verlag, Ravensburg 1967 (Originalausgabe: herbert bayer. painter, designer, architect, Verlag Reinhold Publishing Corporation New York 1967).
  • Ich stelle mir keine Grenzen. Gespräch mit Herbert Bayer von Jürgen Claus. Kunstreport 3'79, Informationsblatt Deutscher Künstlerbund e. V., Berlin 1979.
  • Fotografie zwischen Realität und Montage. Gespräch mit Herbert Bayer von Jürgen Claus. Kunstreport 4'86, Informationsblatt Deutscher Künstlerbund e. V., Berlin 1986.

Literatur

  • Bauhaus-Archiv – Museum für Gestaltung Berlin (Hrsg.): Herbert Bayer. Kunst und Design in Amerika 1938–1985. Gebrüder Mann Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-7861-1407-2.
  • Arthur Allen Cohen (Hrsg.): Herbert Bayer. The Complete Work. MIT Press, Cambridge MA und London 1984, ISBN 0-262-53075-9.
  • Bernhard Widder: Herbert Bayer. Architektur, Skulptur, Landschaftsgestaltung. Springer, Wien 2002, ISBN 3-211-83450-8.
  • Magdalena Droste: Bauhaus 1919–1933 Taschen Verlag, 1998, ISBN 3-8228-7601-1.
  • Stefan Hansen (Hrsg.): Moments of Consistency. Die Geschichte der Werbeagentur Dorland. Transcript-Verlag, Bielefeld 2004.

Weblinks

Anmerkungen

  1. a b c Oral history interview with Herbert Bayer, 1981 Oct. 3. Oral History interview. Archives of American Art (2011). Abgerufen am 30 Jun 2011.
  2. a b Oral history Interview mit Herbert Bayer, 1981 Nov. 3-1982 10 März. Oral History Interview. Archives of American Art (2011). Abgerufen am 30 Jun 2011.
  3. Zur Rolle Bayers im Nationalsozialismus vgl. Stefan Hansen (Hrsg.), Moments of Consistency. Die Geschichte der Werbeagentur Dorland, Bielefeld 2004, S. 59–90.

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